Die Anfänge einer staatlichen Wirtschaftspolitik in Mecklenburg im 15./16. Jahrhundert
Autor: Millies, Charlotte Dr., Erscheinungsjahr: 1930
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Landwirtschaft, Wirtschaftsleben, politische Verhältnisse, Mecklenburger Herzöge, Landesherrlichkeit, Finanznot, Stadtwirtschaft, Territorialwirtschaft, Landesvermögen, Rentmeisteramt, Stände, Seestädte
Inhaltsverzeichnis
- Die mecklenburgische Landwirtschaft im 16. Jahrh. und die Anfänge einer Agrarpolitik
- Die Anfänge einer Gewerbepolitik in Mecklenburg im. 16. Jahrhundert
- Die Anfänge einer Industriepolitik in Mecklenburg im 16. Jahrhundert
- Das Bergwerkswesen in Mecklenburg im 16. Jahrhundert
- Das Salinenwesen in Mecklenburg im 16. Jahrhundert
- Verkehrs- und Zollwesen
- Die Anfänge einer Handelspolitik in Mecklenburg im 16. Jahrhundert.
§ 1. Die Landwirtschaft in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
§ 2. Die Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
II. Die Krise der Landwirtschaft, beginnend in der Mitte des 16. Jahrhunderts
A. Verkehr
§ 2. Die Wasserstraßen
A. Innenhandel
B. Handelsbeziehungen der Herzoge Albrecht VII. und Heinrich V.
C. Handelsbeziehungen der Herzoge Johann Albrecht I. und Ulrich
4. Handelsverbindungen mit Mitteldeutschland.
Die Wirtschaftsstufentheorie. Die verfassungsgeschichtliche Entwicklung und der Einfluss des Staates auf das Wirtschaftsleben in Deutschland bis zum 15. Jahrhundert. Die politischen Verhältnisse in Mecklenburg im 15./16. Jahrhundert und die Herzöge als Träger wirtschaftlicher Maßnahmen
Einleitung
Man hat versucht, die deutsche Wirtschaftsgeschichte in einzelne Stufen ihrer Entwicklung einzuteilen und sie an bestimmten Idealtypen zu veranschaulichen. Die Theorien Schmollers und Büchers, über die die neuesten Versuche Sombarts und anderer nicht wesentlich hinausgekommen sind, gehen von der Voraussetzung aus, daß der stärkere Einfluss des Staates auf das Wirtschaftsleben erst mit dem Beginn der Neuzeit eingesetzt habe. Demgegenüber ist festzustellen, daß das Wirtschaftsleben sich bereits im Laufe des Mittelalters nicht ohne den Einfluss der staatlichen Gewalt vollzogen hat, wenn diese auch bis zum 13. Jahrhundert nur in bescheidenem Maße vorhanden war. Der geringe Einfluss des Staates auf das Wirtschaftsleben im früheren Mittelalter erklärt sich zum Teil aus der Dezentralisation zur Zeit des Lehnstaates, dem Königtum entglitt damals mehr und mehr die unmittelbare Verwaltung. Es fehlten die zur Vollstreckung des königlichen Willens nötigen Organe, die es Karl dem Großen noch ermöglicht hatten, verwaltungsrechtliche und wirtschaftliche Maßnahmen zu treffen. Erst mit dem Verfall des Lehnstaates, der in Zeiten überwiegender Naturalwirtschaft entstanden war, im 13. Jahrhundert, kam die Ordnung der Verwaltung und des Wirtschaftslebens wieder mehr in die Hände des Staates. Die im 13. Jahrhundert nachweisbaren Tendenzen zur Herausbildung einer Landesherrlichkeit und damit einer staatlichen Wirtschaftspolitik finden ihre Fortsetzung im 15./16. Jahrhundert mit der Entstehung des neuen obrigkeitlichen Polizeistaates.
Das Bestreben der jungen Landesobrigkeit, auch das Wirtschaftsleben ihrer Autorität zu unterstellen und einheitlich nach den Bedürfnissen des Ganzen zu regeln, wird zunächst aufgehalten durch den allgemeinen Verfall der Territorien und das Aufkommen der ständischen Gewalten. Als der Kampf der Landesherrschaft gegen die Ordnung des Lehnstaates und seine Mächte kaum beendet war, erhoben sich die Stände, denen zur Erwerbung ihrer Macht und politischen Rechte die bereits seit dem 13. Jahrhundert herrschende starke Finanznot des Fürstentums zugute kam. Von den ständischen Gewalten hing die Bewilligung der Steuern im wesentlichen ab, das Fürstentum geriet dadurch in finanzielle Abhängigkeit von diesen. Die Linderung der Finanznot durch stärkere wirtschaftliche Betätigung und die Erreichung materieller Unabhängigkeit von den Ständen war deshalb die erste Aufgabe der Landesherren.
Neben der Stadtwirtschaft, deren Blüte in die Zeit der landesfürstlichen Ohnmacht (13. - 15. Jahrhundert) fällt, erhob sich im späteren Mittelalter allmählich die Territorialwirtschaft. Trotzdem also die mittelalterliche Stadtwirtschaft bestehen blieb, fand ein Umschwung im Sinne einer Territorialwirtschaft statt. Das Landesfürstentum wurde mit neu erworbenen Machtbefugnissen seit dem 15./16. Jahrhundert wieder ein entscheidender, die fortschrittliche Entwicklung verbürgender Träger des Wirtschaftslebens.
In den deutschen Territorien bildete sich schon um die Wende des 15./16. Jahrhunderts und im Laufe des 16. Jahrhunderts ein neuer Fürstentyp heraus, deren Vertreter Kurfürst Joachim I. von Brandenburg (1474 - 1523), Bogislaw X. von Pommern (1474 - 1523), Herzog Albrecht von Preußen, der seit 1511 Hochmeister des Deutschen Ordens war, Markgraf Christoph von Baden (1475 - 1515), Philipp der Großmütige von Hessen (1509 - 1567), Herzog Christoph von Württemberg (1550 - 1568), Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg (1568 -1589), Landgraf Wilhelm IV. von Hessen (1567 - 1592) und Kurfürst August von Sachsen (1553 bis 1586) waren. Die Landesherren begannen, die wirtschaftlichen Kräfte ihres Landes zu organisieren. Das geschah zunächst durch allgemeine Landes- und Polizeiordnungen und spezielle Landesordnungen. Darüber hinaus entwickelten die Fürsten durch ihre Eigenschaft als selbständige Wirtschaftspolitiker die neu gefestigten staatlichen Körper zu Repräsentanten wirtschaftlicher Macht nach außen hin und schufen hiermit die Vorstufe zu einer deutschen Volkswirtschaft.
Diese in Deutschland im 16. Jahrhundert sich vollziehende Entwicklung erfaßte auch Mecklenburg, wo sie ebenfalls begünstigt wurde durch die wirtschaftliche Begabung ihrer Herzöge. Ebenso wie für andere deutsche Territorien ist für Mecklenburg die Annahme unrichtig, daß die wirtschaftspolitische Betätigung der Herzöge bei „tastenden Versuchen“ stehen geblieben sei. Schon Magnus II. (1477 - 1503) hatte eingesehen, daß jeder Staat gewisser wirtschaftlicher Machtmittel bedarf und seine Macht auf ökonomischem Gebiet deutlichster Ausdruck seiner inneren und äußeren Festigkeit ist. Die Verschuldung des mecklenburgischen Hauses gab in erster Linie den Anstoß zu einer vielseitigen Finanz-, Verwaltungs-, Wirtschafts- und Regierungspolitik. Unter Magnus II. waren bereits Ansätze zu einer neuzeitlichen Finanzordnung des Staates, nämlich zur Scheidung des Landesvermögens von dem landesherrlichen Vermögen, vorhanden, ebenso eine strengere Scheidung von Hofhaushalt und Landeshaushalt. Die Verwaltung wurde neu organisiert und ein Beamtentum geschaffen, das in dem Rentmeisteramt gipfelte. Magnus II. schuf etwas grundsätzlich Neues; durch wirtschaftliche Orientierung suchte er die inneren Kräfte des Landes zusammenzufassen und dem Staate dienstbar zu machen. Er hatte das Bestreben, die Isolierung der städtischen Wirtschaftsgebilde aufzuheben und an ihre Stelle die Einheit einer Territorialwirtschaft zu setzen. Darin fand Herzog Magnus II. Unterstützung bei den Landräten und sogar bei den Ständen, die eingesehen hatten, daß nur eine starke Hand Mecklenburg vor dem Verfall retten könne. Wenn es auch Herzog Magnus II. nicht gelang, die Seestädte Rostock und Wismar seiner Landeshoheit zu unterwerfen, so vermochte er doch, sie in gebührende Schranken zurückzudrängen. Alle seine Bemühungen waren von dem Bestreben erfüllt, den Staat von oben her politisch und wirtschaftlich zentralistisch zu organisieren.
Als Herzog Magnus II. im Jahre 1503 starb, hinterließ er seinem Bruder Balthasar (gest. 1507) und seinen Söhnen Heinrich V. (1479 - 1552) und Albrecht VII. (1486 - 1547) ein wirtschaftlich gesundes Land mit geordneten Finanzverhältnissen. Unter seinen Nachfolgern vollzog sich jedoch eine Rückentwicklung. Schon bald mußten sie zu Darlehen ihre Zuflucht nehmen und Ämter versetzen. Albrechts Neigung zur Prunkentfaltung und sein langjähriger Aufenthalt in der Fremde waren die Hauptursache für die erste Verschuldung von Magnus Söhnen. Sie wurde aber in der Hauptsache durch die im Jahre 1517 von den Ständen bewilligte Landbede beseitigt. Albrechts VII. missglückter Versuch, im Jahre 1535/36 den dänischen Königsthron zu gewinnen, war der Grund für die neue, von nun an chronische Verschuldung des mecklenburgischen Fürstenhauses. Weiterhin charakteristisch für das ganze 16. Jahrhundert sind die sich immer wieder erneuernden Landesteilungsstreitigkeiten, die unter den Herzögen Heinrich V. und Albrecht VII. ihren Anfang nahmen, und die Kämpfe mit den mecklenburgischen Hansestädten, die einer wirtschaftlichen Erstarkung des mecklenburgischen Landes nicht gerade günstig waren. Herzog Heinrich, gen. der Friedfertige, hatte zudem nicht die wirtschaftspolitische Begabung und den Weitblick seines Vaters geerbt, wenn er sich auch bemühte, dessen Wirtschaftsunternehmungen als guter und sparsamer Landesvater fortzuführen. Albrecht VII. war dagegen in der Wirtschaftspolitik auf große Ziele gerichtet, er schuf die Grundlage für die umfangreichen wirtschaftspolitischen Bestrebungen Herzog Johann Albrechts I. (1525 -76), dessen Persönlichkeit stark an Magnus II. erinnert und der Mecklenburg vielleicht wieder zur gleichen Blüte geführt hätte wie dieser, wären die inneren und äußeren Schwierigkeiten nicht zu groß gewesen. Die Verschuldung hatte eine immer drohendere Form angenommen und war wichtiger Gegenstand der Beratung auf den Landtagen. Auch die Landesteilungsstreitigkeiten nahmen unter den Herzögen Johann Albrecht und Ulrich ihren Fortgang. In eine außerordentlich schwierige Lage kam Mecklenburg durch den unglücklichen Ausgang der Erbteilungsstreitigkeiten, die in Livland im Interesse Herzog Christophs (1537 - 1592) stattfanden. Herzog Christoph machte sich nach seiner Rückkehr nach Mecklenburg jedoch als Administrator des Stiftes Ratzeburg besonders um die Anfänge des Bergwerks- und Salinenwesens und der Metallindustrie verdient. Herzog Ulrich (1527 bis 1603), der im Landesteil Güstrow regierte, war schöngeistig und religiös veranlagt und wirtschaftspolitisch bei weitem nicht in dem Maß interessiert wie sein Bruder Johann Albrecht I.
Waren die Bestrebungen und Maßnahmen auf wirtschaftspolitischem Gebiet bis dahin recht bedeutende gewesen, so ist mit dem Ende der siebziger Jahre ein starker Rückgang in dieser Beziehung festzustellen. Die katastrophale finanzielle Lage erlaubte, abgesehen von einigen Bestrebungen industrieller Art, keine wichtigen neuen wirtschaftlichen Unternehmungen mehr. Die hauptsächlichen Maßnahmen bis zum Ende des Jahrhunderts bestanden in Ausfuhrverboten, die Zeugnis ablegten von der schlechten wirtschaftlichen Lage Mecklenburgs. Schon vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges also, der die wirtschaftliche Blüte Mecklenburgs vollends vernichtete, sind bereits die von Herzog Magnus II. begonnenen und den Herzögen Albrecht VII. und besonders Johann Albrecht I. fortgesetzten wirtschaftlichen Unternehmungen durch innere und äußere Hemmnisse in ihrer Fortentwicklung gehindert worden.
Trotzdem die allgemeine politische Lage Mecklenburgs sich im Laufe des 16. Jahrhunderts verschlechterte, sind die wirtschaftspolitischen Maßnahmen von Seiten der Landesherren im ganzen gesehen mannigfaltig. Ihre Betätigung auf den Einzelgebieten der Wirtschaft, in Landwirtschaft, Gewerbe, Industrie, Bergwerks- und Salinenwesen und schließlich auf dem Gebiete des Verkehrswesens und der Handelspolitik sind ein deutlicher Beweis für die Entstehung einer territorialen Wirtschaft in Deutschland im 16. Jahrhundert.
Einleitung
Man hat versucht, die deutsche Wirtschaftsgeschichte in einzelne Stufen ihrer Entwicklung einzuteilen und sie an bestimmten Idealtypen zu veranschaulichen. Die Theorien Schmollers und Büchers, über die die neuesten Versuche Sombarts und anderer nicht wesentlich hinausgekommen sind, gehen von der Voraussetzung aus, daß der stärkere Einfluss des Staates auf das Wirtschaftsleben erst mit dem Beginn der Neuzeit eingesetzt habe. Demgegenüber ist festzustellen, daß das Wirtschaftsleben sich bereits im Laufe des Mittelalters nicht ohne den Einfluss der staatlichen Gewalt vollzogen hat, wenn diese auch bis zum 13. Jahrhundert nur in bescheidenem Maße vorhanden war. Der geringe Einfluss des Staates auf das Wirtschaftsleben im früheren Mittelalter erklärt sich zum Teil aus der Dezentralisation zur Zeit des Lehnstaates, dem Königtum entglitt damals mehr und mehr die unmittelbare Verwaltung. Es fehlten die zur Vollstreckung des königlichen Willens nötigen Organe, die es Karl dem Großen noch ermöglicht hatten, verwaltungsrechtliche und wirtschaftliche Maßnahmen zu treffen. Erst mit dem Verfall des Lehnstaates, der in Zeiten überwiegender Naturalwirtschaft entstanden war, im 13. Jahrhundert, kam die Ordnung der Verwaltung und des Wirtschaftslebens wieder mehr in die Hände des Staates. Die im 13. Jahrhundert nachweisbaren Tendenzen zur Herausbildung einer Landesherrlichkeit und damit einer staatlichen Wirtschaftspolitik finden ihre Fortsetzung im 15./16. Jahrhundert mit der Entstehung des neuen obrigkeitlichen Polizeistaates.
Das Bestreben der jungen Landesobrigkeit, auch das Wirtschaftsleben ihrer Autorität zu unterstellen und einheitlich nach den Bedürfnissen des Ganzen zu regeln, wird zunächst aufgehalten durch den allgemeinen Verfall der Territorien und das Aufkommen der ständischen Gewalten. Als der Kampf der Landesherrschaft gegen die Ordnung des Lehnstaates und seine Mächte kaum beendet war, erhoben sich die Stände, denen zur Erwerbung ihrer Macht und politischen Rechte die bereits seit dem 13. Jahrhundert herrschende starke Finanznot des Fürstentums zugute kam. Von den ständischen Gewalten hing die Bewilligung der Steuern im wesentlichen ab, das Fürstentum geriet dadurch in finanzielle Abhängigkeit von diesen. Die Linderung der Finanznot durch stärkere wirtschaftliche Betätigung und die Erreichung materieller Unabhängigkeit von den Ständen war deshalb die erste Aufgabe der Landesherren.
Neben der Stadtwirtschaft, deren Blüte in die Zeit der landesfürstlichen Ohnmacht (13. - 15. Jahrhundert) fällt, erhob sich im späteren Mittelalter allmählich die Territorialwirtschaft. Trotzdem also die mittelalterliche Stadtwirtschaft bestehen blieb, fand ein Umschwung im Sinne einer Territorialwirtschaft statt. Das Landesfürstentum wurde mit neu erworbenen Machtbefugnissen seit dem 15./16. Jahrhundert wieder ein entscheidender, die fortschrittliche Entwicklung verbürgender Träger des Wirtschaftslebens.
In den deutschen Territorien bildete sich schon um die Wende des 15./16. Jahrhunderts und im Laufe des 16. Jahrhunderts ein neuer Fürstentyp heraus, deren Vertreter Kurfürst Joachim I. von Brandenburg (1474 - 1523), Bogislaw X. von Pommern (1474 - 1523), Herzog Albrecht von Preußen, der seit 1511 Hochmeister des Deutschen Ordens war, Markgraf Christoph von Baden (1475 - 1515), Philipp der Großmütige von Hessen (1509 - 1567), Herzog Christoph von Württemberg (1550 - 1568), Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg (1568 -1589), Landgraf Wilhelm IV. von Hessen (1567 - 1592) und Kurfürst August von Sachsen (1553 bis 1586) waren. Die Landesherren begannen, die wirtschaftlichen Kräfte ihres Landes zu organisieren. Das geschah zunächst durch allgemeine Landes- und Polizeiordnungen und spezielle Landesordnungen. Darüber hinaus entwickelten die Fürsten durch ihre Eigenschaft als selbständige Wirtschaftspolitiker die neu gefestigten staatlichen Körper zu Repräsentanten wirtschaftlicher Macht nach außen hin und schufen hiermit die Vorstufe zu einer deutschen Volkswirtschaft.
Diese in Deutschland im 16. Jahrhundert sich vollziehende Entwicklung erfaßte auch Mecklenburg, wo sie ebenfalls begünstigt wurde durch die wirtschaftliche Begabung ihrer Herzöge. Ebenso wie für andere deutsche Territorien ist für Mecklenburg die Annahme unrichtig, daß die wirtschaftspolitische Betätigung der Herzöge bei „tastenden Versuchen“ stehen geblieben sei. Schon Magnus II. (1477 - 1503) hatte eingesehen, daß jeder Staat gewisser wirtschaftlicher Machtmittel bedarf und seine Macht auf ökonomischem Gebiet deutlichster Ausdruck seiner inneren und äußeren Festigkeit ist. Die Verschuldung des mecklenburgischen Hauses gab in erster Linie den Anstoß zu einer vielseitigen Finanz-, Verwaltungs-, Wirtschafts- und Regierungspolitik. Unter Magnus II. waren bereits Ansätze zu einer neuzeitlichen Finanzordnung des Staates, nämlich zur Scheidung des Landesvermögens von dem landesherrlichen Vermögen, vorhanden, ebenso eine strengere Scheidung von Hofhaushalt und Landeshaushalt. Die Verwaltung wurde neu organisiert und ein Beamtentum geschaffen, das in dem Rentmeisteramt gipfelte. Magnus II. schuf etwas grundsätzlich Neues; durch wirtschaftliche Orientierung suchte er die inneren Kräfte des Landes zusammenzufassen und dem Staate dienstbar zu machen. Er hatte das Bestreben, die Isolierung der städtischen Wirtschaftsgebilde aufzuheben und an ihre Stelle die Einheit einer Territorialwirtschaft zu setzen. Darin fand Herzog Magnus II. Unterstützung bei den Landräten und sogar bei den Ständen, die eingesehen hatten, daß nur eine starke Hand Mecklenburg vor dem Verfall retten könne. Wenn es auch Herzog Magnus II. nicht gelang, die Seestädte Rostock und Wismar seiner Landeshoheit zu unterwerfen, so vermochte er doch, sie in gebührende Schranken zurückzudrängen. Alle seine Bemühungen waren von dem Bestreben erfüllt, den Staat von oben her politisch und wirtschaftlich zentralistisch zu organisieren.
Als Herzog Magnus II. im Jahre 1503 starb, hinterließ er seinem Bruder Balthasar (gest. 1507) und seinen Söhnen Heinrich V. (1479 - 1552) und Albrecht VII. (1486 - 1547) ein wirtschaftlich gesundes Land mit geordneten Finanzverhältnissen. Unter seinen Nachfolgern vollzog sich jedoch eine Rückentwicklung. Schon bald mußten sie zu Darlehen ihre Zuflucht nehmen und Ämter versetzen. Albrechts Neigung zur Prunkentfaltung und sein langjähriger Aufenthalt in der Fremde waren die Hauptursache für die erste Verschuldung von Magnus Söhnen. Sie wurde aber in der Hauptsache durch die im Jahre 1517 von den Ständen bewilligte Landbede beseitigt. Albrechts VII. missglückter Versuch, im Jahre 1535/36 den dänischen Königsthron zu gewinnen, war der Grund für die neue, von nun an chronische Verschuldung des mecklenburgischen Fürstenhauses. Weiterhin charakteristisch für das ganze 16. Jahrhundert sind die sich immer wieder erneuernden Landesteilungsstreitigkeiten, die unter den Herzögen Heinrich V. und Albrecht VII. ihren Anfang nahmen, und die Kämpfe mit den mecklenburgischen Hansestädten, die einer wirtschaftlichen Erstarkung des mecklenburgischen Landes nicht gerade günstig waren. Herzog Heinrich, gen. der Friedfertige, hatte zudem nicht die wirtschaftspolitische Begabung und den Weitblick seines Vaters geerbt, wenn er sich auch bemühte, dessen Wirtschaftsunternehmungen als guter und sparsamer Landesvater fortzuführen. Albrecht VII. war dagegen in der Wirtschaftspolitik auf große Ziele gerichtet, er schuf die Grundlage für die umfangreichen wirtschaftspolitischen Bestrebungen Herzog Johann Albrechts I. (1525 -76), dessen Persönlichkeit stark an Magnus II. erinnert und der Mecklenburg vielleicht wieder zur gleichen Blüte geführt hätte wie dieser, wären die inneren und äußeren Schwierigkeiten nicht zu groß gewesen. Die Verschuldung hatte eine immer drohendere Form angenommen und war wichtiger Gegenstand der Beratung auf den Landtagen. Auch die Landesteilungsstreitigkeiten nahmen unter den Herzögen Johann Albrecht und Ulrich ihren Fortgang. In eine außerordentlich schwierige Lage kam Mecklenburg durch den unglücklichen Ausgang der Erbteilungsstreitigkeiten, die in Livland im Interesse Herzog Christophs (1537 - 1592) stattfanden. Herzog Christoph machte sich nach seiner Rückkehr nach Mecklenburg jedoch als Administrator des Stiftes Ratzeburg besonders um die Anfänge des Bergwerks- und Salinenwesens und der Metallindustrie verdient. Herzog Ulrich (1527 bis 1603), der im Landesteil Güstrow regierte, war schöngeistig und religiös veranlagt und wirtschaftspolitisch bei weitem nicht in dem Maß interessiert wie sein Bruder Johann Albrecht I.
Waren die Bestrebungen und Maßnahmen auf wirtschaftspolitischem Gebiet bis dahin recht bedeutende gewesen, so ist mit dem Ende der siebziger Jahre ein starker Rückgang in dieser Beziehung festzustellen. Die katastrophale finanzielle Lage erlaubte, abgesehen von einigen Bestrebungen industrieller Art, keine wichtigen neuen wirtschaftlichen Unternehmungen mehr. Die hauptsächlichen Maßnahmen bis zum Ende des Jahrhunderts bestanden in Ausfuhrverboten, die Zeugnis ablegten von der schlechten wirtschaftlichen Lage Mecklenburgs. Schon vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges also, der die wirtschaftliche Blüte Mecklenburgs vollends vernichtete, sind bereits die von Herzog Magnus II. begonnenen und den Herzögen Albrecht VII. und besonders Johann Albrecht I. fortgesetzten wirtschaftlichen Unternehmungen durch innere und äußere Hemmnisse in ihrer Fortentwicklung gehindert worden.
Trotzdem die allgemeine politische Lage Mecklenburgs sich im Laufe des 16. Jahrhunderts verschlechterte, sind die wirtschaftspolitischen Maßnahmen von Seiten der Landesherren im ganzen gesehen mannigfaltig. Ihre Betätigung auf den Einzelgebieten der Wirtschaft, in Landwirtschaft, Gewerbe, Industrie, Bergwerks- und Salinenwesen und schließlich auf dem Gebiete des Verkehrswesens und der Handelspolitik sind ein deutlicher Beweis für die Entstehung einer territorialen Wirtschaft in Deutschland im 16. Jahrhundert.