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Johann Heinrich Pestalozzi

Schwerin, im August 1826. Obgleich ich kein Mecklenburger von Geburt bin, so nehme ich doch Teil an dem mir befreundeten Volke, in dessen Mitte ich für jetzt meinen Wohnsitz aufgeschlagen habe. Deshalb empfand ich, vielleicht mit so manchem Leser, tiefen Unwillen, da ich in der Mitteilung aus Neustrelitz in Nr. 391 des freim. Abendbl. eine eben so seichte, als durch leere Witzelei schädliche Verspottung des häuslichen Lebens fand.

Denn was bleibt dem guten Menschen wohl anders übrig, als jetzt, wo die Menschheit nach so großen Stürmen in tötender Stille an Kraft und Mut verliert, in den stillen Kreis seiner Familie sich zu retten, und am väterlichen Herde sich ein zufriedenes Herz zu bewahren? Verwandeln wir die spinnende Hausfrau in eine sich putzende und gefallsüchtige, den murrenden Hausvater in einen spielenden oder schwelgenden, den schnurrenden Kater in einen geschwätzig plappernden Papagei oder in einen amerikanischen Schoßhund, und den schmauchenden Herrn Nachbar in einen kriechenden Speichellecker oder in einen allzu gefälligen Hausfreund, die redselige Frau Nachbarin in eine überspannte Romanenheldin oder in einen gehässigen Eheteufel, und das Glas Dünnbier in ein Glas teuren verfälschten Wein oder in eine Tasse erschlaffenden Tee: und die Not des Landes hat seine Ursache (hinc illae lacrymae!). Drum lasse man uns die schaffende Hausfrau, den ordnenden Hausvater, die freundlichen Haustiere, den treuen Nachbar (getreue Nachbarn gehören ja schon nach Luther zum täglichen Brote), die beratende Freundin und unser erquickendes Bier, und wir werden die Wahrheit des Ausspruches Pestalozzis gewiss einsehen: „Die häuslichen Freuden des Menschen sind die schönsten auf der Erde!“

Aus: Freimütiges Abendblatt. 1826

 

 

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