Rostocks Wallanlagen und Spaziergänge

Nur an der Süd- und Westseite ist die Stadt mit Wällen und Gräben umgeben, die Mauer hingegen zieht sich um den größten Teil der Stadt, und ist hin und wieder mit Türmen der Vorzeit gefeiert. Schwerlich würde indessen die Stadt bei ihrer jetzigen Befestigung einem Feinde widerstehen können.

Es ist daher sehr zu loben, dass man die Wälle zu Spaziergängen eingerichtet hat, von denen man eine nicht zu verachtende und wirklich unterhaltende Aussicht auf die umherliegende Gegend, auf Fluren, Wiesen, Dörfer, Gärten und Landstraßen, besonders aber auf die sich zur Ostsee hinschlängelnde Warnow mit den sie belebenden Masten bis nach Warnemünde hin, und an der andern Seite auf den durch eine Mannigfaltigkeit von Gegenständen in der Tat romantischen Mühlendamm mit den umliegenden Gärten, Feldern und Dörfern hat.


Hierher kommende Fremde pflegen diese Promenade daher auch gewöhnlich zu rühmen; der Einwohner aber, der sich an die Aussichten einmal gewöhnt hat, und über dem in der besten Jahrszeit wegen Mangel an Kühlung und Schatten diesen Spaziergang nicht benutzen kann, findet ihn auch nicht so vorzüglich. Zwar sind die Wälle mit Linden bepflanzt: aber leider ist die Anlage so gemacht, dass sie auf den zum Spaziergang eingerichteten obern Teil des Walles keinen Schatten werfen; und dazu wurden sie bis vor wenig Jahren durch die gewalttätige Schere des Gärtners noch weniger geschickt gemacht. Wiederholte Anforderungen haben doch am Ende so viel gewirkt, dass man der Natur ihre Rechte wiedergab, und schon genießen die Einwohner die wohltätigen Früchte davon, so weit es die Anordnung der Bäume gestattet.

Will man indessen den brennenden Strahlen der Sonne ganz entfliehen, so muss man in dem tiefer gelegenen Fahrwege neben der Mauer bleiben. Aber dann wird man auch oft durch Reiter und Fahrende in Verlegenheit gesetzt, und muss zugleich alle Aussicht entbehren. Übrigens belegt man den Teil des Walles, welcher sich vom südöstlichen Tore bis zum Westtore erstrecket, mit dem Nahmen des großen Walles; den übrigen Teil desselben aber, welcher sich vom westlichen Tore gegen Norden hinzieht, nennt man den kleinen, Wall. Die ziemlich tiefen Wallgräben sind beständig mit Wasser angefüllt, das ihnen auf den schon angezeigten Wegen aus der Warnow zugeführt wird, und in beständiger Bewegung ist. Die Stadtmauern sind nicht allenthalben von gleicher Höhe, und an manchen Stellen im Verhältnis zu dem Wall so niedrig, dass sie die Einsicht in die Stadt von demselben gestatten.