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Gabriele-Meyer-Dennewitz - Selbstbildnis 2003

Kurz vor Jahresende 2010 erreichte mich die Neujahrskarte von Frau Professor Meyer-Dennewitz mit ihrem Kürzel GMD - ein Holzschnitt, der zwei Personen sitzend und freundlich miteinander redend darstellt und mit den Wünschen für das Jahr 2011: Das Beste für 2011 – vor allem Gute Freunde!

Wir ahnten nicht, dass es die letzte Karte in der langen Reihe von Glückwünschen für das jeweilig neue Jahr sein sollte, die die Malerin und Grafikerin zahlreich und pünktlich in die Welt schickte.

An einem kalten Samstag im März dieses Jahres stand ich mit einigen Hundert Trauernden auf dem kleinen Friedhof in Carwitz und wir erwiesen GMD die letzte Ehre – Familienangehörige, Kollegen aus Leipzig, Freunde aus allen Gegenden der Republik, ehemalige Studenten aus ihrer Leipziger Zeit, ihr Galerist, Vertreter von Kulturinstitutionen und Bewohner des kleinen Ortes, die sie seit Jahrzehnten kannten. Immer mal wieder begegneten sie der kleinen Frau auf deren Spaziergängen mit ihrem Airedale Theo.

Ihr Sohn Ekkehard Dennewitz, Schauspieler und langjähriger Theaterintendant in Marburg, hielt eine bewegende Rede für seine 88jährige Mutter. Auf der Staffelei am Grab stand eines ihrer letzten Bilder „Salut dem Roten“ (2010) – ein Selbstbildnis mit Rotweinglas und hinter ihr schwebend der Tod und der Teufel.Gabriele Meyer-Dennewitz wurde am 22. Juli des Jahres 1922 in Leipzig in einem links eingestellten Elternhaus geboren, besuchte von 1938 bis 1940 die dortige Kunstgewerbeschule und studierte ab 1941 an der Staatlichen Akademie für grafische Künste und Buchgewerbe in Leipzig, damals nach München und Dresden die drittgrößte Kunsthochschule in Deutschland mit ca. 300 Studenten. Zu ihren Lehrern gehörten die Professoren Karl Miersch (1894-1964), Wilhelm Thiele (1872-1939) und Hans Soltmann (1876-1953). Von Max Schwimmer (1895-1960), der 1933 aus seiner Lehrtätigkeit an Kunstgewerbeschule in Leipzig entlassen worden war, erhielt sie Privatunterricht. Die junge Malerin und Grafikerin ließ sich nach Kriegsende als freischaffende Künstlerin in ihrer Heimatstadt nieder, erhielt besonders in der Landschaftsmalerei Unterricht von Walter Bodenthal (1892-1988). Sie gehörte 1950 zu den Mitbegründern des Verbandes Bildender Künstler Deutschlands, und war 1950/51 eine der ersten Meisterschüler der Kunstprofessoren Max Lingner (1888-1959) und Heinrich Ehmsen (1886-1964) an der Akademie der Künste in Berlin. Von 1953 bis 1957 lehrte sie als Assistentin bzw. Dozentin an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst. Sie erhielt 1958 den Auftrag, das Institut für Kunsterziehung an der damaligen Karl-Marx-Universität zu leiten und Nachfolgerin der Käthe-Kollwitz-Meisterschülerin Frau Prof. Elisabeth Voigt (1893-1977) zu werden, die zu dieser Zeit in politische Ungnade gefallen war. 1961 wurde Gabriele Meyer-Dennewitz der Professorentitel verliehen, ein Jahr später den Kunstpreis ihrer Heimatstadt Leipzig. Bis zu ihrer Emeritierung 1982 war „Frau Professor“ die Chefin der Kunsterziehung in Leipzig, sah man sie im weißen Malerkittel in den Gängen und Zeichensälen in der Bernhard-Göhring-Straße. Hier waren in den 60er Jahren Lehrkräfte für künstlerische Praxis und Methodik wie, Dr. Günter Berger, Charlotte und Kurt Biegholt, Dr. Gertraud Hackel, Harald Olbricht, Prof. Dr. Walfried Posse, Prof. Frank Neubauer, Prof. Siegfried Ratzlaff, Prof. Dr. Günter Regel, Dr. Roland Richter, Peter Schnürpel, Günter Alber Schulz und Prof. Dr. Hans Schulze tätig.

GMD - Drei in einem Boot 2003Seit 1964 besaß das Ehepaar Gabriele Meyer-Dennewitz und Wolfgang Meyer, der auch Grafiker und Lehrer am Leipziger Institut war, ein Sommerquartier in Carwitz, das sie 1991 zu ihrem ständigen Wohnsitz machten. Hier in Carwitz malten Studenten der Kunsterziehung ab 1964 in den Semesterferien im Rahmen ihrer künstlerischen Praktika.

Mit hoher Konzentration, großer Energie und eiserner Selbstdisziplin stand die Malerin bis zu ihrem Tod täglich Stunden an der Staffelei. Ihre künstlerischen Arbeiten – Stillleben, Porträts, Landschaften wurden in vielen Ausstellungen im In- und Auslang gezeigt. In den 50er und 60er Jahren entstanden zum Beispiel Holz- und Linolschnitte zu Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“ oder „Fragen eines lesenden Arbeiters“, 1970 schuf sie dann großformatige und kraftvolle  Arbeiten zu Carl Orffs „Carmina Burana“. In den 80er und 90er Jahren folgten zum Beispiel in rascher Folge zahllose Pastelle der Feldberger Landschaft („Herbstabendsonne“, „Carwitzer Bäk“, „Gestrüpp am Wege“), sehr schöne Porträts („Meine Mutter“, „Uta“, „Arno Wyzschniewski“, „Anna Ditzen“) und Bilder, in denen sie sich kritisch und aus unverkennbar linken Positionen mit Erscheinungen unserer Zeit auseinandersetzte, wie „Tanz ums goldene Kalb“, „Die Spieluhr“, „Die Geldfresser“, „Mahnung“ oder „Die Erde schreit“.

In einer langen Reihe von Bildnissen befragte sich die Künstlerin selbst, setzte sich mit ihren Ängsten und GMD - Die Eiferer 1998Hoffnungen auseinander. Stellvertretend dafür können die Gemälde „Dem Affen Zucker geben“, „Drei in einem Boot“, „Selbst“ und „Am Malen“ stehen.

Zu ihrem 85. Geburtstag im Jahre 2007 präsentierte die Galerie in Wittenhagen unter dem Thema „fünf und achtzig“ eine repräsentative Auswahl ihrer Arbeiten und zu ihrem 88. im Jahre 2010 erlebte die Künstlerin in ihrer Heimatstadt Leipzig die Ausstellung „heimspiel“ eine Würdigung ihres künstlerischen Schaffens.

„Die Lust zu Malen, das Glück sich bildkünstlerisch äußern zu können, Qual, Wut, Zorn, Glück, Begeisterung, Erinnerung, ist Bewältigung – Lebensbewältigung.“, sagte sie und malte weiter.

GMD verstarb im Alter von 88 Jahren am 13. März 2011.

Literaturhinweise:

Gabriele Meyer-Dennewitz. Malerei. Grafik. Arbeiten aus fünf Jahrzehnten, cw strelitzia Neustrelitz 1999, 81 Seiten.

Uwe Wieben: Pastelle der Feldberger Landschaft. Die Malerin und Grafikerin Gabriele Meyer-Dennewitz, In: Mecklenburg. Zeitschrift für Mecklenburg-Vorpommern, 42. Jahrgang, Schwerin, 3/2000, S.26.

Gabriele Meyer-Dennewitz. Ein Malerbuch von Erhard Kunkel, cw Obotritendruck Schwerin 2002, 154 Seiten.

Gabriele Meyer-Dennewitz. Malerei. Grafik. Zeichnung. Herausgegeben vom Thomsdorfer Kunstkaten, Schwerin 2007, 57 Seiten.

 

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