Als Versicherungs- und Bankinstitute noch als Hilfsanstalten für Handel und Gewerbe galten

In wie naher Beziehung auch Politik und Volkswirtschaft zu einander stehen mögen, ein Grundzug wird immer die Ereignisse auf dem einen Gebiet von denen auf dem andern unterscheiden. In der Politik herrscht das trennende, in der Volkswirtschaft das einigende Element vor. Selbst wo in ersterer Einheitsbestrebungen zersplitterter Zweige desselben Volksstammes, derselben staatlichen oder kirchlichen Partei auftreten, gilt es doch vornehmlich die Kräftigung des Gleichartigen oder Gleichgesinnten zum Zweck einer um so entschiedeneren Abtrennung vom Ungleichartigen oder Widerstrebenden; denn was Natur durch Ausprägung der körperlichen Erscheinung, der Sprache, der Lebensweise, was historische Verhältnisse durch Ausbildung der Sitte und Denkungsart unverkennbar gesondert, das strebt — wenn auch des Zieles sich unbewusst — jedes auf seinem Wege dahin, durch Darstellung der Mannigfaltigkeit in der Einheit das Gesamtbild der Menschheit, sowohl mit seinen Licht-, wie mit seinen Schattenseiten, vervollständigen zu helfen.

Eine ganz andere Grundfärbung offenbart uns dagegen ein Blick auf die Ereignisse im Bereich der Volkswirtschaft, Ursprünglich unleugbar von Selbstsucht und Eigennutz getrieben, aber durch gleichartige Zwecke unwillkürlich gleichartigem Streben verbunden, sehen wir hier die Völker der Erde gern und immer eifriger sich die Hände reichen zum gemeinsamen Werke, zum Schaffen und Veredeln der Güter, die das Leben ermöglichen, erleichtern und verschönern, sowie zum wechselseitigen Austausch derselben. Jedes neuerworbene Mittel zur Verwirklichung volkswirtschaftlicher Zwecke, jede Vervollkommnung des Verkehrswesens, jeder Zuwachs nationalen Reichtums wird bald Gemeingut auch aller übrigen Nationen. Je stärker aber diese Interessen vorwiegen im Leben der Völker, um so weiter wird das Abstoßende und Verletzende, das jede neue Gruppierung auf politischem Gebiet hervorzurufen pflegt, in den Hintergrund gedrängt; die Völker lernen sich gegenseitig achten, indem sie gegenseitig ihre Eigentümlichkeiten und deren Bedeutung für die Gesamtheit besser würdigen lernen, und das Schwert — Vorkämpfer mehr noch als Bekämpfer der Barbarei — wird immer seltener, ball hoffentlich nur noch zur Abwehr unzivilisierter Horden gezogen werden. Sind es doch hauptsächlich volkswirtschaftliche Rücksichten, welche dahin geführt haben, dass kein noch so ruhmwürdiger Kriegsheld in unsern Tagen sein Heer lediglich für einen Eroberungskrieg zu begeistern vermöchte, ja dass die verfängliche Frage der Armeereduktion — eine Mimose auf dem Felde der Diplomatie — bereits zu einer Forderung der Notwendigkeit formuliert, von den Großmächten Europas ernstlich in Beratung gezogen wird. Hatte der Präsident Louis Napoleon den lebhaften Aufschwung der Industrie im Auge, zu dem er später als Kaiser den Anstoß gegeben, so durfte er mit Recht behaupten: „L’empire c’est la paix!“ Denn die gesteigerte Entwicklung volkswirtschaftlicher Tätigkeit mit ihren tausend und aber tausend ineinandergreifenden Beziehungen und Interessen legt den Nationen eine solidarische Verpflichtung auf — nicht etwa zu feiger Nachgiebigkeit, aber zur Achtung gegenseitiger Rechte, mithin zum Vermeiden politischer Konflikte, deren Lösung nur durch das Schwert möglich sein würde. Fordern dennoch Recht und Ehre, Gewalt mit Gewalt abzuweisen, so werten selbst dann noch volkswirtschaftliche Rücksichten, als treue Wächter der Zivilisation, sich stark genug beweisen, maßloses Überschreiten der Grenzen äußerster Notwendigkeit zu verhüten. So vermag auch die Sorge um das materielle Wohl, obgleich ausschließlich die endliche Natur des Menschen umfassend, ewige Interessen zur Geltung zu bringen! Forderungen der Vollwirtschaft wecken in uns das Bedürfnis derjenigen Güter, die Religion, Philosophie und Humanität uns längst als aneignungswert in der Ferne gezeigt hatten, aber:


„Nichts wird,“ sagt ein neuerer Dichter*) sehr wahr,
„dem Menschen je gegeben,
Wenn das Bedürfnis er dazu nicht fühlt;
Es muss ein Streben sein aus tiefster Seele,
Das nach Befried’gung lechzt und sie sich sucht.“

*) Henrik Hertz: König Renes Tochter

Jenem Streben nach Einheit in der Mannigfaltigkeit, das wir in Vorstehendem charakterisiert, wird neuerdings durch die sich mehrenden internationalen Versammlungen ein legitimer Ausdruck verliehen. Nicht nur Fragen der Religion, der Wissenschaft oder Kunst, die längst unbestritten als Gemeingut der ganzen Menschheit anerkannt sind, finden gegenwärtig ihr internationaler Forum, sondern auch volkswirtschaftliche Fragen, die bisher jede Nation, ja jeder kleine Staat und jedes kleine Städtchen nach eigenem Ermessen zu lösen oder ungelöst zu lassen gewohnt war. Die erste Anregung zu dieser, unsrer Zeit ganz eigentümlichen Bewegung mag die Versammlung der amerikanischen und englischen Friedensfreunde zu London im Jahre 1843 gegeben haben, welcher bekanntlich 1848 der erste internationale Friedenskongress zu Brüssel, 1849 der zweite zu Paris und 1850 der dritten Frankfurt a. M. folgte. In Beziehung auf den speziellen Zweck des Friedenskongresses lässt sich das Resultat dieser Zusammenkünfte nicht besonders hoch anschlagen, um so höher dagegen der moralische Gewinn, welcher der Zivilisation aus dem erstmaligen freien Zusammenwirken verschiedener Nationalitäten zu einem gemeinsamen, wenn auch als vag und imaginär verschrieenen Zwecke erwuchs. Als zweiter und wichtigerer Motor in der angedeuteten Richtung ist ohne Zweifel die Londoner Weltausstellung im Jahre 1851 zu betrachten, sowie nicht minder ihre vier Jahre jüngere Pariser Schwester. Eine Frucht beider war das sich immer weiter verbreitende Verständnis jener solidarischen Verpflichtung aller Nationen zum Schutz einer ungestörten Entwicklung der industriellen und kommerziellen Interessen. Die internationalen Wanderversammlungen der letzten Jahre endlich bilden eine dritte hoffnungsreiche Blüte für den Siegerkranz des künftigen Völkerfriedens. In den von uns hier zu besprechenden Zeitraum fallen zwei solcher Versammlungen, die wegen ihrer Beziehung zur Volkswirtschaft für uns eine besondere Bedeutung haben: wir meinen den statistischen Kongress in Wien und den internationalen Kongress für Wohltätigkeit in Frankfurt a. M.

Der erstere, am 31. August eröffnet, zählte unter seinen 487 Mitgliedern Vertreter fast sämtlicher europäischer Staaten. Auch waren die meisten Regierungen (mit Ausnahme von Preußen. Neapel, Sardinien, Griechenland, dem Kirchenstaat, den beiden Hessen, Mecklenburg-Strelitz und Oldenburg) durch offizielle Delegierte repräsentiert, unter diesen selbst die Türkei, die in ihrem Repräsentanten Davoud Effendi (mit seinem Familiennamen Davoud Oghlou, dem gelehrten Verfasser einer Jakob Grimm gewidmeten deutschen Rechtsgeschichte) eine sehr glückliche Wahl getroffen hatte. Eine Vereinbarung über die oft schroff divergierenden Methoden, nach welchen in den verschiedenen Ländern statistische Nachweise zusammengestellt und daraus die für alle Zweige des Staatswesens wichtigen Resultate gezogen werden, sowie der gegenseitige lebendige Austausch dieser Resultate kann nur von den wohltätigsten Folgen für sämmtliche daran teilnehmenden Staaten sein. Unter allen ähnlichen Versammlungen ist deshalb auch keiner von so weittragendem praktischen Einfluss, wie der statistische Kongress: derselbe hat in diesem Jahre seine dritte Versammlung gehalten.

Auf minder scharf abgegrenztem Boden steht der Wohltätigkeitskongress, der die verschiedensten, die öffentliche Wohlfahrt betreffenden Fragen in den Kreis seiner Beratung zieht. Das diesjährige Programm hatte drei verschiedene Rubriken aufgestellt: öffentliche Wohltätigkeit, Erziehungswesen und Gefängniswesen, deren Unterabteilungen aber viel zu zahlreich waren, um sämtlich zur Besprechung gebracht werden zu können. Das Streben dieser Versammlung kann, obwohl auch für sie jedes Mal offizielle Repräsentanten einzelner Regierungen delegiert waren, vorerst nur dahin gehen, gesunden Prinzipien gewissermaßen eine moralische Stützt zu verleiben, indem sie sich für dieselben ausspricht. Diesem Zweck aber trat — bei ihrer Beratung in Frankfurt wenigstens — der Ausschluss der Öffentlichkeit und der hohe Eintrittspreis (20 Fr. die Karte) hindernd in den Weg. Praktischen Einfluss wird sich dieselbe erst noch im Laufe der Zeit zu erwerben haben. Viel hat übrigens nicht gefehlt, dass schon die diesjährige Versammlung eine praktische Bedeutung erlangt hätte, freilich eine wenig beneidenswerte, vor der ein guter Genius sie glücklicherweise bewahrt hat. Die auf dem Kongress mit ihren hervorragendsten Kräften vertretene klerikale Partei der belgischen Kammer führte nämlich nichts Geringeres im Schilde, als die Versammlung zur Adoption gewisser in dem bekannten belgischen Wohltätigkeitsgesetz ausgesprochener (an sich durchaus unverfänglicher) Grundsätze zu bestimmen, um so gleichsam durch die Sanktion eines europäischen Areopags ihren Bestrebungen eine gewichtige Stütze zu verschaffen. Noch am Abend vor der Eröffnung beschloss deshalb das Vorbereitungskomitee einige dahin bezügliche (die Grenzen der öffentlichen und Privat-Wohltätigkeit betreffende) Fragen aus dem bereits am 1. August aufgestellten Programm zu streichen. Ein Antrag auf Wiederherstellung derselben wurde ebenfalls glücklich beseitigt. — Auch dieser Kongress tagte schon zum dritten Male. Die erste Versammlung hatte 1855 zu Paris, die zweite 1856 zu Brüssel stattgefunden.

Ein anderes wichtiges Moment gegenseitiger Annäherung der Völker zeigt sich in der ansehnlichen Zahl von internationalen Verträgen, die neuerdings auf immer liberalerer Basis abgeschlossen werden. Unter den Handels- und Schifffahrtsverträgen sind es namentlich die von einer ganzen Reihe europäischer Staaten mit Persien vereinbarten Traktate, welche dieses Land dem Handel des Abendlandes zugänglich machen und der in vielen Zweigen übermäßig gesteigerten Industrie einen neuen bedeutenden Markt öffnen werden. Auch die mit anerkennenswerter Konsequenz eingeleiteten Maßregeln Frankreichs zum internationalen Schutz des literarischen und künstlerischen Eigentumsrechts sind hierher zu zählen, wenngleich der Gewinn aus denselben zunächst hauptsächlich Frankreich zufällt, das in neuester Zeit einen ähnlichen Vertrag mit dem Großherzogtum Baden zum internationalen Schutz der Fabrikstempel und Etiketten abgeschlossen hat. Gegen diesen Letzteren erheben sich jetzt viele Stimmen in benachbarten deutschen Ländern, indem sie eine Stockung in der Fabrikation gewisser Waren, wie Schaumweine, Seidenstoffe u. A. befürchten, die bisher stets unter französischer Etikette auf den Markt gebracht wurden. Vom allgemein volkswirtschaftlichen und nationalen Standpunkte aus können jene Verträge nur mit Befriedigung aufgenommen werden. Fast jede Neuerung im Gewerbewesen hat bei ihrer Einführung in einem oder dem andern Zweige der Industrie Stockungen oder Krisen hervorgerufen, ja die größten gewerblichen Fortschritte (wir erinnern nur an die Einführung der Dampfmaschine) sind noch immer mit den größten Opfern erkauft worden. Am wenigsten schwer aber, meinen wir, dürften jene Opfer wiegen, welche die nationale Ehre erfordert. Durch langjährige Gewohnheit üblich geworden, ist deshalb der Missbrauch, welcher bei deutschen Waren mit fremdländischen Etiketten getrieben wird, nicht minder verächtlich, und zuletzt wird es doch immer die Güte der Ware sein und nicht die Etikette, welche dem Absatz Dauer und Regelmäßigkeit verleiht.

Die gedrückten Verhältnisse des Geldmarktes, schon in unsrer Übersicht vom Monat Juli dieses Jahres mit einigen Worten erwähnt, haben sich seit jener Zeit in mancher Hinsicht noch verschlimmert. Noch immer drückt denselben die ungeheure Last der in den letzten Jahren, namentlich 1856, durch eine allzu lebhafte Unternehmungslust und einen wahrhaft stürmischen Spekulationseifer neugeschaffenen Werte, auf deren enormen Betrag bis jetzt nur ein verhältnismäßig geringen Bruchteil eingezahlt worden ist. Bei jeder weiter erforderlichen Einzahlung sehen sich viele Aktienbesitzer, die ihre Kapitalien zu stark in Anspruch genommen haben, genötigt, einen Teil ihrer Papiere loszuschlagen, sei es nun, um sich bares Geld zur Erfüllung jener Verbindlichkeiten zu verschaffen, sei es, um dieser letztern gänzlich überhoben zu werden. Eine natürliche Folge davon ist das Sinken der Werte und das Steigen des Disconto.*) Zu diesen Nachwehen des vorigen Jahres kommen aber auch noch neue Begebenheiten hinzu, welche die Lage der Börsen nur schwieriger zu machen geeignet sind. Hierher gehören der Aufstand im britischen Indien und die Geschäftskrisis in Nordamerika. Der erstere hat die Geldverhältnisse Englands, das genötigt ist, weit beträchtlichere Barsendungen als bisher nach Indien zu expedieren, derart gespannt, dass selbst das Ausbleiben einer einzigen, freilich sehr belangreichen Goldfracht aus Kalifornien, verursacht durch den verhängnisvollen Untergang des Postdampfers „Zentral-Amerika,“ sich an der Börse auf das Empfindlichste fühlbar machte. Die Reihe namhafter Fallimente mehrt sich in England wie auf dem Kontinent von Woche zu Woche. Hier haben besonders Frankreich und Österreich ein nicht geringes Kontingent zu der wahrhaft erschreckenden Menge gefallener Größen gestellt, deren Manche überdies noch traurige Beiträge zu einer Sittenschilderung unsrer Zeit geliefert haben; wir erinnern u. A. nur an den Prozess Thurneyssen in Paris, der in den letzten Wochen las Interesse des Zeitungspublikums so lebhaft in Anspruch nahm.

Die unter solchen Umständen neu auftauchenden gewerblichen Unternehmungen, deren Zahl übrigens noch immer nicht gering zu nennen ist, haben ihre Geldbedürfnisse gewöhnlich schon zum größten Teil im Privatwege gedeckt, bevor sie mit ihrem Projekt vor das Publikum treten. Gerechtfertigt sind sie, namentlich die in Deutschland gegründeten, entweder durch einen imposanten Bodenreichtum oder durch einen besonders lebhaften Aufschwung in dem betreffenden Gewerbszweige. Unter die ersteren rechnen wir eine ganze Reihe neugebildeter Bergbaugesellschaften, von denen uns die folgenden vorzugsweise erwähnenswert erscheinen: die Gesellschaft „Ida-Hoffnungshütte“ zu Gleiwitz in Ober-Schlesien, deren Besitz an Brauneisensteinfeldern sich über 3.000 Morgen erstreckt. Ihr Stammkapital ist vorerst auf 600.000 Thlr. limitiert. Nach der im Voranschlag aufgestellten Rentabilitätsberechnung würde sich der Reingewinn dieser, durch großen Erzreichtum und leichte Förderung begünstigten Unternehmung auf mehr als siebenundzwanzig Prozent vom Anlagekapital belaufen. Ebenfalls mit großem Grundbesitz von mehr als 3.000 Scheffel Landes in der Gegend von Hohenstein im Königreich Sachsen, hat sich zu Leipzig am 16. September eine „Sächsische Steinkohlen-Compagnie“ konstituiert. Im Bielatale bei Brüx, in Böhmen hat sich eine „Aktiengesellschaft für Industrie und Bergbau“ mit einem Capital von zwei Millionen Gulden gebildet, die verschiedene mit dem Kohlenbergbau verbundene Industriezweige, eine Glasfabrik, eine Dampfmühle und Ähnliches zu betreiben bezweckt und ihren Reingewinn voraussichtlich auf zwanzig Prozent vom Kapital berechnet. In Wien hat sich am 21. Sept. eine ähnliche Gesellschaft gebildet zur Betreibung der Berg- und Hüttenwerke bei Tergove an der kroatischen Militärgrenze.

Von neugegründeten Unternehmungen auf dem Gebiete der Industrie im engeren Sinne sind als die bedeutendsten zu erwähnen: eine Gesellschaft zur Herstellung landwirtschaftlich-chemischer Fabrikate, namentlich künstlicher Düngmittel und Zement. Das Grundkapital ist auf eine Million Gulden festgestellt, der Reingewinn im Voranschlag auf fünfzehn Prozent berechnet. Die Fabrik wird in Rosenheim in Baiern errichtet werden, die Gesellschaft aber ihren Sitz in München haben. Ein anderes, ebenfalls München angehörendes Unternehmen ist die in Mittenwald zu errichtende Asphalt- und Paraffinfabrik. Auch dem in letzterem Orte seit langen Jahren eingebürgerten Gewerbe der Saiteninstrumentenmacher soll im Fabrikwege ein neuer Aufschwung gegeben werden. Eine größere Eisengießerei zur Verarbeitung der reichen Eisenschätze des Harzgebirges wurde in Hannover gegründet, einer schon bestehenden Maschinenfabrik in St. Petersburg durch Umwandlung in eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 1.500.000 S.-R. eine sehr beträchtliche Ausdehnung verliehen. Dieselbe Umwandlung hat eine ähnliche große Maschinenfabrik zu Triest erfahren, welche von jetzt an unter dem Namen „Stabilimento tecnico triestino“ weiter betrieben wird. Auch eine neue Baumwollenspinnerei und Weberei, ein Industriezweig, der auf dem Kontinent, insbesondere im Zollverein, noch immer auf einen ergiebigen Markt zu rechnen hat, ist in Offenburg im Großherzogtum Baden im Entstehen begriffen. Eine Zuckerraffinerie mit einem Aktienkapital von 500.000 Thlr. wurde in Braunschweig, Rübenzuckerfabriken in Eversloh bei Hannover und in Lependorf bei Köthen errichtet. Als ein neues Beispiel weitverzweigter Arbeitsteilung verdient die kürzlich in Brüssel in großartigstem Maßstäbe ins Leben getretene Schraubenfabrik genannt zu werden. Alle Arten und Größen von Schrauben werden hier bei Weitem sorgfältiger, rascher und billiger verfertigt, als dies bei dem bisherigen Verfahren möglich war. Eine ähnliche Fabrik, deren erstes Muster in Nordamerika zu suchen, ist übrigens schon längere Zeit zu Salford bei Manchester in Betrieb. Das voraussichtlich reiche Ergebnis der diesjährigen Weinlese ruft an vielen Orten Glashütten hervor zur Fabrikation von Flaschen, unter diesen eine von größerer Bedeutung zu Niederrad bei Frankfurt a. M. Als bisher unbekannte oder doch nicht im Fabrikwege betriebene Gewerbezweige nennen wir noch eine Unternehmung in Süd-Russland zur Verwertung tierischer Stoffe, einschließlich solcher, die als Abfälle in Schlächtereien und Gerbereien bisher unbenutzt zu bleiben pflegten. Die Begründer derselben, zum Teil Russen aus den höheren Ständen, zum Teil Franzosen, wollen in der Nähe des schwarzen Meeres große Schlachthöfe, Anstalten zum Einsalzen von Fleisch, zum Ausschmelzen von Talg. Gerbereien und ähnliche Etablissements errichten und haben schon ein Schiff mit Maschinen, Material und Arbeitern aus Marseille nach Rostow am Don kommen lassen. Das Capital dieser Gesellschaft beträgt drei Millionen Silber-Rubel. Ebenfalls neu in ihrer Art ist die Korsettenfabrik in Stuttgart, vor Kurzem mit einem Kapital von 400.000 fl. auf Grund der schon seit einigen Jahren bestehenden d'Ambly’chen Fabrik gegründet. Wir erinnern uns noch sehr wohl einer Zeit, wo die öffentliche Meinung mit Energie gegen dies der weiblichen Jugend so verderbliche Toilettenrequisit (denn ein Kleidungsstück können wir es doch nicht nennen) zu Felde zog. Wir wollen damit nicht etwa auf das Wartburgfest zurückgreifen, wo bekanntlich neben Zopf und Korporalstock auch ein Korsett den Flammen übergeben wurde; wir meinen vielmehr die Zeit, wo in mehreren deutschen Städten, u. A. in Berlin Frauen, die den höchsten Kreisen der Gesellschaft angehörten, sich gegenseitig zur Abschaffung des Korsetts das Wort gegeben hatten. Ob diese Damen sämtlich ihrem heroischen Entschluss treu geblieben — wer vermag das zu sagen; so viel nur ist mit Sicherheit nachzuweisen, dass diese einzige Fabrik, von der wir hier reden, im vorigen Jahre, als sie ihren Geschäftsbetrieb also noch nicht durch Umwandlung in eine Aktiengesellschaft so weit ausgedehnt, wie gegenwärtig, schon einen jährlichen Umsatz von 700.000 fl. aufzuweisen hatte. Sapienti sat!

Von Hilfsanstalten für Handel und Gewerbe, zu denen wir Versicherungs- und Bankinstitute rechnen, sind in jüngster Zeit ebenfalls eine für die gegenwärtigen Verhältnisse nicht geringe Zahl neu entstanden. Unter diesen nennen wir eine Versicherungsgesellschaft in Oldenburg, eine Rückversicherungsgesellschaft in Frankfurt a. M. In Florenz ist eine Nationalbank auf Anregung der Regierung in der Gründung begriffen, in Lemberg die Errichtung einer Hypothekenbank vorbereitet. Ein kaiserlicher Ukas vom 25. August ordnet das gesamte Kreditwesen im russischen Reich, ein anderer Erlass von früherem Datum veröffentlicht die Bedingungen, unter welchen städtische Banken in Russland errichtet werden sollen. Der Enthusiasmus für die Erfindung des Herrn Pereire in Paris, der noch im vorigen Jahre Europa von einem Ende bis zum andern durchzuckte, durch seine Überschwänglichkeit aber nunmehr das Wort „Credit“ fast in Verruf gebracht hat, scheint erst in den letzten Monaten über die Scheren der norwegischen Küste hinausgedrungen zu sein. Ein schwacher Widerhall jener Bewegung tönt jetzt von dort zu uns herüber, wo in jüngster Zeit zu Christiania eine Kreditbank ins Leben getreten, für welche in wenigen Tagen 640.000 Speciesthaler gezeichnet wurden.