Mecklenburger in Danzig
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Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. Bd. 70, 1905
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Der Aufruf des Deutschen Ordens zur Ansiedlung im fernen, damals noch unwirtlichen Osten unseres heutigen größeren Vaterlandes ist nicht wirkungslos verhallt. Zu Tausenden strömten die Familien über die Elbe, und in rastlosem Mühen in Handel und Handwerk drängten sie sich unaufhaltsam zwischen die unterworfenen Völkerstämme, trugen sie deutsche Arbeit und deutsche Sitte bis tief in das Preußenland, ja weit nach Rußland hinein. Während auf dem platten Lande die alten Gebieter und Bebauer, die stolzen polnischen Grundbesitzer und die sklavischen Knechte, sich noch längere Zeit ziemlich ungestört auf ihren ererbten Sitzen, in ihren Dorfschaften hielten, sammelte sich in den Städten fast rein deutsches Leben in einem Volke an, das, gemischt aus allen Gauen des Deutschen Reiches, von dem kräftigen Drange nach befriedigender Arbeit und nach dem reichen Gewinn erfüllt war, der ihnen vielleicht in der oft fernen Heimat nicht zu teil geworden war. Aus dem Gebiete dieser reichen Kolonisationsgeschichte sei im Folgenden eine jener Städte herausgegriffen, die sich zu besonders stolzer Höhe entwickelte; unser Blick soll auf Danzig und zwar hier ganz besonders auf seine Einwohner mecklenburgischer Herkunft gelenkt werden. Bietet schon bei andern Städten des Reiches ein Blick in die alten Bürgerlisten das größte Interesse und reichsten Lohn für die Erforscher der Geschichte ihrer inneren Entwicklung, so ist dies ganz besonders bei dieser Kolonistenstadt der Fall, bei ihr, die sich schnell aus eigener Kraft emporschwang und für lange Zeit in gerechtem Stolze sich als der mächtigste Handelsplatz der östlichen deutschen Küste erhielt. Es sind darum auch für die vorliegende Arbeit die Bürgerbücher Danzigs, die von der Mitte des 14. Jahrhunderts an bis zur Neuzeit, ausgenommen die Zeit von 1453 bis 1536, erhalten sind, die wertvollste Quelle gewesen. Jede ihrer Seiten lehrt es uns, daß auch Danzigs Bürgerschaft sich zu allen Zeiten aus Söhnen der verschiedensten deutschen Gaue zusammengesetzt hat. Überwiegen dabei allerdings besonders die Westfalen, Pommern und Schlesier, so läßt sich andrerseits auch schon recht früh ein starker Zuzug aus Mecklenburg feststellen, was bei den überaus lebhaften Handelsbeziehungen und den gemeinsamen hansischen Interessen sehr wohl zu erklären ist. Da die Bürgerbücher leider erst seit dem 16. Oktober 1557 so gut wie regelmäßig, vorher aber nur sehr selten, die Herkunft des Neubürgers vermerken, so können wir erst seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine fast lückenlose Reihe der Bürger Danzigs mecklenburgischen Blutes gewinnen. Einige wenige nur (Nr. 165, 173, 227) waren für das 14. Jahrhundert unzweifelhaft als Mecklenburger zu erkennen und sind deshalb in das Verzeichnis der 600 Namen aufgenommen worden; aber man geht wohl nicht fehl, wenn man auch Folgenden mecklenburgische Abstammung zuerkennt: Johannes Rozstokeman, Nikolaus Teterow, Borchard de Sülte, Hinricus de Gnoyen (gewannen 1364 das Bürgerrecht), Hinzse de Swerin (1365), Johannes Güstrow, Bertoldus de Rostok, sartor (1367), Heyno de Hagenow, cocus und Vicko Hagenow (1370), Johannes de Hagenow (1371), Hermann Meklinburgh (1372), Arnoldus von Warin (1374), Jakobus Güstrow (1375), Johannes Rostock, Claus Malchow (1376), Arnoldus de Wysmaria (der allerdings ebenso gut aus Westfalen stammen könnte, wo die Familie de Wismaria schon im 13. Jahrhundert blühte), Johannes Grevesmole (1379), Hans von der Wysmer (1386), Hanneke Mekelborgh (1390), Nikolaus Wismerer (1393 Michaelis), Hinrich von Blankenberge, Johann Grevesmole (1395), Hans Parcham (1396), Hans Boltenhagen (1406), Hinrich Mekelborch (1434). In allen diesen dürfte mecklenburgisches Blut gerollt haben, denn gerade bei den Kolonisten jener Zeit entwickelten sich die Herkunftsbezeichnungen allmählich zu Familiennamen; schneller fanden sich die Landsleute in der fremden Stadt als heute, und nichts lag näher, als den unbekannten Neubürger von anderen durch die Angabe seiner Herkunft zu unterscheiden.
Außer den eigentlichen Bürgern mecklenburgischer Abkunft (es sind ihrer nur 333 von den 600 Namen des Verzeichnisses) sind noch eine Reihe anderer Personen in die Liste aufgenommen.
Zunächst die Schüler des Gymnasiums. Es waren dies aber nicht nur Knaben, wie man vielleicht aus dem Namen der Anstalt schließen könnte. Das Gymnasium academicum oder illustre hatte den Rang einer Hochschule, und mancher, der schon Universitäten des Reichs besucht hatte, kam nach Danzig, um dort seine Studien in einer der vier Fakultäten fortzusetzen. Diese sogenannten Academici, die in die erste Klasse eintraten und wegen ihrer fortgeschrittenen Bildung in hohem Ansehn standen, übten auch freiere akademische Sitten; der Degen schmückte ihre Seite, und sie besuchten nur die Vorlesungen, die ihrer Neigung entsprachen und für den zukünftigen Beruf von Nutzen sein konnten. Aus diesem Grunde sind sie dem Verzeichnis einverleibt worden, die wenigen Schüler der andern niederen Klassen wurden indessen mitgenommen; möglich, daß auch unter ihnen einer oder der andere später in seiner engeren Heimat, in der Vaterstadt irgend eine Rolle durch seine Wissenschaft gespielt hat. Die Matrikeln von Greifswald und Frankfurt a. O., die mir bei der Aufstellung der Liste zur Hand waren, sind zu einzelnen Notizen über den weiteren wissenschaftlichen Studiengang einstiger Danziger Schüler benutzt worden. Leider ist der Registerband zur Matrikel der Universität Rostock noch nicht erschienen; auch ihr Studium würde vielleicht noch für manchen etwas mehr ergeben.
Aufgenommen sind ferner die Zeugen in den bei der Meldung zur Verleihung des Bürgerrechts vorzulegenden Echtgeburtsbriefen, soweit sie Mecklenburger waren, wobei das Geburtsjahr nach den oft schwankenden Angaben über das Alter bestimmt worden ist. Bei einzelnen dieser Leute ist nicht geradezu bemerkt, daß sie „auch des Ortes her“ sind, sondern ihre Zeugnisabgabe wurde durch den Zusatz „hatte viel Umgang mit den Eltern“ als berechtigt anerkannt. Auch diese Namen sind, außer wenn ihre Träger als Nicht-Mecklenburger festzustellen sind, in die Liste aufgenommen, aber mit einem Fragezeichen versehen worden; bei einzelnen läßt es sich nämlich nachweisen, daß sie tatsächlich aus Mecklenburg in Danzig eingewandert sind. Genaueren Familienforschungen, für die in diesen Aufzeichnungen vielleicht manches Wertvolle enthalten ist, gelingt es möglicher Weise, auch hier noch weitere Aufklärung und größere Sicherheit zu schaffen.
Schließlich gaben Kirchenbücher, Handschriften und ältere Drucke noch vereinzelte Kunde von Söhnen Mecklenburgs in Danzig und seinem Gebiete.
Da uns bei der Aufstellung des Verzeichnisses besonders eben die Eigenschaft der mecklenburgischen Abstammung interessierte, so sind alle Personen, die in Mecklenburg selbst handelnd auftraten und uns durch die Geburtsbriefe bekannt geworden sind, genau mit allen zur Verfügung stehenden Angaben darin aufgenommen worden. Eine eingehende und systematische Durchsicht des reichen Danziger Stadtarchivs, besonders der Schöffenbücher, an der ich erst durch äußere lokale Gründe, später durch Zeitmangel verhindert war, würde sicherlich noch mehr Material zur Geschichte der einzelnen Personen, ihrer Familien und ihrer Verwandtschaften ergeben.
Bevor ich diesen einleitenden Worten die mehrfach genannte Zusammenstellung folgen lasse, will ich zur Erklärung mancher ihrer Angaben einige kurze Bemerkungen über die verschiedenen Arten des Danziger Bürgerrechtes vorausschicken. Man konnte in Danzig auf dreierlei Weise das Bürgerrecht gewinnen, auf einen Kaufmann, auf irgend einen zünftigen Handwerksmann und auf einen Arbeitsmann; erstere Art hieß das große, die beiden andern das kleine Bürgerrecht. Das Bürgerrecht auf einen Kaufmann war das vornehmste, die Aufnahmegebühren waren dem entsprechend von ziemlicher Höhe, ja sie stiegen zuweilen bis zu mehreren Tausend Gulden, wozu, wie auch bei der zweiten Art, noch die Beschaffung einer vollständigen Kriegsrüstung kam. Der Zusatz „cum clausula“ bei einzelnen Namen bezieht sich auf eine Verordnung (Klausel) des Rates vom April 1644, die den Neubürgern dieser Klasse den Ankauf königlicher oder adliger Güter untersagte. Zur Erlangung dieser Art des Bürgerrechtes galten zunächst die hansisch geborenen Fremden unbedingt für befähigt, aber auch alle Mecklenburger, da sie wenigstens im Bezirk von Hansestädten (Rostock und Wismar) das Licht der Welt erblickt hatten. Anders war es z. B. bei Nürnbergern (!), Lombarden, Engländern, Holländern, Flämingern und Juden; zu ihrer Aufnahme mußten noch im 17. Jahrhundert alle drei Ordnungen der Bürgerschaft um ihre Einwilligung gefragt werden.
Das Bürgerrecht auf irgend einen Handwerksmann, die zweite Ordnung, konnte nur von solchen gewonnen werden, deren Gewerbe eine Zunftgenossenschaft bildete; nicht-zünftige Handwerker, wie z. B. Altflicker, Schraubenmacher, Höcker u. a., mußten sich mit dem Bürgerrecht auf einen Arbeitsmann begnügen, das auch den weniger Bemittelten gegen eine (abgesehen von einzelnen Ausnahmen) verhältnismäßig geringe Anzahlung den Schutz der mächtigen Handelsstadt, ja des ganzen Hansebundes gewährte. Der Übergang von einer Stufe des Bürgerrechtes zu einer ändern stand jedem Bürger gegen Zahlung entsprechender Sporteln frei, nachdem die neuen Standes- bezw. Gewerksgenossen ihre Einwilligung dazu erklärt hatten. Ich will an dieser Stelle nur kurz darauf hinweisen, welch reicher Anzahl von verschiedenen Gewerken die Danziger Bürger aus Mecklenburg, die sich zur zweiten Klasse des Bürgerrechtes meldeten, angehört haben: es sind 52 verschiedene Handwerksarten vertreten bei 215 bekannt gewordenen Namen dieser Klasse. Weitaus die stärkste Gruppe bilden darunter die Schneider, ihrer sind nicht weniger als 62 (fast 29 Prozent!), es folgen die Seeschiffer mit 26 Namen, die Festbäcker mit 22, die Schopenbrauer mit 13, noch mehrere Gewerke mit 2-9 Vertretern und schließlich 30 mit nur je einem Namen. Das Bürgerrecht auf einen Kaufmann gewannen 45, das auf einen Arbeitsmann 73 Mecklenburger.
Einige der unbekannteren Berufsarten bedürfen vielleicht hier einer kurzen Erklärung, soweit sie nicht im Verzeichnis selbst erläutert werden, wo zuweilen die alten Ausdrücke in Klammern beigefügt sind. So sind Bordingsführer Flußschiffer (im Gegensatz zu den „seefahrenden Männern“, Festbäcker backen festes (Roggen-) Brot, Losbäcker dagegen lockeres (Weizen-)Brot, Gardenirer sind Gärtner, Sayemnacher, heute Raschmacher genannt, weben ein leichtes Wollenzeug, Seugner sind Fischer, die auf Seugen, einer besonderen Art von Booten, ihre Fische auf den Markt bringen; Schopenbrauer heißen die Brauknechte, die nicht mehr bei einem Wirte dienen, sondern im eigenen Brote sitzen, den Brauern aber für gewissen Lohn zu Hülfe gehen; Häcker sind Kleinhändler, Reifschläger (Reepschläger) nennt man die Seiler, die nur die schweren Schiffstaue anfertigen.
Über das äußere des Verzeichnisses ist nur hinzuzufügen, daß die Anordnung der einzelnen Namen alphabetisch ist, auch in den Vornamen bei gleichen Zunamen; Personen mit gleichen Vor- und Zunamen sind der Zeitfolge nach geordnet. Die Schreibart ist streng nach der Vorlage beibehalten, so sind z. B. Foege und Voege getrennt; Varianten der Schreibweise stehen in Klammern, desgleichen einzelne Endungen von Frauennamen, wenn es fraglich ist, ob die Endsilbe weibliche Flexion oder ein Teil des Vatersnamens ist. Die Ortsnamen sind in der heutigen Form wiedergaben, wobei meistens die alte Schreibart und bei den weniger bekannten Dörfern und Gütern hinter einem Strich das Amt in Klammern vermerkt ist (nach Raabe).
Wegen der verschiedenen Kalenderberechnungen sei noch daran erinnerte daß in Danzig sofort mit dem 5./15. Oktober 1582 amtlich der neue Gregorianische Kalender angenommen wurde, während alle in Mecklenburg und den benachbarten Territorien bis 1700 ausgestellten Urkunden nach Julianischem Stile datiert sind. Die Sammlungen schließen mit dem Februar 1814 ab; aus der ersten preußischen Zeit von 1793 bis 1807 sind Bürgerlisten im Danziger Archive nicht vorhanden.
Der Aufruf des Deutschen Ordens zur Ansiedlung im fernen, damals noch unwirtlichen Osten unseres heutigen größeren Vaterlandes ist nicht wirkungslos verhallt. Zu Tausenden strömten die Familien über die Elbe, und in rastlosem Mühen in Handel und Handwerk drängten sie sich unaufhaltsam zwischen die unterworfenen Völkerstämme, trugen sie deutsche Arbeit und deutsche Sitte bis tief in das Preußenland, ja weit nach Rußland hinein. Während auf dem platten Lande die alten Gebieter und Bebauer, die stolzen polnischen Grundbesitzer und die sklavischen Knechte, sich noch längere Zeit ziemlich ungestört auf ihren ererbten Sitzen, in ihren Dorfschaften hielten, sammelte sich in den Städten fast rein deutsches Leben in einem Volke an, das, gemischt aus allen Gauen des Deutschen Reiches, von dem kräftigen Drange nach befriedigender Arbeit und nach dem reichen Gewinn erfüllt war, der ihnen vielleicht in der oft fernen Heimat nicht zu teil geworden war. Aus dem Gebiete dieser reichen Kolonisationsgeschichte sei im Folgenden eine jener Städte herausgegriffen, die sich zu besonders stolzer Höhe entwickelte; unser Blick soll auf Danzig und zwar hier ganz besonders auf seine Einwohner mecklenburgischer Herkunft gelenkt werden. Bietet schon bei andern Städten des Reiches ein Blick in die alten Bürgerlisten das größte Interesse und reichsten Lohn für die Erforscher der Geschichte ihrer inneren Entwicklung, so ist dies ganz besonders bei dieser Kolonistenstadt der Fall, bei ihr, die sich schnell aus eigener Kraft emporschwang und für lange Zeit in gerechtem Stolze sich als der mächtigste Handelsplatz der östlichen deutschen Küste erhielt. Es sind darum auch für die vorliegende Arbeit die Bürgerbücher Danzigs, die von der Mitte des 14. Jahrhunderts an bis zur Neuzeit, ausgenommen die Zeit von 1453 bis 1536, erhalten sind, die wertvollste Quelle gewesen. Jede ihrer Seiten lehrt es uns, daß auch Danzigs Bürgerschaft sich zu allen Zeiten aus Söhnen der verschiedensten deutschen Gaue zusammengesetzt hat. Überwiegen dabei allerdings besonders die Westfalen, Pommern und Schlesier, so läßt sich andrerseits auch schon recht früh ein starker Zuzug aus Mecklenburg feststellen, was bei den überaus lebhaften Handelsbeziehungen und den gemeinsamen hansischen Interessen sehr wohl zu erklären ist. Da die Bürgerbücher leider erst seit dem 16. Oktober 1557 so gut wie regelmäßig, vorher aber nur sehr selten, die Herkunft des Neubürgers vermerken, so können wir erst seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine fast lückenlose Reihe der Bürger Danzigs mecklenburgischen Blutes gewinnen. Einige wenige nur (Nr. 165, 173, 227) waren für das 14. Jahrhundert unzweifelhaft als Mecklenburger zu erkennen und sind deshalb in das Verzeichnis der 600 Namen aufgenommen worden; aber man geht wohl nicht fehl, wenn man auch Folgenden mecklenburgische Abstammung zuerkennt: Johannes Rozstokeman, Nikolaus Teterow, Borchard de Sülte, Hinricus de Gnoyen (gewannen 1364 das Bürgerrecht), Hinzse de Swerin (1365), Johannes Güstrow, Bertoldus de Rostok, sartor (1367), Heyno de Hagenow, cocus und Vicko Hagenow (1370), Johannes de Hagenow (1371), Hermann Meklinburgh (1372), Arnoldus von Warin (1374), Jakobus Güstrow (1375), Johannes Rostock, Claus Malchow (1376), Arnoldus de Wysmaria (der allerdings ebenso gut aus Westfalen stammen könnte, wo die Familie de Wismaria schon im 13. Jahrhundert blühte), Johannes Grevesmole (1379), Hans von der Wysmer (1386), Hanneke Mekelborgh (1390), Nikolaus Wismerer (1393 Michaelis), Hinrich von Blankenberge, Johann Grevesmole (1395), Hans Parcham (1396), Hans Boltenhagen (1406), Hinrich Mekelborch (1434). In allen diesen dürfte mecklenburgisches Blut gerollt haben, denn gerade bei den Kolonisten jener Zeit entwickelten sich die Herkunftsbezeichnungen allmählich zu Familiennamen; schneller fanden sich die Landsleute in der fremden Stadt als heute, und nichts lag näher, als den unbekannten Neubürger von anderen durch die Angabe seiner Herkunft zu unterscheiden.
Außer den eigentlichen Bürgern mecklenburgischer Abkunft (es sind ihrer nur 333 von den 600 Namen des Verzeichnisses) sind noch eine Reihe anderer Personen in die Liste aufgenommen.
Zunächst die Schüler des Gymnasiums. Es waren dies aber nicht nur Knaben, wie man vielleicht aus dem Namen der Anstalt schließen könnte. Das Gymnasium academicum oder illustre hatte den Rang einer Hochschule, und mancher, der schon Universitäten des Reichs besucht hatte, kam nach Danzig, um dort seine Studien in einer der vier Fakultäten fortzusetzen. Diese sogenannten Academici, die in die erste Klasse eintraten und wegen ihrer fortgeschrittenen Bildung in hohem Ansehn standen, übten auch freiere akademische Sitten; der Degen schmückte ihre Seite, und sie besuchten nur die Vorlesungen, die ihrer Neigung entsprachen und für den zukünftigen Beruf von Nutzen sein konnten. Aus diesem Grunde sind sie dem Verzeichnis einverleibt worden, die wenigen Schüler der andern niederen Klassen wurden indessen mitgenommen; möglich, daß auch unter ihnen einer oder der andere später in seiner engeren Heimat, in der Vaterstadt irgend eine Rolle durch seine Wissenschaft gespielt hat. Die Matrikeln von Greifswald und Frankfurt a. O., die mir bei der Aufstellung der Liste zur Hand waren, sind zu einzelnen Notizen über den weiteren wissenschaftlichen Studiengang einstiger Danziger Schüler benutzt worden. Leider ist der Registerband zur Matrikel der Universität Rostock noch nicht erschienen; auch ihr Studium würde vielleicht noch für manchen etwas mehr ergeben.
Aufgenommen sind ferner die Zeugen in den bei der Meldung zur Verleihung des Bürgerrechts vorzulegenden Echtgeburtsbriefen, soweit sie Mecklenburger waren, wobei das Geburtsjahr nach den oft schwankenden Angaben über das Alter bestimmt worden ist. Bei einzelnen dieser Leute ist nicht geradezu bemerkt, daß sie „auch des Ortes her“ sind, sondern ihre Zeugnisabgabe wurde durch den Zusatz „hatte viel Umgang mit den Eltern“ als berechtigt anerkannt. Auch diese Namen sind, außer wenn ihre Träger als Nicht-Mecklenburger festzustellen sind, in die Liste aufgenommen, aber mit einem Fragezeichen versehen worden; bei einzelnen läßt es sich nämlich nachweisen, daß sie tatsächlich aus Mecklenburg in Danzig eingewandert sind. Genaueren Familienforschungen, für die in diesen Aufzeichnungen vielleicht manches Wertvolle enthalten ist, gelingt es möglicher Weise, auch hier noch weitere Aufklärung und größere Sicherheit zu schaffen.
Schließlich gaben Kirchenbücher, Handschriften und ältere Drucke noch vereinzelte Kunde von Söhnen Mecklenburgs in Danzig und seinem Gebiete.
Da uns bei der Aufstellung des Verzeichnisses besonders eben die Eigenschaft der mecklenburgischen Abstammung interessierte, so sind alle Personen, die in Mecklenburg selbst handelnd auftraten und uns durch die Geburtsbriefe bekannt geworden sind, genau mit allen zur Verfügung stehenden Angaben darin aufgenommen worden. Eine eingehende und systematische Durchsicht des reichen Danziger Stadtarchivs, besonders der Schöffenbücher, an der ich erst durch äußere lokale Gründe, später durch Zeitmangel verhindert war, würde sicherlich noch mehr Material zur Geschichte der einzelnen Personen, ihrer Familien und ihrer Verwandtschaften ergeben.
Bevor ich diesen einleitenden Worten die mehrfach genannte Zusammenstellung folgen lasse, will ich zur Erklärung mancher ihrer Angaben einige kurze Bemerkungen über die verschiedenen Arten des Danziger Bürgerrechtes vorausschicken. Man konnte in Danzig auf dreierlei Weise das Bürgerrecht gewinnen, auf einen Kaufmann, auf irgend einen zünftigen Handwerksmann und auf einen Arbeitsmann; erstere Art hieß das große, die beiden andern das kleine Bürgerrecht. Das Bürgerrecht auf einen Kaufmann war das vornehmste, die Aufnahmegebühren waren dem entsprechend von ziemlicher Höhe, ja sie stiegen zuweilen bis zu mehreren Tausend Gulden, wozu, wie auch bei der zweiten Art, noch die Beschaffung einer vollständigen Kriegsrüstung kam. Der Zusatz „cum clausula“ bei einzelnen Namen bezieht sich auf eine Verordnung (Klausel) des Rates vom April 1644, die den Neubürgern dieser Klasse den Ankauf königlicher oder adliger Güter untersagte. Zur Erlangung dieser Art des Bürgerrechtes galten zunächst die hansisch geborenen Fremden unbedingt für befähigt, aber auch alle Mecklenburger, da sie wenigstens im Bezirk von Hansestädten (Rostock und Wismar) das Licht der Welt erblickt hatten. Anders war es z. B. bei Nürnbergern (!), Lombarden, Engländern, Holländern, Flämingern und Juden; zu ihrer Aufnahme mußten noch im 17. Jahrhundert alle drei Ordnungen der Bürgerschaft um ihre Einwilligung gefragt werden.
Das Bürgerrecht auf irgend einen Handwerksmann, die zweite Ordnung, konnte nur von solchen gewonnen werden, deren Gewerbe eine Zunftgenossenschaft bildete; nicht-zünftige Handwerker, wie z. B. Altflicker, Schraubenmacher, Höcker u. a., mußten sich mit dem Bürgerrecht auf einen Arbeitsmann begnügen, das auch den weniger Bemittelten gegen eine (abgesehen von einzelnen Ausnahmen) verhältnismäßig geringe Anzahlung den Schutz der mächtigen Handelsstadt, ja des ganzen Hansebundes gewährte. Der Übergang von einer Stufe des Bürgerrechtes zu einer ändern stand jedem Bürger gegen Zahlung entsprechender Sporteln frei, nachdem die neuen Standes- bezw. Gewerksgenossen ihre Einwilligung dazu erklärt hatten. Ich will an dieser Stelle nur kurz darauf hinweisen, welch reicher Anzahl von verschiedenen Gewerken die Danziger Bürger aus Mecklenburg, die sich zur zweiten Klasse des Bürgerrechtes meldeten, angehört haben: es sind 52 verschiedene Handwerksarten vertreten bei 215 bekannt gewordenen Namen dieser Klasse. Weitaus die stärkste Gruppe bilden darunter die Schneider, ihrer sind nicht weniger als 62 (fast 29 Prozent!), es folgen die Seeschiffer mit 26 Namen, die Festbäcker mit 22, die Schopenbrauer mit 13, noch mehrere Gewerke mit 2-9 Vertretern und schließlich 30 mit nur je einem Namen. Das Bürgerrecht auf einen Kaufmann gewannen 45, das auf einen Arbeitsmann 73 Mecklenburger.
Einige der unbekannteren Berufsarten bedürfen vielleicht hier einer kurzen Erklärung, soweit sie nicht im Verzeichnis selbst erläutert werden, wo zuweilen die alten Ausdrücke in Klammern beigefügt sind. So sind Bordingsführer Flußschiffer (im Gegensatz zu den „seefahrenden Männern“, Festbäcker backen festes (Roggen-) Brot, Losbäcker dagegen lockeres (Weizen-)Brot, Gardenirer sind Gärtner, Sayemnacher, heute Raschmacher genannt, weben ein leichtes Wollenzeug, Seugner sind Fischer, die auf Seugen, einer besonderen Art von Booten, ihre Fische auf den Markt bringen; Schopenbrauer heißen die Brauknechte, die nicht mehr bei einem Wirte dienen, sondern im eigenen Brote sitzen, den Brauern aber für gewissen Lohn zu Hülfe gehen; Häcker sind Kleinhändler, Reifschläger (Reepschläger) nennt man die Seiler, die nur die schweren Schiffstaue anfertigen.
Über das äußere des Verzeichnisses ist nur hinzuzufügen, daß die Anordnung der einzelnen Namen alphabetisch ist, auch in den Vornamen bei gleichen Zunamen; Personen mit gleichen Vor- und Zunamen sind der Zeitfolge nach geordnet. Die Schreibart ist streng nach der Vorlage beibehalten, so sind z. B. Foege und Voege getrennt; Varianten der Schreibweise stehen in Klammern, desgleichen einzelne Endungen von Frauennamen, wenn es fraglich ist, ob die Endsilbe weibliche Flexion oder ein Teil des Vatersnamens ist. Die Ortsnamen sind in der heutigen Form wiedergaben, wobei meistens die alte Schreibart und bei den weniger bekannten Dörfern und Gütern hinter einem Strich das Amt in Klammern vermerkt ist (nach Raabe).
Wegen der verschiedenen Kalenderberechnungen sei noch daran erinnerte daß in Danzig sofort mit dem 5./15. Oktober 1582 amtlich der neue Gregorianische Kalender angenommen wurde, während alle in Mecklenburg und den benachbarten Territorien bis 1700 ausgestellten Urkunden nach Julianischem Stile datiert sind. Die Sammlungen schließen mit dem Februar 1814 ab; aus der ersten preußischen Zeit von 1793 bis 1807 sind Bürgerlisten im Danziger Archive nicht vorhanden.