Charakteristische Straßenzüge

Im vorigen Abschnitt haben wir den Straßenverlauf nur ganz im allgemeinen bei den einzelnen Stadtteilen betrachtet und nur einen Unterschied gemacht, sofern er regelmäßig oder unregelmäßig war. Dieser Teil hat die Aufgabe, einzelne besonders charakteristische Straßenzüge hervorzuheben.

Ein Blick auf die Pläne unserer Städte lässt uns sofort bemerken, dass die in der Nähe des Wassers führenden Straßen die deutliche Tendenz haben, der Wasserkante parallel zu laufen oder rechtwinklig auf sie zu treffen, eine Tendenz, die mit zunehmender Entfernung vom Wasser schwächer wird. Sie entspricht einem längst erkannten anthropogeographischen Gesetz, nach dem der Verkehr in der Nähe des Wassers diese beiden Hauptrichtungen annimmt. Und wie für die großen Verkehrsstraßen in ihrem Verhältnis zu Flüssen, Seen und Meeren, so gilt dies auch für die Straßen der an jenen Gewässern gelegenen Städte. Darum finden wir diese Erscheinung nicht nur ausnahmslos in den von uns besprochenen Städten, sondern in fast allen Fluss- und Seestädten der Welt, und es sei hier nur an New Orleans als an ein besonders in die Augen springendes Beispiel erinnert. Das ganze kunstvolle Straßensystem dieser Stadt ist den mehrfachen Windungen des Mississippi in der bezeichneten Weise angepasst. Sind die betreffenden Städte aber sehr klein, so dass sie gar keine weit vom Wasser entfernten Stadtteile besitzen, so haben sie nur Straßen von den beiden angegebenen Richtungen; Bremerhaven, Swinemünde, Neufahrwasser sind Beispiele hierfür. Dass die Abhängigkeit der Straßenrichtung vom Wasserwege besonders deutlich hervortritt, wenn ein Stadtteil von allen Seiten vom Wasser umgeben ist, also eine Insel bildet, und dass dieser Umstand der Hauptgrund für die regelmäßige Bebauung der kleinen Inseln ist, wurde bereits erwähnt.


An zweiter Stelle sind die Straßenzüge interessant, die die oben behandelten verschiedenen Stadtteile von einander trennen. Diese Stadtteile waren ja im Anfange ihres Bestehens meist nicht Teile eines Stadtganzen, sondern selbständige Städte, die nicht nur eigene Obrigkeit und Verwaltung, eigenes Rathaus und eigenen Markt hatten, sondern sogar oft in Rivalität mit einander lebten, zumal nicht selten geistliche und weltliche Macht oder Fürstentum und Bürgertum in zwei unmittelbar neben einander liegenden Städten sich gegenüberstanden — Gegensätze, die durch Konkurrenzneid vielfach noch verschärft wurden*). Deshalb waren die Stadtteile, die jetzt friedlich und offen neben einander liegen, ehemals durch Graben und Mauer scharf von einander getrennt, und diese Befestigungen sind es, die dem Stadtbild mehr oder weniger deutliche Spuren in den jetzt an ihrer Stelle führenden Straßen hinterlassen haben.

Am deutlichsten können wir natürlich den Verlauf der letzten, im 17. Jahrhundert entstandenen Befestigungen verfolgen, die, wo sie nicht noch bestehen, wie in Danzig, erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts gefallen sind. An ihrer Stelle umzieht jetzt die ganze innere Stadt ein zusammenhängender Straßenzug. Da aber die Befestigungen meist von beträchtlicher Breite waren, so konnte auf ihrem Platze nicht nur eine moderne Verkehrsstraße angelegt werden, sondern es blieb noch auf einer oder beiden Seiten derselben Raum für parkähnliche Anlagen. So sehen wir das alte Bremen, Hamburg und Lübeck durch einen schönen Promenadering von der äußeren Stadt getrennt, wie dies auch bei anderen Großstädten Deutschlands, z. B. Leipzig, Frankfurt und Würzburg der Fall ist. Diese Anlagen haben nicht nur vom ästhetischen, sondern auch vom sanitären Standpunkt aus hohen Wert, weil mit ihnen eine verhältnismäßig große Vegetationsfläche mitten in die Großstadt gelegt ist.

Schwieriger und oft nur unter Zuhilfenahme der Straßennamen sind die Straßen zu erkennen, die an Stelle der früheren und frühesten Befestigungen liegen, zumal ihr Verlauf oft durch moderne Korrektionen verändert wurde. Der „alte und neue Wall“ zeigen die früheren Grenzen Hamburgs nach Westen (Fig. 9. 2, 1); die alte Domstadt Bremens ist begrenzt durch den fast kreisrunden Zug der Sand-, Marterund Klosterstraße (Fig. 8. 1, 2, 3), während der Bogen des Wenken, der Hanken- und Jakobistraße das durch Otto I. vergrößerte Bremen von der Stephanistadt trennt (Fig. 8. 4, 5, 6). In Danzig finden wir außer der das spätere Stadtganze umziehenden Wallstraße einen Altstädter und einen Neustädter Graben, welche die Rechte Stadt von der Altstadt im Norden und von der Vorstadt im Süden sondern (Fig. 14. 1, 2). Die Nordgrenze der Königsberger Altstadt gegen den Löbenicht ist wiederzuerkennen in dem gekrümmten Verlauf der Mühlenberggasse (Fig. 15. 1).

*) In Bremen führten die Stephanstadt und die eigentliche Altstadt jahrhundertelang ein Sonderdasein, und die Bremer Neustadt erhielt erst 1814, also erst nach zweihundertjährigem Bestehen Gleichberechtigung mit der Altstadt. Vgl. Buchenau, Bremen, S. 82, 84, 90.

Die bischöfliche Altstadt Hamburgs und die ehemalige Neustadt, das jetzige Nikolaikirchspiel, existierten 50 Jahre lang im bewussten Gegensatz zu einander, ehe sie zu einer Stadt vereinigt wurden. (Vgl. Gaedechens, Topographie Hamburgs, S. 15 u. 23.)

Die Vernichtung der Danziger Jungstadt durch die Rechte Stadt wurde bereits erwähnt.

Die drei Stadtteile des inneren Königsbergs, die in der zweiten Hälfte des 13. und im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts gegründet worden waren, wurden erst 1724 zu einer Stadt vereinigt (Armstedt, Königsberg S. 223), und im 15. Jahrhundert wurde der Kneiphof von der Altstadt und dem Löbenicht 12 Wochen lang belagert. (G. Jaquet, Königsberg und die Königsberger, S. 1.)


Zu diesen Befestigungsstraßen gehört auch eine vorstädtische Erscheinung, die wir allerdings nur in Bremen und Hamburg feststellen konnten. Die alten Städte waren zur Sicherung der zu ihnen gehörigen Feldmarken mit sogenannten Landwehren umgeben. Dies waren leichtere Befestigungswerke, die die Stadt in großen Bogen umzogen*), ähnlich wie wir heute noch Königsberg von einer gewaltigen Ringstraße umgeben sehen, die die kleinen vorgeschobenen Forts mit einander verbindet (vergl. Fig. 7). Wenn nun das Weichbild der Stadt sich bis an diese Landwehren ausdehnte, so blieben diese als alte bereits festliegende Linien markiert. Wir finden sie in Bremen in . dem schön geschwungenen Lauf des Dobben, in Hamburg in der zwischen der Ellbeckniederung und dem Hammerbrook ziehenden, noch heute den Namen „Landwehr“ tragenden Straße.

*) K. Lamprecht, Deutsche Geschichte Bd. IV S. 212.

Eine zweite Gruppe gebogener Straßen hat ihren Grund in der Lage unserer Städte am Rande zwischen Höhe und Niederung. Beide mussten durch möglichst bequeme Verkehrsstraßen verbunden werden. Am besten erreichte man die Überwindung der Höhe, indem man den betreffenden Straßen einen gekrümmten Verlauf gab. Daher die Biegungen einiger Straßen in der Hamburger Neustadt, die von den Höhen rechts der Alster in das Tal derselben hinabführen. Daher die drei gleichmäßig nach derselben Seite ausgebogenen Züge des Rosengartens, der Breiten- und der Mönchsstraße (mit der Schuhstraße als Fortsetzung), die in Stettin die auf der Hochfläche liegende deutsche Handelsstadt mit der Oder verbinden (Fig. 12. 1 — 4).

Einen bedeutenden Einfluss auf die Bebauung ihrer Umgebung übten in alten Zeiten die Kirchen aus. Noch heute finden wir sie meist auf zwei oder drei Seiten von Gebäudekomplexen umgeben. Letztere bilden um sie eine Ringstraße, die von dem sonstigen Straßenverlauf häufig vollständig abweicht. Beispiele für diese Tatsache zeigt jede der von uns beigegebenen Skizzen; besonders sei darauf hingewiesen, dass die deutschen Gründungen Stettins*) und Danzigs Unregelmäßigkeiten nur in der Nähe der Gotteshäuser aufweisen.

*) Vgl. Hering, Beiträge zur Topographie Stettins in älteren Zeiten, S. 15 ff.

Die schon mehrfach erwähnten alten Landstraßen haben insofern einen charakteristischen Verlauf, als sie die ganze Außenstadt, die junge wie die alte, in einem zusammenhängenden Zug durchziehen. Derselbe hält auf lange Strecken dieselbe Richtung ein (wenn er auch nicht so schnurgerade wie eine moderne Straße verläuft) und setzt sich häufig in Hauptstraßen der inneren Stadt fort. Bremens drei Steinwege und die Schwachhauser Chaussee mit ihren Fortsetzungen im Stadtinnern (Fig. 1, a — d), die Ratzeburger Allee mit der Mühlenstraße als Fortsetzung, die Jerusalemsdorfer Allee mit der Burgstraße in Lübeck (Fig. 4, b, c), endlich die Falkenwalderstraße und Pölitzerstraße in Stettin mögen als Beispiele angeführt sein. Oftmals vereinigen sich auch zwei oder mehrere dieser alten Straßen vor dem Eintritt in die innere Stadt, um dann gemeinsam dasselbe Thor zu benutzen. Am schönsten und häufigsten finden wir diese Erscheinung in Hamburg, wo fast alle Straßen paarweise oder gar zu dreien vereint in die innere Stadt eintreten: die Eimsbütteler und die von Altona herkommenden Straßen vereinigen sich vor dem Millerntor (Fig. 2, a), die Hohenlufter Chaussee, die Rotenbaumchaussee und die das rechte Alsterufer begleitende Landstraße treten zusammen durch das Dammtor in das innere Hamburg (Fig. 2, b), die Lübeckerstraße und die über Barmbeck nach Hamburg führende Landstraße vereinigen sich vor dem Lübeckertor (Fig. 2, c), gehen dann gemeinsam als Steindamm durch die St. Georgvorstadt und treffen vor dem Steintor (Fig. 2, d) noch mit der Borgfelde-Hammer-Landstraße zusammen. Der Grund für diese Erscheinung ist ein strategischer. Je weniger Tore eine Stadt hatte, für desto sicherer galt sie; deshalb vermied man, jede Straße einzeln in die Stadt zu führen.

Die geraden, rechtwinkelig sich schneidenden Straßen der deutschen Ansiedelung entsprechen den Bedürfnissen des Verkehrs. Nicht selten aber finden wir eine kleine verkehrsstörende Abweichung in ihrem Verlaufe. Diese besteht darin, dass sich die Straßenfluchten nach einer Kreuzung seitlich verschieben, oft auch näher zusammentreten oder weiter auseinanderrücken. Beispiele davon finden sich in Lübeck*), Stettin**), Danzig***) und Stralsund, wohl auch in anderen Städten, von denen uns aber große Pläne, die allein solche geringe Modifikationen erkennen lassen, nicht zur Verfügung stehen (häufig weisen diese Eigentümlichkeit z. B. auch die inneren Straßen Leipzigs auf****). Über den Grund dieser Erscheinung kann man verschiedener Ansicht sein. Oftmals wird man sie dem Zufall zuschreiben können; dies immer zu thun, ist bei ihrem häufigen Auftreten an sonst ganz regelmäßig gebauten, wichtigen Verkehrsstraßen der Stadt kaum ratsam. Lemcke meint, diese Bauweise hätte den Zweck, dem Wind den Zutritt zu den Straßen zu verwehren , das Zugigwerden derselben zu verhindern*****). Vielleicht sind wiederum militärische Rücksichten die Ursache: hinter den durch jene Verschiebung gebildeten Vorsprüngen kann leicht eine verfolgte Schar verschwinden Oder ein Hinterhalt Platz finden.

*) Der Zug der Kolk-, Leder-, Einhäuschen- krummen und geraden Quergasse; Blockquergasse und Ellernbrook; Königsstraße bei der Kreuzung der Fleischerstraße.
**) Pelzerstraße und Rossmarkt; Rosengarten und Klosterstraße.
***) St. Trinitatisgasse und Katergasse; Tobiasgasse und Büttelgasse; Heiligengeistgasse bei der Kreuzung des I. Dammes und der Ziegen- und Faulengasse; Zwirn- und Brocklosengasse.
****) Alle Querstraßen des Brühl, verschiedene Querstraßen der Grimmaischen Straße, die Quergässchen der Peters- und Reichsstraße.
*****) Lemcke, Stettiner Straßennamen, S. 4.


Eine besondere Art von Straßen hat Hamburg in seinen Fleets. Dieselben werden entweder von den die Stadt durchziehenden Alsterarmen gebildet, oder sie sind Abzugskanäle, die bei der Entwässerung der niederen Stadtteile angelegt wurden. Meist also Erzeugnisse niederländischer Wasserbaukunst, haben sie ihre Vorbilder in den Grachten Südhollands. Da sie in direkter Verbindung mit der Elbe stehen, sind sie seit alters außerordentlich wichtig als die Straßen, auf denen der Wasserverkehr bis in das Herz der Stadt gelangt. Darum sind ihre Ränder fast ausnahmslos mit Kaufhäusern und Warenspeichern bebaut. Früher hatte Hamburg auch Fleets, die in der Mitte breiter Straßen flössen, diese sind aber bei der Neuregulierung in den achtziger Jahren alle beseitigt worden.

Werfen wir zum Schluss unserer Betrachtung über die Straßenzüge einen Blick auf die Veränderungen, die dieselben in den letzten Jahrzehnten erfuhren. Diese Veränderungen geschahen meist aus Gründen des Verkehrs; solche aus rein ästhetischen Gründen sind wohl kaum vorgekommen, und Veränderungen aus sanitären Rücksichten betrafen weniger die Bauart der Straßen als die der Häuser.

Der sich stets steigernde Verkehr verlangte möglichst geradlinige und breite Bahnen, eine Forderung, der man durch die schematischen Anlagen der modernen Stadtteile am besten gerecht zu werden glaubte. Da aber der Verkehr auch heute noch gerade im Stadtinnern am regsten pulsiert, so machte sich dort vielfach eine Geradlegung und Verbreiterung alter Straßen notwendig, besonders natürlich in solchen Städten, in denen der Verkehr gegen früher bedeutend zugenommen hat. In der Tat treffen wir bei einer Durch Wanderung Hamburgs, Bremens, Stettins fortwährend auf im Abbruch befindliche Häuserreihen und im Umbau begriffene Straßen. Das Breitemaß der neuanzulegenden Straßen suchte man möglichst der Größe des Verkehrs anzupassen. Diese ist aber nicht immer leicht für die Zukunft zu bestimmen. So klagen die Hamburger schon jetzt über die zu gering bemessene Breite vieler erst in der jüngsten Vergangenheit umgebauten Straßen der inneren Stadt. Andererseits kommt es auch vor, dass unnötiger Luxus in der Breite der Straßen getrieben wird*). Die Kaiser Wilhelmstraße in Stettin hat eine Breite von etwa 50 m, obgleich nicht auf ihr, sondern auf den sie rechts und links begleitenden oben erwähnten Chausseen (der Falkenwalder- und Pölitzerstraße) der von Nordwesten kommende Verkehr der Oder zustrebt (vgl. Fig. 13.).

*) Welchen Schaden allzu breite Straßen unter Umständen haben können werden wir unten sehen.

Um ein freies Durchfluten des Verkehrs zu ermöglichen, beseitigte man auch mehr und mehr die vertikalen Hindernisse, die sich demselben entgegenstellten, das heißt etwa vorhandene Höhenunterschiede. Hier kann man in des Wortes wahrster Bedeutung von der nivellierenden Wirkung unserer Zeit reden. Überall nimmt man bei Neuregulierung der Straßen Bedacht auf Ausgleichung des Terrains, und man muss jetzt mit großer Aufmerksamkeit die alte Stadt Hamburgs und Bremens durchwandern, um noch eine Spur ihrer Randlage zu bemerken.

Die durch den Verkehr bewirkten Änderungen im Straßennetz traten natürlich am deutlichsten hervor in den Hauptbahnen des Verkehrs innerhalb der Stadt. Wie schon erwähnt, blieb das Handelszentrum die innere Stadt. Infolgedessen machten sich zunächst bequeme Verbindungen derselben mit den Stellen der Peripherie nötig, an denen der Verkehr von außen an die Stadt herantritt, beziehungsweise sie verlässt, mit den Häfen und mit den Bahnhöfen. Solche sind denn auch in der Neuzeit allerorten durch ausgiebige Begradigung und Verbreiterung alter Straßen oder auch durch Anlegung neuer Straßen geschaffen worden. Bremen hat durch den Durchbruch der Hafenstraße zur Faulenstraße eine fast geradlinige Verbindung zwischen dem Markt und dem neuen Hafen erhalten (Fig. 8, 7). Durch Verbreiterung der Sögestraße ist in dieser und der Bahnhofstraße ein bequemer Zugang von der inneren Stadt zum Bahnhof geschaffen. Georgenstraße, Kaiserstraße, Kaiserbrücke und Große Allee bilden einen geraden Straßenzug durch die ganze Stadt vom Bahnhof nach den am linken Weserufer gelegenen Teilen (Fig. 8, 8). Hamburg sorgte nach der Fertigstellung seiner ersten neuzeitlichen Hafeneinrichtungen vor allem für eine gute Verbindung derselben mit der inneren Stadt*). Mattentwiete, Brandstwiete, Rödingsmarkt, Admiralstraße wurden in den letzten drei Jahrzehnten zum Teil um das Drei- und Vierfache verbreitert und bilden jetzt die Hauptverkehrsbahnen nach den Häfen (Fig. 9, 2 — 6). Der Zug des Sophienblattes, der Klinke und Holstenstraße in Kiel, die Bahnhofstraße in Königsberg, die Breitenstraße in Stettin sind andere Beispiele solcher den modernen Verhältnissen gemäß umgestalteter Straßen. Der stets auf ihnen herrschende rege Verkehr, die nie fehlende Straßenbahn, zahlreiche Läden und große Hotels lassen dieselben den Fremden sofort als die Hauptverkehrsadern erkennen, die er verfolgen muss, wenn er in das Zentrum der Stadt gelangen will.

*) Vgl. Gaedechens, Topographie Hamburgs, S. 285 ff.

Weiter sind für den Verkehr die Straßen besonders wichtig, die das Stadtinnere mit den umliegenden Vororten verbinden. Große Veränderungen geschahen in dieser Beziehung besonders, als die Städte ihren Festungscharakter ablegten. Dass die wenigen Zugänge der alten Landstraßen dem Bedürfnis des gesteigerten Verkehrs in Hamburg nicht mehr genügten, zeigt der Umstand, dass sofort nach Aufhebung der Torsperre die Ausgänge aus der inneren Stadt, von denen auf einem Umkreis von 4 km vorher nur fünf vorhanden waren, auf zwölf vermehrt wurden*). Die Festung Stettin hatte nur vier Tore**); die jetzige alte Stadt besitzt etwa viermal so viel Ausgänge. Um noch ein letztes Mittel der bequemen Verbindung mit der Peripherie zu erwähnen: so geschieht bei größeren Umbauten in der inneren Stadt die ganze Neuanlage in der Richtung auf die peripherischen Stadtteile. In der Altstadt Hamburgs sind die Straßen nach dem Brande in der Richtung nach der Vorstadt St. Georg durchgeführt; die Anlegung der neuen Straßen in St. Pauli geschah mit Rücksicht auf eine Verbindung mit Altona***).

*) Hamburg und seine Bauten, S. 311.
**) Plan von Stettin aus dem Jahre 1866. (Verl. von Fr. Nagel.)
***) Vgl. Hamburg, Histor. topogr. und baugesch. Mitteilungen S. 2 und Gaedechens, Topographie Hamburgs S. 291.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die wichtigsten deutschen Seehandelsstädte