Unterseeboote.

Meereskunde, Sammlung volkstümlicher Vorträge zum Verständnis der nationalen Bedeutung von Meer und Seewesen 1. Jahrgang, 2 Heft
Autor: Holzhauer, D. Kontre-Admiral z., Erscheinungsjahr: 1907
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Vor wenigen Wochen wurde die französische Marine durch einen schweren Unglücksfall betroffen. Mitte Oktober d. Js. versank auf der Reede von Biserta das Unterseeboot ,,Lutin“ bei einer Tauchübung an den Grund des Meeres; die gesamte Besatzung fand in der Ausübung ihrer Pflicht den Tod.

Nicht allein dies traurige Ereignis, sowie eine Reihe ähnlicher Vorkommnisse in den verschiedenen Marinen, sondern auch das Ungewöhnliche, das Geheimnisvolle, die vielen Gefahren, welche mit den Unterseebootsübungen verknüpft sind — dies alles zusammen hält andauernd das Interesse wach an dieser neuen Erfindung auf dem Gebiete der Seekriegswaffen, dem „Unterseeboote“, und nicht allein bei den Seeoffizieren und Technikern, sondern auch bei dem großen gebildeten Publikum.

Die Lösung der Unterseebootsfrage wird seit Jahrhunderten versucht. Fachleute wie Laien, Männer der Wissenschaft und Spekulanten sind mit unzähligen Projekten hervorgetreten, aber noch immer ist man von dem erstrebten Ziel: ,,für den Unterseekampf eine kriegsbrauchbare Angriffswaffe zu schaffen“, ziemlich weit entfernt. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen hat das Interesse an dieser Aufgabe eher zu- als abgenommen, umfaßt doch dieselbe fast alle Zweige der Wissenschaft, sowie der Schiffs- und Maschinenbautechnik und stellt zur Zeit eins der größten Probleme dar, das jemals zu lösen versucht wurde.

Nachdem der holländische Physiker Cornelius van Drebbel im Jahre 1620, der Engländer Symons 1747 bereits Unterseeboote konstruiert hatten, begegnen wir, in der Seekriegsgeschichte zurückblickend, dem ersten, für den Unterseekampf bestimmten Unterseeboot im Unabhängigkeitskriege der Vereinigten Staaten gegen England 1773. Dies Boot, welches der Amerikaner Bushnell gebrauchte, um vermittels desselben Sprengkörper mit Zeitzündern an feindlichen Schiffen unter Wasser zu befestigen, war aus Eisenblech gefertigt, sehr klein und hatte nur einen Mann als Besatzung. Die Fortbewegung und das Tauchen wurden durch zwei mit der Hand gedrehte Schrauben bewerkstelligt. Aus dem Boot ragte oben ein Bohrer heraus, an dem die Mine mit kurzer Leine befestigt war. Der Bohrer sollte in den hölzernen Boden des feindlichen Schiffes eingetrieben werden. Ein mit diesem Boot auf das englische Kriegsschiff „Eagle“ ausgeführter Angriff mißlang, weil in den gekupferten Boden des Schiffes der Bohrer nicht eindringen konnte: die Mine trieb ab und explodierte in ungefährlicher Entfernung vom Schiff.

Die Engländer waren über diese tückische Art der Kriegführung weidlich entrüstet, was sie aber nicht hinderte, später im Seeminenwesen flott mitzuarbeiten.

Wenige Jahre später sehen wir den genialen Fulton, bekannt durch das erste brauchbare Dampfschiff auf dem Hudson-River, der französischen Regierung ein Unterseeboot anbieten. Napoleon I. interessierte sich anfangs sehr dafür; als aber sein Anschlag, England von Boulogne aus zu überfallen, infolge der unglücklichen Schlacht bei Trafalgar undurchführbar wurde, ließ er Fultons Plan fallen, und hiermit ruhte die Unterseebootsfrage wieder für Jahrzehnte.

Weitere 50 Jahre später, im Jahre 1850, war es ein Deutscher, welcher mit einem Unterseeboot an die Öffentlichkeit trat: der im Jahre 1822 zu Dillingen in Bayern geborene Wilhelm Bauer. Von ihm sagt der englische Marineschriftsteller Burgoyne in seinem umfangreichen Werke über die unterseeische Schiffahrt: ,,Deutschland könne mit Recht stolz darauf sein, einen Mann hervorgebracht zu haben, der zur Lösung des Problems der unterseeischen Schiffahrt mehr beigetragen hat als irgend ein anderer Erfinder“.

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Fig. 01 Der „Brandtaucher“ Wilhelm Bauers, das erste deutsche Unterseeboot.

Fig. 01 Der „Brandtaucher“ Wilhelm Bauers, das erste deutsche Unterseeboot.

Fig. 02 Das Antriebswerk im Innern des „Brandtauchers“

Fig. 02 Das Antriebswerk im Innern des „Brandtauchers“

Fig. 03 „David and Goliath“ Das russiche Schlachtschiff „Retvisan“ (12.700 t) und das U.S. Unterseeboot „Holland“ (75 t)

Fig. 03 „David and Goliath“ Das russiche Schlachtschiff „Retvisan“ (12.700 t) und das U.S. Unterseeboot „Holland“ (75 t)

Fig. 04 Unterseeboot von André Constantin 1870

Fig. 04 Unterseeboot von André Constantin 1870

Fig. 05 M. Goubet bei Tauchversuchen mit seinem Boot

Fig. 05 M. Goubet bei Tauchversuchen mit seinem Boot

Fig. 06 Professor Tuck’s Unterseeboot 1884

Fig. 06 Professor Tuck’s Unterseeboot 1884

Fig. 10 Im Innern der „Goubet“

Fig. 10 Im Innern der „Goubet“

Fig. 46 Unterseeboot 1776 im Kampfeinsatz

Fig. 46 Unterseeboot 1776 im Kampfeinsatz