Aus dem kirchlichen und wissenschaftlichen Leben Rostocks

Zur Geschichte Wallensteins und des dreißigjährigen Krieges
Autor: Krabbe, Otto Carsten Dr. (1805-1873) Konsistorialrat, ordentl. Professor der Theologie und Universitätsprediger zu Rostock., Erscheinungsjahr: 1863

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Rostock, Wallenstein, Universität, Geschichte, kirchliches Leben, 30jähriger Krieg
Vorwort.

Der dreißigjährige Krieg, der aus dem tiefsten Zwiespalt des Reiches deutscher Nation in kirchlicher und politischer Beziehung erwuchs, stellt uns den Kampf der gewaltigsten Gegensätze vor Augen, welche vergeblich nach Ausgleichung und Heilung rangen. War in erster Hinsicht der Kampf, welcher um die Gleichberechtigung der Konfession geführt ward, zugleich auf evangelischer Seite ein Kampf um die Existenz, so stand in letzter Beziehung nichts Geringeres als die völlige Loslösung des alten schon vielfach gelockerten Reichsverbandes zur Frage. In allen Phasen und Wechselfällen dieses unheilvollen Krieges griffen beide Faktoren, der kirchliche und der politische, bedingend ein, und trugen nicht wenig dazu bei, sich gegenseitig zu schärfen, und die zwischen den verschiedenen kirchlichen und politischen Parteien bestehende Kluft auf das äußerste zu erweitern. Die Gegenwart hat sich auf dem literarischen Gebiete mannigfach mit der Geschichte dieses Krieges wohl eben so sehr aus dem Gefühle heraus beschäftigt, dass wir über kurz oder lang vor einer ähnlichen Periode der Entscheidung stehen werden als aus der Erkenntnis, dass alle unsere kirchlichen und staatlichen Grundlagen noch zum Theil dieselben sind, welche aus jener Katastrophe hervorgingen.
Jedoch gilt diese lebhafte Beteiligung der historischen Wissenschaft am dreißigjährigen Kriege überwiegend nur in politischer Beziehung. In kirchlicher muss gesagt werden, dass überhaupt die Zustände der lutherischen Kirche des siebzehnten Jahrhunderts, wie die stereotyp gewordenen Urteile über den Scholastizismus ihrer Theologie und über die Exklusivität ihrer kirchlichen Richtung beweisen, im Einzelnen verhältnismäßig sehr unbekannt sind, und eine gerechte Würdigung vermissen lassen. Nur die neueren Arbeiten Tholucks machen davon eine erfreuliche Ausnahme.

Immer aber ist es noch ein unverkennbares Bedürfnis, die wirklichen Verhältnisse und Zustände der Theologie und der Kirche jener Zeit spezieller zu erforschen und eingehender darzustellen, um ihnen gerecht werden zu können. Insbesondere liegt es nahe, in jener Periode die schwere Kampfeszeit ins Auge zu fassen, wo der HErr die lutherische Kirche durch eine harte Kreuzesschule hindurchgehen ließ, aber sie auch durch das Zeugnis der reinen Lehre, als sie ihrem Untergange nahe zu sein schien, wieder mit frischem Glaubensleben durchdrang. Zugleich zeigen sich auf wissenschaftlichem Gebiete die Anfänge einer neuen geschichtlichen Entwicklung, die teils mit der mächtigen Bewegung auf dem Gebiet der Philosophie und der Naturwissenschaften, teils mit der Reaktion des nationalen Bewusstseins gegen das Fremdländische zusammenhängen.

Mecklenburg insonderheit ist in die traurige Katastrophe des dreißigjährigen Krieges durch die Wallensteinsche Episode auf das tiefste verflochten, und hängt durch dieselbe mit den politischen Kombinationen, welche den Gang des Krieges im Ganzen und Großen bestimmten, enge zusammen. Die Belehnung Wallensteins mit Mecklenburg führt in die konkrete Frage ein, in wie weit schon die alten gesetzlichen Normen des Reichsverbandes ihre Geltung verloren hatten. Zugleich erhält die Frage nach der kirchlichen Stellung Wallensteins durch die Art seines Regiments in einem lutherischen Lande eine sehr bestimmte Antwort. Rostock aber bildet in kirchlicher und wissenschaftlicher Beziehung den eigentlichen lebendigen Mittelpunkt, von welchem aus für die Landeskirche Mecklenburgs die heilenden Kräfte in dieser schweren Zeit ausgingen.

Die vorliegende Monographie hat sich die Aufgabe gestellt, in dem angedeuteten Sinne in das Verständnis dieses Zeitabschnittes einzuführen. Sollte dieses geschehen, so musste das kirchliche und wissenschaftliche Leben Rostocks im Zusammenhange sowohl mit den allgemeinen politischen und kirchlichen Verhältnissen als auch insbesondere im Zusammenhange mit der Vergewaltigung, welche das Land durch die Wallensteinische Okkupation erfuhr und mit der deutschen, beziehungsweise antischwedischen Politik, welche die Herzoge nach ihrer Restitution mit Recht verfolgten, dargestellt werden. Je weniger aber die mannigfachen, zum Theil trefflichen Arbeiten über Wallenstein, welche die neuere Zeit gebracht hat, sich eingehend mit seinem Verhältnis zu Mecklenburg beschäftigen, oder nähere Aufschlüsse über diese Zeit enthalten, desto mehr darf ich hoffen, nach dieser Seite hin auch für die allgemeine Geschichte einen oder den anderen Beitrag gegeben zu haben. Historische Treue ist überall bis in das Kleinste angestrebt.

Vor Allem aber war es mir darum zu tun, die Bedeutung Rostocks in kirchlicher und theologischer Beziehung für jene Zeit aufzuweisen. Es hat in seinen Theologen mit großer Entschiedenheit, Selbstentäußerung und Freudigkeit für die Erhaltung und Bewahrung der reinen aus Gottes Wort geschöpften Lehre gekämpft. Sie sind es gewesen, welche aus der Kraft des Glaubens mit seltener Hingebung und unermüdlicher Treue die Erneuerung des kirchlichen Lebens der Landeskirche herbeigeführt haben. Der Lehrstand, der von ihnen ausgegangen, hat seine schwere Aufgabe mitten in der Not der Zeit unter harten Anfechtungen inmitten des Verfalls der Kirche glaubensmutig und siegesgewiss gelöst. Die damals so bedrängte und zerrüttete lutherische Landeskirche bestehet noch. Ihr Bekenntnis war der feste Grund, auf dem sie ihre Glaubens- und Lehrgemeinschaft sich erhielt, und damit auch die Heilsgüter, durch welche die Seelen gesammelt und bewahret werden zum ewigen Leben. Das Lebensbild dieser Zeit lehret uns aber auch für die Gegenwart, wie nur dadurch der rechte Bau, die rechte Wiedererneuerung der Kirche sich vollziehen kann, wenn sie an ihrem Glauben und Bekenntnis festhält, wenn alle ihre Arbeit in der rechten Treue und im willigen Gehorsam sich vollzieht, und alle ihre Kämpfe Heil und Frieden zum letzten Ziele haben. Aus der herben Leidenszeit, durch welche die Kirche hindurchzugehen hatte, und aus der glaubensfreudigen Auferstehungszeit, die ihr folgte, wird uns der köstliche Trost versiegelt, dass unser Glaube der Sieg ist, der die Welt überwindet.
Rostock, den 22. September 1863.
Otto Krabbe.


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1. Die allgemeinen politischen und kirchlichen Zustände Deutschlands. Ursprünge des Religionskrieges. Innere Zerrissenheit des Reiches. Die Stellung Frankreichs und Schwedens. Die Landeshoheit in ihrem Einflusse auf die kirchlichen Verhältnisse. Die konfessionellen Gegensätze und die durch sie herbeigeführten Kämpfe. Die Stellung der Universitäten zu den Aufgaben der Kirche

2. Die politischen und kirchlichen Zustände Mecklenburgs vor dem dreißigjährigen Kriege. Stellung der Herzoge Johann Albrecht und Ulrich. Die kirchlichen Institutionen Ulrichs. Der Regierungsantritt der Herzoge Adolf Friedrich und Hans Albrecht; ihr konfessioneller Dissensus

3. Die erste Jubelfeier der lutherischen Kirche im Jahre 1617. Allgemeine Zustände des obersächsischen und niedersächsischen Kreises. Das zweihundertjährige Jubelfest der Universität Rostock im Jahre 1619. Ausgang des böhmischen Krieges. Einwirkung auf Mecklenburg. Abwehr des Kalvinismus. Assecurations-Revers vom 23. Februar 1621

4. Die theologische Fakultät Rostocks in dieser Periode. Paul Tarnov. Johann Tarnov. Johannes Asselmann. Johannes Quistorp. Ihre theologische und konfessionelle Stellung, ihr Wirken und ihre theologischen Kämpfe. Der Philosoph, Mathematiker und Physiker Joachim Jungius und dessen großartige Bedeutung. Allgemeine Universitätszustände.

5. Die Lehrstreitigkeiten des Dr. Johannes Albertus Gryphius und des Dr. Johannes Atzverus. Der Ratmannsche Streit und die Stellung der Rostocker Fakultät zu demselben. Allgemeine Charakteristik ihrer Orthodoxie und ihrer praktischen Richtung. Das hundertjährige Jubelfest Slüters. Paul Tarnovs Rektoratsrede. Praktisch kirchliche Bestrebungen in Rostock. Heimsuchung durch Pest und Wassernot

6. Defensionsmaßregeln des niedersächsischen Kreises. Vereinbarung der Herzoge Adolf Friedrich und Hans Albrecht mit König Christian von Dänemark als erwähltem Kreisobersten. Tillys Sieg bei Lutter am Barenberge und dessen Folgen. Adolf Friedrichs fortgesetzte Beziehungen zu Dänemark. Anknüpfung mit Schweden. Wallensteins Eindringen in Mecklenburg und Besetzung des Landes. Zustände Rostocks. Kaiserliche Verpfändung Mecklenburgs an Wallenstein. Verhalten der Stände und schließliche Huldigung. Vertreibung der Herzoge. Wallensteins Regiment in Mecklenburg

7. Pläne Wallensteins. Sein Verhalten zu Rostock. Besetzung der Stadt nach vorausgegangener Kapitulation. Wallensteins kirchliche Stellung, insbesondere in Bezug auf das exercitium religionis. Verwendung der Hilfsquellen des Landes. Wallensteins Verhältnis zur Universität

8. Das Restitutionsedikt und der Lübecker Friede mit Dänemark. Wallensteins Verhältnis zu beiden Maßnahmen. Belehnung Wallensteins als erblichen Landesfürsten mit Mecklenburg. Erbhuldigung der Stände. Verhandlungen Wallensteins mit dem Rostocker geistlichen Ministerium über die Fürbitte für den Landesherrn. Das hundertjährige Jubelfest der Augsburgischen Konfession in Rostock.

9. Wallensteins Entlassung. Gustav Adolfs Invasion in Deutschland. Wallensteins Verhalten zu derselben. Gustav Adolfs Besetzung und Verwaltung Mecklenburgs. Rostocks Einschließung durch die Schweden. Ermordung des kaiserlichen Obristen von Hatzfeld durch den Lizentiaten Jacob Barmeyer. Gutachten der theologischen Fakultät und des Rostocker Ministeriums

10. Wiedereroberung des Landes. Restitution der Herzoge Adolf Friedrich und Hans Albrecht. Übergabe Rostocks und Wismars. Reaktion der Herzoge gegen das friedländische Regiment. Rostocks Aussöhnung mit der Landesherrschaft.

11. Gustav Adolfs Tod. Gedächtnisfeier in Rostock. Wallensteins weitere Pläne und Abfall.
Ermordung Wallensteins. Umschwung der Verhältnisse. Der Prager Friede. Aussöhnung der Herzoge mit dem Kaiser. Feindseligkeiten Schwedens gegen Mecklenburg. Hans Albrechts Tod. Die vormundschaftliche Regierung Adolf Friedrichs und ihre kirchliche Bedeutung

12. Die Kämpfe und Raubzüge der Schweden und Kaiserlichen in Mecklenburg.Verteidigung Rostocks durch Wilhelm von Kalcheim. Kriegsdrangsale und Verwüstung des ganzen Landes im Jahre 1638. Verheerung der Kirchen und Pfarren. Kirchliche Zustände. Entsittlichung des Volkslebens. Notwendigkeit einer Neugestaltung des kirchlichen Lebens.

13. Hebung der Universität. Maßnahmen zur Kräftigung und Erneuerung des kirchlichen und sittlichen Lebens. Die theologische Fakultät und deren Wirksamkeit in dieser Periode. Bestrebungen zur Unterdrückung des Pennalismus und zur Hebung des Schulwesens. Die kirchliche Lehrtätigkeit in der Predigt und in den verschiedenen Formen der katechetischen Unterweisung. Das Katechismus-Examen. Das Beichtverhör. Das Brautverhör. Allmähliches Wachstum des geistlichen Lebens der Gemeinden

14. Charakteristik der wissenschaftlichen Zeitrichtung. Das Verhältnis der Philosophie zu der Entwickelung der Naturwissenschaften. Joachim Jungius und dessen tiefgreifende Bedeutung. Verhältnis desselben zu Cartesius. Seine Logik und Heuretik. Der neutestamentliche Sprachstreit. Die Humanisten Eilhard Lubinus und Johann Huswedel. Die Richtungen und Gegensätze innerhalb der Philosophie. Caspar Mauritius. Joachim Lütkemann.

15. Einfluss der französischen Sprache und Sitte auf Deutschland durch Vermittelung des Calvinismus. Reaktion der Fruchtbringenden Gesellschaft. Wilhelms von Kalcheim kirchliche, soziale und wissenschaftliche Stellung. Stein, Tscherning, Johann Lauremberg, Peter Lauremberg, Laurentius von Bodock; ihre poetischen, rhetorischen und literarischen Arbeiten. Charakteristik und Würdigung derselben

16. Allgemeine kirchliche Fürbitte um Wiederherstellung des Friedens. Differenzen der Landesherrschaft mit dem Rostocker Ministerium in Betreff des jus circa sacra und des jus liturgicum. Joachim Schröders Wächterrufe und Warnungsschriften. Streitigleiten über die heidnischen Komödien und ihre Aufführung. Sein fortgesetzter Kampf gegen den Pennalismus. Schröders spätere Schriften. Beurteilung seiner Person und seiner Wirksamkeit

17. Quistorps spätere Wirksamkeit als Superintendent. Hugo Grotius Heimgang in Rostock. Das Thorner Colloquium. Quistorp lehnt die Teilnahme ab. Die Handel mit den Anabaptisten. Der Wagnersche Streit. Die Lütkemannsche Sache und deren Ausgang

18. Die Friedensverhandlungen. Der Westfälische Friede. Inhalt und Bedeutung desselben im Allgemeinen, sowie im Besonderen für Mecklenburg und für Rostock. Kirchliche Feier des Friedensschlusses. Die kirchlichen Zustände nach dem Frieden. Maßnahmen Adolf Friedrichs und Gustav Adolfs. Die Aufgaben und die Mittel der Kirche. Erneuerung des kirchlichen Lebens.

Register

Rostock: Häusergruppe an der Grube

Rostock: Häusergruppe an der Grube

Hauptsächliche Erwerbsquelle in Rostock war die Schifffahrt und ein ausgebreiteter Seehandel

Hauptsächliche Erwerbsquelle in Rostock war die Schifffahrt und ein ausgebreiteter Seehandel

Rostock vom Carlshof um 1830.

Rostock vom Carlshof um 1830.

Rostock Altstadt

Rostock Altstadt

Rostock Altstadt vom Steintor.

Rostock Altstadt vom Steintor.

Rostock Blücherplatz 1844

Rostock Blücherplatz 1844

Rostock Hopfenmarkt.

Rostock Hopfenmarkt.

Rostock - Neuer Markt um 1820.

Rostock - Neuer Markt um 1820.

Rostock vom Steintor 1841.

Rostock vom Steintor 1841.

Warnemünde vom Bauhof.

Warnemünde vom Bauhof.

Wallenstein

Wallenstein

Christian IV. von Dänemark

Christian IV. von Dänemark

Christian von Braunschweig

Christian von Braunschweig

Ernst von Mansfeld

Ernst von Mansfeld

Friedrich V. von der Pfalz

Friedrich V. von der Pfalz

Maximilian von Bayern

Maximilian von Bayern

Kurfürst Johann Georg von Sachsen

Kurfürst Johann Georg von Sachsen

Kaiser Ferdinand II.

Kaiser Ferdinand II.

Hans Georg von Arnim

Hans Georg von Arnim

Gustav Adolf

Gustav Adolf

Krabbe, Otto Dr. (1805-1873) Prof. Theologe, Universitäts Prediger zu Rostock, Rektor, Geschichtsschreiber

Krabbe, Otto Dr. (1805-1873) Prof. Theologe, Universitäts Prediger zu Rostock, Rektor, Geschichtsschreiber