Russland und die Russen Bd1

Denkwürdigkeiten eines Geächteten
Autor: Turgenieff, Nikolas (?), Erscheinungsjahr: 1847
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Russland, Kulturgeschichte, Sittengeschichte, Sozialgeschichte, Sittenbild
Dies Buch gehört nicht unter jene leichtfertigen Hirngespinnste, wie die Touristen von glänzender und beweglicher Einbildungskraft sie wohlgefällig ausmalen - oberflächliche Entwürfe, die nur die äußeren Formen einer Nation widerspiegeln und sich darauf beschränken, einige ihrer hervorstechendsten Züge, im Fluge aufs Geratewohl hin skizziert, wiederzugeben. Das vorliegende Werk ist vielmehr der Ausdruck eines seit langer Zeit in der Tiefe des Gemüts gereiften Gedankens, es ist die Frucht des Nachdenkens aus dem ganzen Leben eines Mannes, der seinen Finger in die Wunden seines Vaterlandes gelegt, der nie aufgehört hat, von einer besseren Zukunft für dasselbe zu träumen.
Indessen glaube man nicht, dass ich diesen Seiten eine größere Wichtigkeit beilege, als sie wirklich besitzen. Wenn ich sie der Öffentlichkeit übergebe, so gehorche ich nur meinem Gewissen, so glaube ich bloß eine Pflicht zu erfüllen. Wenige Worte werden hinreichen, um den Geist, der sie eingegeben hat, ins Licht zu stellen: ich will nachweisen, wie ich dazu kam, diese Blätter zu beginnen, und wie allmählich eines nach dem andern unmerklich und fast ohne meinen Willen hinzukam.

Durch meine Geburt zur Klasse der Besitzer von Leibeigenen gehörig, lernte ich schon von Kindheit an die harte Lage jener Millionen von Menschen kennen, welche in Russland in den Fesseln der Knechtschaft seufzen. Der Anblick einer so schreienden Ungerechtigkeit wirkte lebhaft auf meine jugendliche Einbildungskraft, und ließ in meiner Seele einen Eindruck zurück, der sich niemals wieder verwischen sollte. Meine Studien auf der Universität zu Göttingen bestärkten diese Empfindung nur noch mehr, und klärten mich zugleich über das Falsche der Institutionen auf, welche mein Land regieren. Ausflüge durch Deutschland, Frankreich, die Schweiz, Italien, England weihten mich vollends in die politischen und ökonomischen Wissenschaften ein.

Von dem Wunsche beseelt, mich meinen Mitbürgern nützlich zu machen, kehrte ich nach Russland zurück. Es geschah dies nach dem letzten französischen Feldzuge, den ich als Zivilbeamter mitgemacht hatte. Mit den Truppen, die zu ihrem heimischen Herde zurückkamen, waren auch einige freisinnige Ideen über die Grenze hereingedrungen: es schien, als sollte für Russland ein neuer Zeitabschnitt beginnen.

Meine Schriften brachten mich bald in Beziehungen zu den freisinnigsten Männern. Einige unter den Letzteren hatten, um den neuen Bestrebungen einen regelmäßigen und wirksamen Anstoß zu geben, den Versuch gemacht, Alle, welche die Liebe für die öffentliche Wohlfahrt belebte, in eine nach Art der geheimen Gesellschaften Deutschlands organisierte Verbrüderung zu vereinigen. Ich trug kein Bedenken, mich ihnen anzuschließen. Nicht etwa, als ob ich an eine große Wirksamkeit derartiger Verbindungen geglaubt hätte, aber ich hoffte, diejenigen, denen ich mich näherte, für die Sache der Leibeigenen zu interessieren, und auf solche Weise die Verwirklichung meines liebsten Wunsches, der Emanzipation zu beschleunigen.
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Moskau - Armenküche

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Moskau - Bettler und Obdachlose wärmen sich am Feuer

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Moskau - Ein reicher Händler mit seiner Frau

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Moskau - Wirtshausleben

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