Der Erwerb aus einem vergangenen und die Erwartungen von einem zukünftigen Leben – Band 3

Eine Selbstbiographie von Gotthilf Heinrich von Schubert
Autor: Schubert, Gotthilf Heinrich von Dr. (1780-1860) deutscher Arzt, Naturforscher und Naturphilosoph, Erscheinungsjahr: 1856

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Gotthilf Heinrich von Schubert, Mecklenburg, Ludwigslust, Hofleben, Doberan, Heilige Damm, Stralsund, Insel Rügen, Hamburg, Lübeck, Erlangen, Großherzog Friedrich Franz I.,
Gotthilf Heinrich von Schubert, Doktor der Theologie, Jubilarius der medizinischen Doktorwürde, Geheimrat und Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu München.
Die Auswanderung nach Norden.

1. Ein Ausruhen am Wege.


Die sonst so gemütlich heitere Stimmung im Kreise der Verwandten und Freunde in der Heimat war diesmal etwas getrübt. Man war da keinesweges mit meinem Vorhaben einverstanden, Bayern, das mir schon wie ein zweites Vaterland geworden war, zu verlassen. Noch bei unserem letzten Besuche im vergangenen Herbste hatten sich die Verwandten herzlich darüber gefreut, dass ich, wie Julie ihnen mitteilte, jetzt die ganz nahe Aussicht habe zur Beförderung an eine bayerische Universität. Sie wussten seitdem aus den Briefen meiner lieben Frau noch mehr von all den Schritten, welche der edle Minister von Lerchenfeld in letzter Zeit für mich getan, um mich in Würzburg oder Erlangen für Bayern fest zu halten. Früher hatte ich so oft geäußert, wie das Lehramt an einer Universität das höchste Ziel meiner Wünsche sei; wie kam es doch nun auf einmal, dass ich dieses so nahe „ehrenhafte Ziel“ meines Weges aufgeben und einen anderen Weg einschlagen wollte, der nach einem glänzenderen Anfange mich zuletzt doch nur zu dem Lehramte an einem Seminar für künftige Schullehrer führen sollte?

Ich mochte sagen, was ich wollte; man verstand mich nicht; ich fühlte mich im Elternhause zu Bärenwalde, mitten unter den Meinigen, einsam und verlassen. Da ergriff mich ein Verlangen nach dem Jugendfreunde, in dessen Nähe ich so oft innerliches Ausruhen und Frieden gefunden hatte (Bd. II S. 404): nach meinem lieben Köthe in Jena. Mit ihm wollte ich das nahe Osterfest feiern. Das Leben dieses brüderlichen Freundes ist seinen innersten Fäden nach so vielfältig mit dem meinigen verschlungen, dass ich in dem Verlaufe der eigenen Geschichte öfters dem Gange der seinigen begegnet bin und jedes mal bei diesem Zusammentreffen mich überzeugte, dass unsere Lebensläufe, wie zwei Uhren von gleichmäßigem Gange, bei dem einen wie bei dem anderen immer in der gleichen Tages- oder Nachtstunde der inneren Entwicklung zusammentrafen. Ich kehre deshalb auch hier zur weiteren Fortführung des kurzen Berichtes zurück, den ich oben (II. S. 437) über meines Freundes Lebensführung gegeben.

Der edle, alte Minister von Ziegesar ist ein seltener Mann gewesen, von dem noch Alle, die ihn auch nur entfernt kannten, mit hoher Achtung und Anerkennung, die aber, welche ihm näher kamen, mit herzlicher Liebe und dankbarer Verehrung sprechen. Der Großherzog Carl August von Weimar war, wie man weiß, ein Herr, der die Leute, welche er in seine nächste Umgebung nahm, richtig zu beurteilen und abzuschätzen wusste; Ziegesar mit seiner biederen Geradheit, klaren Einsicht, treuen Ergebenheit, genoss, wie wenig Andere, das Vertrauen und die Gunst seines Fürsten. Wie dieses Verhältnis ein gutes, ehrendes Zeugnis für die Gesinnung Beider war, so erschien mir als ein solches für den edlen Minister von Ziegesar insbesondere die Zuneigung, welche er zu meinem Freunde Köthe gefasst hatte. Ohne vielleicht auch nur im Entferntesten es zu ahnen, in welches nähere Familienverhältnis Köthe mit ihm treten werde, benahm sich der Minister schon gegen den armen, jenaischen Professor wie ein liebevoll sorgsamer Vater. Dieser seiner Vorsorge verdankte mein Freund, wie bereits erwähnt, nicht nur seine frühe Beförderung zu einem theologischen Lehramte an der Universität, sondern einige Zeit nachher auch seine Berufung an eine Predigerstelle in der Stadt, mit welcher die Seelsorge für eine kleine, nahe gelegene Dorfgemeinde verbunden war. Denn, so sagte der einsichtsvolle Minister, nachdem er ihn einmal in Drakendorf hatte predigen hören: „Köthe ist mehr zum Geistlichen als zum Professor gemacht.“ — Hatte doch derselbe seinen geistlichen Beruf: das höchste Bedürfnis des Menschengeistes zu wecken und zu befriedigen, schon so kräftig und segensreich in dem Familienkreise zu Drakendorf kund gegeben, wo man ihn nicht nur wie einen Sohn und Bruder, sondern wie einen Friedensboten aufnahm und wert hielt.

Vater Ziegesar ward im Spätjahre 1813 durch seine Dienstverhältnisse nach Weimar gerufen. Er musste dieses Mal ohne seine jüngste Tochter Sylvia, die Freude und den Trost seines Alters, gehen, die den Vater sonst immer begleitete, denn diese lag schwer krank an einem Nervenfieber zu Drakendorf darnieder. Der teilnehmende Hausfreund kam einige Male dahin; er kam auch zur Kranken, brachte dieser, als sie der Wiedergenesung entgegenging, in ihrer noch immer bänglich gebeugten Stimmung Aufrichtung und Mut zum Leben. Er war kein Tröster, wie die meisten anderen sind; was er sprach, das weckte eine Freudigkeit, nicht nur für den wechselnden Gang der Last wie der Lust des äußeren, sondern den Mut für die Kämpfe, so wie die Hoffnung auf die Siege des inneren Lebens. Die Kranke fühlte sich freudig und mutig fast wie niemals vorhin, und es war, als hätte sich der Quell der Ermutigung, den das Gespräch des Freundes eröffnet hatte, in beide Seelen, in die ihrige wie in die seinige zugleich, ergossen, denn eines Tages, da sprach sein Mund ein Wort aus, dessen Geheimnis sein Auge wohl schon öfter mochte verraten haben: er bat Sylvien um ihre Hand zum Bunde der Liebe für Zeit und Ewigkeit. In Sylviens Herzen regte sich freilich eine Stimme, welche gern alsbald zu dem Wunsche des Freundes Ja gesagt hätte, aber sie war, um es auszusprechen, zu tief bewegt. Der Gedanke an ihren Vater, den sie wie das eigene Leben liebte, und an die Trennung von diesem erfüllte ihre ganze Seele. Aber auch sie hatte durch und in dem Freunde nicht nur eine höhere göttliche Liebe, die nicht vom Wesen der Zeit ist, sondern eine irdische kennen und fühlen gelernt, welche für das Leben der Zeit eine beglückende Mitgabe ist, darum konnte sie nicht länger schweigen; sie reichte dem Freunde die Hand mit den Worten: „wenn mein Vater es will.“

Sylvia fühlte sich bald nachher wieder ganz gesund und kräftig genug für die kurze Reise nach Weimar, an ihres Vaters treues Herz. Der Minister pflegte, wenn er in Weimar war, den ganzen Tag, mit Ausnahme jener Stunden, in denen er bei Hofe sein musste, in seinem Geschäftszimmer zu arbeiten; in der Nähe von diesem hatte er auch eine Wohnung bezogen, welche für ihn und seine Bedürfnisse, nicht aber für die eines Familienlebens ausreichte. Er kam deshalb nur am Abende in das Haus seines Sohnes, bei welchem Sylvia wohnte, und lebte dann, der Arbeitssorgen vergessend, gemütlich froh wie in Drakendorf bei seinen Kindern. Schon an einem der ersten Abende gibt ihm da die Tochter, bei seinem Weggehen einen Brief in die Hand, darin sie dem teuren Vater das Geheimnis ihres Herzens ausspricht. Der Vater schreibt ihr sogleich am anderen Morgen (19. Dezember 1813), er sei am Vormittag durch dringende Dienstgeschäfte gebunden, müsse dann bei dem Großherzog zur Tafel, sobald er sich jedoch frei machen könne, werde er zu ihr kommen und über Alles, was ihr am Herzen liege, sich mit ihr besprechen. Die Tochter wartet mit Sehnsucht von Stunde zu Stunde; der Vater bleibt über alle Erwartung lange aus; endlich kann man der hart Geängsteten die Kunde nicht länger verheimlichen: der Vater war nach der Tafel noch in einem langen, ernsten Gespräche mit seinem fürstlichen Herrn gewesen, mitten im Sprechen sinkt er zu Boden und ist auf immer verstummt; vergeblich war alle Mühe der Ärzte, den Todten wieder zu beleben.

Welch ein Tausch war das zwischen der gehofften Freude am Herzen, des Vaters, von dessen Einwilligung in den Wunsch ihres Herzens sie im Voraus versichert war, und zwischen dem Leid an seinem Sarge. So von ganzem Herzen seit ihrer frühesten Kindheit hatte wohl selten ein Kind an seinem Vater gehangen, als Sylvia an dem ihrigen, der zu jeder Zeit ihr ein Ratgeber, ein Trost, eine Stütze gewesen war, an welche ihr Wollen und Denken, ihr ganzes Wesen, wie eine Schlingpflanze am Baumstamme, sich festhielt und hinanrankte. Diese Stütze war ihr nach Gottes Rat über Nacht dahin genommen. Und dennoch war dieser Rat für die damals noch Kranke und Schwache der beste. Sie sollte dem fast unmäßigen Schmerze nicht erliegen; in des Freundes Nähe und in seinem kindlich gläubigen Worte lernte die Verwaiste das Festhalten an einen Vater, dessen Vorsorge und Treue ewig ohne Ende ist; aus Seiner Hand, das fühlte sie jetzt lebendiger als jemals, war ihr der Freund gegeben, der von nun an, an des irdischen Vaters Stelle, ihre Stütze, ihr Trost im Leben der Erde sein sollte. Im Verlaufe des nächsten Jahres 1814 reichten sich die Beiden an dem Altar zu Trakendorf die Hand zum Bund ihrer im Himmel geschlossenen Ehe; Sylvia war seitdem aus dem Schlosse ihrer Väter in die kleine Pfarrwohnung eingezogen und hatte dahin jenen genügsamen Sinn mitgebracht, der an Allem, was Gott gibt und der Liebende mit dem Liebenden teilt, Wohlgefallen und Freude findet, und welche auch überall um sich her Wohlgefallen der Augen und Freude der Herzen schaffet.

Nun, in die Friedenshütte dieses glücklichen Paares wollte ich jetzt gehen und die kleine Fußreise dahin, begünstigt von einigen milden, heiteren Frühlingstagen, ist mir ein Lustgang von so fröhlicher Art gewesen wie mir nur wenige in meinem Leben es in solchem Maße waren. Mein Herz war mir getrost und freudig; alle Sorgen und Bedenklichkeiten der Freunde in Bärenwalde ließ ich hinter mir; ich war dessen gewiss, dass Gottes Rat und Gnade auch auf diesem neuen Lebenswege mich führen und halten werde. Ich nahm den kleinen Umweg über meine Vaterstadt Hohenstein, besuchte da das Grab meiner Eltern und meine Schwester Fröhnel: die einsame, in ihrem Gott vergnügte Wittwe. Wie friedlich wohl war es mir da in dem Hause und in dem Zimmer zu Mute, darin unsere Mutter ihren Lauf vollendete und zu ihrem ewigen Frieden einging. Ich hatte noch niemals mit dieser vielgeprüften Schwester solche erquickliche Stunden verlebt, noch niemals ihr frommes, treues Herz so tief erkannt als an dem Abende bei meinem damaligen kurzen Besuche. Sie begleitete mich am anderen Morgen ein Stück Weges durch die grünenden Felder, dann zog ich allein und vergnügt meine Straße.

Es war an einem der ersten Tage der stillen Woche (Ostern fiel im Jahre 1816 auf den 14. April), als ich durch die Gegenden wanderte, die mir aus meiner Schüler und Studentenzeit in Weimar und Jena so wohlbekannt waren. Denn durch sie führte der Weg aus der Heimat nach meiner damaligen Fremde und aus dieser zurück zum Elternhause. Die Hügel, die Täler, die Wälder waren noch dieselben geblieben, in mir aber war Vieles anders und neu geworden. Ich hätte so gerne allen Leuten, die mir begegneten, es gesagt, wie wohl mir es sei und wo ich beim längeren Verweilen Gelegenheit und ein Ohr, bereit zum Anhören meiner Worte, fand, da ging mir auch wohl der Mund über von dem, davon mein Herz voll war: ich zeugte von Dem, woran die stille Woche uns erinnern solle, von der rechten, fröhlich ernsten Stille der Seele und von dem einigen Wege, auf dem man zu ihr gelange. Noch jetzt erscheint mir meine damalige Freudigkeit als ein Zeichen, dass mir es mit der eigentümlichen Wahl meines damaligen Lebensweges ein guter, treuer Ernst gewesen sei.

Und da trat ich denn, so viel ich mich erinnere, ganz unangemeldet in die stille Pfarrwohnung meines Freundes ein. Von den ersten Augenblicken an ward es mir so, als sei ich darin zu Hause. Ich bedurfte eines inneren Ausruhens von den mancherlei Gedanken und Sorgen der nahen Zukunft, darin ich mich in der letzten Zeit herumgetrieben, und ich fühlte, dass ich sie hier finden werde. Der Hausvater war eben abwesend; sein ganzer Sinn, sein ganzes Wesen war aber in Sylvien da und darum war auch diese mir sogleich wohlbekannt. Das ist das gemeinsame Wesen, ist der gemeinsame Sinn solcher Seelen, welche Gott lieben von ganzem Herzen, aus allen Kräften und von ganzem Gemüte und diese Liebe nicht durch Worte zur öffentlichen Schau tragen, sondern durch stillen Wandel und fröhlich ernstes Bezeugen kund geben. Es ist eine seltene Gabe, wenn in der Natur eines Weibes das Hohe und Schöne, das in der äußeren Gestaltung dem Auge sich darstellt, von einem Geiste durchwirkt ist, der durch Wort und Tat das äußere Erscheinen zum bleibenden Sein macht. Das ist nicht eine Gabe, welche aus adeliger Geburt, oder durch den Verkehr und Umgang mit der so hochgebildeten Welt erlangt wird, sondern welche nur durch den Umgang mit Gott gewonnen werden kann. Ein neues, lebendiges Reis, auf den alten Stamm gepfropft, pflegt in sich die Säfte von diesem zu verwandeln und zu veredeln. Dieser neugestaltenden Kraft ist Alles möglich; das edlere Pfropfreis kann, in den Schlehdorn gesenkt und aus den Säften von diesem genährt, die gleichen Früchte bringen, als aus seiner Einverleibung mit einem schon von Natur besseren Baume; doch werden die Zweige, die aus dem ursprünglichen Stamme hervorbrechen, noch immer die alte Natur des Schlehdornes verraten. Wenden wir uns von dem eben gebrauchten Bilde zu seiner Bedeutung, dann lehrt uns die Erfahrung, dass es ein mehr denn gewöhnliches Glück sei, wenn sich die Macht einer geistig veredlenden Gesinnung zu einer in guter, feiner Zucht erwachsenen äußeren Bildung der Sitten gesellt.

Ein liebliches Kind, die Erstgeborene des glücklichen Paares, noch kein Jahr alt, saß auf dem Schoße der Mutter. Nicht der gleiche Vorname mit meiner Tochter allein, auch das Wesen des Kindes erinnerte mich sehr lebendig an den Genuss meiner eigenen Vaterfreuden, deren teilnehmender Zeuge mein Freund Köthe in Dresden täglich gewesen war. Dieser fand mich, als er jetzt zu uns eintrat, in einen Traum versenkt, der in den wirklichen Verkehr mit der lebenden Gegenwart Schattenbilder einer Vergangenheit einmischte, welche durch ein Grab von uns geschieden war.

Wir Beide, der Freund und ich, hatten uns jetzt selber wieder, mit unserer Gegenwart und Zukunft.

Ich zunächst hatte Vieles zu berichten über die Geschichte meines letzten Halbjahres in Nürnberg, über die unerwartete Wendung, welche mein Lebensweg genommen und über Das, was zu dieser Wendung mich bewogen. Da ergab sich alsbald zwischen uns Beiden ein so nahes Zusammentreffen der gleichzeitig erwachten geistigen Bedürfnisse und Anregungen, als hätten wir in den letztvergangenen Jahren in beständiger Beziehung unseres Tuns auf einander an einem gemeinsamen Tagwerke gearbeitet. Köthe hatte zu gleicher Zeit mit mir den Drang gefühlt, die große Wahrheit, welche selig machet Alle, die daran glauben, laut und frei vor der Welt zu bekennen; während ich an dem ersten Bande meines „Alten und Neuen“ schrieb, hatte er an seiner Zeitschrift für Christentum und Gottesgelehrtheit gearbeitet. Er, in seiner Stellung als Lehrer der Theologie an einer Universität, hatte sich mit seinem Zeugnis an die geistlich Reichen gewendet, ich mit dem meinigen wohl mehr an die geistlich Armen, so dass ich weniger von jenen feindseligen Anfechtungen zu leiden hatte, durch welche bald nach dem Erscheinen seiner Schrift mein friedliebender Freund gekränkt ward. Denn mein Buch, in seinem geringen Gewande, ging wenig beachtet durch die Gassen der Welt, mit deren Weisheit und Torheit es sich in keinen Wortwechsel einließ. Übrigens fand ich meinen Freund so lebendig von der Überzeugung ergriffen, dass es jetzt, bei dem, wie es schien, allgemein im Vaterlande wieder erwachenden, besseren Geiste, unsere höchste Aufgabe sei, Hand an die christliche Bildung und Belehrung des Volkes zu legen, dass er den Zug, welcher mich nach Mecklenburg führte, alsbald verstand und beherzigte. Er selbst fühlte sich in seinem Amte, als Prediger und Seelsorger bei einer kleinen Dorfgemeinde ganz überaus glücklich. „Freilich, so fügte er hinzu, ist es seltsam genug, dass du in Mecklenburg in eine doppelte Mission, als Lehrer der Kinder bei einem edlen Fürstenhause und in mittelbarer Weise, als Lehrer der Kinder des Land- und Stadtvolkes, eintreten sollst. Aber Gott wird mit dir sein“.

Gleich an einem der ersten Tage meines diesmaligen Aufenthaltes in Jena besuchte ich auch meinen alten, lieben Major von Knebel, den ich schon in früheren Jahren bei Herder gesehen hatte. Eine wahrhaft seltene Erscheinung war dieser Greis. Er stand damals freilich erst in seinem 72. Jahre und hat nachmals noch 18 Jahre, bis zu seinem 90., gelebt, an geistiger wie leiblicher Frische glich er jedoch einem rüstigen Manne von mittlerem Alter. Ich meine, ich hätte wenig Menschen gesehen, an denen sich die innere geistige Lebendigkeit und Beweglichkeit so wie bei Knebel in jeder Miene, in jeder Gebärde des Leibes ausgesprochen hätte; während sich an den Bewegungen des feinen Mundes ein Wohlgeschmack am „attischen Salze“ zu verraten schien, lag in dem Blicke der klaren Augen, in den Mienen des Angesichtes ein solcher Ausdruck von natürlichem Wohlwollen und Heiterkeit des Gemütes, dass man gleich bei dem ersten Sehen ein gutes Vertrauen zu dem Manne fassen musste. Aus seinem Gespräche konnte man leicht bemerken, dass er die Welt kannte, denn er wusste sogleich, woran er mit den Leuten war und redete mit jedem so, wie es nach seinem Sinne für ihn gehörte. Gegen mich benahm er sich alsbald wie gegen einen alten Bekannten, obgleich er mich vor langer Zeit nur etwa ein oder etliche Male in Weimar gesehen, kaum gesprochen hatte. Ich konnte meine höfliche Bewunderung seiner trefflichen Übersetzung der Elegien des Properz *) nicht an den Mann bringen, denn ich bemerkte bald, dass dieser Mann kein Freund von dem fremden Lobe seiner Sachen war, vielleicht weil er meinte, das verstände sich von selber. Er führte mich gleich in seiner ersten Ansprache dahin zurück, woher ich kam: in mein altes gutes Nürnberg, das ihm wohlbekannt war, und nach Bayern; sprach mit Liebe und großer Achtung von dem Könige Max und seinem Kronprinzen (nachmaligen König) Ludwig. „Denn“, so sagte er, „ich bin auch in Bayern geboren und zwar bald von dort ausgewandert **), bin aber mit meiner Teilnahme ein Bayer geblieben und möchte, wenn ich nicht in Weimar so gut säße, in Bayern leben“. Er kannte in Nürnberg und in ganz Franken alle die Familien, die auch ich kannte, brachte mich in das Erzählen hinein und schien mir gern zuzuhören, wusste auch, dass Jean Paul mich als Freund schätzte und liebte. „Sie gehen“, so sagte er, „jetzt an einen Hof, zunächst als Prinzenerzieher. Nun, ich bin auch an mehr als einem Hofe, bin auch Erzieher bei dem frühe verstorbenen Prinzen Constantin gewesen und zu diesem Berufe fast in ähnlicher Weise als Sie: durch den Willen einer geistvollen, hochsinnigen Fürstin (der Herzogin Amalie) — Sie durch den letzten Wunsch der Enkelin dieser Fürstin hingezogen worden; Ihnen aber, mein lieber Nürnberger Bürgersmann, möchte ich noch eine und die andere gute Lehre mit auf den Weg geben“. Er erzählte mir hierauf jene sinnreiche Parabel von dem Derwisch, die ich oben (Bd. I S. 19) ihrem Inhalte nach treulich (weil ich sie frühe, noch aus frischer Erinnerung aufgeschrieben) mitgeteilt habe. Ich erwiderte ihm darauf ungefähr Folgendes: „O lieber Herr Major, darüber, dass mich die hohen Herrschaften etwa so gar sehr in ihr Vertrauen und ihre besondere Gunst ziehen möchten, sorge ich mich weniger. Denn ich meine, sie werden selber so klug sein und einsehen, dass ich dazu nicht tauge. Aber vor etwas Anderem ist mir bange. Hebel in seinem Schatzkästlein hat eine Geschichte erzählt von einem sonst gutwilligen, übrigens aber schwachen und, wie mir scheint, etwas schlafmützigen Herrn und seinem Bedienten oder Reitknecht ***).

*) Seine meisterhafte Übersetzung des Lukrez erschien erst später.

**) Knebel stammte aus Wallerstein, wo sein Vater Kanzler war, zog mit diesem nach Ansbach, wo der Dichter Uz bedeutenden Einfluss auf seine erste Bildung gewann, tauschte die juristische Laufbahn, die er in Halle betreten hatte, mit der militärischen in Preußen (noch unter Friedrich II) um, ließ sich dann auf einer Reise nach der Heimat in Weimar festhalten.

***) Vermutlich hatte ich die kleine Geschichte von den „beiden Schlafkameraden“ im Sinne, die in den früheren Auflagen von Hebels Schatzkästlein steht.


Derselbige Reitknecht mag allerdings ein rüstiger und brauchbarer Bursche gewesen sein, so dass sein Herr ihn nicht wohl entbehren konnte, aber er war dabei ein Mensch von schlechter Zucht und Sitte. Denn wenn es seinem Herrn gut ging und dieser sich wohl sein ließ, da war der Reitknecht gleich oben auf, hielt in seinem lustigen geschwätzigen Humor kein Maß, sondern tat, als wäre er in der Stube einer Dorfschenke. Wo der Herr geehrt war, da benahm sich der Reitknecht so, als ob die Ehre ihm gelte, wurde übermütig und hochfahrend gegen die Leute, sowie etwa andere Male bei vermeintlichen Zurücksetzungen seines Herrn gar grob und beleidigend. Solche Ungezogenheiten seines Burschen taten freilich dem Herrn, der aus besserer Zucht stammte, leid genug, meist aber erst hintennach, wenn die Sache schon geschehen war. Denn wenn es die rechte Zeit gewesen wäre, dem bäuerischen Benehmen des Knechtes Einhalt zu tun, da war der Herr gegen die Ungeschliffenheiten desselben wie blind und taub, tat fast so, als gäbe er dem Menschen Recht und ließ Alles gehen wie es ging, bis hintennach die rechte Einsicht kam. Nun, lieber Herr Major, so wie in Hebels Geschichte vom Herrn und seinem ungezogenen Bedienten sieht es auch in meinem inneren Haushalte aus. Da gibt es zwei Parteien, die eine, so möchte ich sagen, ist meine Gesinnung, die andere ist mein Naturell. Jene, wie sie nun eben ist, sollte von Rechtswegen immer der Herr, das Naturell der Diener sein. Aber dem ist nicht so; der Reitknecht — mein Naturell — hat leider nur zu oft die Überhand über den träumerischen schwachen Herrn, doch hoffe und vertraue ich, das wird auch einmal anders und besser werden. Ehe es aber nun anders geworden ist und der Reitknecht gelernt hat, sich ganz still und bescheiden zu verhalten, nicht darein zu reden, wenn sein Herr in hoher ehrenwerter Gesellschaft ist, kann ich nicht ohne Sorge daran denken, dass ich mit diesem ungezogenen Gesellen, der bisher nur unter seines Gleichen gelebt hat, an einen Fürstenhof hingehen soll. Ich meine, das wird manchen Anstoß geben*). — Der Major schüttelte mit dem Kopf und lachte über meinen Vergleich. „Ziehen Sie“, so sagte er, „nur ruhig Ihre Straße; so lange der Reitknecht ein ehrlicher Kerl bleibt, und ich weiß, das wird er bleiben, darf Ihnen nicht bange sein; vielleicht kommt auch der Bursche bei Hofe in bessere Zucht. Übrigens möchten auch andere Leute, wenn sie ihren inneren Haushalt betrachten, ähnliche Klagen über das unbotmäßige Hausgesinde anstimmen als Sie.“

*) Ich hatte hier allerdings mit dem alten Freunde in seiner Sprache geredet; mein Bedenken über den inneren Widerspruch in meinem Wesen war von ernsterem Sinne.

Ich war noch ein oder etliche Male bei dem guten alten Knebel, empfing da immer Belehrung und befand mich sehr wohl bei ihm und seiner freundlichen Gemahlin.

Wahrscheinlich durch Knebel, hatte man in Weimar bei Hofe erfahren, dass ich, der nach Mecklenburg berufene Professor aus Nürnberg, so eben in Jena sei. Andere Male würde man das wenig oder nicht beachtet haben, aber es traf sich, dass gerade um diese Zeit mein hochfürstlicher Gönner: der Herr Erbgroßherzog Friedrich Ludwig von Mecklenburg mit seinen Kindern, zu denen ich als Lehrer kommen sollte, in Weimar war (II. S. 512). Dieser geistreiche, für das Wohl seiner Kinder zärtlich besorgte Herr kam mit seinem Schwiegervater Carl August von Weimar nach Jena, in dessen Schlosse der Großherzog öfters, wenn auch nur auf wenige Stunden, zusprach, um bei dieser Gelegenheit einen und den anderen der bedeutenden Männer der gelehrten Stadt zu sehen, oder Regierungsangelegenheiten zu besorgen. Eines Tages, als ich im Hause der Freunde und mit diesen, etwas später als gewöhnlich noch am Mittagstische saß, brachte mir ein Bedienter im Auftrag des Herrn Großherzogs die Einladung zur Tafel „der Herr Erbgroßherzog von Mecklenburg wünsche mich da zu sprechen.“ Was war aber da zu tun? Ich war als Fußgänger nach Jena gekommen, in einer Kleidung, die wohl für einen Gast an der Wirtstafel im Gasthofe zum Bären gut genug gewesen wäre, nicht aber für einen Eingeladenen zur hochfürstlichen Tafel. In meinem braunen Überrocke, der besser für die wechselnden Launen des Aprilwetters im Freien, als für den ewigen Frühling eingerichtet war, welcher in den Zimmern der fürstlichen Paläste herrscht, und auch mit meinen derben Reisestiefeln konnte ich unmöglich vor den hohen Herrschaften mich präsentieren; ich musste, wie die Freundin Sylvia sagte, dort im schwarzen Frack und Schuhen erscheinen. Und wie dieses bewerkstelligt werden könne, das war der Freundin eifrige Sorge. Mein lieber Köthe war weder so lang noch so breit, sondern von ungleich gemäßigterer, bescheidenerer Statur als ich. In diese Maßverhältnisse musste ich mich jetzt fügen, als mir die gute Sylvia die Gallakleider ihres Mannes darbot. Obgleich ich mich gern darein ergab, dass der Frack nach vorn in ziemlicher Breite offen bleiben müsse, entging es mir dennoch nicht, dass ich mich bei, sowie vor und nach der Tafel aller Gestikulationen mit den Armen zu enthalten habe, denn wenn ich einen oder den anderen auch nur nach einem naheliegenden Stück Brot hätte ausstrecken wollen, dann wäre mir der Ärmel gar weit über das anständige Maß hinaufgefahren. Selbst bei dem Komplimentmachen wurde mir Vorsicht empfohlen, und dass mich die fremden, engen Schuhe in peinlicher Weise drückten, das brauchte mir Niemand zu sagen, denn ich fühlte es selber.

So ging ich denn den mir aus alter Zeit wohlbekannten Weg, nach dem Schlosse hin. Die Herrschaften hatten sich eben schon zur Tafel gesetzt und man wies mir meinen Sitz an zwischen dem Herrn Erbgroßherzog von Mecklenburg und seiner ältesten Prinzessin Tochter Maria. Ich werde den ersten Eindruck, den mein nunmehriger Herr durch sein persönliches Erscheinen auf mich machte, niemals vergessen, denn jener Eindruck war ein solcher, den man gerne in der Erinnerung festhält. Ein Mann, fast noch in der Mitte des gewöhnlichen, zur vollen Reife gelangenden Lebensalters, wohlgestaltet und von würdevoller Haltung, in den feinen Zügen des Angesichtes und im Blicke der klaren, blauen Augen, im Ausdruck des sinnigen Ernstes und zugleich des freundlich entgegenkommenden Wohlwollens. Der seltene nur von Wenigen in seinem ganzen Werte erkannte Fürst gewann sogleich durch sein erstes Gespräch mit mir mein ganzes, volles Vertrauen, das sich in ihm auch niemals getäuscht fand, denn ich danke Gott dafür, dass ich in seinen drei letzten Lebensjahren, bis nahe zu seinem Ende, um ihn sein durfte.

Der Herr Erbgroßherzog verließ die Tafel bald; die dringend notwendige Beantwortung eines Briefes aus Mecklenburg rief ihn, wie er dem Großherzog sagte, von der Gesellschaft ab. Ich hatte nun Zeit und Gelegenheit, auch mit meiner künftigen Schülerin, der Prinzessin Maria, mich zu unterhalten. Auch Das, was mir an dieser der erste Eindruck versprach, hat sich in der Erfahrung vieler Jahre bewährt. Obgleich die hohe, jungfräulich kräftige Gestalt das damals erst dreizehnjährige Alter der Prinzessin nicht verriet, lag dennoch in ihrem ganzen Wesen der Schatz der unbefangenen Kindlichkeit unversehrt. Man bedurfte kein weiteres Zeugnis über den inneren Wert einer solchen, an Geist und Gemüt gesunden Natur; treu und wahr und offen sprach dieser in Blick und Mienen, so wie im zutraulichen Worte sich aus; die innere Heiterkeit des Gemütes gab sich in dem fröhlichen, zum kindlichen Scherze geneigten äußeren Bezeugen kund. Ich wünschte mir von Herzen Glück zu einer solchen Schülerin.

Die Tafel war aufgehoben; die Prinzessin mit ihren Damen entfernte sich mit dem freundlichen Gruße „auf baldiges Wiedersehen“; der Herr Großherzog von Weimar hatte sich, noch in einem Gespräche mit Professor Döbereiner begriffen, an ein Fenster des Saales zurückgezogen. Ich stand einige Augenblicke allein, nahte mich dann, jenseits der Tafel stehend, mit dem Hute in der Hand dem hohen durchlauchtigsten Gastfreunde auf einige Schritte, machte mit ehrerbietigem Lächeln eine stumme Verbeugung gegen denselben und eilte, so voll Freude über diesen ersten guten Anfang meines Auftretens bei Hofe nach dem Hause der Freunde, dass ich den schmerzhaften Druck der engen Schuhe nicht mehr fühlte. Jene aber, die Freunde, als ich ihnen die ganze Geschichte der zuletzt verlebten glücklichen Stunde erzählte, wollten es freilich nicht billigen, dass ich so eilig davon gelaufen sei. Denn der Herr Großherzog, sagten sie, würde gewiss nach Beendigung seines kurzen Gespräches mit Döbereiner auch mit mir gesprochen haben, und man dürfe überhaupt von solchen Herrschaften nicht hinweggehen, ohne von ihnen entlassen zu sein. Ich aber sagte: der Herr Großherzog Carl August ist ein so geistreicher, lieber Herr, der in seinem Leben so viele verschiedene Menschen und Völker gesehen hat, dass er mir mein Versehen gewiss nicht übel nehmen wird. Und dass dieses so gewesen sei, erfuhr ich am anderen Tage bei Knebel.

Während meines diesmaligen kurzen Aufenthaltes in Jena machte ich auch die persönliche Bekanntschaft des berühmten Oken. Ich war mit ihm schon seit längerer Zeit in Verkehr durch Briefe gestanden; hatte ihm namentlich in Nürnberg, bei dem Ankaufe einer von ihm gewünschten Mineraliensammlung, manche kleine Gefälligkeit erwiesen. Die Achtung, welche ich gegen diesen um eine allgemeinere Anregung zum naturwissenschaftlichen Forschen und Erkennen wohlverdienten Mann schon aus der Bekanntschaft mit seinen Schriften gewonnen, wurde jetzt, bei unserem Zusammentreffen in Jena, zu einer Achtung, welche seiner ehrenwerten Persönlichkeit galt. Ich brachte bei ihm und seiner vortrefflichen Frau, einer Tochter des von mir hochverehrten Geheimrat Professor Stark (des Älteren) einige vergnügte Stunden zu, und es tut mir leid, dass bei unserem späteren Zusammensein in München jenes naturgemäße Verhältnis einer gegenseitigen Anerkennung, mehr noch durch fremden Einfluss als durch unsere Schuld, gestört wurde. Der Eifer für das Wirken in dem gemeinsamen Arbeitsfelde der Naturwissenschaft war bei uns Beiden der gleiche; warum sollten nicht die Arbeiter in einer großen Werkstätte ihre Tagwerke, darin das eine dem anderen zur hilfreichen Ergänzung dient, in freundlicher Eintracht betreiben, wenn auch Jeder von ihnen, in seinem eigenen von dem des Anderen verschiedenen Obdach nach des Tages Last und Mühe sein stilles Ausruhen und den heimatlichen Frieden des Herzens findet.

Die schönsten Stunden der damaligen stillen Woche brachte ich mit Köthe und seiner Familie zu. Ich hörte ihn in der kleinen Kirche seiner Dorfgemeinde am Karfreitag predigen. Einfältig, lebendig und kräftig führte er die Seelen dahin, wo sie an diesem Tage sein sollten. Der Nachmittag war schön und frühlingsartig mild. Wir brachten ihn in Drakendorf, dann auf einer nahen Wiese mit eben hervorbrechendem Grün neben der Herde der Schafmütter und ihrer Lämmer zu. Mir war es, als verstände ich so sehr als nur jemals die stille Freude des Kindes meiner Freunde, das ich auf meinen Armen trug.

Ein Brief meiner lieben Julie, voll schmerzlichen Verlangens nach mir, den sie für erkrankt hielt, bewog mich, meine Rückreise nach Bärenwalde in möglichster Weise zu beschleunigen. Ich war noch einmal bei meinem alten, freundlichen Major Knebel. Es war eine ernste Mitgabe, die mir dieser noch beim Abschied mitteilte. Er sagte mir, dass der einzige näher befreundete Bekannte, den ich in Mecklenburg zu treffen hoffte, der Hauptmann von Mecklenburg, in unerwarteter Weise, plötzlich gestorben sei, doch gab er mir zugleich einen Brief an eine Freundin, eine Dame bei Hofe, mit, die, wie er mir sagte, gar bald auch meine Freundin und Ratgeberin werden würde, besser vielleicht noch als der verstorbene Hauptmann mir es hätte sein können.

Das Jahr 1816 hatte im Monat April einzelne schöne Frühlingstage, deren plötzlicher Wechsel mit winterlicher Kälte und Schneegestöber vielleicht schon ein Vorzeichen von jener vorherrschenden Stimmung der Witterung war, durch welche der ganze Sommer in betrübender Weise von anderen Sommern sich unterschied. Im stärksten Schneegestöber, dann über den winterlich fest gefrorenen Boden, zog ich, zuerst nach dem Rate der Freunde mit Extrapost, dann nach eigenem Rate zu Fuße, meines Weges nach dem Elternhause meiner Julie, die mich mit bangem Sehnen schon seit mehreren Tagen erwartet hatte. Ihr Wille war jetzt freudig und ganz mit dem meinigen einig: „Gott wird ja auch auf dem neuen, dunklen Lebenswege uns nicht verlassen, wird unser treuer Führer, unser Trost, unsere Hilfe sein.“