Mecklenburg Fleischergewerbe im 12. bis 14. Jahrhundert
aus Mecklenburgische Jahrbücher
Themenbereiche
Enthaltene Themen: viehpreise, Fleischergewerbe, rinder, schweine, pferde, schlachten
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Einleitung
von Dr. phil. Martha Genzmer, Neustrelitz.
Die neuere Forschung hat dargetan, dass im Mittelalter das Fleisch unter den Nahrungsmitteln eine bedeutendere Rolle spielte, als in späterer Zeit. Dass auch in den Städten Mecklenburgs der Fleischverbrauch ein außerordentlich großer gewesen sein muss, lehrt schon eine oberflächliche Betrachtung der hierüber sprechenden Nachrichten. So betrug die Zahl der Verkaufsstände für Fleisch, der sogenannten Fleischerscharren, auf dem Markt in Rostock im Jahre 1325 für die Altstadt 36, für die Mittelstadt 28 und für die Neustadt 20, eine große Zahl im Verhältnis zu der niedrigen Einwohnerzahl der Stadt.
Dass selbst unter Leuten geistlichen Standes trotz der kirchlich vorgeschriebenen Fasttage der Fleischverbrauch kein geringer war, das erkennt man aus einer Speiseordnung des Ratzeburger Domkapitels vom 21. Oktober 1301. Danach kommen dem Propst und seinem persönlichen Gesinde (familia) jedes mal vier Schüsseln Fleisch zu. Den Capitularen wurde bei den gemeinsamen Mahlzeiten dreimal wöchentlich, am Sonntag, Dienstag und Donnerstag, Fleisch aufgetragen, und zwar morgens zwei Fleischgänge, Gebratenes und Gekochtes, und abends ein Fleischgericht, nämlich Gekochtes. so gab es zwar nicht wie im Märchen alle Tage Gesottenes und Gebratenes, aber doch reichlich Fleisch, zumal noch allerhand Erzeugnisse aus dem Fleisch, Speck usw. des nützlichen Borstentieres hinzukamen. Dass das Fleisch eine geschätzte Speise war, beweist u. a. die Tatsache, dass Fehlen beim Hochamt, Matutine oder Vesper durch Fleischentziehung bestraft wurde 1).
Neben dem frischgeschlachteten Fleisch kommt, wie Küchenzettel und Rechnungen von Fürsten und Klöstern lehren, besonders überall, wo es sich um längere Aufbewahrung des Fleisches handelt, gesalzenes Fleisch, Pökelfleisch und geräuchertes Fleisch vor.
Letzteres war wegen seiner Haltbarkeit unentbehrlich auf Reisen, Kriegszügen und ähnlichen Unternehmungen, und zwar wurde, entgegen dem heutigen Gebrauch, auch Rind- und Schaffleisch geräuchert 2). In den Bürgerhäusern muss der Vorrat an Fleisch oft beträchtlich gewesen sein, denn wiederholt kommt in Aufzählungen von Mobiliarnachlässen, wie in letztwilligen Verfügungen Fleisch vor, und zwar frisches wie getrocknetes.
Das Räuchern des Fleisches scheint vorwiegend in den Bürgerhäusern selbst geschehen zu sein. Jedenfalls finden sich unter den auf das Fleischerhandwerk bezüglichen Nachrichten aus dem 13. und 14. Jahrhundert, dem Zeitraum dieser Untersuchung, keine Nachrichten über Herstellung und Verkauf von geräuchertem Fleisch auf dem Markt.
Anders ist es mit gesalzenem Fleisch, welches regelmäßig ein Gegenstand des Markthandels gewesen zu sein scheint. Überliefert ist uns dies aus Neubrandenburg, sowie aus Wismar, wo gefordert wurde, dass unverkauft gebliebenes Fleisch eingesalzen und aus Tonnen verkauft werden sollte, und aus Rostock, wo der Verkauf von gesalzenem Fleisch auf dem Markt an eine besondere Erlaubnis durch die Ratsherren geknüpft war.
Geflügelhandel auf dem Markt scheint nicht häufig gewesen zu sein; doch wissen wir aus der Stiftungsurkunde von Neubrandenburg, dass Hühner in dieser Stadt auf dem Markt verkauft wurden.
Nicht mit der gleichen Bestimmtheit lässt sich dies von Wildfleisch sagen. Die Vorzüge eines Hasenbratens scheinen zwar nicht unbekannt gewesen zu sein; Kauf und Verkauf von Hasen erwähnt aber nur die Rechnung des Raven von Barnekow, der von 1365-1367 die schwedische Vogtei Nyköping für Albrecht von Mecklenburg verwaltete. Jagdbares Gebiet findet sich nachweislich in städtischem Besitz 3), und die Herren des Rates gingen entweder selbst auf die Jagd , oder sie veranstalteten Jagden zu Ehren ihrer Gäste, nahmen auch Jäger in ihren Dienst. Aber nirgends liest man etwas davon, dass das Fleisch der erjagten Tiere auf dem Markt verkauft worden wäre. Man bleibt also auf die Vermutung angewiesen, dass das Wildfleisch entweder an die Ratsherren verteilt wurde, oder unter der Hand, vielleicht durch die Jäger verkauft wurde, oder dass es, wie wohl auch der Eber, den das Kloster Doberan jährlich der Stadt Rostock lieferte, einen Bestandteil der Gastmähler des Rates bildete 4).
Es erübrigt fast, zu sagen, dass von Haustieren dieselben wie heutzutage geschlachtet wurden, Rinder, Schafe, vor allem aber Schweine. Im Mittelalter spielten bekanntlich Schweine, ebenso wie Hühner und Gänse, eine Rolle auch als Abgabe an weltliche und geistliche Machthaber, so dass die Ausdrücke Schweinebede, svinsscult, Schweinezehnten u. ähnl. häufig in Urkunden jener Zeit vorkommen. Unter den kirchlichen Abgaben wieder genossen die sogenannten Antoniusschweine einer gewissen Berühmtheit. Es sind die an die Antoniusbrüderschaft gelieferten Schweine, die von den Brüdern zu Tempzin, dem Hauptsitz dieses Ordens für Mecklenburg, zur Unterstützung von Kranken und Armen verwendet wurden 5).
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1)MUB. IX S. 38 ff. Nr. 5769 S. 39. Ein zu bestrafender Konverse in Doberan erhielt 6 Tage lang neben Wasser und Brot nur Gemüse (pulmentum), kein Fleisch.
2) MUB. VI S. 314 Nr. 3941. Verbrauch der gräflich Schweriner Hofküche auf einer Fahrt nach Dänemark: VI matcas pro carnibus fumigatis. - Abrechnung des Lüder von Lützow über Ausgaben in einem Kriege Albrechts von Mecklenburg gegen den Markgrafen Otto von Brandenburg. MUB. XVIII S. 349 ff. Nr. 10 497: 1/2 vaccam fumigatam pro 8-10 sol. Ebenda S. 351: carnem fumigatam vaccinam et ovinam. 3) Z. B. kaufte die Stadt Wismar im Jahre 1339 von drei Brüdern von Bülow Benz mit allem Zubehör, darunter Fischerei, Jagd usw. Der Überbringer erhielt jedesmal 8 Schilling.
4) Solche Gastmähler waren bisweilen durch fromme Stiftungen veranlaßt; z. B. bestimmte der Wismarer Bürger Heinrich Körneke (MUB. VIII S. 636 ff. Nr. 5714) im Jahre 1336 in seinem Testament drei Mark ewiger Renten für ein jährliches Festessen der Ratsherren in der Erwartung, daß sie: eo benignius filie mee et pueris presint.
5) Nach einer päpstlichen Bulle vom 13. Januar 1297 (MUB. IV S. 7 Nr. 2434) hatte das ausschließliche Anrecht auf die Antoniusschweine die Abtei von Viènne in der Dauphiné, der die Antoniusbrüderschaft unterstand.
von Dr. phil. Martha Genzmer, Neustrelitz.
Die neuere Forschung hat dargetan, dass im Mittelalter das Fleisch unter den Nahrungsmitteln eine bedeutendere Rolle spielte, als in späterer Zeit. Dass auch in den Städten Mecklenburgs der Fleischverbrauch ein außerordentlich großer gewesen sein muss, lehrt schon eine oberflächliche Betrachtung der hierüber sprechenden Nachrichten. So betrug die Zahl der Verkaufsstände für Fleisch, der sogenannten Fleischerscharren, auf dem Markt in Rostock im Jahre 1325 für die Altstadt 36, für die Mittelstadt 28 und für die Neustadt 20, eine große Zahl im Verhältnis zu der niedrigen Einwohnerzahl der Stadt.
Dass selbst unter Leuten geistlichen Standes trotz der kirchlich vorgeschriebenen Fasttage der Fleischverbrauch kein geringer war, das erkennt man aus einer Speiseordnung des Ratzeburger Domkapitels vom 21. Oktober 1301. Danach kommen dem Propst und seinem persönlichen Gesinde (familia) jedes mal vier Schüsseln Fleisch zu. Den Capitularen wurde bei den gemeinsamen Mahlzeiten dreimal wöchentlich, am Sonntag, Dienstag und Donnerstag, Fleisch aufgetragen, und zwar morgens zwei Fleischgänge, Gebratenes und Gekochtes, und abends ein Fleischgericht, nämlich Gekochtes. so gab es zwar nicht wie im Märchen alle Tage Gesottenes und Gebratenes, aber doch reichlich Fleisch, zumal noch allerhand Erzeugnisse aus dem Fleisch, Speck usw. des nützlichen Borstentieres hinzukamen. Dass das Fleisch eine geschätzte Speise war, beweist u. a. die Tatsache, dass Fehlen beim Hochamt, Matutine oder Vesper durch Fleischentziehung bestraft wurde 1).
Neben dem frischgeschlachteten Fleisch kommt, wie Küchenzettel und Rechnungen von Fürsten und Klöstern lehren, besonders überall, wo es sich um längere Aufbewahrung des Fleisches handelt, gesalzenes Fleisch, Pökelfleisch und geräuchertes Fleisch vor.
Letzteres war wegen seiner Haltbarkeit unentbehrlich auf Reisen, Kriegszügen und ähnlichen Unternehmungen, und zwar wurde, entgegen dem heutigen Gebrauch, auch Rind- und Schaffleisch geräuchert 2). In den Bürgerhäusern muss der Vorrat an Fleisch oft beträchtlich gewesen sein, denn wiederholt kommt in Aufzählungen von Mobiliarnachlässen, wie in letztwilligen Verfügungen Fleisch vor, und zwar frisches wie getrocknetes.
Das Räuchern des Fleisches scheint vorwiegend in den Bürgerhäusern selbst geschehen zu sein. Jedenfalls finden sich unter den auf das Fleischerhandwerk bezüglichen Nachrichten aus dem 13. und 14. Jahrhundert, dem Zeitraum dieser Untersuchung, keine Nachrichten über Herstellung und Verkauf von geräuchertem Fleisch auf dem Markt.
Anders ist es mit gesalzenem Fleisch, welches regelmäßig ein Gegenstand des Markthandels gewesen zu sein scheint. Überliefert ist uns dies aus Neubrandenburg, sowie aus Wismar, wo gefordert wurde, dass unverkauft gebliebenes Fleisch eingesalzen und aus Tonnen verkauft werden sollte, und aus Rostock, wo der Verkauf von gesalzenem Fleisch auf dem Markt an eine besondere Erlaubnis durch die Ratsherren geknüpft war.
Geflügelhandel auf dem Markt scheint nicht häufig gewesen zu sein; doch wissen wir aus der Stiftungsurkunde von Neubrandenburg, dass Hühner in dieser Stadt auf dem Markt verkauft wurden.
Nicht mit der gleichen Bestimmtheit lässt sich dies von Wildfleisch sagen. Die Vorzüge eines Hasenbratens scheinen zwar nicht unbekannt gewesen zu sein; Kauf und Verkauf von Hasen erwähnt aber nur die Rechnung des Raven von Barnekow, der von 1365-1367 die schwedische Vogtei Nyköping für Albrecht von Mecklenburg verwaltete. Jagdbares Gebiet findet sich nachweislich in städtischem Besitz 3), und die Herren des Rates gingen entweder selbst auf die Jagd , oder sie veranstalteten Jagden zu Ehren ihrer Gäste, nahmen auch Jäger in ihren Dienst. Aber nirgends liest man etwas davon, dass das Fleisch der erjagten Tiere auf dem Markt verkauft worden wäre. Man bleibt also auf die Vermutung angewiesen, dass das Wildfleisch entweder an die Ratsherren verteilt wurde, oder unter der Hand, vielleicht durch die Jäger verkauft wurde, oder dass es, wie wohl auch der Eber, den das Kloster Doberan jährlich der Stadt Rostock lieferte, einen Bestandteil der Gastmähler des Rates bildete 4).
Es erübrigt fast, zu sagen, dass von Haustieren dieselben wie heutzutage geschlachtet wurden, Rinder, Schafe, vor allem aber Schweine. Im Mittelalter spielten bekanntlich Schweine, ebenso wie Hühner und Gänse, eine Rolle auch als Abgabe an weltliche und geistliche Machthaber, so dass die Ausdrücke Schweinebede, svinsscult, Schweinezehnten u. ähnl. häufig in Urkunden jener Zeit vorkommen. Unter den kirchlichen Abgaben wieder genossen die sogenannten Antoniusschweine einer gewissen Berühmtheit. Es sind die an die Antoniusbrüderschaft gelieferten Schweine, die von den Brüdern zu Tempzin, dem Hauptsitz dieses Ordens für Mecklenburg, zur Unterstützung von Kranken und Armen verwendet wurden 5).
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1)MUB. IX S. 38 ff. Nr. 5769 S. 39. Ein zu bestrafender Konverse in Doberan erhielt 6 Tage lang neben Wasser und Brot nur Gemüse (pulmentum), kein Fleisch.
2) MUB. VI S. 314 Nr. 3941. Verbrauch der gräflich Schweriner Hofküche auf einer Fahrt nach Dänemark: VI matcas pro carnibus fumigatis. - Abrechnung des Lüder von Lützow über Ausgaben in einem Kriege Albrechts von Mecklenburg gegen den Markgrafen Otto von Brandenburg. MUB. XVIII S. 349 ff. Nr. 10 497: 1/2 vaccam fumigatam pro 8-10 sol. Ebenda S. 351: carnem fumigatam vaccinam et ovinam. 3) Z. B. kaufte die Stadt Wismar im Jahre 1339 von drei Brüdern von Bülow Benz mit allem Zubehör, darunter Fischerei, Jagd usw. Der Überbringer erhielt jedesmal 8 Schilling.
4) Solche Gastmähler waren bisweilen durch fromme Stiftungen veranlaßt; z. B. bestimmte der Wismarer Bürger Heinrich Körneke (MUB. VIII S. 636 ff. Nr. 5714) im Jahre 1336 in seinem Testament drei Mark ewiger Renten für ein jährliches Festessen der Ratsherren in der Erwartung, daß sie: eo benignius filie mee et pueris presint.
5) Nach einer päpstlichen Bulle vom 13. Januar 1297 (MUB. IV S. 7 Nr. 2434) hatte das ausschließliche Anrecht auf die Antoniusschweine die Abtei von Viènne in der Dauphiné, der die Antoniusbrüderschaft unterstand.