Die wichtigsten deutschen Seehandelsstädte
Ein Beitrag zur Geographie Deutscher Städte
Autor: Reinhard, Rudolf Dr. (1876-1946) Wirtschaftsgeograph und Museumsleiter, Erscheinungsjahr: 1901
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Seehandelsstädte, Schifffahrt, Ostsee, Nordsee, Seestädte, Hafenstädte, Hafenwirtschaft, Hamburg, Bremen, Lübeck, Rostock, Stettin, Danzig
I. Einleitung.
Wo auch immer des Menschen Fuß den festen Erdboden betritt, lässt er auf demselben seine Spuren zurück. Je öfter eine Stelle Menschen getragen hat, je größer die Zahl derselben gewesen ist und je länger dieselben auf ihr weilten, desto bemerkbarer und nachhaltiger werden diese Spuren sein. So können wir uns eine aufsteigende Reihe solcher Eindrücke denken, in der die Wagengleise, die ein Ansiedlerkarren in der jungfräulichen Erde zieht und die der nächste Regen wieder verwischt, oder der schmale Pfad, den sich eine Expedition mit Axt und Buschmesser durch einen Urwald bahnt, und den die Vegetation bald wieder schließt, oder die Brandstätte eines Indianerlagers die ersten Stufen darstellen und die sich fortsetzt durch das bald wieder abgebrochene Zeltdorf des Nomaden, durch die nur im Sommer bewohnte Alphütte, durch die zerstreut liegenden Bauernhöfe, durch die Dörfchen und Dörfer, Städtchen und Städte bis hinauf zu den Kolossen unserer modernen Großstädte, in denen wir das augenblickliche Maximum der Bodenbeeinflussung durch den Menschen ausgedrückt sehen. Als die letzten Stufen der angedeuteten Reihe sind die Städte von besonderem anthropogeographischen Interesse, und es ist eine wesentliche Aufgabe jeder Länderkunde, diese Gebilde nach ihrer Lage, ihrer Größe und Gestalt, ihrem Bauplan, ihrer Bauweise, ihren wirtschaftlichen Funktionen und ihren übrigen Eigentümlichkeiten zu beschreiben und zu erklären.
Wo auch immer des Menschen Fuß den festen Erdboden betritt, lässt er auf demselben seine Spuren zurück. Je öfter eine Stelle Menschen getragen hat, je größer die Zahl derselben gewesen ist und je länger dieselben auf ihr weilten, desto bemerkbarer und nachhaltiger werden diese Spuren sein. So können wir uns eine aufsteigende Reihe solcher Eindrücke denken, in der die Wagengleise, die ein Ansiedlerkarren in der jungfräulichen Erde zieht und die der nächste Regen wieder verwischt, oder der schmale Pfad, den sich eine Expedition mit Axt und Buschmesser durch einen Urwald bahnt, und den die Vegetation bald wieder schließt, oder die Brandstätte eines Indianerlagers die ersten Stufen darstellen und die sich fortsetzt durch das bald wieder abgebrochene Zeltdorf des Nomaden, durch die nur im Sommer bewohnte Alphütte, durch die zerstreut liegenden Bauernhöfe, durch die Dörfchen und Dörfer, Städtchen und Städte bis hinauf zu den Kolossen unserer modernen Großstädte, in denen wir das augenblickliche Maximum der Bodenbeeinflussung durch den Menschen ausgedrückt sehen. Als die letzten Stufen der angedeuteten Reihe sind die Städte von besonderem anthropogeographischen Interesse, und es ist eine wesentliche Aufgabe jeder Länderkunde, diese Gebilde nach ihrer Lage, ihrer Größe und Gestalt, ihrem Bauplan, ihrer Bauweise, ihren wirtschaftlichen Funktionen und ihren übrigen Eigentümlichkeiten zu beschreiben und zu erklären.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Lage
- Klimatische Lage
- Weltverkehrslage
- Lage zum Hinterland
- Lage der Städte zu einander
- Ortslage
- Zusammenfassung
- Häfen und Fahrrinnen nach dem Meere
- Räumliche Entwicklung der eigentlichen Ansiedelung
- Charakteristische Straßenzüge
- Geographisch interessante Straßennamen
- Bemerkungen über Bauart und Baumaterial der Häuser
Die über den Gegenstand vorhandene Literatur lässt sich im allgemeinen in zwei große Gruppen teilen. Zur ersten gehören solche Arbeiten, die nur eine einzelne Stadt beschreiben, Monographien, wie wir sie ja von jeder bedeutenderen Stadt besitzen. Diese haben den Vorzug, dass sie auf Einzelheiten eingehen und auf alle Faktoren Rücksicht nehmen, die die Entwicklung und das Aussehen der betreffenden Stadt bedingen. Freilich haben diese Einzelbeschreibungen meist mehr den Charakter historischer als den geographischer Arbeiten. Erst aus der neuesten Zeit besitzen wir Stadtmonographien, die das Hauptgewicht auf das geographische Moment legen, wie die Arbeiten von Buchenau*) über Bremen oder von Hassert**) über Leipzig.
*) Buchenau, Die Freie und Hansestadt Bremen und ihr Gebiet. Bremen 1900.
**) Kurt Hassert, Die geographische Lage und Entwicklung Leipzigs.
Die Arbeiten der zweiten Gruppe fassen immer eine Anzahl von Städten zusammen, behandeln dieselben aber nur unter einem oder wenigen Gesichtspunkten. Zahlreich sind vor allem die Abhandlungen, die sich mit der Lage der Städte befassen. So legt schon J. G. Kohl in der ältesten der hierher gehörigen Arbeiten, in seinem Werke „Der Verkehr und die Ansiedelung der Menschen in ihrer Abhängigkeit von der Gestaltung der Erdoberfläche“ das Hauptgewicht auf die Lage der Ansiedelungen, und zwar auf die mehr allgemeine Lage. Angeregt durch die Kohlsche Arbeit behandeln Güldenpenning*) und Schneider**) die Lage der Ansiedelungen an Meeresbusen. Mit den Lagemerkmalen der nächsten Umgebung, des eigentlichen Bauplatzes einer Anzahl von Städten beschäftigt sich eine treffliche Abhandlung von F. G. Hahn über „Die Städte der norddeutschen Tiefebene“. Die gleiche Aufgabe hat sich eine Arbeit von Hugo Bonk über „Die Städte und Burgen in Altpreußen in ihrer Beziehung zur Bodengestalt“ gestellt. Weniger zahlreich sind die Arbeiten, die sich mit der Stadtansiedelung selbst, ihrer Gestalt, ihrem Straßennetz, der Bauweise ihrer Häuser u. s. w. befassen. Johann Fritz und im Anschluss an dessen Werk Otto Schlüter haben Untersuchungen angestellt, die sich hauptsächlich auf die alten Stadtteile unserer deutschen Städte beziehen. Andere Arbeiten, die meist aus Architektenkreisen stammen, betrachten die Stadtanlagen unter Rücksichtnahme auf die praktischen Bedürfnisse des Verkehrs oder die Anforderungen der menschlichen Wohnungen oder auch nach der künstlerisch-ästhetischen Seite hin. Es sei hier nur der Aufsätze von Buls***), Henrici****), Baumeister*****) und Sitte gedacht. Die genannten Beispiele ergeben, dass die Arbeiten der zweiten Gruppe im Grunde auch nur Einzelbeschreibungen sind, sofern sie eben eine Anzahl von Städten nur unter einem oder wenigen Betrachtungspunkten zum Gegenstand der Behandlung machen. Solche Arbeitsteilung, wenn hier der Ausdruck erlaubt sei, ist wie für alle Wissenschaften, so auch für die Geographie nützlich und notwendig. Andererseits ist aber doch zu betonen, dass ein geographisches Objekt nur dann recht zu verstehen ist, wenn es in Beziehung gesetzt wird einmal zu Objekten gleicher oder ähnlicher Art und sodann zu allen und nicht nur zu einem der mannigfaltigen Faktoren, durch die es geographisch bedingt wird. Die einzigen Arbeiten, die die Städte in dieser zusammenfassenden Weise behandeln, sind die betreffenden Kapitel in F. Ratzels „Anthropogeographie“ und „Politischer Geographie“. Jedoch sind diese entsprechend der Stellung, die sie in jenen Werken einnehmen, allgemein gehalten.
Die vorliegende Arbeit will nun den Versuch machen, in der Behandlung einer bestimmten Städtegruppe die Vorteile jener beiden verschiedenen Arten von Monographien zu verbinden. Sie will vergleichend und im Rahmen der betreffenden Gruppe zusammenfassend sein und doch dabei Rücksicht nehmen auf möglichst alle geographischen Merkmale.
*) Güldenpenning, Über die Besiedelung der Meerbusen. Progr. Pyritz 1883.
**) Schneider, Die Siedelungen an Meeresbusen in ihrer Abhängigkeit von den geographischen Bedingungen. Diss. Halle 1882.
***) Chr. Buls, Aesthetik der Städte. Giessen 1898.
****) K. Henrici, Von welchen Gedanken sollen wir uns beim Ausbau unserer deutschen Städte leiten lassen? Trier 1894.
*****) R. Baumeister, Moderne Stadterweiterungen. Deutsche Zeit- und Streitfragen. Hamburg 1887.
*) Buchenau, Die Freie und Hansestadt Bremen und ihr Gebiet. Bremen 1900.
**) Kurt Hassert, Die geographische Lage und Entwicklung Leipzigs.
Die Arbeiten der zweiten Gruppe fassen immer eine Anzahl von Städten zusammen, behandeln dieselben aber nur unter einem oder wenigen Gesichtspunkten. Zahlreich sind vor allem die Abhandlungen, die sich mit der Lage der Städte befassen. So legt schon J. G. Kohl in der ältesten der hierher gehörigen Arbeiten, in seinem Werke „Der Verkehr und die Ansiedelung der Menschen in ihrer Abhängigkeit von der Gestaltung der Erdoberfläche“ das Hauptgewicht auf die Lage der Ansiedelungen, und zwar auf die mehr allgemeine Lage. Angeregt durch die Kohlsche Arbeit behandeln Güldenpenning*) und Schneider**) die Lage der Ansiedelungen an Meeresbusen. Mit den Lagemerkmalen der nächsten Umgebung, des eigentlichen Bauplatzes einer Anzahl von Städten beschäftigt sich eine treffliche Abhandlung von F. G. Hahn über „Die Städte der norddeutschen Tiefebene“. Die gleiche Aufgabe hat sich eine Arbeit von Hugo Bonk über „Die Städte und Burgen in Altpreußen in ihrer Beziehung zur Bodengestalt“ gestellt. Weniger zahlreich sind die Arbeiten, die sich mit der Stadtansiedelung selbst, ihrer Gestalt, ihrem Straßennetz, der Bauweise ihrer Häuser u. s. w. befassen. Johann Fritz und im Anschluss an dessen Werk Otto Schlüter haben Untersuchungen angestellt, die sich hauptsächlich auf die alten Stadtteile unserer deutschen Städte beziehen. Andere Arbeiten, die meist aus Architektenkreisen stammen, betrachten die Stadtanlagen unter Rücksichtnahme auf die praktischen Bedürfnisse des Verkehrs oder die Anforderungen der menschlichen Wohnungen oder auch nach der künstlerisch-ästhetischen Seite hin. Es sei hier nur der Aufsätze von Buls***), Henrici****), Baumeister*****) und Sitte gedacht. Die genannten Beispiele ergeben, dass die Arbeiten der zweiten Gruppe im Grunde auch nur Einzelbeschreibungen sind, sofern sie eben eine Anzahl von Städten nur unter einem oder wenigen Betrachtungspunkten zum Gegenstand der Behandlung machen. Solche Arbeitsteilung, wenn hier der Ausdruck erlaubt sei, ist wie für alle Wissenschaften, so auch für die Geographie nützlich und notwendig. Andererseits ist aber doch zu betonen, dass ein geographisches Objekt nur dann recht zu verstehen ist, wenn es in Beziehung gesetzt wird einmal zu Objekten gleicher oder ähnlicher Art und sodann zu allen und nicht nur zu einem der mannigfaltigen Faktoren, durch die es geographisch bedingt wird. Die einzigen Arbeiten, die die Städte in dieser zusammenfassenden Weise behandeln, sind die betreffenden Kapitel in F. Ratzels „Anthropogeographie“ und „Politischer Geographie“. Jedoch sind diese entsprechend der Stellung, die sie in jenen Werken einnehmen, allgemein gehalten.
Die vorliegende Arbeit will nun den Versuch machen, in der Behandlung einer bestimmten Städtegruppe die Vorteile jener beiden verschiedenen Arten von Monographien zu verbinden. Sie will vergleichend und im Rahmen der betreffenden Gruppe zusammenfassend sein und doch dabei Rücksicht nehmen auf möglichst alle geographischen Merkmale.
*) Güldenpenning, Über die Besiedelung der Meerbusen. Progr. Pyritz 1883.
**) Schneider, Die Siedelungen an Meeresbusen in ihrer Abhängigkeit von den geographischen Bedingungen. Diss. Halle 1882.
***) Chr. Buls, Aesthetik der Städte. Giessen 1898.
****) K. Henrici, Von welchen Gedanken sollen wir uns beim Ausbau unserer deutschen Städte leiten lassen? Trier 1894.
*****) R. Baumeister, Moderne Stadterweiterungen. Deutsche Zeit- und Streitfragen. Hamburg 1887.