Fleisch- und Viehpreise

Fleisch- und Viehpreise.

Die Absicht, die Käufer vor Ausbeutung und Übervorteilung zu schützen, zeigt auch das Bestreben des Rats, die Preise der Lebensmittel amtlich festzusetzen. Allerdings sind Belege dafür in der Epoche, die wir betrachten, nur recht selten. Für Wismar läßt sich hier abermals die Ratswillküre vom 28. August 1342 heranziehen über seewärts eingeführtes Vieh. Es werden darin zunächst unberechtigte Forderungen der Schlachter zurückgewiesen; dann heißt es als dritter Punkt, daß in den Seestädten der vierte Teil eines Schafes nicht teurer als für 14 lübische Pfennige zu verkaufen sei, und daß ein Paar Schweinefüße nur 2 lübische Pfennige kosten dürften. Weitere Preisangaben finden sich in demselben Schriftstück merkwürdigerweise nicht. Es wäre jedoch falsch, daraus zu folgern, daß nur Schafe und Schweine auf dem Seewege eingeführt worden wären. Vielmehr berichtet eine mit dem Siegel eines Ritters Helmold von Plessen versehene Urkunde aus der Mitte des 14. Jahrhunderts von Rindern und Pferden, die aus Dänemark eingeführt wurden. Die große Bevorzugung von Schaffleisch und Schweinefüßen in der Wismarer Ratswillküre läßt also höchstens den Schluß zu, daß Hammelfleisch von jeher in Mecklenburg beliebt war, und daß vielleicht damals schon das heute noch so berühmte Weißsauer bekannt war, zu dem Schweinefüße wegen ihrer Fähigkeit, Gallert zu bilden, verwendet werden, wie mir von privater, aber in dieser Beziehung kompetenter Seite versichert wird.


Daß das Fleisch nach Gewicht verkauft worden wäre, ist nach den vorhandenen Nachrichten für das 13. und 14. Jahrhundert nicht nachzuweisen 1). Vielmehr wurden die geschlachteten Tiere in Hälften oder Viertel zerlegt und diese dann Stückweise verkauft. Nur für Speck, dessen Verbrauch ein sehr großer war 2) findet sich einmal eine Angabe nach Pfunden, indem in einer Abrechnung über die für König Albrecht von Schweden (Herzog von Mecklenburg) verwaltete Vogtei Nyköping acht Pfund Speck vier Schinken gleichgesetzt werden (4 pernas pro 8 pund lardi). Jedoch handelt es sich hier eben nicht um einen Marktbericht, auch nicht direkt um mecklenburgische Verhältnisse. Überall sonst, wo von Speckverkauf die Rede ist, werden nur ganze Seiten (latera integra oder deutsch side auch vlicke) genannt, so daß man nur annehmen kann, daß Speck nicht gewogen sondern nur geschätzt wurde.

Preisangaben für Fleisch findet man am wenigsten da, wo man sie sucht, nämlich in Nachrichten, die sich auf die Fleischerzunft oder den Marktverkehr beziehen. Für verkaufsfertige Fleisch- und Fettwaren sind die Angaben überhaupt spärlich, außerdem oft nur summarisch, so daß für die einzelnen genannten Gegenstände kein

Preis festgestellt werden kann. Ein Blick in die Rechnungsablage des Vogtes Gottschalk Preen vom 3. März bis zum 1. Dezember 1309 lehrt, daß er von Ostern bis zum Sonntag Misericordias Domini, also in zwei Wochen, für die Hofküche des Grafen Heinrich von Schwerin 34 Fleischseiten gekauft hat, die Seite für 1 Talentum (= 20. Schilling, zusammen für 42 1/2 Mk., daß er ferner 25 Schill. für 50 Hühner, 1 Mk. für Eier, 30 Mk. für geräuchertes Fleisch ausgegeben hat; doch sind die letzteren Angaben schon zu unbestimmt, als daß sie Vergleiche mit späteren Preisen zuließen.
Daneben erhellt aus einem Verzeichnis der Ausgaben von Wismar, Rostock und Lübeck gelegentlich der Einnahme von Dömitz im Jahre 1353, daß 30 Seiten Schweinefleisch auf 30 Mk. geschätzt wurden, und in einer Berechnung von Kriegskosten aus den Jahren 1370/71 werden u. a. 10 Speckseiten und 6 Seiten Fleisch jede zu 12 Schilling gerechnet. Eine ähnliche Berechnung vom Jahre 1358 schätzt Fleischseiten auf 1 ½ Talent, auf 11 1/2 oder 12 Schilling, wohl nach der Größe der geschlachteten Tiere verschieden 3).

So wenig man in der Lage ist, bei der Verschiedenheit des Geldwertes und der Unbestimmtheit der Mengen des verkauften Fleisches ohne genauere Untersuchungen einen Vergleich zwischen damals und jetzt zu ziehen, so kann man doch schon bei oberflächlicher Betrachtung erkennen, daß die Lebensmittelpreise von damals neben den heutigen sehr niedrig waren.

Ergiebiger als für Fleischpreise sind die Nachrichten in betreff der Preise für lebendes Vieh, die aber untereinander ganz bedeutend abweichen, jedenfalls der Größe und Beschaffenheit der Tiere entsprechend. So heißt es in einem Bericht über den Kriegsschaden, den die Rostocker im Jahre 1312 dem Kloster Doberan zugefügt haben, daß ein Ochse auf 2 Mk., eine Kuh auf 3 1/2 Mk., eine Kuh mit Kalb auf 4 Mk. geschätzt wurden, wiederum 50 Kühe auf 150 Mk., 40 Schweine auf 30 Mk., 3 Schweine auf 4 Mk.. An anderer Stelle werden für zwei Schweine 19 Schilling gezahlt. Derartige Angaben ließen sich noch weit mehr heranziehen. Doch sind sie als zu summarisch nur von relativem Wert für Markt und Marktpreise 4).

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1)Bis ins 19. Jahrhundert hinein war das Verkaufen von Fleisch nach Gewicht noch nicht allgemein üblich in Mecklenburg.
2) Beispielsweise verbrauchte das Kloster Neukloster seinem Speckregister zufolge (MUB. VI S. 570 Nr. 4229) in der Zeit vom 23. November 1320 bis zum 30. August 1321 297 Seiten Speck; aber für wieviele Personen?
3) MUB. XIV S. 340 ff. Nr. 8509. Hier findet sich S. 342 auch eine Ausgabe von 1 Schilling verzeichnet pro pultibus et sultitia, Grütze und vielleicht Wurst, wie im Registerband vermutet wird, oder auch Sülze. Mechler a. a. O. S. 80 belehrt uns, daß als Sülze Herz, Milz und Kopffleisch der Schlachttiere bezeichnet wurden, lauter leicht gallertbildende Teile.
4) Z. B. Ausgaben und Einnahmen des herzoglichen Vogtes zu Schwerin im Jahre 1373. MUB. XVIII. 265 ff. Nr. 10424. E zahlt 22 Mk. für 11 Kühe und Ochsen, 6 Mk. für 3 Kühe, 9 Mk. für 4 Kühe, 3 Mk. 7 Schill. für 2 Kühe. S. 266. 2 Mk. 2 Schill. für 1 Kuh, 6 Mk. 16 Pfenn. für 16 Schafe.