Die Theologen in ihrem Verhältnis zu den Landesherren und zu den Konsistorien

Stand nun die theologische Wissenschaft als solche, welche der herrschenden Kirche diente, in hohem Ansehen, so konnte es nicht ausbleiben, dass der Einfluss der Theologen ein weit reichender war, und nicht bloß das Gebiet der Kirche und des kirchlichen Lebens umfasste, sondern sich auf die verschiedensten Verhältnisse erstreckte, und sich auf Fragen des öffentlichen wie privaten Lebens bezog. Alle Kirchenordnungen und Gottesdienstordnungen des sechszehnten Jahrhunderts waren auf Rat und Bedenken rechtgläubiger Theologen, und da dieselben, um rechtsbeständig zu sein, mit der Augsburgischen Konfession übereinstimmen mussten, selbst unter ausdrücklicher Approbation derselben aufgerichtet worden. Indem somit der Lehrstand als Organ der Kirche eine hervorragende Stellung einnimmt, übt er eine tief eingreifende Einwirkung, wenn auch mehr indirekt, auf das Gebiet der Verwaltung und Gerichtsbarkeit aus. Auch standen die Theologen meistens zu den Fürsten in näherer Beziehung, und es bildete sich nicht selten ein gegenseitiges Verhältnis um so leichter aus, als die Fürsten in ihrem oberbischöflichen Amte zur Ausübung der Kirchengewalt des Beirates des kirchlichen Lehrstandes bedurften, als dessen vorzügliche Glieder die theologischen Fakultäten unbestritten angesehen wurden. Aus ihrer Mitte gingen meistens die theologischen Räte der Landesherren, die sich derselben neben ihren rechtskundigen Räten bedienten, hervor. Aus ihnen wurden die Konsistorien gebildet, um sowohl die hauptsächlichsten Funktionen des Kirchenregiments, als auch der kirchlichen Gerichtsbarkeit zu üben. Bei dem tiefen Interesse aber, welches die Fürsten in jener Zeit an dem Gange der kirchlichen Entwicklung nahmen, war es natürlich, dass dieselben, auch abgesehen von den zu Zeiten mitwirkenden politischen Impulsen, deren wir bereits gedacht haben, nicht selten ein näheres Interesse an den wichtigeren Lehrstreitigkeiten gewannen. Da ihnen mitunter selbst theologische Kenntnisse zu Gebote standen, haben sie eine entsprechende Einsicht in die über die Lehre obschwebenden Kontroversen, und erklären sich aus eigener Überzeugung für oder gegen bestimmte Lehrpunkte.