Bemerkungen aus dem Gebiete der Heilkunde und Anthropologie in Rostock. Bd 1
Medizinische und anthropologische Bemerkungen über Rostock und seine Bewohner
Autor: Nolde, Adolf Friedrich Dr. (1764-1813) Professor der Medizin, Erscheinungsjahr: 1807
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Rostock und seine Bewohner, Medizin, Universität, praktischer Arzt, Krankengeschichten, Medizingeschichte
Vorrede.
So lange ich die Heilkunst ausübe, habe ich es mir zum Gesetz gemacht, ein regelmäßiges Tagebuch über meine Kranken zu führen. Wenn auch manche einzelne Fälle von mir nicht aufgezeichnet wurden, oder aus mancherlei individuellen Veranlassungen die angefangenen Krankheitsgeschichten nicht allemal vollständig ausfielen: so hatte ich doch in einem Zeitraum von beinahe fünfzehn Jahren, welche ich in Rostock als praktischer Arzt verlebte, Gelegenheit genug, auf diese Weise eine große Anzahl von Beobachtungen zu sammeln, unter welchen, außer mehreren alltäglichen, sich auch manche gewiss nicht ganz uninteressante findet. Diese alle, besonders ans den frühern Zeiten meiner praktischen Laufbahn, dem Publikum vorlegen zu wollen, würde eine nicht zu entschuldigende Vermessenheit sein; da wir ähnliche Sammlungen schon im Überflusse haben. Aber eine Auswahl, besonders unter den Fällen, welche ich in der letzten Hälfte meiner Rostocker Praxis, als schon geübterer Praktiker und auch in größerer Anzahl, zu behandeln Gelegenheit hatte, möchte vielleicht nicht ganz ohne Interesse für das Publikum der Ärzte sein, in so fern ich besonders den Gang der Krankheiten und ihre Ausbildung nach gewissen Zeit- und Lokal- Verhältnissen darzulegen im Stande bin. Durch diesen Gedanken fühlte ich schon seit vielen Jahren mich um so mehr zu einer möglichst genauen Beobachtung und sorgfältigen Aufzeichnung der mir vorkommenden Fälle veranlasst; allein, so lange ich in Rostock war, fehlte es mir, bei meinen überhäuften Geschafften, an der nötigen Muße, diese Beobachtungen zu ordnen und für eine öffentliche Bekanntmachung zu bearbeiten, welche ich jetzt erst, nach der eingetretenen Veränderung meiner Verhältnisse, zu einer solchen Arbeit zu benutzen im Stande bin.
So lange ich die Heilkunst ausübe, habe ich es mir zum Gesetz gemacht, ein regelmäßiges Tagebuch über meine Kranken zu führen. Wenn auch manche einzelne Fälle von mir nicht aufgezeichnet wurden, oder aus mancherlei individuellen Veranlassungen die angefangenen Krankheitsgeschichten nicht allemal vollständig ausfielen: so hatte ich doch in einem Zeitraum von beinahe fünfzehn Jahren, welche ich in Rostock als praktischer Arzt verlebte, Gelegenheit genug, auf diese Weise eine große Anzahl von Beobachtungen zu sammeln, unter welchen, außer mehreren alltäglichen, sich auch manche gewiss nicht ganz uninteressante findet. Diese alle, besonders ans den frühern Zeiten meiner praktischen Laufbahn, dem Publikum vorlegen zu wollen, würde eine nicht zu entschuldigende Vermessenheit sein; da wir ähnliche Sammlungen schon im Überflusse haben. Aber eine Auswahl, besonders unter den Fällen, welche ich in der letzten Hälfte meiner Rostocker Praxis, als schon geübterer Praktiker und auch in größerer Anzahl, zu behandeln Gelegenheit hatte, möchte vielleicht nicht ganz ohne Interesse für das Publikum der Ärzte sein, in so fern ich besonders den Gang der Krankheiten und ihre Ausbildung nach gewissen Zeit- und Lokal- Verhältnissen darzulegen im Stande bin. Durch diesen Gedanken fühlte ich schon seit vielen Jahren mich um so mehr zu einer möglichst genauen Beobachtung und sorgfältigen Aufzeichnung der mir vorkommenden Fälle veranlasst; allein, so lange ich in Rostock war, fehlte es mir, bei meinen überhäuften Geschafften, an der nötigen Muße, diese Beobachtungen zu ordnen und für eine öffentliche Bekanntmachung zu bearbeiten, welche ich jetzt erst, nach der eingetretenen Veränderung meiner Verhältnisse, zu einer solchen Arbeit zu benutzen im Stande bin.
Inhaltsverzeichnis
- Allgemeine physisch, medizinische Beschreibung der Stadt Rostock in Mecklenburg
- Rostocks geographische Lage
- Rostocks Umland, Rostocker Heide, Doberaner Forst
- Die flache Gegend um Rostock
- Rostocks Forsten und Waldungen
- Der Warnow-Fluss
- Gärten, Reiferbahn, Esplanade, Rosengarten
- Mühlendamm, Fischer-, Gärber-, und Küter-Bruch
- Rostocks Wallanlagen und Spaziergänge
- Rostocks Wasserseite
- Eine Promenade um die Stadt
- Rostocks Länge und Breite
- Rostocks Stadtteile und Kanäle
- Die faule Grube
- Straßenlagen und Marktplätze
- Rostocks Kirchen
- Zustand der Straßen und Gassen
- Unrat und Übelstände
- Üble Gewohnheiten
- Das Wasser der Stadt - Brunnen, Quellen, Teiche, Warnow
- Die Untersuchung des Trinkwassers
- Das Wasser bei Neuwerder
- Das Wasser vom Hopfenmarkt
- Das Wasser vom neuen Markt
- Das Wasser aus der Altstadt
- Das Wasser aus Kessin
- Das Wasser aus der Quelle im Universitätsgebäude auf dem Hopfenmarkt
- Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
- Die Wohnungen der Einwohner Rostocks
- Bauweise und Nutzung der Gebäude
- Von den Einwohnern; ihrer Zahl, Einteilung und physischen Konstitution
- Von der physischen Erziehung der Kinder, und der gewöhnlichen Lebensweise der Einwohner in diätetischer Hinsicht
- Kurze Übersicht der bürgerlichen Verfassung in Rostock
- Von der Aufklärung in Rostock, und dem sittlichen Charakter der Einwohner
- Von den in Rostock vorkommenden Krankheiten
- Von der Medizinal-Verfassung, der medizinischen Gesetzgebung und Polizei in Rostock
Indessen hatte ich die Vorbereitung zu diesem Unternehmen schon größtenteils in Rostock beendigt. Ich verstehe darunter die Anordnung solcher Bemerkungen, welche ich während meines Aufenthalts in jener Stadt über den Ort selbst und dessen Einwohner in physisch - medizinischer und anthropologischer Hinsicht zu machen Gelegenheit hatten und welche ich meinen Lesern mit diesem ersten Bande übergebe. Sie sollen eigentlich dem Ganzen zur Einleitung dienen, und meine Leser auf den Standpunkt führen, von welchem aus sie manche der nachfolgenden Beobachtungen richtiger zu beurteilen im Stande sein werden.
Aber ich wünsche, dadurch auch noch einen andern mir eben so wichtigen Zweck zu erfüllen. Gewöhnlich pflegen die Ärzte dergleichen Bemerkungen, nur für ihre zerstreuten Kollegen und für das auswärtige Publikum bekannt zu machen. Mir schien es jedoch immer, dass sie damit nur einen Teil von dem erfüllen, was sie durch eine etwas veränderte Bearbeitung in einem größeren Umfange hätten erreichen können. Manches nämlich, was als Veranlassung irgend einer physischen, statistischen, moralischen und polizeilichen Eigentümlichkeit oder Inconvenienz, in solchen Bemerkungen von ihnen aufgeführt zu werden pflegt, verdient eben deswegen gerade nicht selten eine völlige Abstellung oder doch wenigstens eine zweckmäßige Veränderung. Was kann dafür aber das auswärtige Publikum wirken? -Was kann es in der Hinsicht nützen, Ärzte und Ausländer mit den Fehlern der Lokalität zu unterhalten, zu deren Verbesserung diese so wenig oder gar nichts beizutragen vermögen ? — Ich entschloss mich daher, diese Bemerkungen so abzufassen und einzukleiden, dass sie auch meinen Landsleuten, die keine Ärzte sind, verständlich wären, dass auch diese einiges Interesse daran finden möchten, sie zu lesen, und dass insbesondere diejenigen, deren hervorstechende Verhältnisse eine Prüfung meiner Bemerkungen und eine zu wünschende Abstellung der bestehenden Mängel hoffen ließen, sich zur Ausführung derselben bewogen fühlen möchten. Alles demnach, was ich dem Publikum in diesem ersten Bande meiner Bemerkungen vorzulegen die Ehre habe, ist nicht allein für meine Kollegen, sondern auch für meine Landsleute geschrieben; aus dieser Ursache habe ich auch den Inhalt derselben von den nachfolgenden Bemerkungen in der Art getrennt, dass man sie als ein für sich bestehendes Werk wird benutzen können. Mein aufrichtigster Wunsch ist es, dass ich so glücklich sein möge, hierdurch den beabsichtigten Zweck wenigstens einigermaßen zu erreichen.
Schon beim Schluss des abgelaufenen Jahrhunderts, als ich im Begriff war, eine literarische Reise durch Deutschland und einige benachbarte Länder anzutreten, hatte ich den vorliegenden Band bis zum siebenten Kapitel ausgearbeitet. Wäre ich damals im Stande gewesen, die zu dem letztern erforderlichen Data zu benutzen: so würde ich das Ganze sogleich einem Verleger übergeben haben. Nun aber blieb das Manuskript bis zu meiner Rückkehr unvollendet, und bei den überhäuften praktischen Geschäften, welche mich gleich nachher beinahe von allen literarischen Arbeiten zurückhielten, könnte ich in den folgenden zwei Jahren nicht einmal die nötige Zeit zur Revision des schon fertigen Manuskripts gewinnen. Erst nachdem ich meine in mancher Hinsicht so beneidenswerten Verhältnisse in Rostock gegen eine von Braunschweigs verewigtem Fürsten mir gnädigst angetragene Stelle vertauscht hatte, war es mir möglich, das noch fehlende Kapitel zu supplieren. Aber ich konnte dieses unmöglich tun, ohne den schon fertigen Teil des Manuskripts aufs neue nachzusehen, hin und wieder zu ergänzen und zu verbessern. Die an sich ungleiche Ausarbeitung der ersten sechs Kapitel, welche in so verschiedene Zeiträume fiel und daher beinahe nur als eine Sammlung von Bruchstücken angesehen werden konnte, musste dabei freilich etwas an Gleichförmigkeit gewinnen: aber dagegen konnte ich es nicht unterlassen, hin und wieder einige Bemerkungen aus der neuern Zeit, beizufügen, und auf die Art das Ziel, welches ich mir anfangs gesteckt hatte, zu überschreiten. Alles nämlich, was ich früher niedergeschrieben hatte, galt insbesondere von den Verhältnissen bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts: aber nun kamen noch Resultate hinzu, welche sich auf manche in den folgenden Jahren eingetretene Veränderungen bezogen. Indessen habe ich diese so viel als möglich in dem letzten Kapitel, gleichsam zur historischen Vergleichung mit dem Vorhergehenden, zusammen zu stellen gesucht, um die Ordnung des Ganzen nach dem zuerst entworfenen Plan nicht zu sehr zu unterbrechen. Nur was ich hier nicht anbringen konnte, habe ich teils. in den Noten angeführt, teils so in den Text selbst eingeschaltet, dass man das Neuere doch leicht von der ersten Darstellung wird unterscheiden können. Was ich aber auch selbst bei dieser letzten Revision übersehen oder vergessen habe, wird am Ende dieses Bandes unter den angehängten Verbesserungen seinen Platz finden.
Ich bin weit entfernt, alles, was ich hier über Rostock und seine Bewohner gesagt habe, für etwas mehr als Beiträge zu einer medizinischen Topographie dieser ersten Stadt in den Mecklenburgischen Landen auszugeben, und noch weniger geneigt, der Ausführung selbst eine Vollkommenheit beizulegen, die ich ihr zu geben nur wünschen konnte. Ich fühle selbst die Mängel meiner Arbeit zu lebhaft, als dass ich an eine solche Vollkommenheit auch nur entfernt glauben sollte. Gleichwohl hoffe ich doch, etwas nicht ganz Überflüssiges unternommen, und manches hier gesagt zu haben, was zum Teil von allgemeinem Nutzen sein, insbesondere aber meinen teuren Landsleuten in der einen oder andern Hinsicht nützlich werden kann. Wenn ich nur diesen Zweck erfüllt sehe: so werde ich damit schon zufrieden sein, und es gern einem geschickteren Nachfolger überlassen, eine vollständigere und bessere medizinische Topographie von Rostock, über welche wir in dieser Hinsicht nur die Dethardingische Schrift und eine noch nicht vollendete Arbeit des Herrn Prof. Josephi haben *), dermaleinst dem ärztlichen Publikum in die Hände zu
geben.
*) Die erste Schrift ist unter dem folgenden Titel als Inauguraldissertation erschienen: Jo. Gerhard Praes. D. G. Detharding diss. de salubritate sëris Rostochiensis. Rostochii 1705. — Herr Prof. Josephi hat als Rector der Universität in drei Festprogrammen Bruchstücke einer physisch-medizinischen Beschreibung von Rostock im Jahr 1805 zu liefern angefangen, die aber noch nicht in den Buchhandel gekommen sind. Da derselbe einen von dem meinigen ganz verschiedenen Plan zu befolgen scheint: so habe ich meine früher an gefangene Arbeit deshalb nicht unterdrücken mögen. Wahrscheinlich werden auch beide Werke wohl neben einander bestehen können.
Übrigens muss ich noch bemerken, dass ich in meiner Darstellung mich vorzüglich nur auf solche Gegenstände einzuschränken gesucht habe, welche für den auswärtigen, wie für den einheimischen Leser ein wirkliches Interesse haben konnten, und welche ich nach meiner Einsicht in einer möglichst zweckmäßigen Ordnung abzuhandeln bemüht gewesen bin. Ein Verzeichnis der in der Gegend von Rostock vorkommenden Naturprodukte hielt ich um so mehr für überflüssig; da das Publikum nächstens eine vollständige Übersicht derselben und der geologischen Verhältnisse von einigen bekannten Mitgliedern der mecklenburgischen naturforschenden Gesellschaft erwarten darf. Bei der eigentlichen Topographie habe ich, wie ich mir. schmeichle, die wesentlichsten Punkte ausgehoben und von den Einwohnern selbst so viel gesägt, als in Rücksicht ihrer physischen und diätetischen Verhältnisse ein allgemeines Interesse gewähren konnte. So sehr ich mich aber überhaupt einer genügenden Kürze beflissen habe, um nicht, besonders in dem dritten Kapitel, durch eine zu große Weitläuftigkeit zu ermüden: so schien es mir doch bei den eigentümlichen Verhältnissen der Stadt Rostock nicht überflüssig, in einem eigenen Kapitel eine allgemeine Darstellung ihrer einflussreichen Verfassung zu versuchen. Auch den Zustand der Kultur unter den Einwohnern und ihrer Moralität konnte ich nicht mit Stillschweigen übergehen, weil derselbe einen unverkennbaren Einfluss selbst auf die medizinischen Verhältnisse äußert: ich habe daher denselben in dem fünften Kapitel geschildert. Erst nach diesen Vorarbeiten konnte ich in dem sechsten Kapitel von den in Rostock vorkommenden Krankheiten, nach den verschiedenen Rücksichten, welche sie darbieten, reden. Mit einer kritischen Erörterung des Medizinalwesens glaubte ich aber die allgemeine Übersicht aller den Arzt und den Einwohner Rostocks interessierenden Verhältnisse am besten schließen zu können.
Die Ungleichheiten des Stils wird man in einer Schrift, welche nur als das Produkt einzelner müßiger Stunden erscheint, und unter sehr mannigfaltigen Verhältnissen und Unterbrechungen ihre Existenz erhalten hat, wie ich mir schmeicheln darf, mit Nachsicht entschuldigen. Die in derselben herrschende Orthographie kann ich aber nicht als die meinige anerkennen: sie fällt, wie die nicht unbedeutende Zahl von Druckfehlern, insbesondere der unleserlichen und fehlerhaften Schrift des Abschreibers zur Last. Eben so wenig bin ich mit der Interpunktion zufrieden, bei welcher sich auch jeder aufmerksame Leser aus dem Zusammenhange überzeugen wird, dass ich sie nicht gewählt haben kann. Endlich ist durch ein Versehen des Verlegers dieser erste Band wider meinen Willen in zwei Abteilungen zerstückelt worden: man wird aber bald finden, dass das Ganze eigentlich keine Trennung gestattet, sondern als ein ungeteilter Band hätte erscheinen sollen.
In den folgenden Bänden werde ich mein Verfahren am Krankenbette dem ärztlichen Publikum vorlegen, die Beobachtungen, welche ich während meines Aufenthalts in Rostock zu machen Gelegenheit hatte, mit gewissenhafter Treue erzählen, und wo ich Veranlassung dazu finde, auch die nötigen Anmerkungen hinzufügen.
Braunschweig im Mai 1807.
Aber ich wünsche, dadurch auch noch einen andern mir eben so wichtigen Zweck zu erfüllen. Gewöhnlich pflegen die Ärzte dergleichen Bemerkungen, nur für ihre zerstreuten Kollegen und für das auswärtige Publikum bekannt zu machen. Mir schien es jedoch immer, dass sie damit nur einen Teil von dem erfüllen, was sie durch eine etwas veränderte Bearbeitung in einem größeren Umfange hätten erreichen können. Manches nämlich, was als Veranlassung irgend einer physischen, statistischen, moralischen und polizeilichen Eigentümlichkeit oder Inconvenienz, in solchen Bemerkungen von ihnen aufgeführt zu werden pflegt, verdient eben deswegen gerade nicht selten eine völlige Abstellung oder doch wenigstens eine zweckmäßige Veränderung. Was kann dafür aber das auswärtige Publikum wirken? -Was kann es in der Hinsicht nützen, Ärzte und Ausländer mit den Fehlern der Lokalität zu unterhalten, zu deren Verbesserung diese so wenig oder gar nichts beizutragen vermögen ? — Ich entschloss mich daher, diese Bemerkungen so abzufassen und einzukleiden, dass sie auch meinen Landsleuten, die keine Ärzte sind, verständlich wären, dass auch diese einiges Interesse daran finden möchten, sie zu lesen, und dass insbesondere diejenigen, deren hervorstechende Verhältnisse eine Prüfung meiner Bemerkungen und eine zu wünschende Abstellung der bestehenden Mängel hoffen ließen, sich zur Ausführung derselben bewogen fühlen möchten. Alles demnach, was ich dem Publikum in diesem ersten Bande meiner Bemerkungen vorzulegen die Ehre habe, ist nicht allein für meine Kollegen, sondern auch für meine Landsleute geschrieben; aus dieser Ursache habe ich auch den Inhalt derselben von den nachfolgenden Bemerkungen in der Art getrennt, dass man sie als ein für sich bestehendes Werk wird benutzen können. Mein aufrichtigster Wunsch ist es, dass ich so glücklich sein möge, hierdurch den beabsichtigten Zweck wenigstens einigermaßen zu erreichen.
Schon beim Schluss des abgelaufenen Jahrhunderts, als ich im Begriff war, eine literarische Reise durch Deutschland und einige benachbarte Länder anzutreten, hatte ich den vorliegenden Band bis zum siebenten Kapitel ausgearbeitet. Wäre ich damals im Stande gewesen, die zu dem letztern erforderlichen Data zu benutzen: so würde ich das Ganze sogleich einem Verleger übergeben haben. Nun aber blieb das Manuskript bis zu meiner Rückkehr unvollendet, und bei den überhäuften praktischen Geschäften, welche mich gleich nachher beinahe von allen literarischen Arbeiten zurückhielten, könnte ich in den folgenden zwei Jahren nicht einmal die nötige Zeit zur Revision des schon fertigen Manuskripts gewinnen. Erst nachdem ich meine in mancher Hinsicht so beneidenswerten Verhältnisse in Rostock gegen eine von Braunschweigs verewigtem Fürsten mir gnädigst angetragene Stelle vertauscht hatte, war es mir möglich, das noch fehlende Kapitel zu supplieren. Aber ich konnte dieses unmöglich tun, ohne den schon fertigen Teil des Manuskripts aufs neue nachzusehen, hin und wieder zu ergänzen und zu verbessern. Die an sich ungleiche Ausarbeitung der ersten sechs Kapitel, welche in so verschiedene Zeiträume fiel und daher beinahe nur als eine Sammlung von Bruchstücken angesehen werden konnte, musste dabei freilich etwas an Gleichförmigkeit gewinnen: aber dagegen konnte ich es nicht unterlassen, hin und wieder einige Bemerkungen aus der neuern Zeit, beizufügen, und auf die Art das Ziel, welches ich mir anfangs gesteckt hatte, zu überschreiten. Alles nämlich, was ich früher niedergeschrieben hatte, galt insbesondere von den Verhältnissen bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts: aber nun kamen noch Resultate hinzu, welche sich auf manche in den folgenden Jahren eingetretene Veränderungen bezogen. Indessen habe ich diese so viel als möglich in dem letzten Kapitel, gleichsam zur historischen Vergleichung mit dem Vorhergehenden, zusammen zu stellen gesucht, um die Ordnung des Ganzen nach dem zuerst entworfenen Plan nicht zu sehr zu unterbrechen. Nur was ich hier nicht anbringen konnte, habe ich teils. in den Noten angeführt, teils so in den Text selbst eingeschaltet, dass man das Neuere doch leicht von der ersten Darstellung wird unterscheiden können. Was ich aber auch selbst bei dieser letzten Revision übersehen oder vergessen habe, wird am Ende dieses Bandes unter den angehängten Verbesserungen seinen Platz finden.
Ich bin weit entfernt, alles, was ich hier über Rostock und seine Bewohner gesagt habe, für etwas mehr als Beiträge zu einer medizinischen Topographie dieser ersten Stadt in den Mecklenburgischen Landen auszugeben, und noch weniger geneigt, der Ausführung selbst eine Vollkommenheit beizulegen, die ich ihr zu geben nur wünschen konnte. Ich fühle selbst die Mängel meiner Arbeit zu lebhaft, als dass ich an eine solche Vollkommenheit auch nur entfernt glauben sollte. Gleichwohl hoffe ich doch, etwas nicht ganz Überflüssiges unternommen, und manches hier gesagt zu haben, was zum Teil von allgemeinem Nutzen sein, insbesondere aber meinen teuren Landsleuten in der einen oder andern Hinsicht nützlich werden kann. Wenn ich nur diesen Zweck erfüllt sehe: so werde ich damit schon zufrieden sein, und es gern einem geschickteren Nachfolger überlassen, eine vollständigere und bessere medizinische Topographie von Rostock, über welche wir in dieser Hinsicht nur die Dethardingische Schrift und eine noch nicht vollendete Arbeit des Herrn Prof. Josephi haben *), dermaleinst dem ärztlichen Publikum in die Hände zu
geben.
*) Die erste Schrift ist unter dem folgenden Titel als Inauguraldissertation erschienen: Jo. Gerhard Praes. D. G. Detharding diss. de salubritate sëris Rostochiensis. Rostochii 1705. — Herr Prof. Josephi hat als Rector der Universität in drei Festprogrammen Bruchstücke einer physisch-medizinischen Beschreibung von Rostock im Jahr 1805 zu liefern angefangen, die aber noch nicht in den Buchhandel gekommen sind. Da derselbe einen von dem meinigen ganz verschiedenen Plan zu befolgen scheint: so habe ich meine früher an gefangene Arbeit deshalb nicht unterdrücken mögen. Wahrscheinlich werden auch beide Werke wohl neben einander bestehen können.
Übrigens muss ich noch bemerken, dass ich in meiner Darstellung mich vorzüglich nur auf solche Gegenstände einzuschränken gesucht habe, welche für den auswärtigen, wie für den einheimischen Leser ein wirkliches Interesse haben konnten, und welche ich nach meiner Einsicht in einer möglichst zweckmäßigen Ordnung abzuhandeln bemüht gewesen bin. Ein Verzeichnis der in der Gegend von Rostock vorkommenden Naturprodukte hielt ich um so mehr für überflüssig; da das Publikum nächstens eine vollständige Übersicht derselben und der geologischen Verhältnisse von einigen bekannten Mitgliedern der mecklenburgischen naturforschenden Gesellschaft erwarten darf. Bei der eigentlichen Topographie habe ich, wie ich mir. schmeichle, die wesentlichsten Punkte ausgehoben und von den Einwohnern selbst so viel gesägt, als in Rücksicht ihrer physischen und diätetischen Verhältnisse ein allgemeines Interesse gewähren konnte. So sehr ich mich aber überhaupt einer genügenden Kürze beflissen habe, um nicht, besonders in dem dritten Kapitel, durch eine zu große Weitläuftigkeit zu ermüden: so schien es mir doch bei den eigentümlichen Verhältnissen der Stadt Rostock nicht überflüssig, in einem eigenen Kapitel eine allgemeine Darstellung ihrer einflussreichen Verfassung zu versuchen. Auch den Zustand der Kultur unter den Einwohnern und ihrer Moralität konnte ich nicht mit Stillschweigen übergehen, weil derselbe einen unverkennbaren Einfluss selbst auf die medizinischen Verhältnisse äußert: ich habe daher denselben in dem fünften Kapitel geschildert. Erst nach diesen Vorarbeiten konnte ich in dem sechsten Kapitel von den in Rostock vorkommenden Krankheiten, nach den verschiedenen Rücksichten, welche sie darbieten, reden. Mit einer kritischen Erörterung des Medizinalwesens glaubte ich aber die allgemeine Übersicht aller den Arzt und den Einwohner Rostocks interessierenden Verhältnisse am besten schließen zu können.
Die Ungleichheiten des Stils wird man in einer Schrift, welche nur als das Produkt einzelner müßiger Stunden erscheint, und unter sehr mannigfaltigen Verhältnissen und Unterbrechungen ihre Existenz erhalten hat, wie ich mir schmeicheln darf, mit Nachsicht entschuldigen. Die in derselben herrschende Orthographie kann ich aber nicht als die meinige anerkennen: sie fällt, wie die nicht unbedeutende Zahl von Druckfehlern, insbesondere der unleserlichen und fehlerhaften Schrift des Abschreibers zur Last. Eben so wenig bin ich mit der Interpunktion zufrieden, bei welcher sich auch jeder aufmerksame Leser aus dem Zusammenhange überzeugen wird, dass ich sie nicht gewählt haben kann. Endlich ist durch ein Versehen des Verlegers dieser erste Band wider meinen Willen in zwei Abteilungen zerstückelt worden: man wird aber bald finden, dass das Ganze eigentlich keine Trennung gestattet, sondern als ein ungeteilter Band hätte erscheinen sollen.
In den folgenden Bänden werde ich mein Verfahren am Krankenbette dem ärztlichen Publikum vorlegen, die Beobachtungen, welche ich während meines Aufenthalts in Rostock zu machen Gelegenheit hatte, mit gewissenhafter Treue erzählen, und wo ich Veranlassung dazu finde, auch die nötigen Anmerkungen hinzufügen.
Braunschweig im Mai 1807.