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Otto Lilienthal BronzeZwar flogen die Brüder Montgolfier mit einem Heißluftballon schon 1783 hoch in den französischen Himmel, und im alten China flog Zhuge Liang sogar schon um 200 n. Chr. mit einem Ballon, aber der erste Vorläufer der richtigen Flugzeuge – schwerer als Luft – flog in Deutschland, und sein Erfinder und Pilot war der aus Anklam in Vorpommern stammende Otto Lilienthal (1848-1896). Die Stadt Anklam hat für ihren großen Sohn, der als Flugpionier bei seinen Experimenten tödlich verunglückte, zum Andenken ein kleines Museum eingerichtet.


Nachbauten von Flugmodellen
Otto Lilienthal hat mit vielen verschiedenen Fliegern und Gleitern experimentiert, aber die Exemplare mit denen er wirklich geflogen ist, haben als sehr fragile Gebilde die Zeitläufe bis heute nicht überstanden oder befinden sich irgendwo in großen Technik-Museen. So werden in der Ausstellung auch ausschließlich Nachbauten gezeigt, von denen etwa zehn im Maßstab 1:1, und weitere verkleinert im Maßstab 1:5 ausgeführt sind. Es ist sicher interessant, sich die wohl zumeist detailgetreuen Nachbauten einmal anzusehen und sich zu vergegenwärtigen, dass von hier aus in nur etwa einhundert Jahren der Weg der Entwicklung bis hin zum Jumbojet führte. Aber das besondere Museums-Gefühl, nämlich vor einem wirklichen Original zu stehen, stellte sich zumindest bei mir nicht ein. Schade.

Flug-Physik, Modelle zur Strömungslehre
Das macht „man“ in technischen und naturwissenschaftlichen Museen heute so! Man stellt für die großen und kleinen Kinder irgendwelche Apparate oder Modelle auf, an denen sie möglichst roh herumdrehen können, wo sich irgendetwas bewegt und wo somit der Anschein von wirklich funktionierender Technik erweckt wird. So hat man auch hier ein paar solche Apparate aufgebaut, die vordergründig der Erläuterung von Strömungslehre und Physik des Fluges dienen. Tatsächlich werden in diesen Experimenten jedoch nur einzelne Effekte ohne tiefere Erläuterung vorgeführt; die eigentliche Physik des Fluges – die ja im Übrigen auch gar nicht ganz einfach ist – wird in diesen Versuchen nur gestreift und nicht wirklich erläutert. So bleibt es dann doch bei irgendeiner sich irgendwie bewegenden Mechanik. Schade.

Geschichte, Geschichten und Träume zur Fliegerei
Rundherum um Otto Lilienthal und seine Flugexperimente wird die Geschichte des Fliegens bis hin zu seinen Experimenten schlaglichtartig gezeigt und dabei auch manche Geschichten und Geschichtchen erzählt. Was die Brüder Lilienthal sonst noch alles erfunden und gebaut haben, was in der Ballon-Luftfahrt so alles passierte, wie man sich im 18. Jahrhundert über die Ballonfahrer amüsierte bis hin zu Genossenschaften, Volkstheater und Reformpädagogik… Bei manchen Dingen – z.B. einem durchscheinenden Tuch mit vielen klugen Begriffen (Foto Nr. 13) – ist es mir überhaupt nicht gelungen, einen Bezug zum Flugpionier Lilienthal zu entdecken. Dabei wäre doch viel wichtiger als die z.T. veralberte Zeit vor Lilienthal die Zeit danach gewesen, und eben die Aussage, dass nur von dort der Weg bis zum heutigen Flugzeug führte. Schade.

Sonderausstellung: Kurzzeit-Fotos von Ottomar Anschütz
Eine kleine Sonderausstellung in einem Raum im ersten Stock des Museums ist den Fotografien von Ottomar Anschütz (1846-1907) gewidmet. Anschütz – nur zwei Jahre älter als Lilienthal – war ein ebenfalls genialer Techniker, Tüftler, Erfinder. Er ist einer der Pioniere der Kurzzeit-Fotografie und der Kinematographie, der ersten bewegten Bilder. Der Bezug zu Lilienthal besteht darin, dass einige der besonders schönen Fotos vom fliegenden Lilienthal von Anschütz fotografiert wurden.

Insgesamt gesehen ...
... lohnt sich der Besuch des Lilienthal-Museums in Anklam leider nicht. Das wenig strukturierte Museum hat kaum eigentlich museale Bestände, sondern ist nur eine Spiel- und Gedenkstätte für Anklams großen Sohn. Die nicht besonders informativen Beschriftungen und Erläuterungen sind ungeschickt und oft weit entfernt von den beschriebenen Objekten angebracht, in einzelnen Fällen fehlen sie ganz. Mich haben auch an den Wänden in großer Schrift angebrachte tiefsinnige Sinnsprüche ganz allgemein zum Fliegen (Fotos 10, 11, 12) nur gestört und nicht zum Nachdenken angeregt – was sie wohl hätten machen sollen. Auf dem Foto 12 kann man übrigens auch das Größenverhältnis zwischen einem solchen überflüssigen Sinnspruch und der klein geschriebenen und hoch aufgehängten Objekterläuterung vergleichen. Das Museum hat übrigens die Auszeichnung „Deutschland Land der Ideen“ erhalten. Auch schade.

Lilienthal-Museum im Internet
Das Museum wartet auf mit einem durchaus aufwendig gemachten Internet-Auftritt in wahlweise den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch, Russisch und Spanisch. Allerdings hat mich persönlich gestört, dass auf der Internet-Seite versteckt unter viel Geschwafel nicht verraten wird, dass man nur ein paar nachgebaute Modelle und Kopien zu sehen bekommt. Und ich finde es eigentlich auch nur störend, dass mir – während ich nach geeigneter Information auf der Seite suche – immerzu nur irgendwelche Trivialmusik ins Ohr gedudelt wird.
http://www.lilienthal-museum.de/olma/muse.htm

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