Unrat und Übelstände

Tote Hunde, Katzen und andere Tiere, die man oft Wochen lang nebst Haufen von Lumpen und abgelegten Kleidungsstücken auf den Gassen herumliegen sehet, geben ebenfalls einen so widrigen Anblick und einen so auffallenden Übelstand, dass jeder rechtliche Mensch so etwas gewiss vermeiden wird.

Dass die Ausdünstungen von solchen Kadavern der Gesundheit nachteilig sind, werden wohl die wenigsten von meinen Mitbürgern glauben, weil sie unmittelbar keine Krankheiten daraus entstehen sehen; aber die Sache wird dadurch nicht weniger gewiss, und nur das eigentümliche Klima unserer Stadt sichert uns vor den davon zu befürchtenden Folgen. Indessen entschuldigt dieses die Tat selbst nicht. Und eben so verhält es sich auch mit einer andern Gewohnheit, die doch nur zu leicht irgend einem Mitbürger Gesundheit und Lehen kosten kann. Ich beziehe mich hier auf die üble Sitte, große und kleine Wagen in den lebhaftesten Straßen, bei einer schlechten Erleuchtung des Nachts öffentlich stehen zu lassen.


Es ist schon nicht recht, dass man bei Tage dergleichen Inkonvenienzen duldet, und es unter andern zugibt, dass die zur Stadt kommenden Landleute zum Teil ihre Pferde neben den Wagen abfüttern, weil dadurch der Raum so sehr beengt wird, und leicht Schaden entstehen kann; aber dass man nun gar auch zur Nachtzeit nicht einmal die Straße von solchen Hindernissen befreit, welche der Gesundheit der Einwohner den größten Schaden drohen, würde ich kaum für möglich halten, wenn ich es nicht täglich sähe. Wenigstens sollte man doch besser für die nächtliche Erleuchtung der Gassen sorgen, die man zwar in neuern Zeiten zu verbessern gesucht hat, ohne jedoch diesen Zweck eigentlich erreicht zu haben.

Die unversiegbare Quelle der Unreinlichkeit und Unordnung auf den Gassen sind bloß Trägheit, Nachlässigkeit und Mangel an Polizei. Fielen diese weg: so würde Rostock gewiss eben so sehr auf den Ehrentitel einer reinlichen Stadt Anspruch machen können, als es jetzt die entgegengesetzte Erniedrigung verdient. Ohne übrigens die Bestandteile dieser widrigen Masse, welche so häufig die Mängel des hiesigen Pflasters verdeckt, zu untersuchen, will ich nur bemerken, dass ein großer Teil aus dem Kehricht der Häuser besteht, und dass auch gewöhnlich die heimlichen Gemächer zur Vermehrung desselben dienen.

Was diese letzte Quelle betrifft: so verdient es in der Tat die strengste Rüge, dass überhaupt so etwas geduldet wird; noch mehr aber, dass man sich nicht schämt, mit dergleichen pestilenzialischen Gerüchen die Gassen oft zu einer Zeit zu erfüllen, wo noch so mancher Vorübergehende seine Nase Preis geben muss, und dass man solche Haufen bisweilen ganz unverdeckt liegen lässt, um, wie es scheint, jeden Fußgänger vor ihrer Berührung zu warnen. Nicht selten durchwühlen noch Schweine, die man so wie Schafe, Hühner, Enten und andere Tiere auf den Straßen herumlaufen sieht diese Haufen, und verbreiten dadurch einen kaum zu ertragenden Gestank, bisweilen in den lebhaftesten Gegenden. Kein Mensch, der Liebe zur Ordnung und Reinlichkeit hat, kann so etwas auch nur entschuldigen; und doch ist man hier indolent und gleichgültig genug, Erscheinungen der Art täglich wahrzunehmen, ohne nur irgend eine Maßregel zu ihrer Abstellung zu ergreifen.

Eine ähnliche Änderung verdiente auch die sehr üble Gewohnheit, den Mist in großen Haufen vor den Häusern aufzutürmen, welches man täglich in den eben nicht entlegenen Straßen, und sogar auf den Spaziergängen sehen kann, Oder man sammelt ihn zwar auf den Höfen, lässt ihn aber dann bei Tage durch die Häuser nach der Straße schaffen und wegfahren. Mit dem größten Widerwillen beschleunige ich jedesmal meine Schritte, wenn ich so etwas sehen und riechen, oder wohl gar als Arzt ein solches Haus betreten muss. Ein jeder wird mir einräumen, dass dergleichen Arbeiten sich nur für den frühen Morgen eignen, wo die Straßen noch leer von Menschen sind.