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Mittagsruhe bei der Ernte

 

Rostock, den 31. Juli 1826 Wir haben hier das köstlichste Erntewetter; kühlende Winde, beim heitersten Himmel, mäßigen die starke Hitze. Was die Ernte selbst betrifft, so rühmt man hier, so wie an vielen andern Gegenden, das Winterkorn, weniger das Sommerkorn, das nur strichweise gut geraten sein soll.

Einstimmigen Nachrichten zufolge sind jetzt in Doberan mehr Gäste, als im vorigen Jahre da waren. Weil viele Personen nicht im großen Saale, wenigstens für beständig, essen, so hat dies für flüchtige Beobachter schon den Schein einer großen Leere gegen ehedem gegeben. — Das Bedürfnis durch außerordentliche Gegenreizmittel der Erschlaffung zuvorzukommen, die auf die jetzige, durch geistigen und anderen Luxus entnervte und übersättigte Generation lastet, hat auch jetzt wieder 2 neue Seebäder, in dem baumlosen Swinemünde an der Ostsee, und unweit des noch baumloseren Scheveningen in den Dünen an der Nordsee, hervorgerufen. Warnemünde hat im gegenwärtigen Augenblicke ebenfalls überaus zahlreichen Besuch aus Rostock, sogar aus Tessin, Güstrow, Schwerin u. s. w.

Einen höchst tragischen Vorfall, der sich hier in voriger Woche ereignete, darf ich nur, um der ohnehin genug leidenden Lebenden willen, im allgemeinen, aus Gründen der Schicklichkeit und Teilnahme, berühren. Ein junger, wüster, wilder Mensch, nicht ohne Talent, von Profession Uhrmacher, dem Trunke ergeben, dennoch Arbeit wiewohl vergebens suchend, glaubte von seiner Schwägerin, dass sie ihren Mann abgehalten, ihn, wie er gebeten, in sein Haus und in Arbeit zu nehmen. Voll dieses Wahnes und erhitzt durch geistige Getränke, nimmt er eine doppelläufige, mit Kugeln geladene Jagdflinte, um mit der einen Kugel diese Frau, deren Mann verreist war, und mit der anderen sich zu töten. Er findet diese Frau mit einer Teegesellschaft beiderlei Geschlechts in ihrem Hause; Zimmer rechts und links sind damit angefüllt; er trifft sie in dem linken Zimmer, eilt hinein und lässt, ohne zu bedenken, dass er eine Menge anderer Menschen mit töten oder verwunden könne, in voller Wut den Schuss auf das unglückliche Schlachtopfer seines Hasses fallen. Am Oberarm getroffen, stürzt sie nieder. Der Mörder nimmt, zwischen den Eingängen der beiden Zimmer stehend, den zweiten Schuss für sich, der ihm jedoch nur den einen Teil des Kinnbackens und ein Auge wegriss, sinkt er und versperrt durch seinen Körper den Ausgang aus dem Zimmer rechts. Die Gesellschaft in beiden Zimmern, teils Lebensgefahr in ferneren Schüssen fürchtend, teils in der Unmöglichkeit aus dem Zimmer zu kommen, rettet sich durch die Fenster auf die Straße! Der arretierte Mörder lebte nur noch einen Tag; die Verwundung der Frau ist glücklicher Weise ohne Gefahr.

Aus: Freimütiges Abendblatt 1826

 

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