I. Grundsätzliche Maßnahmen zur Regelung des Innenhandels und der Versorgung des Landes.

Eine allgemeine Regelung der inländischen Handelsverhältnisse fand zuerst in der von den Herzögen Heinrich X. und Albrecht XII. erlassenen Polizeiordnung von 1516 statt. Die Versorgung der Städte mit Lebensmitteln und die des Landes mit Kleidung und anderer Ware, der Austausch von landwirtschaftlicher und gewerblicher Produktion, der nur auf den städtischen Märkten stattfinden sollte, wurde durch die Bestimmung zu regeln versucht, daß die Bauern und andere Landbewohner Gerste, Roggen, Hafer, Weizen, Hopfen, Hanf, Vieh, Wolle, Honig, Butter und alle anderen überflüssigen Waren in die nächste Stadt, zu der ihr Dorf gehörte, zu Markt bringen und ihre Bedürfnisse wiederum dort decken sollten.

Es stand den Landbewohnern aber frei, falls die Preise auf dem nächsten Markt nicht angemessen waren, an einem beliebigen anderen Ort zu kaufen und zu verkaufen. Die Preisbildung wurde durch die Verordnung zu beeinflussen gesucht, daß um „ziemliches Geld“, also zu einem gerechten Preise, gehandelt werden sollte. Eine Übervorteilung der Landbewohner durch die städtischen Kaufleute sollte ausgeschaltet werden. Der Bierpreis sollte dem der Gerste, der je nach Ausfall der Ernte steigt und fällt, angeglichen werden. Der Rat der Städte hatte dafür zu sorgen, daß diese Bestimmungen eingehalten wurden. Es herrschte also noch die Idee des justum pretium, wie sie für das ganze mittelalterliche Wirtschaftsleben charakteristisch gewesen ist. Später, unter Herzog Ulrich, wurde dann die Festsetzung bestimmter Preistaxen angeordnet. Je nach dem Ernteausfall und der Marktlage sollten diese von Sachverständigen in den Städten festgesetzt, am Rathaus öffentlich angeschlagen und dem Herzog zur Durchsicht in die Hofkanzlei gesandt werden, Überteuerung sollte vermieden und die Preise der Waren sollten den Einkaufspreisen entsprechend festgesetzt werden. Besonders dafür eingesetzte Marktmeister hatten auf die Befolgung dieser Vorschriften zu achten. Nur gute und unverdorbene Ware sollte verkauft werden und auf richtiges Maß und Gewicht sollte geachtet werden. 1586 ersuchte Herzog Ulrich die Stadt Rostock um Übersendung des rechtlich anerkannten Marktpfundes zwecks Überprüfung.


Auch das Münzwesen, das früher fast ganz den Bestimmungen der Hanse unterlag, kam seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mehr und mehr unter die selbständige Leitung der Landesfürsten. Schon die Herzöge Heinrich und Albrecht erließen 1542 ein Verbot gegen das wucherliche Einwechseln und Einschmelzen der Landesmünzen, und die Herzöge Johann Albrecht und Ulrich versuchten 1558, eine Verbesserung der Münze nach Schrot und Korn und einen feststehenden Münzfuß einzuführen. Durchgreifende Maßregeln konnten jedoch erst durch die Reichsmünzordnung vom Jahre 1559 ergriffen werden. Als im Jahre 1590 die Bauern sich beschwerten, daß die Preise für ihre Waren in den Städten gedrückt und für ihre Bedürfnisse gesteigert und sie mit falschen Maßen und falschen Münzwerten betrogen würden, forderten die Herzöge sofortige Abstellung dieser Missstände und drohten bei Übertretung die Einführung der Handelsfreiheit auf den Dörfern an.

Der Vorkauf und das Ausführen von Waren durch die Landbewohner war streng verboten, z. B. der Verkauf von Wolle nach außerhalb wurde dem Adel und den Bauern nicht erlaubt, damit ein Hochtreiben der Preise vermieden würde, die einheimischen Tuchmacher genügend einkaufen könnten und die Bürger ihr Gewand so billig wie möglich erhielten. Die Aufkäufer landwirtschaftlicher Produkte sollten auf dem Lande nicht zugelassen werden, da ihre Tätigkeit wirtschaftliche Schwächung der Städter nach sich ziehe und dem gemeinen Wohl schade. Die Waren sollten ausschließlich auf den einheimischen Märkten feilgeboten werden. Trotz der Wiederholung dieser Bestimmung aus dem Jahre 1516 in der Neuauflage der Polizeiordnung von 1542 wurde das Übel der Vorkäuferei und der verbotenen Getreideausfuhr nicht ausgerottet, gab vielmehr weiter Anlass zu häufigen Klagen. Damit nicht soviel nach Lübeck ausgeführt werde, wo in der Regel höhere Preise gezahlt wurden, erging die Anweisung an Rostock und Wismar, die gleichen Preise wie die Lübecker zu zahlen.

Auf dem Landtage zu Güstrow von 1555 erging noch einmal ein entsprechendes Verbot. Die Polizeiordnungen von 1562 und 1572 wiederholten es, die letztere allerdings mit der Einschränkung, daß Aufkäufern, die andere nützliche und notwendige Waren, wie Salz u.dgl., ins Land brächten, ein maßvoller Einkauf gestattet werde. Diese Einschränkung wurde allerdings missbraucht, und schon 1573 beklagte sich Wismar, daß trotz guter Ernte keine genügende Getreidezufuhr vorhanden sei, da die Salzwagen aus Sachsen im ganzen Lande das Getreide aufkauften. Es wurde weiterhin befohlen, die Polizeiordnung zweimal im Jahre, acht Tage nach Ostern und acht Tage nach Michaelis, öffentlich auf dem Rathause, von den Kanzeln herab und durch die Amtleute ablesen zu lassen. Letzteren war die Begünstigung des Vorkaufs besonders streng untersagt, und es wurde darauf geachtet, daß sie sich nicht bestechen ließen. In den Landtagsabschieden von 1572, 1584 und 1589 wurden die Polizeiordnungen in diesen Punkten bestätigt. Über den Vorkauf von Wolle war am 26. Okt. 1571 noch einmal eine Sonderkonstitution erlassen worden. Übertretungen kamen besonders in der Stadt Rostock vor. Herzog Ulrich schrieb deshalb in den Jahren 1574, 1575 und 1579 persönlich an den dortigen Rat, und beide Herzöge mußten 1590 die Mahnung noch einmal wiederholen. Ein gedrucktes Mandat vom 14. Okt. 1597 wiederholte von neuem das Verbot, betonte aber, daß der Kauf im Haus des Produzenten erlaubt sei. Trotz aller Verbote jedoch fanden die Klagen kein Ende.

Besonders die Adligen gaben immer wieder Anlass zu Beschwerden. Bei ihnen war das Bestreben, auf eigene Faust Getreidehandel zu treiben, sehr groß, so daß Herzog Ulrich zu Gegenmaßnahmen greifen mußte 1). Wer Korn verschiffte, mußte für jede Schute 1 Tonne Salz und 1 Taler als Rekognition zahlen. Herzog Ulrich erkundigte sich am 11. Juli 1590 bei dem Amtmann und Küchenmeister von Neubukow nach dem Zwecke des Schutenbaues eines Untertanen und fragte an, ob dieser sein eigenes oder fremdes Korn auf dem Schiffe ausführen wolle. Weiterhin wurden Erkundigungen darüber eingezogen, ob Adlige und andere Untertanen Schiffe zu dem gleichen Zwecke hatten.

Es wurde sogar für die richtige Verteilung der Güter innerhalb des Landes Sorge getragen. So ersuchte Herzog Albrecht anlässlich einer Roggen- und Gersteteuerung die Stadt Rostock, von dem dortigen Vorrat den notleidenden Dörfern und Städten Korn zu angemessenem Preise zur Verfügung zu stellen, um eine Hungersnot zu verhindern. Aus dem Jahre 1574 ist die Verordnung erhalten, daß die Stadt Rostock auf den nahe gelegenen fürstlichen Ämtern Vieh, Hafer und Heu kaufen dürfe. Die Rostocker durften jedoch einen gewissen Umkreis ihrer Stadt nicht überschreiten, damit die anderen Städte genügende Bedarfsdeckungsmöglichkeiten behielten.

1) Schreiben der Stadt Neubrandenburg an Hg. Johann Albrecht vom 16. Dez. 1572: Const., Vol. I, Acta et Edicta; Rat zu Wismar contra die von Adel und Bauern im Amte Neubukow und Grevesmühlen wegen Verschiffung des Korns nach Lübeck und sonst nach außerhalb Landes, 1576 - 81: Const., Vol. I, Fasc. 6.