Das schwedische Heer wurde in Deutschland immer mehr ein bloßes Söldnerheer
Das schwedische Heer wurde in Deutschland immer mehr ein bloßes Söldnerheer von Kriegslustigen, Abenteurern und Freibeutern aus allen Nationen und Religionen Europas. Mit französischem und holländischem Geld warb Gustav Adolf seine Söldner, und diese lebten auf Kosten der deutschen Länder, die sie durchzogen. Wenn wir nur die Mannschaften haben, schrieb der König einmal an Oxenstierna, so werden „Haupt und Vorsteher jeder Armee hinlänglich Rat finden können , an den Orten , wohin sie beordert würden, selbst Mittel und Auswege sich zum Unterhalt zu suchen“. Also der Krieg musste den Krieg ernähren, und der König selbst und seine Freunde schildern uns die Folgen dieses schrecklichen Verfahrens für Deutschland. „Es kamen dem König, meldet der offizielle schwedische Geschichtsschreiber Chemnitz, je länger je mehr Klagen vor, dass die Insolenz bei seinen Soldaten, namentlich bei den Reitern, so groß geworden, dass sie das Land mit Rauben, Plündern und allerhand Gewalttaten ganz erfüllten, dass sie die Salvegarden ohne Scheu verletzten, Kirchen und Schulen öffentlich beraubten und nichts unterließen, was am Feinde als böse war getadelt worden.“ So im Februar 1631, kurz nach der von Richelieu dem Schweden gewährten Geldunterstützung. Fünf Monate Später, im Juli 1631 schreibt Gustav Adolf an Oxenstierna: „Wir haben euch oft genug unsern Zustand zu erkennen gegeben, dass wir mit größter Armut, Beschwerde und desordre uns und der Armee diese Zeit durchgeholfen haben, indem wir von allen unsern Dienern verlassen sind und einzig ex rapto (vom Raube), zu Schaden und Verderben aller unsrer Nachbarn den Krieg führen mussten, was bis auf diese Stunde kontinuiert, so dass wir Nichts haben, die Leute damit zu kontentieren, außer was sie selbst mit unleidlichem Plündern und Rauben usurpieren.“ Und bald darauf klagt er, die Reiter „leben bloß von unordentlichem und ungebührlichem Plündern. Einer hat dadurch den Andern ruiniert, so dass Nichts mehr zu fangen ist, weder für sie noch den Soldaten in den Städten oder auf dem Lande“. Und wurde es etwa im folgenden Jahr besser? „Meine Landsleute - schreibt der protestantische Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig im Jahr 1632 über das schwedische Heer an Gustav Adolf - entfliehen in die Städte oder in Einöden und bauen dort das Elend. Sie werden von der undisziplinierten Soldateska gleich wilden Tieren gejagt, gemartert und erschossen. Die Weibsbilder werden barbarisch geschändet, die Kirchen beraubt, überall solche Untaten verübt, dass sich die Sonne davor entsetzen und verdunkeln mochte. Die Soldaten reiten und gehen durch die Getreidefelder, um nachzusehen, ob sich etwa dort verjagte Menschen verborgen, und dann hilft kein Weinen, kein Flehen, kein Klagen. Zwischen Neustadt am Rübenberg, Hameln, Hannover, Braunschweig sind die Dörfer menschenleer.“
So betrugen sich die Schwedischen Soldaten in protestantischen Ländern nach dem Zeugnis von Protestanten und dem Zeugnis des Heerführers selbst. Es waren dieselben Soldaten, welche täglich zum Morgen- und Abendgebet einen Kreis um ihren Feldprediger schließen mussten, dieselben Soldaten, denen man in neuern deutschen Geschichtsbüchern nachgerühmt hat: „Der schwedische Soldat bezahlte Alles, was er brauchte und von fremdem Eigentum wurde auf seinem Durchmarsch nichts berührt“!
Gustav Adolf wollte keineswegs die grausigen Ausschreitungen seines Heeres, die sein „Befreiungswerk“ auf deutschem Boden in ein eigentümliches Licht stellten: er hat im Gegenteil oft genug Bürger und Bauern ermahnt gegen die Plünderer einzuschreiten und sich zu wehren, er hat wohl gar mit eigener Hand der Plünderung Einhalt zu tun gesucht und hat zahlreiche „gute Ordnungen für die Mannszucht“ erlassen: aber die Dinge waren stärker als er, die grausigen Ausschreitungen waren die Folgen des grausigen Grundsatzes, dass der Krieg den Krieg ernähre. Das Heer des Königs bestand zuletzt nur noch aus fürstlichen, adeligen und gemeinen Freibeutern, denen er, auf dem Gipfel seiner Macht, ebenfalls in einem protestantischen Lande, im Lager zu Nürnberg im Juni 1632 die oben mitgeteilte zornglühende Ansprache hielt.
Gustav Adolf hatte bei der Nachwelt ein seltenes Gluck. Wie man über seine hochklingenden Worte vom „evangelischen Wesen“, das er schützen, vom „evangelischen Messias“, als welchen er sich betrachten müsse, seine politischen Eroberungszwecke vergaß, wie man ihn nicht nach seinem Tun, sondern nach seinen schön stilisierten Proklamationen beurteilte, so beurteilte man auch die „gute Mannszucht seines Heeres“ nicht nach dem wirklichen Tatbestand, sondern nach den Reden, die er dafür hielt und nach den ,,guten Ordnungen“, die er dafür ausgehen ließ. Aber dieses Urteil über die „gute Mannszucht“ drang nicht ins eigentliche Volk. Bürger und Bauern behielten in protestantischen wie in katholischen Ländern die geschichtliche „Mannszucht“ d. h. die schwedischen Plünderungen und Mordbrennereien, die nach dem Tode des Königs sich fortwährend verschlimmerten, im Gedächtnis, feierten im lutherischen Sachsen nach Anderthalbjahrhundert noch den Abzug der Schweden durch besondere Dankfeste und erinnerten sich in Sachsen noch im Jahr 1813 bei dem Durchzug der schwedischen Truppen der grauenvollen Leiden ihrer Voreltern und äußerten so lebhafte Furcht, dass ihnen die Schweden zu ihrer Begütigung zuriefen: „fürchtet euch nicht. Wir sind nicht die Schweden des Dreißigjährigen Krieges.“ Noch heute sagt das Volk Sprichwörtlich: „Hol’ dich der Schwed’“, ,,Kreuz’ Dänemark und Schwedennot“, noch heute ist der Angstruf nicht vergessen: „Betet Kinder, die Schweden kommen.“ Vor allem blieb der sogenannte ,,Schwedentrank“ in grauenhaftem Andenken. Die schwedischen Soldaten gossen nämlich den unglücklichen deutschen, die sie zur Herausgabe der letzten Habe zwingen wollten, Mistjauche oder durch Urin verdünnte Exkremente ein, legten dann Bretter über die von diesen Flüssigkeiten strotzenden Leiber und tanzten so lange auf ihnen herum, bis die Unglücklichen unter den Tritten der grausamen Peiniger ihren Geist aufgaben. Und der „Schwedentrank“ war schon unter Gustav Adolf gebräuchlich, denn wir finden, dass man ihn im Jahr 1632 in Mainz sichtete.
Ein Zeitgenosse, der bekannte lutherische Dichter Logau, sagt in einem Sinngedicht:
An die Schweden.
,,Alles Unschlitt von dem Vieh, das ihr raubtet durch das Land,
Asche von gesamtem Ort, den ihr setztet in den Brand,
Gäbe Seife nicht genug, auch die Oder reichte nicht
Abzuwaschen innern Fleck, drüber das Gewissen richt;
Fühlt es selbsten was es ist, ich verschweig’ es jetzt mit Fleiß,
Weil Gott, was ihr ihm und uns mitgespielet, selbsten weiß.“
Und in einem andern Sinngedicht sagt derselbe Patriot:
Sued, ein umgekehrter Gott: Deus*).
„Das die Schweden heißen Götter,
Bleibt wohl wahr: sie machten Wetter,
Und mit ihren Donnerkeilen
Konnten Deutschland sie zerteilen;
Götter sind sie, nicht zum Schützen,
Aber kräftig zum Beschnitzen:
Götter sind sie, die die Christen
Wenig bauten, sehr verwüsten:
Götter sind sie, ihr Berauben
Soll man noch für Wohltat glauben:
Götter sind sie, ihre Plagen
Sollen sein ein Liebeschlagen:
Götter sind sie, wahrem Gotte,
Als zu Ehren, mehr zu Spotte.“
*) Es gab nämlich Deutsche, welche sich viel darauf zu gut taten, in dem Wort Sued, rückwärts gelesen, das Wort Deus gefunden zu haben. Heinsius stellte in einer eigenen Schrift den Schwedenkönig Gott an die Seite. In unserm Jahrhundert geschah von deutschen Lobhudlern ein Gleiches mit Napoleon. Schrieb doch der berühmte Geschichtsschreiber Johannes von Müller, der sich von dem korsischen Eroberer, gegen den er anfangs in die ,,Posaune des heiligen Krieges“ gestoßen, anstellen ließ, aus Frankreich: „Wie Ganymed nach dem Sitze der Götter, bin bin ich vom Adler nach Fontainebleau entführt worden, um einem Gotte zu dienen.“ Wie Gustav Adolf an einigen deutschen Orten als „Heiland der Heiden“ von den Türmen herab angeblasen wurde, so sahen manche bei uns in Napoleon eine „Emanation des Weltgeistes, eine neue Menschwerdung Gottes zum Behufe der Welterlösung“, und in den Europäischen Annalen von Posselt wurde einmal alles Ernstes der Vorschlag gemacht, „eine der höchsten Bergwände der Alpen zu schleifen und in goldenen Riesenbuchstaben Napoleons Namen darauf zu setzen, damit er in die weiteste Ferne Deutschlands strahle.“ Die Worte, welche Görres Napoleon in den Mund legte, ganz im Geiste des Korsen, hätte auch Gustav Adolf sprechen können: „Zwiespalt durfte ich nicht stiften unter den Deutschen, denn die Einigkeit war aus ihrer Mitte längst gewichen. Nur meine Netze durfte ich stellen und sie liefen mir wie scheue Wild von selbst hinein. Ihre Ehre habe ich ihnen weggenommen und der meinen sind sie darauf treuherzig nachgelaufen. Untereinander haben sie sich erwürgt und glaubten redlich ihre Pflicht zu tun. Leichtgläubiger ist kein Volk gewesen und törichttoller kein anderes auf Erden. Als ich sie mit Peitschen schlug und ihr Land, zum Tummelplatz des Krieges gemacht, haben ihre Dichter als den Friedensstifter mich besungen.“ Freilich nicht die Deutschen und ihre Dichter des 17ten Jahrhunderts, sondern die Geschichtsdichter der spätern Zeit.
Sogar von deutschen wurde der Eroberungszug des Schwedenkönigs, der Deutschland zerteilte und beraubte, für eine Wohltat gehalten, aber Gustav Adolf selbst sprach sich darüber einmal mit denkwürdigen Worten, die wir unverkürzt mitteilen wollen, ganz anders aus. Als nämlich Unland nach der Schlacht bei Breitenfeld in seiner Gegenwart von ihm rühmte, er sei zum Heil der Menschheit geboren und sein Heldenmut sei ein Geschenk des Himmels, erwiderte er: „Sagt vielmehr, dass es ein Merkmal seines Zornes sei. Ist der Krieg, den ich führe, ein Hilfsmittel, so ist er doch viel unerträglicher als euer Übel. Es ist ein Beweis der Liebe Gottes gegen sein Volk, wenn er dessen Königen gewöhnliche Seelen gibt. Derjenige, welcher keinen zu hohen Geist hat, macht nicht leicht übertriebene Anschläge. Die Ehr- und Ruhmbegierde lassen ihn in Ruhe. Wenn er seinen Geschäften obliegt, sind seine Länder desto glücklicher, und überlässt er einem seiner Untertanen einen Teil seiner Sorgen, so entspringt daraus kein größerer Nachteil, als dass dieser auf Unkosten des Volts sein Glück macht, selbst Geld sammelt, seine Freunde emporhebt, von seines Gleichen gehasst und beneidet wird. Alles dieses ist kein Unheil und kann mit dem nicht in Vergleich gesetzt werden, welches die Ehrsucht eines großen Königs anrichtet. Diese ausschweifende Leidenschaft raubt ihm alle Ruhe und zwingt ihn, sie auch seinen Untertanen zu rauben. Er hält alle diejenigen für seine Feinde, die sich ihm nicht unterwerfen wollen. Er ist ein Strom, der die Gegenden verwüstet, durch die er fließt, und da sich seine Waffen ebenso weit als seine Hoffnungen ausbreiten, so erfüllt er die Welt mit Schrecken, Elend und Verwirrung.“ Man weiß, dass auch Napoleon vor einigen Vertrauten einmal sich und sein Tun in ähnlicher Weise charakterisiert hat. Wie in Napoleon, so lebte in Gustav Adolf der unersättliche Drang des Eroberers, der sich durch keinen Widerstand hemmen, durch keine Erfolge befriedigen lässt, der aus jedem Kriege Samen zu neuem Kriege streut, im Gewühl der Schlachten an sich und Andern das Leben gering achten lernt, auch die friedfertigen ins blutige Spiel der Waffen hetzt, erbarmungslos über die Häupter der Völker hinwegschreitet und nur Ruhe findet im Grabe. „Für mich gibt es keine Ruhe mehr, sagte Gustav Adolf vor seinem Krieg in Deutschland den schwedischen Reichsräten, es sei denn die ewige Ruhe.“
So betrugen sich die Schwedischen Soldaten in protestantischen Ländern nach dem Zeugnis von Protestanten und dem Zeugnis des Heerführers selbst. Es waren dieselben Soldaten, welche täglich zum Morgen- und Abendgebet einen Kreis um ihren Feldprediger schließen mussten, dieselben Soldaten, denen man in neuern deutschen Geschichtsbüchern nachgerühmt hat: „Der schwedische Soldat bezahlte Alles, was er brauchte und von fremdem Eigentum wurde auf seinem Durchmarsch nichts berührt“!
Gustav Adolf wollte keineswegs die grausigen Ausschreitungen seines Heeres, die sein „Befreiungswerk“ auf deutschem Boden in ein eigentümliches Licht stellten: er hat im Gegenteil oft genug Bürger und Bauern ermahnt gegen die Plünderer einzuschreiten und sich zu wehren, er hat wohl gar mit eigener Hand der Plünderung Einhalt zu tun gesucht und hat zahlreiche „gute Ordnungen für die Mannszucht“ erlassen: aber die Dinge waren stärker als er, die grausigen Ausschreitungen waren die Folgen des grausigen Grundsatzes, dass der Krieg den Krieg ernähre. Das Heer des Königs bestand zuletzt nur noch aus fürstlichen, adeligen und gemeinen Freibeutern, denen er, auf dem Gipfel seiner Macht, ebenfalls in einem protestantischen Lande, im Lager zu Nürnberg im Juni 1632 die oben mitgeteilte zornglühende Ansprache hielt.
Gustav Adolf hatte bei der Nachwelt ein seltenes Gluck. Wie man über seine hochklingenden Worte vom „evangelischen Wesen“, das er schützen, vom „evangelischen Messias“, als welchen er sich betrachten müsse, seine politischen Eroberungszwecke vergaß, wie man ihn nicht nach seinem Tun, sondern nach seinen schön stilisierten Proklamationen beurteilte, so beurteilte man auch die „gute Mannszucht seines Heeres“ nicht nach dem wirklichen Tatbestand, sondern nach den Reden, die er dafür hielt und nach den ,,guten Ordnungen“, die er dafür ausgehen ließ. Aber dieses Urteil über die „gute Mannszucht“ drang nicht ins eigentliche Volk. Bürger und Bauern behielten in protestantischen wie in katholischen Ländern die geschichtliche „Mannszucht“ d. h. die schwedischen Plünderungen und Mordbrennereien, die nach dem Tode des Königs sich fortwährend verschlimmerten, im Gedächtnis, feierten im lutherischen Sachsen nach Anderthalbjahrhundert noch den Abzug der Schweden durch besondere Dankfeste und erinnerten sich in Sachsen noch im Jahr 1813 bei dem Durchzug der schwedischen Truppen der grauenvollen Leiden ihrer Voreltern und äußerten so lebhafte Furcht, dass ihnen die Schweden zu ihrer Begütigung zuriefen: „fürchtet euch nicht. Wir sind nicht die Schweden des Dreißigjährigen Krieges.“ Noch heute sagt das Volk Sprichwörtlich: „Hol’ dich der Schwed’“, ,,Kreuz’ Dänemark und Schwedennot“, noch heute ist der Angstruf nicht vergessen: „Betet Kinder, die Schweden kommen.“ Vor allem blieb der sogenannte ,,Schwedentrank“ in grauenhaftem Andenken. Die schwedischen Soldaten gossen nämlich den unglücklichen deutschen, die sie zur Herausgabe der letzten Habe zwingen wollten, Mistjauche oder durch Urin verdünnte Exkremente ein, legten dann Bretter über die von diesen Flüssigkeiten strotzenden Leiber und tanzten so lange auf ihnen herum, bis die Unglücklichen unter den Tritten der grausamen Peiniger ihren Geist aufgaben. Und der „Schwedentrank“ war schon unter Gustav Adolf gebräuchlich, denn wir finden, dass man ihn im Jahr 1632 in Mainz sichtete.
Ein Zeitgenosse, der bekannte lutherische Dichter Logau, sagt in einem Sinngedicht:
An die Schweden.
,,Alles Unschlitt von dem Vieh, das ihr raubtet durch das Land,
Asche von gesamtem Ort, den ihr setztet in den Brand,
Gäbe Seife nicht genug, auch die Oder reichte nicht
Abzuwaschen innern Fleck, drüber das Gewissen richt;
Fühlt es selbsten was es ist, ich verschweig’ es jetzt mit Fleiß,
Weil Gott, was ihr ihm und uns mitgespielet, selbsten weiß.“
Und in einem andern Sinngedicht sagt derselbe Patriot:
Sued, ein umgekehrter Gott: Deus*).
„Das die Schweden heißen Götter,
Bleibt wohl wahr: sie machten Wetter,
Und mit ihren Donnerkeilen
Konnten Deutschland sie zerteilen;
Götter sind sie, nicht zum Schützen,
Aber kräftig zum Beschnitzen:
Götter sind sie, die die Christen
Wenig bauten, sehr verwüsten:
Götter sind sie, ihr Berauben
Soll man noch für Wohltat glauben:
Götter sind sie, ihre Plagen
Sollen sein ein Liebeschlagen:
Götter sind sie, wahrem Gotte,
Als zu Ehren, mehr zu Spotte.“
*) Es gab nämlich Deutsche, welche sich viel darauf zu gut taten, in dem Wort Sued, rückwärts gelesen, das Wort Deus gefunden zu haben. Heinsius stellte in einer eigenen Schrift den Schwedenkönig Gott an die Seite. In unserm Jahrhundert geschah von deutschen Lobhudlern ein Gleiches mit Napoleon. Schrieb doch der berühmte Geschichtsschreiber Johannes von Müller, der sich von dem korsischen Eroberer, gegen den er anfangs in die ,,Posaune des heiligen Krieges“ gestoßen, anstellen ließ, aus Frankreich: „Wie Ganymed nach dem Sitze der Götter, bin bin ich vom Adler nach Fontainebleau entführt worden, um einem Gotte zu dienen.“ Wie Gustav Adolf an einigen deutschen Orten als „Heiland der Heiden“ von den Türmen herab angeblasen wurde, so sahen manche bei uns in Napoleon eine „Emanation des Weltgeistes, eine neue Menschwerdung Gottes zum Behufe der Welterlösung“, und in den Europäischen Annalen von Posselt wurde einmal alles Ernstes der Vorschlag gemacht, „eine der höchsten Bergwände der Alpen zu schleifen und in goldenen Riesenbuchstaben Napoleons Namen darauf zu setzen, damit er in die weiteste Ferne Deutschlands strahle.“ Die Worte, welche Görres Napoleon in den Mund legte, ganz im Geiste des Korsen, hätte auch Gustav Adolf sprechen können: „Zwiespalt durfte ich nicht stiften unter den Deutschen, denn die Einigkeit war aus ihrer Mitte längst gewichen. Nur meine Netze durfte ich stellen und sie liefen mir wie scheue Wild von selbst hinein. Ihre Ehre habe ich ihnen weggenommen und der meinen sind sie darauf treuherzig nachgelaufen. Untereinander haben sie sich erwürgt und glaubten redlich ihre Pflicht zu tun. Leichtgläubiger ist kein Volk gewesen und törichttoller kein anderes auf Erden. Als ich sie mit Peitschen schlug und ihr Land, zum Tummelplatz des Krieges gemacht, haben ihre Dichter als den Friedensstifter mich besungen.“ Freilich nicht die Deutschen und ihre Dichter des 17ten Jahrhunderts, sondern die Geschichtsdichter der spätern Zeit.
Sogar von deutschen wurde der Eroberungszug des Schwedenkönigs, der Deutschland zerteilte und beraubte, für eine Wohltat gehalten, aber Gustav Adolf selbst sprach sich darüber einmal mit denkwürdigen Worten, die wir unverkürzt mitteilen wollen, ganz anders aus. Als nämlich Unland nach der Schlacht bei Breitenfeld in seiner Gegenwart von ihm rühmte, er sei zum Heil der Menschheit geboren und sein Heldenmut sei ein Geschenk des Himmels, erwiderte er: „Sagt vielmehr, dass es ein Merkmal seines Zornes sei. Ist der Krieg, den ich führe, ein Hilfsmittel, so ist er doch viel unerträglicher als euer Übel. Es ist ein Beweis der Liebe Gottes gegen sein Volk, wenn er dessen Königen gewöhnliche Seelen gibt. Derjenige, welcher keinen zu hohen Geist hat, macht nicht leicht übertriebene Anschläge. Die Ehr- und Ruhmbegierde lassen ihn in Ruhe. Wenn er seinen Geschäften obliegt, sind seine Länder desto glücklicher, und überlässt er einem seiner Untertanen einen Teil seiner Sorgen, so entspringt daraus kein größerer Nachteil, als dass dieser auf Unkosten des Volts sein Glück macht, selbst Geld sammelt, seine Freunde emporhebt, von seines Gleichen gehasst und beneidet wird. Alles dieses ist kein Unheil und kann mit dem nicht in Vergleich gesetzt werden, welches die Ehrsucht eines großen Königs anrichtet. Diese ausschweifende Leidenschaft raubt ihm alle Ruhe und zwingt ihn, sie auch seinen Untertanen zu rauben. Er hält alle diejenigen für seine Feinde, die sich ihm nicht unterwerfen wollen. Er ist ein Strom, der die Gegenden verwüstet, durch die er fließt, und da sich seine Waffen ebenso weit als seine Hoffnungen ausbreiten, so erfüllt er die Welt mit Schrecken, Elend und Verwirrung.“ Man weiß, dass auch Napoleon vor einigen Vertrauten einmal sich und sein Tun in ähnlicher Weise charakterisiert hat. Wie in Napoleon, so lebte in Gustav Adolf der unersättliche Drang des Eroberers, der sich durch keinen Widerstand hemmen, durch keine Erfolge befriedigen lässt, der aus jedem Kriege Samen zu neuem Kriege streut, im Gewühl der Schlachten an sich und Andern das Leben gering achten lernt, auch die friedfertigen ins blutige Spiel der Waffen hetzt, erbarmungslos über die Häupter der Völker hinwegschreitet und nur Ruhe findet im Grabe. „Für mich gibt es keine Ruhe mehr, sagte Gustav Adolf vor seinem Krieg in Deutschland den schwedischen Reichsräten, es sei denn die ewige Ruhe.“
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gustav Adolf in Deutschland