Bauweise und Nutzung der Gebäude

Die Häuser in Rostock stehen alle in dichten Reihen neben einander, so dass viele zusammenstoßende Gebäude auch gemeinschaftliche Zwischenmauern haben. Nach den Straßen hin finden sich an manchen der ältern sehr entstellende Vorsprünge, die ihren Bewohnern zwar etwas geräumigere Zimmer, und eine leichtere Aussicht nach den Seiten hin geben, den Nachbarn aber desto unangenehmer und lästiger sind. Die Giebelhäuser haben größtenteils eine sehr ansehnliche Höhe, aber, so weit das Dach herabsteigt, auch ziemlich breite Zwischenräume unter einander. Die Querhäuser haben mit Ausnahme einer geringen Anzahl, außer dem Erdgeschoss nur noch eines unmittelbar unter dem Dache, und sind also nicht sehr hoch. Der Hofraum ist bei den meisten Häusern nur mäßig, die größten Hofplätze haben die Gastwirte, deren Häuser besonders den Winter hindurch bei der sehr bedeutenden Kornzufuhr gewöhnlich besetzt sind. Eben dieses gibt aber auch die Veranlassung zu eben so beträchtlichen Anhäufungen von Mist und anderem Unrat auf den Höfen. Kleine Gärten, die kaum diesen Nahmen verdienen, findet man zwar nicht so gar selten, aber der größeren und geräumigem Gärten gibt es in der Stadt nur wenige, hin und wieder zerstreute. In den entlegenen Teilen der Stadt haben jedoch die kleinen Wohnungen des gemeinen Mannes Gärten von einem nicht geringen Umfange.

In Rücksicht der mehrenteils auf den Höfen angebrachten Abtritte, findet eine große Verschiedenheit statt. Besondere Ableitungskanäle, welche den Unrat allenfalls in die Warnow führten, gibt es nicht, da dieser Fluss nicht durch die Stadt selbst seinen Lauf nimmt. Auch gibt es nur wenige einzelne Gruben, in welchen man denselben ansammelt. In den allermeisten Häusern wird er nur in kleinen Behältern und Eimern zusammengehalten, und wöchentlich einmal oder öfter auf die Straßen geschüttet, welches den schon oben erwähnten Übelstand veranlasst. Bei dieser Gelegenheit muss ich noch der Ställe erwähnen, im welchen, besonders zur Herbstzeit, die Gänse und Schweine gemästet werden. Diese verbreiten sodann, nicht nur auf den Höfen, sondern selbst in den Häusern, und bisweilen sogar auf den Straßen, wenn sie nahe an denselben angelegt worden, einen sehr übeln Geruch. Der während dieser Zeit sich anhäufende Kot wird, eben so wie der Pferde- und Kuhmist, am Ende der Mastzeit auf Kosten eines jeden aus der Stadt geführt, welches leider nur mehrenteils bei Tage geschieht, und dann die übelsten Ausdünstungen verbreitet. Pferde und Kühe werden übrigens im Ganzen, so wie Ziegen und Schafe, nicht in großer Menge gehalten.


Die Ursache der größtenteils kleinen Höfe und der wenigen Gärten von Bedeutung hinter den Häusern, ist wohl hauptsächlich darin zu suchen, dass insbesondere die alten Giebelhäuser in der Fronte nur eine sehr geringe Breite haben und sich sehr in die Tiefe zurückziehen. Gewöhnlich findet man in diesen, außer einer kleinen, engen und dunkeln Küche, unten nur ein, höchstens zwei Zimmer, das übrige ist Flur oder Diele, wie man es hier nennt. Diese Dielen kontrastieren bei ihrer ganz unproportionierten Größe oft sehr mit den kleinen Wohnzimmern, kommen jedoch den hiesigen Einwohnern bei ihren Bier- und Essigbrauereien sehr zustatten. Diese Beschäftigungen abgerechnet, sind die großen und hohen Fluren, wenn gleich die Fliesen, mit welchen sie ausgelegt sind, bei feuchter Witterung zu beschlagen pflegen, doch mehrenteils trocken, dabei auch im Sommer kühl und angenehm; im Winter tragen sie aber sehr zur Vermehrung der Kälte bei, besonders da ihre sehr hohe Decke nur aus einem Verschlag von Brettern gemacht ist. In dieser ist gewöhnlich eine viereckige Öffnung angebracht, durch welche man vermittelst einer Winde alles sehr leicht auf den Boden bringen und wieder herunter lassen kann; aber dadurch wird ein beständiger Zugwind verursacht, den noch die einander gegen über stehenden Haus- und Hoftüren und die auf der Diele angebrachten Küchen befördern. Aus dieser Ursache gibt es denn auch nicht selten einen sehr lästigen und den Augen besonders nachteiligen Rauch.

47. An das kleine Wohnzimmer stößt mehrenteils ein dunkler, eingeschlossener Alkoven. Man findet zwar auch einige geräumigere, hellere und mit Fenstern versehene Alkoven; aber doch können sie nicht die Stelle eines Zimmers vertreten. Sie haben daher auch selten eine reine und frische Luft, weil die Fenster und Türen doch nur an dem Wohnzimmer oder zur Diele führen, und sind aus eben dieser Ursache für die Gesundheit wohl eben nicht zuträglich. Dies sind sie um so weniger, da man sie gewöhnlich zum Schlafen bestimmt. Erwägt man nämlich, dass der Schlaf doch mehrenteils ein Drittel, wo nicht die Hälfte unsers Lebens wegnimmt: so muss der Ort, wo wir dem Morpheus das schuldige Opfer bringen, auch wohl einen großen Einfluss auf unser Leben und die Integrität desselben auf Gesundheit haben. Nun aber ist es bekannt, dass eine frische und reine Luft, die man nur in geräumigen, freien Wohnungen und Zimmern, nicht aber in kleinen Gemächern findet, zur Erhaltung unserer Gesundheit eine notwendige Bedingung ist. Ebenso unverkennbar ist der wichtige Einfluss des Lichts auf unsere physische Natur. Während des Schlafes würde uns zwar der Lichtstrahl sehr lästig werden, und es ist daher auch sehr wohltätig für uns, dass wir die Dunkelheit der Nacht zum Schlaf benutzen können; aber daraus folgt nicht, dass es gleichgültig ist, ob wir der Natur diesen Tribut in einem nie erleuchteten Winkel, oder an einem Orte entrichten, auf den während des Tages das Sonnenlicht wohltätig gewirkt hat. Meine Leser mögen hieraus den Schluss auf die bei uns so häufigen Alkoven, und ihren Einfluss auf die Gesundheit machen. Ich weiß wohl, dass die Bauart der alten Giebelhäuser die erste Veranlassung zu den Kerker ähnlichen Alkoven gibt; aber ich konnte es doch nicht unterlassen, auf ihre nachteilige Beschaffenheit bei dieser Gelegenheit aufmerksam zu machen, da ich mich überzeugt halte, dass man bei der Anlage neuer Häuser hierauf um so mehr Rücksicht nehmen wird, wenn man einmal weiß, dass kleine, enge und eingeschlossene Gemächer, die weder der frischen Luft, noch dem Lichte den Zugang gestatten, zum Schlafen darin sich ganz und gar nicht qualifizieren. In den Querhäusern findet man sie zwar seltner, aber auch aus den Giebelhäusern sollten sie entweder ganz verbannt, oder wenigstens, nicht zum Schlafen gebraucht werden.

48. Alle die übrigen Zimmer, besonders die für gesellschaftliche Zusammenkünfte und zur Abhaltung der Gastmähler bestimmten Säle, können bei den Giebelhäusern nicht in dem eigentlichen Hauptgebäude nach ihrer eingeführten Einrichtung angebracht werden. Um sie zu haben und benutzen zu können, mussten die Hintergebäude aufgeführt werden, die oft den größten Teil des Hofplatzes einnehmen und meist nur ein schwaches Licht bekommen, auch häufig eine eingeschlossene Luft haben und etwas feucht sind. Ist ein solches Hintergebäude noch mit einem Stockwerk versehen, so sind die untern Zimmer zu Wohn -, Kinder - und Schlafstuben bisweilen eingerichtet, und die Prunkzimmer befinden sich darüber. Dieser Einrichtung kann ich aber in diätetischer Hinsicht meinen Beifall nicht geben. So viel sieht man indessen aus allem, dass, wenn die Hauptgebäude nicht so tief, wie es die Giebelhäuser doch immer sind, und dagegen mehr ausgebaut wären, sie selbst nicht mehr Licht erhalten könnten, sondern auch die Hinter- und Nebengebäude zum Teil wegfallen würden, wobei die Bewohner solcher Häuser denn gar sehr an Hofraum und einer freieren Luft gewinnen müssten.

49. Die gewöhnliche Einrichtung der Querhäuser hat daher auch viele Vorzüge, ob sie gleich selbst noch mancher Verbesserung fähig wäre. Sind diese nämlich nur schmal, wie das der Fall bei den sogenannten Buden oder halben Häusern ist: so werden die Vorzimmer gewöhnlich auch sehr schmal, klein und eng, und da wäre es denn ungleich vorteilhafter für die Gesundheit, wenn man die Haustür an dem einen Ende des Hauses anbrächte, und anstatt der zwei kleinen Vorzimmer nur ein größeres anlegte. Auch könnten die Alkoven bei den Querhäusern ganz wegfallen. Und eben so tadelnswert finde ich es, dass man mehr Rücksicht auf die Einrichtung großer Säle und Prunkzimmer, als guter geräumiger und gesunder Wohn- , Kinder - und Schlafstuben nimmt. Ein Haus, das mit einem schönen und geräumigen Saal versehen ist, findet immer eher einen Abnehmer, als ein anderes, dem dieser vermeintliche Vorzug fehlt, und dieser besondern Vorliebe ist es sogar zuzuschreiben, dass man ganz gewöhnliche Zimmer, die man eine Treppe hoch findet; mit dem ehrenvollen Titel von Sälen belegt. Desto weniger sieht man aber leider darauf, dass die Wohnzimmer, in denen man doch den größten Teil des Tages zubringt, dass die Kinderstuben, die oft nichts weniger, als eine gesunde Anlage haben, und die Schlafstuben gut, trocken, bequem und geräumig genug für die Zahl ihrer Bewohner sind. Man schränkt sich lieber in seinen häuslichen Verhältnissen oft auf eine unbegreifliche Art ein, um nur bei seltenen Gelegenheiten einen Saal oder eine Reihe von Zimmern mit sogenannten guten Freunden füllen zu können.