Mennonitentum in der Ukraine
Schicksalsgeschichte Sagradowkas
Autor: Dietrich Neufeld, Navall Dederich 1886-1958, Erscheinungsjahr: 1922
Exemplar in der Bibliothek ansehen/leihen
Exemplar in der Bibliothek ansehen/leihen
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Ukraine, Russland, Schwarzes Meer, Kuban, Don, Tschernigow, Kiew, Charkow, Poltawa, Podolien, Kaukasus,
Das russische Reich hat seit seiner Entstehung selten geordnete Zustände gehabt. Die Entwicklung dieses Staates war nie eine glückliche. Oft verhinderten schicksalsschwere fremde Einwirkungen ein harmonisches Gedeihen, zum Beispiel während der Tatarenzeit vom 13. bis 15. Jahrhundert. Sehr oft jedoch wurde dem russischen Volke Unglück verursacht von Männern, die bestellt waren, den Staat zu lenken.
************************************************
************************************************
Inhaltsverzeichnis
- I. Reise nach Sagradowka. Unterwegs. — Erster Eindruck von Münsterberg nach dem großen Unglück.
- II. Die Mennoniten Sagradowkas unter dem Einfluss der Revolution und Okkupation, Arglosigkeit der Mennoniten beim Ausbruch der Revolution. — Einfluss der Okkupation: Die Bewaffnung der Mennoniten, eine Torheit und Gefahr. — Entwaffnung und spürbare Folgen der Militarisierung. — Landfrage. — Das Verhältnis der Mennoniten zu den Weißen. Aufstand gegen die Weißen: Machno!
- III. Heimsuchung Sagradowkas. Gewitterschwüle vor dem Sturm. — Der Einfall: Überraschung und Vernichtung. — Gedanken über Ursache und Wirkung.
- IV. Geschichtliche Betrachtung über das Verhältnis der Kolonisten und Russen zu einander. In der Vorkriegszeit. — Nationalistische Kriegshetze gegen die Kolonisten. — Während der deutschen Besetzung. — Die schwere mennonitische Verirrung.
- V. Einzelschicksale. Auf der Flucht. — In Gnadenfeld. — In Orloff. — In Tiege. — In Münsterberg. — Das größte Opfer Sagradowkas.
- VI. Schlussbetrachtung.
Einige Jahrzehnte vor dem Weltkrieg begann das Volk allgemein zu merken, dass die Beherrscher Russlands Ruhm und Größe nicht darin suchten, sein soziales Wohlbefinden zu heben, sondern nur an die Ausdehnung der geographischen Grenzen des Reiches dachten. Auch die hungernden Bauern wünschten ihre Scholle zu vergrößern, aber nicht zu Ungunsten der Nachbarreiche, sondern auf Kosten der Großgrundbesitzer, deren Felder sie jahraus, jahrein bearbeiteten, ohne einen Nutzen davon zu haben. Diesem begreiflichen Volksbegehren gegenüber verhielten sich die Machthaber dauernd feindlich. Hass aber erzeugt Gegenhass.
So wurde die Revolution die notwendige Folge einer verkehrten Politik.
Die Geschichte aller Völker lehrt, dass Revolutionen nur dann entstehen, wenn die notwendige, natürliche Entwicklung gehemmt wird. Und sie werden umso verhängnisvoller, je mehr die Entwicklung aufgehalten und je weniger die Volksmasse der Bildung zugeführt worden ist. Demzufolge musste die russische Revolution verhängnisvoll werden. Das ist tatsächlich eingetroffen.
Verwirrung der Gemüter, Verrohung der Instinkte, bedauerliche Unwissenheit, aufgepeitschte Leidenschaften, — alles das waren augenfällige Erscheinungen beim Ausbruch der Revolution. Sie machten während der Übergangszeit zu neuen Zuständen ein ordnungsmäßiges Leben unmöglich. Das Alte war unwiederbringlich vergangen, und ein neues Leben mit ihm entsprechenden Gesetzen konnte nicht also gleich anerkannte Geltung finden. Die große Bewegung wuchs auch ihren neuen Führern über den Kopf, und so herrschte zeitweilig jenes Chaos, jene Anarchie, die wie ein verheerender Wirbelwind im Lande wüstete und die Menschen zu Hunderten und Tausenden — Schuldige mit Unschuldigen — dahinraffte.
So wurde die Revolution die notwendige Folge einer verkehrten Politik.
Die Geschichte aller Völker lehrt, dass Revolutionen nur dann entstehen, wenn die notwendige, natürliche Entwicklung gehemmt wird. Und sie werden umso verhängnisvoller, je mehr die Entwicklung aufgehalten und je weniger die Volksmasse der Bildung zugeführt worden ist. Demzufolge musste die russische Revolution verhängnisvoll werden. Das ist tatsächlich eingetroffen.
Verwirrung der Gemüter, Verrohung der Instinkte, bedauerliche Unwissenheit, aufgepeitschte Leidenschaften, — alles das waren augenfällige Erscheinungen beim Ausbruch der Revolution. Sie machten während der Übergangszeit zu neuen Zuständen ein ordnungsmäßiges Leben unmöglich. Das Alte war unwiederbringlich vergangen, und ein neues Leben mit ihm entsprechenden Gesetzen konnte nicht also gleich anerkannte Geltung finden. Die große Bewegung wuchs auch ihren neuen Führern über den Kopf, und so herrschte zeitweilig jenes Chaos, jene Anarchie, die wie ein verheerender Wirbelwind im Lande wüstete und die Menschen zu Hunderten und Tausenden — Schuldige mit Unschuldigen — dahinraffte.