Wie verfuhr Gustav Adolf in Deutschland

Gustav Adolf hatte sich die Schwierigkeiten seines deutschen Eroberungskrieges nicht verhehlt, aber er fand doch größere als er erwartet hatte. Die Hoffnung, dass sein Erscheinen auf deutschem Gebiet protestantische Fürsten zum Anschluss bewegen würde, ward lange getäuscht. Wie er von Niemanden gerufen worden, so wurde er auch von Niemanden unterstützt. Nur die Gewalt der Waffen entschied. Er zwang zuerst den alten Herzog Bogislav von Pommern zu einem Vertrag, welcher der Schwedischen Krone den künftigen Besitz des Landes sicherte und schon jetzt den früheren freien deutschen Reichsfürsten zu einem schwedischen Vasallen machte, rückte dann in Mecklenburg ein, dessen Herzoge, obgleich durch den kaiserlichen Hof schwer beleidigt, ebenfalls seine Einmischung in deutsche Angelegenheiten zurückwiesen. Ebenso dachten die Stände des Herzogtums, die sich in keine Verbindungen gegen den Kaiser einlassen wollten. Auch hier entschied nur das Hindeuten auf die Mündung der Kanonen. Wofern sie nicht, erklärte Gustav Adolf den Bewohnern des Herzogtums, alle Angestellten des kaiserlichen Heeres „als Räuber und Mordbrenner, als Feinde Gottes und des Evangeliums“ verfolgen würden, so werde er sie als ,,Meineidige und Treulose, als Verächter Gottes und seiner Kirche“ schlimmer noch wie seine Feinde behandeln. Und der schwedische General Banner fügte später dieser königlichen Verordnung noch den Befehl hinzu, dass alle Bewohner Mecklenburgs ihr Vieh und Getreide in das Schwedische Lager führen sollten, widrigenfalls müsse er sie „als Meineidige, Treulose, Gottes und der Ehrbarkeit Verächter verfolgen, ihre Habe preisgeben, ihre Häuser den Flammen überliefern“. So lautete die Sprache der Schwedischen „Befreier“ in Deutschland, so lautete sie sogar in protestantischen Ländern.

Jedoch trotz aller Erfolge durch die Gewalt der Waffen, befand sich der König, wie aus seinen nach Stockholm gerichteten Briefen hervorgeht, in der äußersten Not und dachte gegen Ende des Jahres 1630 an eine Rückkehr nach Schweden. Aber nun trat Frankreich helfend ein. Richelieu - der katholische Kardinal - gewährte dem Schweden durch den Vertrag von Bärwalde (Januar 1631.) die Geldmittel zur Fortsetzung des Krieges gegen Deutschland. In einem vertraulichen Schreiben an seinen Schwager, den Pfalzgrafen Johann Kasimir, ändert Gustav Adolf seine Freude darüber „dass unser Herr Gott des Königs in Frankreich Gemüet beweget endtlich den Verbund zu schließen und etwas Mittelbar fourniret und ferner zu fourniren zugesaget“, und dass zugleich auch die Venetianer (die katholischen Venetianer) Geldsendungen versprochen, sonst sei bei seiner geringen Unterstützung aus Schweden zu befürchten, dass alles Begonnene umgestoßen werde, da wegen Mangel an Zahlung bereits ein großer Teil seines Kriegsvolks Reißaus genommen habe.


Den protestantischen Deutschen sagte Gustav Adolf in seinen Proklamationen, er führe den Krieg im Interesse ihres Glaubens, für das ,,allein seligmachende evangelische Wesen“, im Vertrag von Bärwalde aber, den er mit dem katholischen Frankreich abschloss, war nur Rede von einem politischen Krieg gegen das deutsche Kaiserhaus, und der Schwedenkönig wusste hiervon durch Richelieu auch den französische gesinnten Papst Urban VIII. zu überzeugen.

Durch französische und bald darauf durch holländische Hilfsgelder und durch englische Hilfstruppen gestärkt und überall vom Glücke begünstigt, drang Gustav Adolf immer weiter in Deutschland vor. Er eroberte und plünderte das protestantische Frankfurt an der Oder und wollte dann seinen Schwager von Brandenburg zum Bündnis bewegen. Aber der Kurfürst Georg Wilhelm, der die Wegnahme Pillaus nicht verschmerzen und Gustav Adolfs Worte: „Und sollte ich hundert Jahre lang Krieg führen, so würde ich Pommern nicht herausgeben,“ nicht vergessen konnte, weigerte sich beizutreten; er stellte dem Schweden vor, wie grausam die Soldateska im Kurstaat gehaust habe und bat mit Flehen um Neutralität. Aber Gustav Adolf, dem neutral und feindlich gleichbedeutende Begriffe waren, rückte im Juni 1631 vor Berlin, stellte seine neunzig Kanonen gegen das Schloss auf und drohte die Stadt auszuplündern. „Der König, sagt der schwedische Geschichtsschreiber Geijer mit schlichten Worten, stand mit seinem Heer vor Berlin und richtete seine Kanonen gegen die Stadt. So schloss Brandenburg den Bund mit Schweden.“ Georg Wilhelm fügte sich der Gewalt, wie sich früher Bogislav von Pommern gefügt hatte; nur aus Not, schrieb er an den Kaiser, wider seinen Willen habe er sich mit Schweden verbunden, und seinem Kollegen, dem Kurfürsten von Sachsen, beteuerte er gleichfalls, dass er im Angesicht des schwedischen Heeres zum Anschluss an Schweden gezwungen worden; er bat seinen Kollegen ihm mit Rat und Tat beizustehen, wenn ihm daraus Unheil erwachse. Der deutsche Kurfürst musste dem Schweden seine Festungen abtreten und wurde mit seinem Lande dem Schweden dienstbar, und dennoch war Gustav Adolf der Ansicht, dass er den Kurfürsten glimpflich behandelt habe. ,,Wäre Georg Wilhelm, sagte er später in Nürnberg, nicht sein Schwager gewesen, so hätte er ihn von Land und Leuten gejagt, dass er mit einem Stecken in der Hand hatte davon gehen müssen.“

Hatte der Schwede bisher nur auf dem Wege der Gewalt festen Fuß in Deutschland gefasst, so erfolgte nunmehr der erste freiwillige Beitritt eines deutschen Kleinfürsten, des Landgrafen Wilhelm von Hessen-Kassel, in dessen Familie die Verbindung mit den Reichsfeinden seit mehr als einem Jahrhundert zu den erblichen Überlieferungen gehörte. Im August 16^1 schloss der Landgraf gegen den Willen seiner Landstände einen Bund mit dem fremden Eroberer ab, in welchem er sich diesem für die ganze Rührung des Krieges unterordnete und dafür die Zusicherung neuen Ländererwerbs erhielt auf Kosten von Hessen-Darmstadt und der geistlichen Reichsfürsten, deren Besitzungen der Schwede wie herrenloses Eigentum ansah. Alle diejenigen deutschen Fürsten, hieß es in dem Vertrag, welche nach dem Beispiele des Landgrafen sich den Schweden anschließen,. d. h. welche gegen Eid und Pflicht den Kaiser als Feind bekämpfen würden, sollten gleicher Vorteile wie Hessen - Kassel teilhaftig werden, d. h. sich auf Kosten ihrer katholischen Mitstände vergrößern. So versprach Gustav Adolf z. B. dem Herzog Bernhard von Weimar, der dem Vorgang von Hessen-Kassel folgte, die Bistümer Bamberg und Würzburg, die er, sobald sie erobert worden, unter dem Titel eines Herzogs von Franken besitzen sollte. Der Schwedische Eroberer verfuhr grade so, wie in unserm Jahrhundert Napoleon. Beide Eroberer bewaffneten durch die Leckspeise neuen Gebietserwerbs die einzelnen deutschen Reichsstände gegen einander und wiesen ihre Verbündeten und Vasallen vor allem auf den Raub geistlicher Territorien hin.

Diese geistlichen Territorien standen dem Schweden offen, seitdem er nach der durch die Invasion Tillys herbeigeführten Verbindung mit Sachsen am 17. September 1631 bei Breitenfeld einen glänzenden Sieg über Tilly erfochten. Der Krieg wurde nunmehr mitten in die katholischen Länder verlegt, nahm jetzt erst recht den Charakter eines Eroberungskrieges an und bewahrheitete die Worte, die Gustav Adolf im Senate zu Upsala gesprochen: „Wenn ich Sieger bin, so sind die Deutschen meine Beute.“ Seit dem Siege bei Breitenfeld arbeitete der König planmäßig an der Durchführung seines früher erwähnten Programms. „Das höchste und letzte Ziel aller Handlungen ist ein neu-evangelisch Haupt, das vorletzte eine neue Verfassung unter den evangelischen Ständen und solchem Haupt; das Mittel dazu ist die allgemeine Leitung des Krieges.“ Er rang nach der Kaiserkrone. Die deutschen Erbfürsten sollten seine ganz abhängigen Lehnsträger, die Wahlfürstentümer und die Reichsstädte seine Beute werden.

Nachdem er zuerst in Halle, in Halberstadt usw. die Einwohner zu dem Eide gezwungen, dass sie ihn „als rechtmäßigen, uneingeschränkten Herrn anerkennen, ihm und seinen Nachfolgern, überhaupt der Krone Schweden Treue und Gehorsam halten wollten, wie Untertanen gebühre,“ ergoss sich das ganze schwedische Heer über das unglückliche Frankenland. Hier ward zuerst Würzburg die Beute des Eroberers und der Schauplatz schwedischer Gräuel. In der Feste Marienberg wurden Geistliche, Mönche, Soldatenweiber niedergemetzelt, der Kapuziner Guardian, von Geburt ein Freiherr von Gumpenberg, wurde mit einer Streitaxt erschlagen. Die Zahl der Ermordeten belief sich auf Siebenhundert. Unten in der Stadt hörte man das entsetzliche Jammergeschrei und der König selbst schauderte, als er über die in ihrem Blut noch röchelnden Leichname weg ritt, und soll beim Anblick der ermordeten Priester gesagt haben, man hätte ihrer schonen sollen. Und diese „Taten in Würzburg“ dienten den Süddeutschen zum warnenden Beispiel, was ihnen bevorstehe, wenn sie sich nicht dem Schweden anschließen würden. „Wenn Ihr euch gemäß meiner Anmahnung - ließ Gustav Adolf nach der Eroberung Würzburgs den protestantischen Patriziern Nürnbergs sagen - nicht nach meinem Willen entschließt, sondern in kaiserlicher Treue oder wenigstens neutral beharren wollt so werde ich die Stadt und ihre Untertanen mit Schwert, Mord und Brand wie die ärgsten Feinde verfolgen, und die Bürger und Einwohner, wo ich sie finde, niederwerfen, ihre Güter preis machen!“

In Würzburg eignete sich der König nicht bloß das Geschütz und die Waffen, die Wagen und Pferde des Fürstbischofs zu, sondern er nahm auch aus der fürstlichen Schatzkammer, was an Gold und Silbergerät, an Edelsteinen und Perlen ihm behagte. Das Übrige überließ er seinen Offizieren und Soldaten zur Plünderung. Der erbeutete Schatz war von unermesslichem Werte, denn man hatte zur Sicherung gegen den Feind alle Kostbarkeiten und Gelder aus dem ganzen Lande in die Feste gebracht. Während man vor der Domkirche die schwedischen Soldaten den ganzen Tag über an vier offenen Spieltischen fand, wo sie ganze Säcke mit Dukaten und Thalern stehen hatten, wurde den Bürgern und Bauern alles genommen und in wenigen Wochen brach in dem so reichen und gesegneten Lande eine Hungersnot aus.

Unersetzlicher noch, als der Verlust von Geld und Gut, war der Verlust an Schätzen der Kunst und Wissenschaft. Die an kostbaren Handschriften und seltenen Büchern ungewöhnlich reiche fürstliche Bibliothek, eine der berühmtesten wissenschaftlichen Sammlungen Deutschlands, und die Bibliotheken der Universität und des Jesuitenkollegiums wurden eingepackt, nach Schweden geschickt und so für immer unserm Vaterlande entfremdet. Und was wanderte überhaupt nicht nach Schweden! Aus den Kirchen und Klöstern schleppte man weg, was die Frömmigkeit von acht Jahrhunderten gesammelt hatte und zur Ehre Gottes verwendete. Ogier, der Begleiter des fränkischen Gesandten d’Avaux, sah im Jahr 1635 in Stockholm die vielen aus Deutschland geraubten Kreuze von gediegenem Gold, Kelche und Monstranzen von unnachahmlicher Arbeit, mit Edelsteinen reich verziert, Bischofsstäbe u. s. w., er sah auch silberne und vergoldete Pokale von vier bis fünf Fuß Höhe, silberne Erdkugeln, prachtvolle Gemälde der berühmtesten deutschen Meister, römische Münzen, unschätzbare Handschriften u. s. w., die Deutschland demselben Schwedischen König zur Beute lassen musste, der sich in deutschen Städten und Ländern als Herr und Gebieter huldigen ließ, aber mit unnachahmlicher Redekühnheit den Deutschen versicherte, dass er der uneigennützigste aller Sterblichen sei und aus Deutschland nicht soviel bekommen habe, um sich ein „paar Hosen machen zu lassen“ oder sich einen „Schweinestall“ zu bauen!

Gustav Adolf zwang die Bürgerschaft Würzburgs zum Eid der Treue, ließ sich dann als ,,Herzog des Frankenlandes“ huldigen und setzte eine Schwedische Landesregierung ein, aber er sicherte den Einwohnern seines neuen, rein katholischen Herzogtums feierlichst eine freie, ungestörte Religionsübung zu; er wolle sie, versprach er, bei derselben hüten und schützen.

Wie wurde dieses Versprechen gehalten? und wie verhielt es sich überhaupt mit der dem Schwedenkönig so oft nachgerühmten Toleranz? Ist es wahr, was der Geschichtsschreiber Droysen behauptet, dass „in den Plänen Gustav Adolfs das Bild eines auf Religionsfreiheit gegründeten Deutschlands hervortrete“? Tatsachen sollen uns auf diese Fragen Antwort geben.

Gustav Adolf war im strengsten Luthertum erzogen worden, das sich gegen alle Andersgläubigen, Katholiken oder Anhänger irgend eines nicht lutherischen Bekenntnisses, nirgends unduldsamer als in Schweden erwies. Ein Jesuit, der nach Schweden gekommen, starb auf Befehl Gustav Adolfs durch Henkershand, einen schwedischen Soldaten, welcher den katholischen Glauben angenommen, ließ der König erschießen, und Johann Baaz, der lutherische Kirchengeschichtsschreiber Schwedens, erzählt uns, dass drei angesehene Schwedische Bürger, nämlich ein königlicher Sekretär, ein Mitglied des gesetzgebenden Rates und ein Rector einer Gelehrtenschule, welche ebenfalls zur katholischen Kirche zurückgekehrt waren, im Jahr 1624 als Abtrünnige und Verräter enthauptet wurden, weil sie ihren katholischen Glauben nicht abschwören wollten! Johann Baaz rühmt den König wegen dieses energischen Tuns, weil er dadurch ein sehr heilsames Exempel aufstelle. Das katholische Bekenntnis galt dem König in Schweden als Hochverrat und der König sagte in Schweden, vor seinem deutschen Krieg, dass er gesonnen sei in Deutschland „das papistische Joch“ zu brechen. Wir glauben keineswegs, dass er dabei an blutige Hetzjagden gedacht habe, wie Sie die französische Grausamkeit z. B. in der Bartholomäusnacht gegen die Hugenotten anstellte, oder an Dragonaden im Sinne Ludwigs XIV., aber eine allmähliche Lutheranisierung Deutschlands, und zwar nicht durch bloße geistige Mittel, lag im Willen des Königs. Er äußerte gewiss keine tolerante Gesinnung gegen die Katholiken durch seinen Ausspruch, dass er „keine Ursache habe den Türken als Feind zu betrachten, sintemal die Türken nicht schlechter seien, als die Papisten mit ihrer Abgötterei“, und eben so wenig eine tolerante Gesinnung gegen die Reformierten, als er nach der Plünderung des reformierten Frankfurts an der Oder dem reformierten Superintendenten Pelargus, auf dessen Klage über die Plünderung, zur Antwort gab: sie sei eine gerechte Strafe Gottes für die von den Reformierten daselbst verbreiteten falschen Lehren. Und noch öfters äußerte Gustav Adolf eine ähnliche Intoleranz. Als ihn der reformierte Landgraf von Hessen-Kassel bat, in Frankfurt am Main den Reformierten „gegen Erlegung einer Geldsumme“ eine Kirche zu gewähren, sagte er, dass er „lieber aller seiner Soldaten Piken und Degenspitzen in seinem Herren zu haben begehre“, als ein Wachstum des Kalvinismus fördern wolle!

Und den intoleranten Worten entsprach die Tat. Nachdem er das Erzstift Magdeburg in Besitz genommen, mussten nicht allein alle Katholiken, sondern auch alle Reformierten das Land räumen und der Hofprediger Bothvidius wurde nach Halle geschickt, um in den nunmehr schwedischen Ländern Magdeburg und Halberstadt, ausschließlich nach dem Muster des Schwedischen Luthertums kirchliche Einrichtungen zu treffen. Ein Gleiches war im Würzburgischen Gebiet der Fall. Gegen Ende des Jahres 1631 gab der schwedische Hofprediger Fabricius die Versicherung: „in einem halben Jahr werde das Stift Würzburg zur evangelischen Religion gebracht werden“ und im Frühjahr 1632 wurde dort mit der „Anstellung einer evangelischen Reformation im Herzogtum Franken“ und mit der „Einrichtung des Predigtamtes nach der ungeänderten Augsburger Konfession“ begonnen. Die erledigten katholischen Seelsorgerstellen blieben anfangs unbesetzt, und wurden später durch die Vorsorge des lutherischen Generalsuperintendenten Schleupner Predigern der „alleinseligmachenden Augsburger Konfession“ übertragen. Viel gewaltsamer als der König selbst verfuhren die protestantischen Großen, denen er einzelne Länderstrecken z. B. die Grafschaft Schwarzenberg und die Herrschaft Grünsfeld schenkte. Diese vertrieben aus allen Dörfern die katholischen Geistlichen und setzten lutherische Prediger ein. Am gewaltsamsten aber verfuhren die vornehmen Offiziere der schwedischen Armee, welche die ihnen geschenkten Kloster ohne Ausnahme ausplünderten, und die gemeinen Soldaten, welche „die Pfarrhofe von ihrem Besitztum säuberten“ und gegen wehrlose Priester ihre Mordwut stillten. Man kennt die grausamen Qualen, durch welche die entmenschten Söldner den Pfarrer Wagner von Altenmünster zur Abschwörung seines katholischen Glaubens nötigen wollten. Wagner starb als Märtyrer für seinen Glauben; nachdem er bis zum Tode gepeinigt worden, erschossen ihn die Söldner und warfen seine Leiche in den Main. So wurden die Einwohner des Stiftes Würzburg in der „freien Ausübung ihrer Religion“ geschützt.

Und wurde etwa in andern katholischen Gebieten anders verfahren? Hatten die Katholiken nicht allen Grund wegen der Zukunft in Sorgen zu sein, wenn sahen, dass Gustav Adolf in rein katholischen Städten z. B. in Mainz protestantische Konsistorien ansetzte und die vornehmsten Kanzeln Predigern seines Glaubens übergab? Kaum nach Mainz gekommen, richtete der König die Schlosskirche zum lutherischen Gottesdienst ein und sang mit seinen Soldaten das Lied: „Erhalt’ uns Herr bei deinem Wort und steur des Papsts und Türken Mord.“ Auch im Erzstifte Mainz verschenkte er Abteien, Klöster und Stifter an protestantische Herren, die dann nach dem landesherrlichen Reformationsrecht in allen erworbenen Gebieten den protestantischen Glauben einführten. Schwedische Ingenieure entwarfen den Plan, wie man den prachtvollen Mainzer Dom in die Luft sprengen und an seiner Stelle mitten in der Stadt eine Sterschanze errichten sollte, und der König hatte bereits das Niederreißen aller dortigen Kirchen, Klöster und Kapellen dekretiert, als die Verwendung des französischen Gesandten de Brize noch zur rechten Stunde das vandalische Vorgehen verhinderte.

Alle diese Tatsachen zeugen nicht für die tolerante Gesinnung des Schwedenkönigs, aber diese Tatsachen hat man vergessen und dafür zum Beweise seiner Toleranz andere im Gedächtnis behalten, z. B. dass er in München dem katholischen Gottesdienste beiwohnte und die dortigen Jesuiten leutselig behandelte, und dass er so verfuhr trotz der Stimme fanatischer Glaubenseiferer: „er sei entweder durch das Unvermögen sein großes Glücke zu ertragen, oder durch die Dazwischenkunft Frankreichs, als eines bösen Gestirns, dahin verleitet worden, dass er, anstatt die Abgötterei und Jesuiten auszurotten, sie schone und erhalte.“ Eine gewaltsame Ausrottung aller nicht lutherischen Konfessionen war, wir wiederholen es, keineswegs die Absicht des Königs und es wäre eine müßige Arbeit, zu untersuchen, welche Maßregeln er gegen diese Konfessionen ergriffen haben würde, wenn ihn nicht der Tod so plötzlich aus seiner Laufbahn gerissen hätte, aber soviel steht wohl nach den angeführten Tatsachen fest, dass nicht „ein auf Religionsfreiheit gegründetes Deutschland“ in seinen Plänen gelegen. Überhaupt existierte im siebzehnten Jahrhundert nirgends in Europa Toleranz außer in einigen deutschen Städten, wo Katholiken und Lutheraner friedlich neben einander wohnten und sich sogar gegenseitig schirmten. Als Gustav Adolf z. B. in Erfurt die katholische Geistlichkeit schwer bedrückte, da legte der protestantische Magistrat der Stadt wiederholt Fürbitte ein für die katholische Geistlichkeit, freilich ohne Erfolg. Vor allem hüte man sich das Prinzip der Duldung als eine Errungenschaft des dreißigjährigen Krieges ansehen, denn der Krieg selbst hat nur den Glaubenshass wachgerufen und der Westfälische Friede hat den unseligen Grundsatz besiegelt: „Wem das Land gehört, dem gehört die Religion.“
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gustav Adolf in Deutschland