Abbürdung der Kriegsschulden

Die Kriegsschäden der Stadt betrugen schon bis zum 10. Februar 1807 über 107.539 Taler. Später wurden sie für die ganze Kriegszeit auf mehr als 170.837 Taler berechnet. Was konnte solchen Summen gegenüber die im April 1809 bewilligte aber erst 1812 flüssig gemachte Landesunterstützung von 12.000 Talern nützen, die, in kleinen Jahresraten angewiesen, erst mit dem Antonitermin 1848 vollständig abgezahlt war? Am 3. September 1827 erhielt die Stadt allerdings durch Vergleich mit der Landschaft noch eine weitere Entschädigung von 18.000 Talern N 2 /3 zugebilligt, die sich durch Verzinsung auf 21.000 Taler erhöhte. Aber für die dringende Not des Augenblicks kam eine so späte Hilfe gar nicht in Betracht. Ja, die Not wurde noch gesteigert durch die schwere Kriegs-Kontribution, die das Land schon im Februar 1807 ausschreiben musste. Wismar konnte seinen Verbindlichkeiten gegen die Landesherrschaft nicht mehr nachkommen. Von 1807 an wurde es wegen Nachzahlung der rückständig gebliebenen Staatsgelder, Akzise-Rekognition, Hufensteucr, Orbör. Tribunal- und Konsistorialsteuer ohne Aufhören hart bedrängt. **)

*) Vgl.Crain. Wismars Schicksale während der französischen Kriege. Denkblätter zur Feier des 19. August 1853. Wismar. Gedruckt in der Ratsbuchdruckerei von J. G. W. Oesten Wwe. — Materialien über die Kriegsschäden u. a im Ratsarchiv Tit. XI, No. 4, Vol. 40, 41, 64, 84, 89; Tit. XIV, No. 3, Vol. 20.
**) Ratsarchiv Tit. XI, No. 4, Vol. 421.


Bei dem schon vorher verzweifelten Zustand der städtischen Kassen hatte Wismar den Anforderungen der Kriegszeit nur durch massenhafte, zum Teil zwangsweise erhobene Anleihen nachkommen können. Gegen Ende der Kriegszeit wurden die Gläubiger dringlicher. Wismar war es unmöglich, sie alle zu befriedigen, und so türmten sich die Schuldklagen gegen die Stadt zu Bergeshöhen an. Bis 1816 und 1817 zogen sich die Schuldprozesse hin; eine gründliche Regelung der durch den Krieg entstandenen Schuldverhältnisse ließ sich nicht länger aufschieben, sollte nicht das ganze Stadtwesen völlig zugrunde gerichtet werden. So entschloss man sich endlich im Jahre 1817, 100.000 Taler von den Kriegsschulden auf Einwohner und Grund-stücke zu verteilen und eine planmäßige Tilgung einzuleiten, die auch in wenigen Jahren durchgeführt war. Die damals noch fehlenden 40.000 Taler sollten durch die Landes-Unterstützung und durch die hinzukommenden Beiträge neuer Bürger gedeckt werden. Das zog sich naturgemäß etwas in die Länge, aber 1835 war auch dies im Wesentlichen geleistet. Die Kriegsschulden-Tilgungskommission konnte aufgelöst wer-den.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wismar unter dem Pfandvertrage, 1803 bis 1903