Wer in Deutschland Gustav Adolf feiern will, muss auch Napoleon feiern
Wer in Deutschland Gustav Adolf feiern will, muss auch Napoleon feiern, und die Feier Napoleons wäre eine geringere Sünde gegen das deutsche Nationalgefühl und die Ehre der Nation, als die des schwedischen Eroberers. Denn Napoleon hat, allerdings ohne es zu beabsichtigen, große Verdienste um die Entwicklung unserer nationalen Kräfte gehabt, während der Schwede, nach den treffenden Worten des protestantischen Geschichtsschreibers Leo „durch seinen Einbruch das Reich vollends aus den Fugen riss, dessen weitere Schwächung veranlasste und der deutschen Nation, die bis dahin die vornehmste der Christenheit gewesen, Ehre und Ansehen in Europa herabbrachte.“ Mit dem Namen Napoleons verbindet sich wenigstens keine Erinnerung an innere religiöse Kämpfe, vielmehr die Erinnerung an eine Zeit, wo die Deutschen unter dem Druck des fremden Eroberers sich vor Gott beugen, wo sie beten lernten, ihr religiöses Leben kräftigten und dann ohne Unterschied der Konfessionen treu zusammen standen und den fremden Eroberer bannten: mit dem Namen Gustav Adolf ist dagegen unzertrennbar die Erinnerung an den innern religiösen Hader von Deutschen gegen Deutsche verknüpft, den der Schwede wachrief, den er als Mittel für seine Eroberungszwecke benutzte und der uns in Folge des dreißigjährigen Krieges nicht bloß Gut und Blut gekostet, sondern der auch eine Schwächung des religiösen Sinnes, eine kalte glaubenslose Gleichgültigkeit in den höchsten Fragen des Lebens, oder eine Starre Verknöcherung oder eine pietistische Süßlichkeit und Hypochondrie erzeugt hat, an deren Wirkungen wir noch heute leiden. Und dennoch werden, sagt Leo, ,,Jahraus Jahrein dem Gustav Adolf und seinen Schweden in Deutschland Weihrauchfeuer angezündet und das urteilslose Hingeben an die Erinnerungen des traditionellen Enthusiasmus auf den Schulbänken lässt dem Schweden noch neuerdings Denkmale in Deutschland von deutschem Gelde errichten. Da möchte man wirklich mit Luther ausrufen: Ja, es ist nicht Anders, wir Deutsche müssen aller Fremden Esel sein und bleiben.“ Stehen etwa in der Gegenwart die Zeichen am kirchlich-politischen Horizonte Deutschlands so günstig, dass man durch die Feier des Schwedenkönigs ungestraft Erinnerungen an den dreißigjährigen Krieg wecken und nähren darf?
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gustav Adolf in Deutschland
Das Grabmal Gustav II. Adolfs in der Riddarholmskyrkan in Stockholm.
Bildnis Napoleons von Pagnest 1813.
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