Gustav Adolf in Deutschland

Autor: Janssen, Johannes (1821-1891) Prof. katholischer Priester, Lehrer, Historiker und Publizist, Erscheinungsjahr: 1865

Exemplar in der Bibliothek ansehen/leihen
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mittelalter, Reformation, Gegenreformation, Gustav II. Adolf König von Schweden, Dreißigjähriger Krieg, Kulturgeschichte, Schweden, Ferdinand II.,
Gustav Adolf von Schweden gehörte bis vor einigen Jahrzehnten zu den gefeiertsten Helden der neuem Geschichte und Napoleon empfahl das Leben dieses gewaltigen Mannes vor allem deshalb zu einem besondern Studium, weil er es verstanden habe, sich sogar die Bewunderung jener zu erwerben, auf deren Nacken er seinen Fuß gesetzt. Diese Bewunderung wurde dem Schwedenkönig in Deutschland zu Teil. Während man ihn in seinem eigenen Lande nur als einen großen Feldherrn und Eroberer pries, „der Schwedens Macht und Ansehen zur höchsten Stufe erhoben und halb Europa vor dem schwedischen Namen erzittern machte,“ wurde er von den Deutschen, auf deren Nacken er seinen Fuß gesetzt, zu einem idealen Glaubenshelden umgestaltet, der, von Natur friedliebend und uneigennützig, nur für die bedrängten Glaubensbrüder zum Schwerte gegriffen und für die „deutsche Unabhängigkeit“ und für die „Gewissensfreiheit“ auf dem Schlachtfelde bei Lützen sein Leben gelassen habe. Man nannte ihn oft einen Märtyrer für die „heilige Sache der Menschheit“.

              ****************************************
Diese Beurteilung Gustav Adolfs hing innig zusammen mit dem schlimmen Wahn, dass der grauenhafte dreißigjährige Krieg, worin er eine so hervorragende Rolle spielte, ein Religionskrieg gewesen, in welchem es sich um die höchsten Fragen, um die edelsten Güter des Lebens gehandelt, ein Krieg, in welchem Katholiken und Protestanten sich für ihren Glauben mit blutigem Hasse verfolgt und insbesondere die Protestanten für die freie Ausübung ihres Glaubens einen Kampf auf Leben und Tod geführt hätten. Und den Kampf des Protestantismus sah man als einen Kampf für Gewissensfreiheit an, als einen Kampf gegen die Aufnötigung eines religiösen Bekenntnisses durch die Mittel äußerer Gewalt. Diese schlimmen Vorurteile, die auch noch in unserm Jahrhundert den Parteihass und die konfessionelle Erbitterung von Deutschen gegen Deutsche geschürt haben, sind Gottlob im Verschwinden. Sie machen bei alten unbefangenen Katholiken und Protestanten immer mehr der nüchternen geschichtlichen Anschauung Platz, dass in jenem Krieg nicht religiöse Fragen, sondern politische Machtverhältnisse entscheidend waren und das Blut der Deutschen nicht für den Glauben des Volkes floss, sondern für die weltlichen Zwecke regierender Häuser und demagogischer Umsturzmänner. Fremde Mächte protestantischer und katholischer Konfession fechten im dreißigjährigen Krieg, unterstützt von deutschen Fürsten, gegen Kaiser und Reich; fremde Eroberer durchzogen Deutschland mit ihren räuberischen Horden und die Deutschen mussten die fremden Eroberer für ihre Verwüstungen mit deutschem Gut und Blut, mit Städten und Provinzen belohnen. „Der dreißigjährige Krieg zwischen protestantischen und katholischen Staaten - sagt der protestantische Geschichtsschreiber Karl Adolf Menzel - der gewöhnlich für einen Religionskrieg gehalten wird, war kein Streit um Kirchentümer, sondern um Fürstentümer und Königreiche.“

Der Protestant Barthold ist bei der Darstellung dieses Krieges, worin es sich nur „angeblich“ um kirchliche Fragen handelte, „von einem fast qualvollen Gefühl für das Unglück Deutschlands durchdrungen,“ weil ,,unsere verblendeten Vorfahren ihrer eigenen Macht unterlagen, indem die fremden Kronen, mit unterbotener Geschicklichkeit der Kraft- und Hilfsmittel einer schnöd-eigennützigen Partei im Innern sich bemeisternd und den frommen Irrwahn für sich benutzend, unser starkes Volksganze in Fesseln schlugen“.

So lautet das Ergebnis der neueren vorurteilsfreien Geschichtsschreibung, welche die Dinge der deutschen Vergangenheit nicht mehr von einem einseitig konfessionellen oder von irgend einem willkürlich aufgebauten sogenannt vernunft-wissenschaftlichen oder weltbürgerlichen Standpunkt betrachtet wissen will, sondern vom deutsch-nationalen Standpunkt, der für unsere Geschichte der allein berechtigte ist. Sie ist eine Frucht des erstarkten deutschen Nationalgefühls.

Wie aber die irrigen Urteile über den dreißigjährigen Krieg ein irriges Urteil über Gustav Adolf veranlassten, so führen die richtigen Anschauungen über ersteren das Urteil über letzteren auf das rechte historische Maß zurück. Die unbefangene deutsche Geschichtsschreibung wird es den Schweden nicht verübeln, dass sie mit Stolz auf ihren „Heldenkönig“ blicken, und sie wird eben so wenig dessen wirklich große Eigenschaften verkleinern, die ihm auch seine katholischen Zeitgenossen nachrühmen. Sie wird ihn nicht bloß als einen der größten Feldherren der letzten Jahrhunderte und als einen der begabtesten Staatsmänner darstellen, sondern auch als einen seinem lutherischen Glaubensbekenntnis mit Wärme ergebenen König, als einen Mann von rastloser Tätigkeit, von einem seltenen persönlichen Mut und von einer Herablassung und Leutseligkeit, die, wo immer er sie zeigen wollte, bezaubernd wirkte. Aber ohne sich von diesen hohen Eigenschaften blenden zu lassen, wird dieselbe Geschichtsschreibung andrerseits vorurteilsfrei die Fragen beantworten, aus welchen Gründen Gustav Adolf nach Deutschland gekommen, was er in Deutschland gewollt und welche Früchte uns seine Einmischung in die inneren Angelegenheiten unseres Vaterlandes gebracht hat.

Wir wollen diese Fragen beantworten durch geschichtliche Tatsachen, die wir nicht aus trüben parteiischen Quellen, sondern aus dem eigenen Munde des Königs, aus unwiderleglichen Aktenstücken und aus Berichten von gleichzeitigen Schriftstellern kennen lernen, die dem Schweden gewogen oder wenigstens nicht feindlich gesinnt waren.

Janssen, Johannes (1821-1891) Prof. katholischer Priester, Lehrer, Historiker und Publizist

Janssen, Johannes (1821-1891) Prof. katholischer Priester, Lehrer, Historiker und Publizist

Gustav II. Adolf (1594-1632) schwedischer König. Verhinderte durch sein Eingreifen in den Dreißigjährigen Krieg den Sieg des katholischen Lagers.

Gustav II. Adolf (1594-1632) schwedischer König. Verhinderte durch sein Eingreifen in den Dreißigjährigen Krieg den Sieg des katholischen Lagers.

Maria Eleonora von Brandenburg, die Ehefrau Gustav II. Adolfs.

Maria Eleonora von Brandenburg, die Ehefrau Gustav II. Adolfs.

Graf Axel Oxenstierna (1583-1654) schwedischer Kanzler, studierte unteranderem an der Universität Rostock.

Graf Axel Oxenstierna (1583-1654) schwedischer Kanzler, studierte unteranderem an der Universität Rostock.

Ferdinand II. (1578-1637) Kaiser des heiligen Römischen Reiches

Ferdinand II. (1578-1637) Kaiser des heiligen Römischen Reiches

Ferdinand II. (1578-1637) Kaiser des heiligen Römischen Reiches. Ervertrat einen Kurs des Absolutismus und der Gegenreformation

Ferdinand II. (1578-1637) Kaiser des heiligen Römischen Reiches. Ervertrat einen Kurs des Absolutismus und der Gegenreformation

Von einer Kugel aus nächster Nähe in den Kopf getroffen fand Gustv II. Adolf am 16. 11. 1632 in der Schlacht bei Lützen seinen Tod.

Von einer Kugel aus nächster Nähe in den Kopf getroffen fand Gustv II. Adolf am 16. 11. 1632 in der Schlacht bei Lützen seinen Tod.

Die Riddarholmskyrkan in Stockholm, letzte Ruhestätte Gustav II. Adolfs.

Die Riddarholmskyrkan in Stockholm, letzte Ruhestätte Gustav II. Adolfs.