Leo Tolstoi - Leben und Werke
Das heutige Russland 1 - Tolstoi
Eine Einführung in das heutige Russland an der Hand von Tolstois Leben und Werken
Autor: Nötzel, Karl (1870-1945) deutsch-russischer Schriftsteller und Sozialphilosoph, Erscheinungsjahr: 1915
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Tolstoi, Russland, Schicksale, Russen, Briefe und Tagebücher, Nötzel, Leibeigenschaft, Tartarenjoch, orthodoxe Kirche, Bauern
Inhaltsverzeichnis
- Das intuitive und das bewusste Russland. — Tolstoi als berufenster Vertreter beider.
- Die Gefühlsuntertanschaft des Russen als Grundlage seines Verhaltens zu Mitwelt und Weltall.
- Die Schicksale des russischen Volkes. Die orthodoxe Kirche.
- Die Schicksale des russischen Volkes. Das Tartarenjoch.
- Die Schicksale des russischen Volkes. Der politische Despotismus
- Die Schicksale des russischen Volkes. Die Leibeigenschaft
- Die Schicksale des russischen Volkes. Das soziale Elend des russischen Volkes
- Russland und wir
- Tolstois Jugendjahre. Tolstois Vorfahren und Eltern. Die Ahnen väterlicherseits.
- Tolstois Kinderjahre (1828 — 1837)
- Tolstois Knabenalter (1837 — 1843)
- Tolstois Jünglingsjahre (1843 — 1847)
- Die Zeit des Suchens
- Im Kaukasus (1851 — 1854)
- An der Donau und in Sewastopol. (1854 — 1855)
Einige Vorbemerkungen zum Thema Tolstoi
Erstes Buch. Einführungen in das Thema: Russland und Westeuropa.
Zweites Buch. Tolstois Jugendjahre (1828 — 1848)
Drittes Buch Tolstois Lehrjahre (1848 — 1862)
Vorwort.
Ein abschließendes Buch über Tolstoi geschrieben zu haben, bilde ich mir nicht ein. Ich halte nur eine eingehende Auseinandersetzung mit ihm für uns Deutsche jetzt schon geboten und machte mich selber an diese Aufgabe, da kein Berufenerer sie in Angriff nahm, weil ich ein halbes Menschenleben in Russland zugebracht habe, weil ich das russische Volk von jeher liebte, und vor allem wohl, weil auch ich einst in Russland jenes Grausen empfand im Angesichte der Kinder des armen Volkes, dem Tolstoi so einzigartigen Ausdruck verlieh: jene grausige Erkenntnis dessen, dass hier unausdenkbare menschliche Möglichkeiten zugrunde gehen für immer, weil niemandem etwas daran gelegen ist, dass dem nicht so sei. Dieses Grausen hat mich nie wieder verlassen. Ich möchte annehmen: der Wunsch, mich von ihm zu befreien, trieb mich an, dieses Buch zu schreiben. Ich möchte dies annehmen, wenn ich nicht längst schon in diesem Grausen wertvollsten Besitz für immer verehren würde für mich.
Bevor ich dieses Buch schrieb, habe ich alles gelesen, was Tolstoi selber geschrieben hat, soweit es bis jetzt veröffentlicht ward, alles, was mir zugänglich war an Erinnerungen in ihn, — und nichts von dem, was über ihn geschrieben wurde.
Ich habe ausschließlich russische Texte eingesehen, niemals eine Übersetzung vor Augen gehabt, und auch alle eingefügten Textstellen selber ins Deutsche übertragen. Da ich der Überzeugung bin, dass es letzten Endes überhaupt unmöglich ist, einen Dichter aus einer Sprache in eine andere zu übertragen (jede Sprache stellt ja nur die Deutungsmöglichkeit dar für eine ganz bestimmte Empfindungsart), so habe ich mich wenigstens an die Eigentümlichkeiten des Originals gehalten, denen der Übersetzer gerecht werden kann: so habe ich überall da, wo Tolstois Worte eine klare, eindeutige Bedeutung haben, sie wörtlich übersetzt ohne Rücksicht darauf, ob dieser Ausdruck gerade an dieser Stelle uns fremdartig erscheint. Ferner habe ich dieselben Worte immer gleich übersetzt, das heißt alle Wiederholungen des Originals übernommen — und Tolstoi ist in dieser Hinsicht durchaus nicht ängstlich. Schließlich bin ich auch dem Satzbau Tolstois nach Möglichkeit treu geblieben, wenn der sich auch manchmal, namentlich in Briefen und Tagebüchern, bis zum Verleugnen jeden selbständigen Knochengerüstes dem Gedanken anschmiegt. Ich habe dabei den eingefügten Übersetzungen eine ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet, weil mich die Absicht leitete, hier ein — leider außerordentlich notwendiges — Vorbild zu geben.
Pasing, im Oktober 1913.
Karl Nötzel
Ähnliche Werke
Das heutige Russland - Momentaufnahmen von Friedrich Schütz, 1897
Ein abschließendes Buch über Tolstoi geschrieben zu haben, bilde ich mir nicht ein. Ich halte nur eine eingehende Auseinandersetzung mit ihm für uns Deutsche jetzt schon geboten und machte mich selber an diese Aufgabe, da kein Berufenerer sie in Angriff nahm, weil ich ein halbes Menschenleben in Russland zugebracht habe, weil ich das russische Volk von jeher liebte, und vor allem wohl, weil auch ich einst in Russland jenes Grausen empfand im Angesichte der Kinder des armen Volkes, dem Tolstoi so einzigartigen Ausdruck verlieh: jene grausige Erkenntnis dessen, dass hier unausdenkbare menschliche Möglichkeiten zugrunde gehen für immer, weil niemandem etwas daran gelegen ist, dass dem nicht so sei. Dieses Grausen hat mich nie wieder verlassen. Ich möchte annehmen: der Wunsch, mich von ihm zu befreien, trieb mich an, dieses Buch zu schreiben. Ich möchte dies annehmen, wenn ich nicht längst schon in diesem Grausen wertvollsten Besitz für immer verehren würde für mich.
Bevor ich dieses Buch schrieb, habe ich alles gelesen, was Tolstoi selber geschrieben hat, soweit es bis jetzt veröffentlicht ward, alles, was mir zugänglich war an Erinnerungen in ihn, — und nichts von dem, was über ihn geschrieben wurde.
Ich habe ausschließlich russische Texte eingesehen, niemals eine Übersetzung vor Augen gehabt, und auch alle eingefügten Textstellen selber ins Deutsche übertragen. Da ich der Überzeugung bin, dass es letzten Endes überhaupt unmöglich ist, einen Dichter aus einer Sprache in eine andere zu übertragen (jede Sprache stellt ja nur die Deutungsmöglichkeit dar für eine ganz bestimmte Empfindungsart), so habe ich mich wenigstens an die Eigentümlichkeiten des Originals gehalten, denen der Übersetzer gerecht werden kann: so habe ich überall da, wo Tolstois Worte eine klare, eindeutige Bedeutung haben, sie wörtlich übersetzt ohne Rücksicht darauf, ob dieser Ausdruck gerade an dieser Stelle uns fremdartig erscheint. Ferner habe ich dieselben Worte immer gleich übersetzt, das heißt alle Wiederholungen des Originals übernommen — und Tolstoi ist in dieser Hinsicht durchaus nicht ängstlich. Schließlich bin ich auch dem Satzbau Tolstois nach Möglichkeit treu geblieben, wenn der sich auch manchmal, namentlich in Briefen und Tagebüchern, bis zum Verleugnen jeden selbständigen Knochengerüstes dem Gedanken anschmiegt. Ich habe dabei den eingefügten Übersetzungen eine ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet, weil mich die Absicht leitete, hier ein — leider außerordentlich notwendiges — Vorbild zu geben.
Pasing, im Oktober 1913.
Karl Nötzel
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