Ratsbesoldungskasse

Wie die Regelung der milden Stiftungen, so stand auch die Errichtung der Ratsbesoldungskasse in Zusammenhang mit der Hebungsangelegenheit. Hier galt es, einem besonders dringenden Übelstand abzuhelfen. Von Anfang an hatten weder die Bürgermeister noch die Ratsherren Gehalt genossen. Sie mussten sich außer kleinen Gefällen an dem genügen lassen, was die Akzise von Wein, Branntwein, Essig und fremdem Bier einbrachte. 1681 legten die Ratsmitglieder aus eigenen Mitteln die Patrimonialkasse an, in die jedes neu erwählte Mitglied beim Antritt seines Amtes eine gewisse Summe zu zahlen hatte. Aus den Zinsen wurde ein jährlicher Zuschuss zum Einkommen gewährt.

Aber die Hauptmasse des Einkommens musste immer noch aus den Sporteln gewonnen werden. So war es kein Wunder, wenn diese, zumal die bei der Bevölkerung so verhassten Verlehnungsgebühren, so viel wie möglich ausgenutzt wurden. Das dadurch bewirkte Steigen der Einkünfte der Ratsmitglieder war, wie Nettelbladt auf Grund städtischer Akten feststellen konnte, seit dem Jahre 1804 ein besonders auffälliges gewesen.
Im November 1827 legte Nettelbladt den Plan zur Errichtung einer Ratsbesoldungskasse vor. Der Rat erklärte sich unter Haupts Führung am 10. September 182S im allgemeinen einverstanden mit der Umwandlung der bisherigen Sporteleinkommen in feste Gehälter, machte aber eine genügende Höhe der Gehälter — Nettelbladt wollte für den ersten Bürgermeister nur 1.500 Taler bewilligen — , eine ausreichende Fundierung der Besoldungskasse und eine allmähliche Vergrößerung des Fonds derselben durch Ansammlung der Hälfte ihrer Jahresüberschüsse zur Bedingung.


Die Verständigung über diese Punkte wurde von Nettelbladt selber erschwert, indem er mit den bürgerschaftlichen Kommissionsdeputierten, die den Forderungen des Rats nicht in allem beipflichteten, in Sonderverhandlungen trat und dem Rat gegenüber einen hochfahrenden Ton anschlug. Ein Versuch Nettelbladts, mit dem Ausschuss selber anzuknüpfen, misslang: er bekam überhaupt keine Antwort.

Im Januar 1831 *) wurden die abgebrochenen Verhandlungen durch eine rätlich-bürgerschaftliche Kommission wieder aufgenommen. Ein von Haupt verfasstes Regulativ über die Feststellung der Ratsgehälter wurde den Beratungen des Magistrats und der bürgerschaftlichen Quartiere zu Grunde gelegt. Jetzt aber konnte zwischen dem Rat und dem zweiten bürgerschaftlichen Quartier über die Gehaltsskala keine Einigung erzielt werden. Am 23. Mai 1831 rief der Rat die Entscheidung der Regierung an, die unterm 28. Dezember erfolgte und vermittelnd die Gehälter der Bürgermeister auf 1.700 und 1.400, des Syndikus auf 1.400, der rechtsgelehrten Senatoren auf 1.000 bis 700, der nicht rechtsgelehrten auf 800 bis 400 Taler festsetzte. Zu Gunsten der früher besser gestellten Beamten — die Einkünfte des ersten Bürgermeisters z. B. wurden vorher auf mehr als 2.000 Taler geschätzt — traten für deren Lebenszeit Übergangsbestimmungen ein. Das Regulativ konnte mit Anfang 1832 in Kraft treten. Die Einrichtung der Ratsbesoldungskasse wurde sogleich in Angriff genommen, die Naturalabgaben in Geld umgewandelt und die Verlehnungsgebühren reguliert, die Patrimonialkasse als Grundstock der neuen Kasse zu gesonderter Verwaltung der Kämmerei überwiesen, an die auch alle Sporteln, Gebühren und Zuschüsse der anderen städtischen Kassen abzuführen waren. Aus der Hebungskasse z. B. wurden ohne den von der Regierung gestrichenen neuen Zuschuss von 500 Talern jährlich 1.900 Taler beigesteuert.

Die Überschüsse der Ratsbesoldungskasse verblieben dieser gemäß einer zu Gunsten des Rats erfolgten Regierungsentscheidung. 1841 waren hierdurch schon 8.000 Taler angesammelt, sodass 1845 die Gehälter der beiden jüngsten rechtsgelehrten Ratsherren mit je 100, die der beiden jüngsten nicht rechtsgelehrten mit je 50 Talern jährlicher Zulage aufgebessert werden konnten.

*) Ratsarchiv Tit. I, No. 7, Vol. 47.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wismar unter dem Pfandvertrage, 1803 bis 1903