Schlachthäuser

Schlachthäuser und Fleischerscharren.

Nicht minder wichtig als eine Beschäftigung mit denen, die das Knochenhauergewerbe ausübten, ist für die Erkenntnis der Lebensmittelpolitik eine Betrachtung des Fleischergewerbes selber. Verfolgt man an der Hand der Überlieferung die Örtlichkeiten, wo die Ausübung dieses Gewerbes stattfand, so ist es zweckmäßig, wieder zwischen Kütern und Fleischhauern zu unterscheiden; denn beide sind nicht nur nach ihrer Tätigkeit selbst, sondern auch nach dem Schauplatz ihrer Tätigkeit getrennt.


Küter werden da erwähnt, wo sich städtische Schlachthäuser finden. Diese aber lassen sich keineswegs für alle Städte unseres Untersuchungsgebietes nachweisen, was freilich auch seine Ursache in einem Mangel an Überlieferung haben kann.

In Wismar erscheint ein Schlacht- oder Küterhaus schon in einem Verzeichnis der Kämmereieinkünfte aus den Jahren 1272-1300 1).

In Rostock begegnen im Jahre 1307 bereits drei städtische Schlachthäuser , eine domus mactatoria exterior, d. h. die am weitesten von der Stadt entfernte, dazu im Gegensatz eine domus mactatoria anteterior und zwischen beiden die domus mactatoria media, alle drei unweit des Rathauses in dem Teil der Altstadt gelegen, der Küterbruch (palus fartorum) heißt.

Daneben meint man annehmen zu müssen, daß es noch Privatschlachthäuser gegeben habe. Z. B. berichtet eine Urkunde vom Jahre 1352, daß eine Nonne des Klosters Malchow sich wegen einer Rente aus dem Schlachthause (de hereditate mactatoria) eines Heinrich Sure für befriedigt erklärte. Auch eine im Jahre 1370 in Rostock erwähnte domus mactatoria Tymmonis könnte Privatbesitz gewesen sein. Vielleicht hatten aber die genannten Besitzer ihre Schlachthäuser nur von der Stadt gemietet, welche Annahme durch das Rostocker Stadtbuch D von 1292 bis 1297 gestützt wird, woraus hervorgeht, daß die städtischen Schlachthäuser zwar teils nur für ein Jahr, teils aber auch auf Lebenszeit und mit dem Recht der Über­tragung auf die Erben gegen einen bestimmten Zins vermietet wurden.

Aus dem ersten der angeführten Rostocker Stadtbuchblätter (Fol. 45 b) erfährt man zugleich, daß gelegentlich zwei Schlachter gemeinsam ein Schlachthaus innehatten. Die Neustadt Parchim kann erst um 1370 ein Schlachthaus bekommen haben; denn nach einem etwa im genannten Jahre entstandenen Verzeichnis von Hebungen der Stadt Parchim wird von jedem Fenster der Fleischer in der Neustadt außer den auch in der Altstadt üblichen viermal 2 Schillingen noch eine Abgabe von 6 wendischen Pfennigen erhoben für das neuerbaute Schlachthaus (propter edificium fartorum noviter edificatum).

Das Instandhalten der Schlachthäuser war, wenigstens in Rostock, Sache der Stadt. Es berichten nämlich Rostocker Kämmereirechnungen wiederholt von Reparaturkosten für ein Schlachthaus.

Zum Verkauf kam das Fleisch in den sogenannten Fleischerscharren (macellis) am Markt, und hier war die Stätte, wo die Fleischhauer ihres Amtes walteten. Die Zahl der Scharren war genau festgestellt, damit der Rat die Kontrolle über das Verhältnis von Nachfrage und Angebot behielt. In Neubrandenburg baten die Fleischer selbst, um eine Vermehrung der Konkurrenz zu verhindern, daß in ihr schon mehrfach erwähntes Privilegium vom Jahre 1290 die Bedingung aufgenommen würde, daß nicht mehr als die bereits bestehenden Scharren eingerichtet werden sollten. Ihre Zahl ist an dieser Stelle nicht angegebene wahrscheinlich waren es dreißig, also eine beträchtliche Anzahl für die kleine Stadt, für die spätere Zeit des Niedergangs der Stadt auch augenscheinlich viel zu groß. In der Urkundensammlung des Neubrandenburger Museums findet sich nämlich ein am Sondage vor Margarete der hilligen juncfrowen (12. Juli) 1495 ausgestelltes Schriftstück, in dem Bürgermeister und Ratmannen zu Neubrandenburg die Zahl der Knochenhauerscharren von 30 auf 15 herabsetzen.

Daß außerhalb der Scharren kein Fleisch verkauft werden durfte, war vielleicht überall in Mecklenburg die Regel. Bezeugt ist es für Neubrandenburg durch das Privileg von 1290 und steht damit auch fest für Stargard und Strelitz (Alt), auf welche Städte die Einrichtungen der Vorderstadt übertragen worden waren. In der Urausfertigung des Neubrandenburger Privilegs sowie in der ebenfalls schon erwähnten Bestätigung vom Jahre 1364 waren nur ganze Speckseiten davon ausgenommen.

Für gewöhnlich scheinen die Scharren, die auch Buden (taberne) genannt wurden verlost worden zu sein damit niemand sich in bezug auf die Lage seines Verkaufsstandes benachteiligt glauben könnte 2) Hatte in Rostock ein Fleischhaue keine Bude mehr erhalten, so konnte er bis zur nächsten Verlosung mit seinen Waren einen der Verkaufsplätze im Rathause, falls ein solcher frei war, beziehen, wenn diese auch weniger günstig gelegen waren (licet sit obscurus).

Für die Verkaufsstände wurde von der Stadt eine jährliche Miete erhoben, die sogenannte ledehure 3). Wurde die Budenmiete nicht pünktlich bezahlt, so wurde sie erhöht, was für Plau feststeht nach der Zunftordnung der Fleischer vom 8. September 1306.

Es kam auch vor, daß in Fällen von Geldverlegenheit Fleischerscharren verpfändet wurden, wie dies nach dem Bruchstück des Malchiner Stadtbuchs vom 2. Oktober 1331-1332 ein gewisser Nicolaus Krakow tat und dafür 16 1/2 Mk. erhielt, wobei er sich jedoch das Recht vorbehielt, seinen Scharren am folgenden Tage wieder einzulösen.

Wieviel die Standmiete der Schlachter betrug, ist mehrfach überliefert. In Parchim zahlten Sie für jedes "Fenster", wie schon bei Erwähnung des Schlachthauses der Neustadt gesagt wurde, 8 Schilling; für zwei Fenster in der Altstadt jedoch, die nach der Straße zu gelegen waren, nicht nach dem Marktplatz, nur 6 Schilling, vermutlich wegen der weniger günstigen Lage.

In Wismar, wo der Rat die Mietsgelder nach Belieben erhöhen und herabsetzen konnte, brachten die Schlachterbuden, deren Zahl aber nicht genannt ist, am Ende des 13. Jahrhunderts jährlich 32 Mk. ein , Während das Kämmereiregister der Stadt Rostock vom 7. April 1325 als regelmäßige Einkünfte der Stadt 36 Mk. erwähnt von 36 Fleischerbuden der Altstadt, zahlbar zu Ostern und zu Michaelis, dazu von 28 Scharren der Mittelstadt je 2 Mk., die in vierteljährlichen Raten an die Stadt zu zahlen waren, und von den Fleischerbuden der Neustadt jährlich zu Ostern und zu Michaelis zusammen 1 Mk.

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1) MUB. II S. 441 Nr. 1264. Dort werden VI Mk. Einkünfte aus dem domus kutere erwähnt; später scheint die Miete erhöht worden zu sein; denn eine spätere Hand hat für die VI eine VIII eingesetzt.
2) In Rostock nach einer Ratsverordnung vom Jahre 1278 zweimal jährlich, zu Weihnachten und Johannis, später zu Ostern und Michaelis. Für Wismar siehe die Kämmereiaufzeichnungen von 1290 und 1291 (Termine Ostern und Michaelis).
3)Der mittelniederdeutsche Plural lede (sing. lit) bedeutet bekanntlich Bretter, und zwar handelt es sich bei den Verkaufsbuden um Bretter, die heruntergeklappt werden konnten, um darauf die Waren auszulegen. In den Buden entstand dadurch eine fensterartige Öffnung, in lateinischen Urkunden geradezu als fenestra bezeichnet.