Reise durch Skandinavien. Band 2

Skizzen aus dem Norden
Autor: Mügge, Theodor (*1802 Berlin-†1861 Berlin) deutscher Schriftsteller und Verfasser von Abenteuerromanen und Reisebildern, Erscheinungsjahr: 1844

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Skandinavien, Norwegen, Reisebilder, Reisebeschreibungen, Abenteuerromane, Fischer, Fischfang, Heringsfang, Wale, Sittenbilder, Bräuche, nordisches Leben, Umwelt, Klima, Natur, Tierwelt, Fische, Ostsee, Handel, Bergen, Schiffe, Kaufleute, Deutsche, Kolonie, Kolonisten, Flotte, Kriegsschiff, Hanse, Handelsflotte,
Unter allen norwegischen Städten hat keine einen so deutschen Charakter als Bergen. Machen es die Giebelhäuser mit den Erkern, machen es die reinlichen schmalen Straßen voller Lebendigkeit, die Plätze mit Bäumen bepflanzt, macht es auch, dass hier die meisten Einwohner deutsch sprechen, dass eine deutsche Kirche noch besteht; genug, überall steht es deutlich geschrieben, dass Deutsche hier einst schalteten und walteten, dass es eine deutsche Kolonie war, eine Kolonie jener meerbeherrschenden stolzen Kaufleute, welche einst Königen Gesetze vorschrieben, Könige demütigten, deren Bund und Freundschaft die mächtigsten Fürsten ihrer Zeit suchten. So wandelbar ist Alles. Deutsche Flotten haben einst hier geankert, wenn sie aus blutigen Schlachten siegreich wiederkehrten, und jetzt — macht man bei uns Lieder auf eine deutsche Flotte der Zukunft und schreit es durch die Welt, dass Preußen sich ein kleines Kriegsschiff erbaut hat, eine Nussschale gegen die schwimmenden Kolosse aller anderen Völker, ein Werk der Laune: denn Deutschlands Handel braucht keine Flotten mehr!

Bergen aber führt seinen Namen so recht in der Tat, denn es liegt mitten zwischen sieben hohen Fjellen, die von allen Seiten es einschließen. Nackte Massen von Glimmerschiefer und Gneuß steigen wohl zwei tausend Fuß hoch auf und stürzen in den Fjord, der seine Arme zwischen felsige Landzungen in die Stadt schickt und den schönen sicheren Hafen bildet. Aber rund umher liegt ein dicht grünes Tal von Wiesen und Gärten, aus denen in Nähe und Ferne die schönen Landhäuser der reichen Kaufleute aufsteigen, und mitten darin ruht die Stadt, welche westlich mit ihren Straßen an dem Flöifjeld emporzieht, das ganz dicht sich anschmiegt. Steigt man empor bis zu den letzten Gärten auf den Absätzen des Gebirges, so ist die Aussicht über Stadt und Meeresarm von großer Schönheit. Das breite Wasserbecken des Fjord, die mannigfache Belebung der Ufer, der Hafen mit seinem Masten-Wald, die Festungswerke, die hohen alten Geschütztürme daran, die Forts Bergenhaus und Frederiksberg, welche mit ihrem glänzend weißem Gemäuer von den Höhen niederschauen auf die weiße geschäftige Stadt, deren helle große Fenster und leuchtend rote Dächer im Feuer der sinkenden Sonne glühen: das Alles ist gar schön und lieblich und so traulich dabei, dass man gern hier lange verweilen, wo nicht selbst für immer wohnen möchte.

Bergen ist auch eine Stadt von Holz, aber sie sieht neuer und zierlicher aus, als die andern. Das Balkengebäu ist von außen mit übereinanderfallender Bekleidung bedeckt und diese dann meist mit grauweißer Ölfarbe überstrichen, was ein Ansehen von Nettigkeit und Wohnlichkeit gibt, welches man sonst nicht wiederfindet. So geht man lange Straßen hinab und überall wiederholt sich dieser Anblick. Viele Häuser haben Vortreppen von Steinstufen, Bänke stehen an den Türen zur abendlichen Zusammenkunft der Einwohner nach deutscher Sitte, und die großen Glasscheiben in den Fenstern tragen nicht wenig dazu bei, Alles sauber und Wohlstand verkündend zu finden. Wenige Gebäude sind von Stein; in den Straßen aber doch oft die Eckhäuser, um bei Feuersnot der Flamme den Sprung über die Querstraßen zu verwehren. Sollte in Bergen aber einmal ein Brand entstehen, den ein Zusammentreffen unglücklicher Umstände im Beginn zu ersticken hindert, so ist leider nur zu sehr zu fürchten, dass Drontheims Schicksal im noch größeren Maßstabe sich hier wiederholen kann. Drontheim hat regelmäßige sehr breite gerade Straßen, Bergens Gassen sind dagegen meist eng und gekrümmt und von ganz schmalen Durchgängen zerschnitten. In ein Feuermeer dieser Art darf sich keine Hilfe wagen, sie ist unmöglich. Man sieht das auch sehr wohl ein und hält genau Wachsamkeit auf Feuer und Licht; in Christiania aber liegt, wie man mir sagte, schon seit langer Zeit ein Plan ausgearbeitet, nach welchem Bergen wieder aufgebaut werden soll, wenn es vom Feuer zerstört wird. Es soll dann eine Stadt ganz von Stein werden, man will kein Holzhaus mehr dulden, und man hat vollkommen Recht. Im Zusammenleben der Menschen ist es nötig, für die allgemeine Sicherheit zu sorgen, und wie mannigfach zweckmäßig, warm, behaglich und billig auch Holzhäuser sind, in Städten müssten sie nicht stehen, wo ein Unglück oder eine Unvorsichtigkeit vieler Menschen Leben und Eigentum gefährdet. Wie gefällig und mit allen Attributen des Luxus zuweilen das Innere dieser Häuser ausgeschmückt ist, habe ich schon früher erwähnt. Bergens wohlhabende Einwohner wissen diese Holzwände geschmackvoll zu bekleiden und ihren Reichtum auch äußerlich geltend zu machen. Die lebhafte Stadt ist der Mittelpunkt des ganzen norwegischen Handels; ja, Kaufleute nennen sie den einzigen wirklichen Handelsplatz des Landes, obgleich in Bergen von einer Geschäftsorganisation, wie deutsche, englische oder französische Seestädte sie besitzen, nicht die Rede ist. Es gibt hier keine großen Comtoire, in welchen zahlreiche Handelscommis beschäftigt wären. Die bedeutendsten Handelsherrn haben einen, höchstens zwei schlechtbezahlte Gehilfen, mit denen sie ihre Geschäfte besorgen, welche ihrer Natur nach einfach sind, denn Bergens Ausfuhrhandel ist zum allergrößten Teil Fischhandel, und dieser beschränkt sich auf gewisse Jahreszeiten; sind diese vorüber, so tritt Ruhe ein und man würde nicht wissen, wozu man die Arbeitskräfte benutzen sollte. Von der Masse junger Commis, die in anderen Handelsplätzen den Ton angeben und die Elegants der Gesellschaft sind, ist hier daher nicht die Rede, eben so wenig von Offizieren, da es wenig Militär gibt. Adel ist gar nicht vorhanden, Beamte in geringer Zahl; man kann sich also nicht wundern, dass Bergen, trotz seiner dreißigtausend Einwohner, trotz des Mastenwaldes in seinem Hafen, trotz seines wachsenden Wohlstandes, nichts von der lärmenden Fröhlichkeit zeigt, von jenen wilden und leidenschaftlichen Vergnügungen, die der Zusammenfluss von Seeleuten und der Jugend des Handelstandes, von Offizieren, Beamten und reichen Geschäftsleuten an anderen Orten hervorbringt. Öffentliche Vergnügungen kennt man nicht in Bergen. Es gibt keine Konzerte, keine Gartenmusiken, keine besuchten Kaffeehäuser; ja die prüde Ehrbarkeit hat es sogar in Verruf gebracht, ein solches Haus zu betreten, um etwa Journale zu lesen und etwas zu genießen. Das Leben der Frauen ist ganz und gar auf häusliche Kreise beschränkt, Männer finden ein Lesekabinett, Freimaurer eine Loge, auch wohl da und dort einen Klub im Gasthause; aber das einzige wirkliche Vergnügen der Herrn und Damen von Bergen ist zur Sommerzeit ein Landhaus und Sonntags Spazierfahrten. Ein Landhaus mietet oder besitzt jeder, der es nur vermag. Dorthin werden die Gesellschaften geladen, und wie es immer in Handelsstädten ist, ist es auch hier; das Hauptdivertissement besteht in einer reich besetzten Tafel und in einer Fülle des edlen Traubensaftes. Darin sucht man es sich zuvorzutun, darein setzt man den Stolz, und die Gastfreundschaft ist in Bergen so groß wie überall in Norwegen; ein Fremder wird Mühe haben, ihr nicht zu erliegen. In dieser Beziehung ist es in Bergen aber ziemlich so wie in Hamburg, Bremen und allen deutschen Handelsstädten. Auch bei uns eilt der reiche Kaufmann aufs Land, wenn er vom Schreibtisch aufsteht, und findet seine Erholung in materiellen Genüssen; die öffentlichen Orte flieht er, sie sind als unanständig verrufen; auch zeigt er nicht gern, wie er sein Geld ausgibt. Er hat eine Scheu, die Leute merken zu lassen, dass er reich ist, dass er etwas darauf gehen lässt, und diese Scheu ist charakteristisch, sie stammt aus der alten Philister- und Perückenzeit. Er fürchtet nichts mehr, als dass die Nachbarn und Geschäftsfreunde denken könnten, er hänge an eitlem Tand und lockeren Vergnügungen, das könnte seinen Kredit schwächen, bösen Leumund über ihn bringen. Ehrbarkeit, Ordnung, Pünktlichkeit vertragen sich nicht mit dem leichten öffentlichen Leben, Heimlichkeit und Stille des Hauses aber, das Gediegene, Gewichtige, Kostbare, das ziemt dem stattlichen Handelsherrn. Bei uns genießt der Kaufmann aber doch auch mehr geistiges Leben, selbst in Bremen und Lübeck, den beiden Stapelplätzen aller verknöcherten Vorurteile und Rumpelkammern mittelaltrigen Plunders. Er ist gezwungen, sich mehr um die Welt zu kümmern, selbst an Literatur und Politik einen kleinen Teil zu nehmen, und er hat doch meist einen Genuss an Theater, Konzerten, Opern u. s. w. und lebt nicht ganz für Aalsuppe, Bayonner Schinken, die Weinflasche und den Bostontisch. In Norwegen sind die Kunstgenüsse gezählt, der Handel beschränkt sich auf wenige Gegenstände, die politische Welt ist abgeschlossen, und der lange Winter bringt nichts als eine dürftige Komödiantentruppe. Da muss sich die Geselligkeit mehr zusammentun und in den materiellen Freuden Ersatz gesucht werden für Alles was fehlt.

Als ich in Bergen war, besuchte auch Ole Bull, der bekannte Violinist, seine Vaterstadt. Er ist in Bergen geboren. Ich weiß nicht, ob ein anderer noch berühmterer Geigenspieler, etwa Beriot, Prüme oder Ernst denselben Erfolg gehabt hätte; denn ich traue in der Tat den Bergern keinen allzugroßen Kunstenthusiasmus zu; aber Ole Bull ist ein Stadtkind, er ist ein Norweger, Norwegens einziger berühmter Musiker, und diese Liebe und Begeisterung für ihn hatte etwas Rührendes. Bergen war in Aufregung, aber ganz Norwegen war in einer gewissen Aufregung, denn auf meinem Wege nach Drontheim erzählten mir an mehren Orten die Bauern mit Bewunderung, wie sie vor Wochen den berühmten Mann gefahren, wie er so und so viele Pferde gebraucht, und sie waren stolz darauf, dass er in den fernen Ländern bekannt sei. Mit solchem Stolze spricht der arme Schacherjude von Rothschild, dem Millionär, dessen goldener Abglanz einen Strahl in sein dunkles Leben wirft. Und hier ist ein Künstler, ein einziger, der einer ganzen Nation angehört, die ihn als ihr Eigentum mit jener andächtigen Begeisterung verehrt, mit der ein seltener Schmuck betrachtet wird, welcher den Neid der übrigen Menschen erregt. In Christiania hat man allerdings kritischen Takt und kritisches Gefühl genug, um Wahres vom Falschen zu unterscheiden; in Bergen aber herrschte die beseligende Gewissheit unbedingt, dass diese Stadt die dreimal beglückte sei, den größten Geiger aller Zeiten ans Licht der Welt geboren zu haben. Wie oft wurde ich gefragt, ob ich ihn gehört, und was ich meine, ob Ole Bull nicht der erste jetzt lebende Spieler sei, ob sich irgendwer mit ihm vergleichen könne? Es ist immer schwer, unter Enthusiasten eine abweichende Meinung zu behaupten, doppelt schwer und gewissermaßen gefährlich hier, wo der Patriotismus sich einmischte.
Am Abend war ich im Konzert im Theater, einem ziemlich großen, aber schlechten Gebäude, das mit ägyptischer Finsternis und einem atemraubenden Fischgestank gefüllt war. Man sagte mir, dass die Makler die Kapitäne der nordländischen Jachten ins Konzert geführt hätten, davon käme der penetrante Geruch; den Rest hauchten die nordländischen Herrn Kaufleute und ihre einheimischen Geschäftsfreunde wahrscheinlich aus; man muss aber sehr daran gewöhnt sein, um es erträglich zu finden, und dieser Gewohnheit verdankte man auch wohl die Gegenwart einer zahlreichen Damenschaar, welche den größten Teil des Raumes besetzt hielt. Ole Bull wurde mit einem heftigen Getrampel empfangen , dem Zeichen des Beifalls, der eine ungeheure Staubwolke aufregte. Er spielte mit derselben Affektation und Mangel aller edlen Natürlichkeit, wie ich ihn schon öfter gehört hatte. Die Coquetterie mit seiner Geige entzückte freilich seine schönen Landsmänninnen, auf mich wirkte es aber so widerlich, dass selbst seine Kunstfertigkeit, seine Capriccios, seine springenden Läufe, sein Flageolet, und was er sonst zu geben weiß, mir noch weit mehr manieriert und charlatanhaft erschienen, als früher. Man kann bei diesem Geigenspieler manche eminente Fertigkeit bewundern, aber entzücken, fortreißen wird er nie. Es geht nicht zur Seele, weil es nicht aus der Seele quillt; es ist Künstelei, doch nicht die wahre Kunst, die göttliche, erhabene, welche mit ihren Tönen den himmlischen Funken in der Menschenbrust entzündet und ein sehnsuchtsvolles Verlangen anfacht. Ganz froh war ich, als das Konzert endete, welches der Künstler mit der Wiederholung der norwegischen Nationalhymne schloss, die er in seiner Weise preziös variierte. Darüber entstand nun ein noch weit furchtbareres Getrampel. Der faulige Gestank und der Staub ballten sich zu einer eigentümlichen Mischung; draußen aber lag heller Sonnenschein noch auf dem großen Platz, der reizendste heiterste Abend brach herein, die Berge alle im rötlichen Glanz, und der Himmel klar und blau, wie es selten hier vorkommt. Denn allbekannt ist es, dass eben Bergen wenige schöne sonnenvolle Tage hat. Es regnet an diesem Teil der Westküste oft Wochen lang, und man erzählt darum häufig die Anekdote, dass ein Holländer, der sieben Jahre nach Bergen fuhr und während seines Aufenthalts immer Regenwetter fand, ganz bestimmt glaubte, dies höre dort niemals auf, weshalb er auch fest überzeugt war, sich im Hafen geirrt zu haben, als er im achten Jahre wiederkam und eine Stadt im Sonnenschein vor sich liegen sah. Man hat in Bergen in manchem Jahre allerdings zweihundert Regentage und mehr schon gezählt, mit den beiden letzten aber war man sehr zufrieden. Die Verhältnisse schienen sich völlig umgekehrt zu haben, die Sommer waren warm und hell, und wie sehr war dies einer Bevölkerung zu gönnen, die bei ihrer Lust zu Landpartien sonnenvolle Tage besonders nötig hat.

Als Ole Bulls Konzert beendigt war, konnte man Heerschau halten über die schönen Bergenserinnen, und in der Tat ist der Ruf ihrer Schönheit keineswegs ein ungerechter. Schlanke und volle Gestalten und frische, lebhafte Züge zeichnen die Damen von Bergen häufig vorteilhaft aus; wie ich aber im nahenden Abend mit einem gefälligen Freund die Spaziergänge in der Umgegend durchstrich, auf denen überall geputzte Menschen sich ergingen, heimkehrend und still wandelnd, auf den Fjordarmen Nachen hinzogen, von denen bunte Farben der Kleider und flatternde Bänder sichtbar wurden, Gesänge, welche in einzelnen Tönen herüber schallten und doch überall Ruhe und sonntägliche kleinbürgerliche Beschaulichkeit: kam es mir fast vor, wie das Leben in einer alten deutschen Reichsstadt, so eng begrenzt, die Menschen so ernst und schüchtern, mit dem Abendroth alle bedacht, das Haus zu erreichen und in dessen Frieden auszuruhen. In den Straßen der Stadt aber war es lebendig bis zum späten Abend. Seeleute aller Nationen in ihren Glanzhüten und braunen oder blauen, ankerknöpfigen Jacken strichen in Haufen umher und beäugelten die Mädchen, dann zogen sie vielleicht hinaus in die Vorstadt, wo einige verrufene Schenken sich ihnen öffnen, und verlorene, schöne Kinder ihren rauen Händen die letzten Silberstücke zu entwinden verstehen. Die ehrlichen Nordländer von der Stockfischflotte an der deutschen Brücke mögen wohl weniger diesen Sirenenkünsten erliegen, aber ihnen gegenüber, an der Ostseite des großen Hafens, lagen Reihen stolzer Briggs und Galeassen, von denen größtenteils spanische und italienische Flaggen wehten. — Nach jenen katholischen Ländern geht der allergrößte Teil der getrockneten Fische, um als Fastenspeise für das Volk zu dienen, darum pflegt man in dem protestantischen Norwegen zu sagen, man müsse Alles tun, um den Katholizismus in seiner Reinheit aufrecht zu erhalten, denn was solle aus Norwegen werden, wenn die Italiener, Spanier und Portugiesen keine Fasten mehr hielten? Sie würden keinen Stockfisch mehr nötig haben, und wer sollte diesen dann wohl kaufen und verzehren wollen?

Schwarzbärtige Spanier aus Kadir und Männer mit dunkelrollenden Augen, am Cap Vincent gebürtig, gingen hier durch die Gassen der nordischen Stadt, Fische zu holen, welche jenseits des Polarkreises gefangen werden. Wie seltsam ist das, wie wunderbar verbindet der Handel und das Meerschiff die ganze, große Menschenfamilie! — Und mit diesen wildblickenden Söhnen des Südens, mit ihnen, die von Stiergefechten und den schönen Sennoritas in Haarnetz und Mantille erzählen können, geht der Seemann von den Inseln und Felsenküsten des Polarmeeres, dessen Hütte unter den Gletschern am Orfjord steht, oder der auf einer Klippe mitten in ewigen Brandungen wohnt. — In diesen nordischen Naturen liegt etwas Träges, Plumpes, Erstarrtes. Sie sind wie das Eis, unter dem sie geboren wurden; gleichmütig, unerschütterlich, kalt, abgehärtet gegen Alles, was sie treffen kann. Diese Fjorde, diese Klippen und Schären sind ihr Vaterland. Das Boot, auf den langen Meereswellen rollend, ist ihre Wiege und ihr Sarg. Sie sind Amphibien, mit dem Instinkt geboren, sobald als möglich auf dem Salzwasser zu schwimmen, und kaum kann der Knabe sich selbstständig bewegen, so greift er nach dem Ruder und zieht mit dem Vater hinaus, um vielleicht nie wiederzukehren. — Einen Teil des Jahres sind diese Männer Fischer, einen anderen Teil kommen sie in ihren Jachten, die den Kaufleuten in den Fjorden gehören, vom Norden herunter nach Bergen und bringen den Tran und den Stockfisch, der auf den Lafoden gefangen und getrocknet wurde; wenn aber irgend etwas den trägen, schwer beweglichen Sinn der Norweger beweist, so ist es dieser Handel. Das Altherkömmliche wird bei keinem Volke der Welt so fest gehalten; Niemand geht so gern in dem gewohnten Gleise, nirgend wohl zeigt sich weniger kaufmännischer Spekulationsgeist.

Von den ältesten Zeiten an bis auf diesen Tag sind die Nordländer mit ihren Jachten beinahe zweihundert Meilen lang an der Küste hinabgefahren, um ihre Fische den Handelsherren in Bergen abzuliefern. — Sie schiffen bei Throndhjem vorüber, weiterhin liegen die Handelsplätze Christiansand und Molde, und gewiss hat es nicht an vorteilhaften Anerbietungen gefehlt, um jenen Städten ihre Vorräte abzusetzen; aber der nordländische Handelsmann zieht es vor, eine Reise von mehren hundert Meilen durch stürmische Meere, bis Bergen hinab, zu wagen, als jene bequemeren Häfen zu besuchen; denn sein Vater und Großvater haben mit Bergen gehandelt, mit den Vätern und Großvätern seiner Geschäftsfreunde, es ist unmöglich, dass er sich davon trennen kann. Wäre freilich eine spekulativere Tätigkeit dem Handelsstande in den nördlichen Häfen eigen, so würde trotz dessen nach und nach wohl ein anderes Verhältnis eingetreten sein; allein der Kaufmann in Norwegen ist, wie ich schon sagte, bis auf wenige Ausnahmen, viel zu sehr Krämer, zu arm, zu wenig umsichtig, oder zu bedächtig und untätig, um gegen Bergens Handel etwas auszurichten.

Norwegen - Hafen, Fischereiboote

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Norwegen - Bardu-Wasserfall

Norwegen - Bardu-Wasserfall

Norwegen - Hammerfest, nördlichste Stadt der Welt

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Norwegen - Harstad

Norwegen - Harstad

Norwegen - Kabelvag

Norwegen - Kabelvag

Norwegen - Lachse

Norwegen - Lachse

Norwegen - Mälsevealen und Istindene

Norwegen - Mälsevealen und Istindene

Norwegen 004 Signaldalen mit dem Oterdind

Norwegen 004 Signaldalen mit dem Oterdind

Norwegen 005 Lappenfamilie

Norwegen 005 Lappenfamilie

Norwegen 006 Rentierherde

Norwegen 006 Rentierherde

Skandinavien

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