Luther - Ein deutsches Leben

Deutsche National-Bibliothek – Volkstümliche Bilder und Erzählungen aus Deutschlands Vergangenheit und Gegenwart
Autor: Müller, Adolf - nannte sich später Schottmüller Dr. (1798-1871) deutscher erblindeter Prof. Philosoph, Historiker und Schriftsteller, Erscheinungsjahr: 1860

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Reformation, Reformationszeit, Reformatoren, Luther, Biographie, Reformationsgeschichte, Zustände der Zeit, Ablass, Bannstrahl, Kirchenbann, 95 Thesen, Wittenberg, Theologie, Reichstag zu Worms, Wartburg, Bibel, Ehe, Familie, Juden, Judentum, Christen, Christentum, Papsttum, Griechentum, Religion,
Leben des Verfassers

Gedrängt vom Verleger, bin ich genötigt, eine kurze Beschreibung meines Lebens dem Werkchen vorzusetzen.

Ich bin am 29. Januar 1798 zu Berlin geboren. Mein Vater, Gottfried August Müller, hatte studiert, beschäftigte sich mit Schriftstellern, hauptsächlich aber mit Entwürfen zu neuen großartigen Einrichtungen in der Hauptstadt, die meist unausgeführt blieben, und gelangte aus Mangel an Stetigkeit nie zu einer Anstellung oder zu einem sicheren Einkommen. Wir lebten meist nur von dem, was meine geschickte und fleißige Mutter durch Goldstickerei und ähnliche Arbeiten erwarb. Meine Kindheit ist ohne bemerkenswerte Begebenheiten. Die Ankunft der Franzosen im Jahre 1806 übte aus mich den ersten tieferen Eindruck aus. Die Worte meiner Mutter, „diese Scharte könne Preußen nie wieder auswetzen“, blieben mir immer gegenwärtig. Sie hat es nicht erlebt, dass sie ausgewetzt worden ist, denn sie starb schon 1812 in ihrem sechsunddreißigsten Jahre. Ich hatte bis dahin die Privatschule des Predigers Mehring besucht und wurde jetzt von meinem Vater zu Ostern 1812 zu einem chirurgischen Instrumentenmacher in die Lehre gebracht. Meine beiden Schwestern — Brüder habe ich nicht gehabt — richteten sich mit meiner Großmutter einen kleinen eigenen Hausstand ein und nährten sich von Handarbeiten. Der Wechsel, den ich durch meine neue Lage erfuhr, war sehr groß. In meiner Eltern Hause hatte trotz aller Dürftigkeit ein gebildeter Ton und eine gewisse feine Sitte geherrscht; jetzt sah ich mich von Rohheit und Rücksichtslosigkeit umgeben. In der Werkstätte waren außer mehreren Gesellen noch drei Lehrlinge, die alle viel klüger waren, als ich, weil sie, in ähnlichen Kreisen erzogen, sich leichter und schneller in Alles zu schicken wussten. Meine Einfalt war häufig der Gegenstand ihres Spottes. Auch hatte ich keine Anlage zu dem Geschäft, das ich erlernen sollte; besonders fehlte es mir an guten Augen dazu. Dennoch fand ich mich allmählich und befriedigte selbst meinen Lehrherrn, da ich ihm seine Rechnungen und Briefe schreiben und seine Verrichtungen außer dem Hause sehr wohl besorgen konnte. Auch trug ich ihm politische Neuigkeiten zu, die mir mehr am Herzen lagen, als die Angelegenheiten der Werkstätte. Ich folgte im Geiste Napoleons Zuge nach Moskau mit der gespanntesten Aufmerksamkeit, und als der Freiheitskrieg 1813 begann, las ich die Zeitungen mit fieberhafter Aufregung. Felsenfest war mein Glaube, dass Preußen siegen werde, und Lützen und Bautzen galten mir als gewonnene Schlachten trotz des Rückzuges, den die Verbündeten darauf antraten. Mit äußerstem Unwillen erfüllte mich der Waffenstillstand; denn ich sah nur den Vorteil, den Napoleon daraus zog, nicht den viel größeren, der uns aus demselben erwuchs. Alle späteren Siege bis zur Einnahme von Paris waren mir nur die ganz natürliche und notwendige Folge des Rechts, das auf unserer Seite war, und der preußischen Tapferkeit. Im Jahre 1815 meldete ich mich selbst zum freiwilligen Kriegsdienst, aber ich war körperlich gar zu wenig entwickelt, und man wies mich zurück. Die öffentlichen Angelegenheiten haben viel dazu getan, mir meine Lage erträglich zu machen, denn ich fühlte mich beglückt in der Begeisterung, die ich für die Tagesangelegenheiten hegen und bei der allgemeinen Teilnahme für dieselben auch aussprechen durfte.

(Fortsetzung)

Abb. 092 Luther, Martin (1483-1546) theologischer Urheber der Reformation

Abb. 092 Luther, Martin (1483-1546) theologischer Urheber der Reformation

Abb. 003. Luthers Vater. 1527. Gemälde von Lukas Cranach. (Die Datierung von Hans Luthers Tod ist nachträglich von anderer Hand daraufgesetzt. Solche Benutzung des Porträts zur späteren Hinzufügung von Erinnerungsnotizen geschah häufig.)

Abb. 003. Luthers Vater. 1527. Gemälde von Lukas Cranach. (Die Datierung von Hans Luthers Tod ist nachträglich von anderer Hand daraufgesetzt. Solche Benutzung des Porträts zur späteren Hinzufügung von Erinnerungsnotizen geschah häufig.)

Abb. 004. Luthers Mutter. 1527. Gemälde von Lukas Cranach

Abb. 004. Luthers Mutter. 1527. Gemälde von Lukas Cranach

Abb. 005. Peter- und Paulkirche zu Einleben. Erbaut von 1489 ab an der Stelle der Peterskapelle, in der Luther getauft wurde. Der Turm in den unteren Teilen älter; auch der Taufstein aus der Kapelle ist noch vorhanden.

Abb. 005. Peter- und Paulkirche zu Einleben. Erbaut von 1489 ab an der Stelle der Peterskapelle, in der Luther getauft wurde. Der Turm in den unteren Teilen älter; auch der Taufstein aus der Kapelle ist noch vorhanden.

Abb. 006. Das Geburtshaus zu Eisleben. Das Haus brannte 1689 bis auf das untere Stockwerk ab, wurde aus freiwilligen Beiträgen wieder erbaut und 1693 als Freischule für weisen errichtet. 1817 nahm Friedrich Wilhelm III. Haus und Schule in beständigen königlichen Schutz.

Abb. 006. Das Geburtshaus zu Eisleben. Das Haus brannte 1689 bis auf das untere Stockwerk ab, wurde aus freiwilligen Beiträgen wieder erbaut und 1693 als Freischule für weisen errichtet. 1817 nahm Friedrich Wilhelm III. Haus und Schule in beständigen königlichen Schutz.

Abb. 007. Das Elternhaus zu Mansfeld.

Abb. 007. Das Elternhaus zu Mansfeld.

Abb. 008. Das Lutherhaus zu Eisenach.

Abb. 008. Das Lutherhaus zu Eisenach.