Zusammenfassung

1. Klimatische Lage. Die Städte der Nordsee sind vor denen der Ostsee begünstigt, denn in den Mündungen von Weser und Elbe erreicht das Eis niemals eine solche Stärke, dass es nicht durchbrochen werden kann, veranlasst also nie eine vollständige Stockung der Schifffahrt. Dagegen haben die deutschen Mündungsstädte der Ostsee mit einer zeitweiligen Abschließung vom offenen Meere zu rechnen, die bei den östlichsten derselben die Schifffahrt noch im April aufheben kann.

2. Weltlage. Die Nordsee steht in offener Verbindung mit dem Atlantischen Ozean, dem Hauptschauplatz des Weltverkehrs; die Ostsee hat, wie in physischer, so auch in verkehrsgeographischer Beziehung einen Binnenmeercharakter. Der gesamte Seeverkehr der deutschen Nordseeplätze ist ungefähr doppelt so groß wie der der deutschen Ostseestädte. — Letztere haben eine bessere Weltlage bekommen durch den Durchstich des Kaiser Wilhelmkanals. Jedoch ist dessen Bedeutung in kommerzieller Beziehung nicht zu überschätzen. — Im Mittelalter war die Ostseeküste der dem Verkehr zugewandte Teil der deutschen Wasserkante.


3. Lage zum Hinterland. Da sich Deutschland von Ost nach West verbreitert, hat die Nordseeküste im Vergleich zur Ostseeküste an sich ein größeres ihr politisch zugehöriges Hinterland. Dasselbe wird noch vergrößert durch die diagonale (südöstlich -nordwestliche) Richtung der deutschen Ströme, die Mitteldeutschland und sogar Teile Ostdeutschlands zum Hinterlande der Nordsee machen. Diese Tendenz nach Nordwesten, die noch verstärkt wird durch die ostwestlich führenden Kanalverbindungen zwischen Weichsel, Oder und Elbe ist im orographischen Bau Deutschlands begründet, ihr folgen auch die Haupt-Landverkehrslinien. — Der Nutzen, den die einzelnen Städte von ihrem Hinterlande haben, hängt ab von der Größe und von der Produktions- und Konsumtionsfähigkeit der Stromgebiete, an deren Ausmündungen sie liegen. Am meisten begünstigt ist in beiden Beziehungen Hamburg, dann folgen Stettin und Bremen. — Königsbergs und Danzigs Handel ist großen Schwankungen unterworfen durch die jeweiligen politischen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland. — Lübecks und Kiels Verkehrsbedeutung beruht zum größten Teil auf ihren Verbindungen mit der Elbmündung. — Besonders begünstigt vor ihren Schwesterstädten sind Hamburg, Lübeck und Königsberg durch ihre Winkellage, die beiden ersteren außerdem durch ihre Isthmuslage.

4. Lage der Städte zu einander. Diese bedingt entweder eine gegenseitige Förderung oder eine gegenseitige Hemmung der Städte. Beispiele der ersteren : Der Zusammenschluss zur Abwehr gemeinsamer äußerer Feinde, der Verkehr der Städte untereinander, die Arbeitsteilung zwischen den großen Seehandelsstädten und ihren Vorhäfen, die wechselseitige Unterstützung Hamburgs und Lübecks. Die gegenseitige Hemmung der Städte findet ihren Ausdruck im Konkurrenzkampf. Dieser geschah in alten Zeiten oft in kleinlicher und gewalttätiger Weise, jetzt vollzieht er sich unter äußerem Frieden, aber nicht minder scharf. Das Kampfmittel besteht in der Beschaffung möglichst großer Verkehrserleichterungen. Damit ist aber der Konkurrenzkampf gleichzeitig das bedeutendste Mittel zur gegenseitigen Förderung der Städte.

5. Ortslage.Die Hauptmerkmale derselben sind: a) Die Lage in einer größeren Entfernung vom Meere; b) die Lage am Rande einer diluvialen Höhe und c) die Brückenlage.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die wichtigsten deutschen Seehandelsstädte