Rev. W. H. Hechler: Ihr Kinder Abrahams, wachet auf!

Von Rev. Prof. W, H. Hechler, kgl. engl. Botschaftspfarrer in Wien.

*) Der „Welt“ vom 11. Juni 1897 entnommen.


Als Christ glaube ich auch an die jüdische nationale Bewegung „Zionismus“ genannt, denn nach der Bibel, ja nach den alten hebräischen Propheten selbst, muss ein „Judenstaat“ noch einmal in Palästina erstehen, und wie es mir scheint, nach den Zeichen der Zeit zu urteilen, werden die Juden sehr bald wieder ihr eigenes liebes Heim im alten, von Gott gegebenen Vaterlande besitzen. Möge sich bald der Ruf erheben:

Palästina für die Juden!

Vergessen Sie nie, Gott der Allmächtige hat das gelobte Land dem Abraham und seinen Kindern auf ewig gegeben.

„All' das Land, welches du siehst, will ich dir zu eigen geben, und deinen Nachkommen für immer.“

Genesis (1. Buch Mose) 13 : 15.

Dann, als Abraham 99 Jahre alt war und Gott ihm statt seines alten Namens „Abram“ den neuen Namen „Abraham“ gab, und einen ewigen Bund mit ihm schloss, und Abraham als 99 jähriger Mann der erste Jude und Stammvater der Juden wurde, fügte Gott hinzu:

„Ich will Dir und Deinen Nachkommen nach Dir das Land verleihen, in welchem Du jetzt als Fremdling weilst, das ganze Land Kanaan zum Eigentume für immer und will ihr Gott sein.“

Genesis (1. Buch Mose) 17 : 8.

Und im nächsten Jahre, als Abraham 100 Jahre alt war, gab ihm Gott Isaak, den Sohn der Verheißung, der der erste ist, der als Jude geboren wurde, denn Abraham war ja erst seit einem Jahre als Jude in den Bund mit Gott aufgenommen worden. Nach der biblischen Chronologie wurde aber Isaak im Jahre 1894 auf 1893 vor Christi Geburt geboren, und jetzt schreiben wir 1897 nach Christi Geburt, das aber auch 1893 oder 1894 sein kann, da in unseren Tagen kein Mensch mehr das, genaue Geburtsjahr Christi bestimmen kann.

Merkwürdigerweise stehen wir also heute in der Weltgeschichte nach Christi Geburt gerade da, wo vor Christi Geburt Gott dem Abraham und seinen Nachkommen „das ganze Land Canaan“ als Heimat auf ewig gab, und das jüdische Volk zu bestehen anfing, und jetzt, 1897, wünschen Tausende, viele Tausende von Juden in ihr von Gott gegebenes Vaterland zurückzukehren, um als neugeborene Nation wieder neben den anderen viel jüngeren Völkern gezählt zu werden.

Wunderbar sind die Wege Gottes mit seinem alten Bundesvolke Israel!

Zum dritten Male wiederholte Gott sein Versprechen, dieses Mal aber dem Enkel Abrahams, dem Jacob, damit das jüdische Volk ja nicht das ihm von Gott gegebene Vaterlandes vergesse:

„Dieses Land werde ich deinen Nachkommen für immer zum Besitz verleihen.“

(Genesis* (1. B. Most) 48 : 4.

Auch die Größe und Grenzen des Landes im Norden, Süden, Osten und Westen hat Gott selbst bestimmt, als er seinen Bund mit Abraham schloss:

„An jenem Tage schloss Jehovah einen Bund mit Abram und sprach: Deinen Nachkommen will ich dieses Land geben vom Strome Ägyptens an bis zum großen Strom, dem Euphratstrom.“

(Genesis (1. B. Mose) 15 : 18.

Und als Moses vor seinem Tode das ganze Volk Israel zur treuen Erfüllung aller Gebote Jehovah' s ermahnte, sagte er im Namen Gottes:

„Wenn ihr meinen Geboten, die ich euch heute gebe, treulich gehorcht, indem ihr Jehovah, euren Gott, liebt und ihm von ganzen Herzen und von ganzer Seele dient, so werde ich eurem Lande zur rechten Zeit Regen geben, Frühregen wie Spätregen . . .

Seid wohl auf eurer Hut, dass sich euer Herz nicht betören lässt und ihr nicht andere Götter verehrt, und euch vor ihnen niederwerft; sonst wird der Zorn Jehovah's gegen euch entbrennen und er wird den Himmel verschließen, so dass kein Regen mehr fällt und der Boden seinen Ertrag nicht mehr gibt und ihr werdet rasch aus dem schönen Lande verschwinden, das euch Jehovah verleihen will."


Von der Steppe bis zum Libanon, vom Strome, dem Euphratstrom, an bis an das westliche Meer soll sich euer Gebiet erstrecken. Niemand wird gegen euch standhalten.

Deuteronomium (5. B. Mose) 11 : 13 — 25.

Das ist also ein solch' großes Land, das Gott den Juden auf ewig gegeben hat, dass 20 — 30 Millionen Menschen da leicht nebeneinander wohnen können. Es ist eines der wunderbarsten Länder der ganzen Erde, mit kalter, gemäßigter und heißer Zone. Ein Land, wo die Errungenschaften der Bodenkultur und der Zivilisation der ganzen Erde leicht verwertet werden können, und ein Zentrum für Handel und Gewerbe, wie kein anderes Land der Welt.

In unseren Tagen ereignet es sich auch wieder nach langen, langen Jahren, dass der Spätregen sich in Palästina wieder einstellt.

Also, nicht nur in den Propheten, sondern sogar durch die Natur scheint Gott heute auszurufen:

„Israel! Komme zurück in dein Vaterland! Das Land hat seine Sabbate gefeiert, und der Himmel öffnet sich wieder, nachdem er verschlossen gewesen ist, wie es der Prophet vorhersagte, weil du andern Göttern dientest; nun aber wartet das Land seines Volkes, dem ich es gegeben habe!“ —

Wie wunderbar!

Palästina ist das einzige Land der ganzen Erde, zu dessen Eigentümern Gott selbst die Juden bestimmt und als solche genannt hat, und dorthin wollen und müssen sie einmal zurückkehren, denn Deuteronomium (5. B. Mose) 30 : 1 — 5 schreibt Moses:

„ Wenn sich einmal alles dieses der Segen und der Fluch, was ich dir in Aussicht stelle, an dir erfüllt haben wird, und du es unter allen den Völkern, unter die dich Jehovah, dein Gott, verstoßen hat, zu Herzen nimmst und sammt deinen Kindern von ganzem Herzen und von ganzer Seele zu Jehovah, deinem Gotte, dich bekehrst und seiner Stimme gehorchst in Allem, was ich dir heute gebiete, so wird Jehovah, dein Gott, dein Geschick wenden und sich deiner erbarmen und wird dich wiederum sammeln aus allen den Völkern, unter die dich Jehovah, dein Gott, zerstreut hat. Wenn Versprengte, die zu dir gehören, am Ende des Himmels befinden sollten, wird dich Jehovah, dein Gott, von dort sammeln, und dich von dort holen und Jehovah, dein Gott, wird dich in das Land bringen, das deine Väter besessen hatten, damit du es besitzest“

Gewiss wird auch dann durch diese, von Gott schon längst vorhergesagte Rückkehr der Juden von allen Enden der Erde, das traurige Los so vieler armer verfolgter Juden verbessert werden und dann muss auch der böse Hass des Antisemitismus aufhören.

Die Türkei kann ja nur gewinnen, wenn eine fleißige, ackerbautreibende und steuerbezahlende jüdische Bevölkerung sich in Palästina festsetzen darf mit einer geordneten und gesicherten Selbstregierung unter türkischer Oberhoheit und unter dem Schutze der europäischen Mächte.

Eine solche glückliche Lösung der brennenden Judenfrage, die gerade jetzt zu einer baldigen und friedlichen Lösung drängt, kann dann auch getrost die völkerrechtliche Anerkennung aller europäischen Staaten erhalten. Durch diese wird dann auch das Wort des Propheten Jesaja erfüllt werden:

„So spricht der Herr, Jehovah:

fürwahr, ich will nach den Heiden hin meine Hand erheben und nach den Volkern zu mein Panier aufstecken, dass sie deine Söhne im Busen herbeibringen und deine Töchter auf der Schulter hergetragen werden.

Und Könige sollen deine Wärter sein und ihre fürstlichen Gemahlinnen deine Ammen.“

Jesaja 49 : 22, 23.

Sicher bin ich, dass die Errichtung eines geregelten jüdischen Staates in Palästina mit der Zustimmung und gütigen Hilfe der europäischen Fürsten den anderen Nationen der Erde nur zum Heile gereichen wird, denn wiederum sagen die Propheten :

„In der letzten Zeit wird von Zion die Lehre ausgehen und das Wort Jehovahs von Jerusalem.“

Jesajah 2 : 2, 3, und genau ebenso Micha 4 : 1 — 3

„So spricht Jehovah der Heerscharen: Fürwahr, ich werde mein Volk heimbringen und wie ihr unter den Nationen zum Fluche geworden seid, Haus Juda und Haus Israel, so bringe ich euch Heil, dass ihr zum Segenswunsche dienen sollt. Seid getrost! Regt rüstig eure Hände!

Denn so spricht Jehovah der Heerscharen! Wie ich beschlossen habe, euch übel zu tun, als mich eure Väter erbitterten, spricht Jehovah der Heerscharen, und mich's nicht gereuen ließ, so habe ich nun gleichfalls in diesen Tagen beschlossen, Jerusalem und dem Hause Juda wohlzutun. Seid getrost! Dies ist's, was ihr zu thun habt!“ Sacharja 8:7—16.

Nach den biblischen Weissagungen soll auch Jerusalem 42 Monate lang unter den Füssen der Heiden zertreten werden. Bei den Propheten aber hat, wie jeder Theologe weiß, ein prophetischer Monat 30 prophetische Tage, und ein prophetischer Tag ist gleich einem Jahre. Folglich sind 42 prophetische Monate gleich 42-mal 30 oder 1260 Jahre.

„Die Heiden werden die heilige Stadt zertreten zwei und vierzig Monate lang.“

Offenbarung Johanne* 11 : 2.

Fragen wir nun: Seit wann ist Jerusalem eigentlich unter den Füssen der Heiden zertreten worden? So finden wir in der ganzen Weltgeschichte ein Hauptdatum, nämlich 637 auf 638 nach Christi Geburt, als Omar, der dritte Kalif und Schwiegervater Mohammeds, Jerusalem einnahm und die christliche Kirche, die damals an der Stelle des jüdischen Tempels auf Berg Morija in Jerusalem stand, in eine türkische Moschee umwandelte, die jetzige Mosche Omars.

Addieren wir nun zu 637 auf 638 die 1260 Jahre der Zertretung Jerusalems hinzu, so bekommen wir die Jahre 1897 oder 1898.

Die Schlussfolgerung ist, dass, wenn wir hier mit den von Gott bestimmten Anfang der schon längst vorhergesagten Zertretung Jerusalems richtig gefunden haben, wir jetzt in der Zeit der Rückkehr der Juden nach Palästina stehen müssen. Die nächste Zukunft wird es zeigen, ob diese Berechnung und Erklärung der biblischen Prophezeiung richtig ist. Dessen bin ich sicher, dass, wenn die jetzige, die von Gott bestimmte Zeit der Rückkehr der Juden nach Palästina ist, keine Macht die Erfüllung seines Willens wird verhindern können.

Und wenn wir die heute schon mächtige zionistische Bewegung in der ganzen Welt sehen, und erfahren, dass über 60 000 Juden schon in Palästina wohnen, so scheint es mir, dass die Rückkehr der Juden schon begonnen hat. Also, nur mutig vorwärts nach Palästina! Der Prophet Jesaja ruft uns heute noch zu in jenem wunderbaren Liede, in welchem er die Heimkehr Israels nach Zion schildert:

„Herbei, ihr Völker, zu hören, und gebet Acht, ihr Nationen!

Jehovahs Befreite kehren heim und gelangen nach Zion mit Jauchzen und ewige Freude um ihr Haupt!

Wonne und Freude erlangen sie, und Kummer und Seufzer werden entfliehen.“


Jesaja 34 : 1 und 35 : 10.

Alles dieses hindert ja keinen Juden daran, ein treuer und loyaler Bürger in dem Lande zu sein, wo er jetzt lebt.

Wenn aber die zionistische Bewegung so eifrig und werktätig fortschreitet, wie sie es jetzt in der ganzen Welt tut, so kann dieses wunderbare neunzehnte Jahrhundert der Elektrizität und Eisenbahnen, wo alles schnell geht, und welches die Entstehung des neuen Deutschen Reiches und anderer Reiche gesehen hat, zum Schlüsse noch die Gründung des neuen Judenstaates erleben. Das gebe Gott!

Was beweißt dies Alles? Dass ich als gläubiger Christ glauben muss, dass die Juden wieder einmal nach Palästina zurückkehren und einen neuen Judenstaat gründen werden, denn so steht es im Worte Gottes geschrieben, und Gott will es.

Das ist Euer Motto! — Gott will es!

Die Worte Eures gottbegnadigten königlichen Dichters David, rufe auch ich Ihnen zu:

„Betet für den Frieden Jerusalems! Es wird denen Wohlergehen, die Dich lieben!

Psalm 122 : 6.

Ihr Kinder Abrahams, wachet auf! Gott selbst, der himmlische Vater, ruft Euch in Euer altes Vaterland zurück und will Euer Gott sein.

Und dieser Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs segne Euch mit himmlischen Segnungen über Bitten und Verstehen und setze Euch noch Vielen zum Segen wie ER es durch seine Propheten vor Alters verheißen hat.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Zionisten und Christen