Hutten in Rostock
Autor: Hobrecht, Maximilian (1827-1899) deutscher Journalist, Unternehmer und Politiker, Erscheinungsjahr: 1886
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Warnemünde, Rügen, Badegäste, Ulrich von Hutten
Noch in der ersten Woche des Oktober gab es in diesem Jahre Badegäste in Warnemünde; das Wetter war für die Zeit von ganz ungewöhnlicher Schönheit, die Sonne wirkte noch so mächtig, dass man oft unwillkürlich daran erinnert wurde, was für einen köstlichen Weinherbst es geben müsse; dazu herrschte schon seit einem Monat eine östliche Windrichtung vor, welche Regen und lästige Seenebel fernhielt und den ausgedehntesten Genuss der freien Luft und - für etwas hartgewöhnte Naturen - auch der Seebäder gestattete.
Doch war es im Vergleich zur eigentlichen Saison schon so leer, dass aus den übereinander gebauten Bänken am „Spill“, wo man bisher oft vergebens ein freies Plätzchen suchte, stundenlang kleine Gesellschaften in ungestörter Unterhaltung sitzen und sich des behaglichen Gefühls, das Reich für sich allein zu haben, erfreuen konnten.
****************************
Doch war es im Vergleich zur eigentlichen Saison schon so leer, dass aus den übereinander gebauten Bänken am „Spill“, wo man bisher oft vergebens ein freies Plätzchen suchte, stundenlang kleine Gesellschaften in ungestörter Unterhaltung sitzen und sich des behaglichen Gefühls, das Reich für sich allein zu haben, erfreuen konnten.
****************************
Inhaltsverzeichnis
- Professor Agricola, ein zunftgerechter Philologe
- So stand man nun doch vor einem kleinen Scharmützel
- Da gab es Nachrichten über die Brod- und Fleischpreise
- Hutten hält die Wegelagerer für Lötzsche Diener
- Eines Abends kam der Rittmeister mit Landkarten und Kursbüchern
- Was mir der Rittmeister von dem Rügenschen Kraftfutter vorhergesagt hatte
- Es waren schöne Stunden, mit meinen braven Freunden
- Die Hutten’sche Dichtung enthält 10 Elegien
- Stromfahrt
- Kammin
- Electron
- Vineta
- Meerfahrt
- Die Rugianische Bucht
- Auf der Burg
- Delia
- Der Zwist
- Der Schiffbruch
- Epilog: An Eobanus Hessus
- Auch Hutten hat einmal von Frühling und Liebe gesungen
- Die einsame Strandpromenade am Abend
So saß dort auch heute ein kleiner Kreis von Personen zusammen, die zum Teil schon von früher her, jedenfalls aber durch ein wochenlanges Nebeneinanderleben in dem freundlichen Badeörtchen, miteinander bekannt waren. Es gehörten dazu ein Paar Universitätsprofessoren, deren Sommerferien noch nicht abgelaufen waren, nebst Frauen und Töchtern, ein unverheirateter Gymnasialoberlehrer, der das Glück gehabt hatte, dass der Kachelofen der Klasse, deren Ordinarius er war, unter den Händen des reparierenden Töpfers zusammenstürzte, so dass er wie feine Tertianer eine außer dem Programm liegende freie Zeit genießen durfte, auch ein junger Offizier, der sich vom Staub und der Hitze der Herbstübungen in der reinen Seeluft erholen wollte und den ungebundeneren Verkehr mit jungen Damen gern mit in den Kauf nahm.
Man hatte sich an dem gedachten Spill, dem Kopfe der westlichen Hafenmole, nach dem Kaffee zusammengefunden, um zuzusehen, wie ein stattliches norwegisches Barkschiff unter allen Segeln mit dem schwachen Landwinde in See ging, und man saß in einem träumerisch hin und her flackernden Gespräch noch bei einander, als der Lotse draußen sein Boot schon wieder bestiegen hatte, um zurückzukehren. Jemand erinnerte daran, wie dichtgedrängt, gleich den Lummen am Nordkap, sonst bei ähnlichen Gelegenheiten die Leute hier gesessen hätten; so kam man aus die Gesellschaft der letzten Saison überhaupt, dann auch aus einzelne Erscheinungen in derselben. Einer gedachte des berühmten Privatgelehrten, der in der Welt durch seine Entdeckungen im Gebiet des hellenischen Altertums so viel von sich reden gemacht und bei seinem Aufenthalt in Warnemünde als einstiger Mecklenburger nicht griechisch sondern stets mit Vorliebe plattdeutsch gesprochen hatte.
Damit war man auf ein Gebiet gekommen, welches besonders bei den älteren Herren ein lebhafteres Interesse erweckte. ...
Man hatte sich an dem gedachten Spill, dem Kopfe der westlichen Hafenmole, nach dem Kaffee zusammengefunden, um zuzusehen, wie ein stattliches norwegisches Barkschiff unter allen Segeln mit dem schwachen Landwinde in See ging, und man saß in einem träumerisch hin und her flackernden Gespräch noch bei einander, als der Lotse draußen sein Boot schon wieder bestiegen hatte, um zurückzukehren. Jemand erinnerte daran, wie dichtgedrängt, gleich den Lummen am Nordkap, sonst bei ähnlichen Gelegenheiten die Leute hier gesessen hätten; so kam man aus die Gesellschaft der letzten Saison überhaupt, dann auch aus einzelne Erscheinungen in derselben. Einer gedachte des berühmten Privatgelehrten, der in der Welt durch seine Entdeckungen im Gebiet des hellenischen Altertums so viel von sich reden gemacht und bei seinem Aufenthalt in Warnemünde als einstiger Mecklenburger nicht griechisch sondern stets mit Vorliebe plattdeutsch gesprochen hatte.
Damit war man auf ein Gebiet gekommen, welches besonders bei den älteren Herren ein lebhafteres Interesse erweckte. ...