Sechste Fortsetzung

Der reiche Adel verlässt ungefähr zu gleicher Zeit mit dem Hofe die Residenz, bei Beginn der heißen Tage seine prächtigen Villen in Zarskoje-Sselo oder längs der Peterhof sehen Küstenstraße aufzusuchen. Wer jedoch in diesen Hofatmosphären kein Besitztum hat, oder wem die Berufsgeschäfte nicht gestatten, sich mit dem Beziehen eines Landsitzes auch von jeder Tätigkeit in der Stadt frei zu machen, trachtet dennoch für die wenigen Sommermonate eines von jenen vielen hölzernen Landhäusern zu mieten, welche in reizender Unregelmäßigkeit über die Newa-Inseln ausgeschüttet sind.

Diese Newa-Inseln, im Winter finnisches Schneefeld, im Sommer ein Paradies von mindestens der Quadratfläche einer deutschen Meile, sind schon aus diesem Gesichtspunkte in ihrer Art so eigentümlich; dass die gewöhnlichen Parks in Gegenden, wo die Natur das Meiste selbst geschaffen, dahinter zurückstehen müssen.


Allerdings verzichten wir auf Anhöhen, von welchen künstliche Ruinen herabschauen, auf Kaskaden, welche in glücklicher Benützung, anscheinend ungezwungen herniederrauschen; dagegen finden wir hier, wie nirgends mehr, drei mächtige Ströme, Arme der Newa, welche unter dem Namen der Kleinen Newa, der Kleinen und Großen Newka, in stiller Majestät ihre reichen, klaren Wassermassen, welche der Ladogasee schickt, zwischen diesen weitausgedehnten Waldgruppen und Wiesenplanen vorüberrollen. Zahlreiche elegante Brücken verbinden die Ufer, riesige Eichen, Ulmen und Buchen, wie sie sonst im Norden nicht gedeihen, wiegen ihre Zweige über dem Rande träumerisch versteckter Waldseen, — Blumenboskets, sorgsam gepflegt, — sind allerwärts in die grünen Wiesenflächen eingestreut.

Die Hunderte von Reit-, Fahr- und Fußwegen, über welchen sechs bis sieben Monate des Jahres eine schuhhohe Schneedecke liegt, und auf welchen bei Hochwasser und Eisgang alljährlich wuchtige Schollen sich ablagern, sind mit Beginn des Sommers, allerdings mit großen Kosten und durch die Arbeit Tausender von fleißigen Händen, überraschend schnell in den Zustand, welchem das Prädikat „vorzüglich" zuerkannt werden muss, versetzt.

Die Unterlage dieser Wege, welche durchgehends aus in Beton eingelassenen Steinen bestehen soll, und mit einer Lage feinen Sandes überworfen ist, lässt nirgends ein Geleise aufkommen, und wo ein Grashälmchen darauf zu sprießen versucht, wird solch' frevles Beginnen schnell vereitelt.

Alle Fahr- und Fußwege, Prospekte, Rondelle und Ausbiegungen, sind auf beiden Seiten, — etwa von je zwei zu zwei Arschin (Ellen) — mit niedrigen, stets weiß angestrichenen Pflöcken markiert, was sich von dem nordischen Saftgrün der Wiesen, wie man es nur in Schweden und England wiederfindet, dem Auge wohlgefällig abhebt. Am frühesten Morgen sind schon alle Wege frisch gerecht, und macht das Ganze den Eindruck eines mit fleißiger Sorgfalt zusammengeräumten Puppenzimmers, welches jedoch zufällig eine Quadratmeile groß ist.

Auf diesen großen Inseln nun, welche mit ihren Parks sich direkt an die nördlichen Stadtteile anschließen; so dass die langen Straßenzeilen Wassili-Ostrows und der Petersburger Seite sich unbemerkt in ihren, teilweise unabsehbaren Durchsichten verlieren, haben sich, — meist an den Ufern, reizende kleine Kolonien ein wenn auch vergängliches Dasein geschaffen.

Idealisierte Variierungen des schwedischen Bauernhauses, der Blockhütte aus Balken und Brettern, auf schwedische Art rot, die Dächer dagegen hellgrün angestrichen, mit efeuumwachsenen Veranden und mächtigen, meist weiß und roten Vorhängen und Marquisen aufgeputzt, laden zu idyllischer Seelenruhe und dem dolce far niente ein, wie es die gefeierten Villen auf dem Felsengestade Sorrents nicht besser vermögen.

Schön tapezierte Bäume, blumengeschmückte Altane, Hintergebäude für Dienerschaft, Unterkunft für Pferde und Wagen, der nie fehlende Eiskeller, schaffen städtischen Komfort, welchem die Badehütte in der Newa, die frische, feuchte Luft des nahen Meeres, und das Aroma des allseitigen Waldes hier noch höheren Wert verleihen.

Für Verbindungen mit der Stadt selbst ist auch für Jenen reichlich gesorgt, welchem nicht die Annehmlichkeit der eigenen Equipage vergönnt ist. Zahlreiche kleine Dampf boote, wie oben bemerkt, die empfehlenswerteste Gelegenheit, regelmäßig fahrende vierspännige Gesellschaftswagen, wie allerweges in den Orten Petrowsky, Krestowsky, auf Yelagin, in Kamenoi-Ostrow, in Nowajawie Staraja-Derewnia, Tag und Nacht haltende Droschken erleichtern den Verkehr mit dem wohl eine Stunde entfernten Centrum der Metropole; und lassen dem Petersburger, welcher wie nur irgend Jemand das Geheimnis, gut und fein zu leben, in seiner Tiefe ergründet hat, in seinem komfortablen Bretterhause nichts vermissen.

Von den etwa vierzig Inseln des Newadelta's, deren die Stadt Petersburg selbst einen Teil für sich in Beschlag genommen, mit Palästen und Häusern überdeckt hat, sind nur die oben genannten fünf die eigentlichen Garteninseln; und werden im Munde des Petersburgers kurzweg als die „Inseln" bezeichnet. Die übrigen, obgleich noch alle zum Weichbilde der Stadt gehörend, sind mit geringen Ausnahmen gänzlich unbekannt, und dem Zustande vollkommener Wildnis überlassen.

In einer Hinsicht jedoch teilen alle, sowohl die in reizende Parks umgewandelten, wie die gänzlich unkultivierten, ihrer niedrigen Lage wegen das gleiche Geschick, nämlich die in jedem Winter fast unvermeidliche Gefahr der Überschwemmung. Hierzu bedarf es keines besonderen Naturereignisses, wie in den Alpengebieten und deren Vorbergen, keines plötzlichen Schmelzens außerordentlicher Schnee-Massen, über welche der Föhn vernichtend seinen warmen Hauch sendet, sondern nur eines starken Sturmwindes aus Nordwesten,

Aus diesen Gründen sind auch die meisten Gebäulichkeiten nur leicht aufgeführt und einer häufigen Erneuerung bedürftig. Das Bretterhaus der Inseldörfer beansprucht einen erheblichen Reparatur-Konto. Wo tage-, vielleicht wochenlang das Wasser in Zimmern und Gängen des Erdgeschosses stehen geblieben, da finden sich mit Beginn des Frühjahrs die Fußböden vermodert, nicht minder die Tapeten erweicht und farblos, der Anstrich unscheinbar geworden.

Das vielseitige Handwerk, welches bei den Petersburger Preisen ohnedies schon einen „goldenen Boden" sein eigen nennen kann, findet dort für seine Tätigkeit ein ausgedehntes Gebiet — und in wenigen Wochen prangt Alles wieder „in statu quo ante", so dass es wie ein Märchen klingt, es habe in den wohnlichen Räumen, wo jetzt der Duft eines reichen Blumenflores sich mit dem Aroma der Punsch-Bowle mischt, vor wenigen Monaten ein faulendes Gemisch von See- und Flusswasser den Boden bedeckt.

Und nun erst eine helle Juninacht am Strande der großen Newka, zu Staraja-Derewnia! Wir sitzen in einem kleinen Kiosk des Gartens hinter dem Wohnhause, dicht zu unsern Füssen ziehen die klaren Fluten, nur mäßig sich beeilend, dem Finnischen Meerbusen zu. Auf der gegenüberliegenden Insel Yelagin reihet sich Equipage an Equipage, grade weit genug von uns, um das unbewaffnete Auge noch die Innensitzenden unterscheiden lassen zu können Sie fahren alle in einer Richtung seewärts — der beliebten „Pointe" — der äußerst gelegenen Spitze der Insel zu, um dort die Sonne ins Meer tauchen zu sehen, und auf der andern, der südlichen Seite, wieder zur Stadt zurückzukehren.

Es muss neun Uhr vorüber sein, da wir die Gendarmerie-Patrouille vorbeireiten sehen, welche sich um diese Stunde regelmäßig dahin begibt, die Ordnung unter den Wagen, welche stets Reihe halten müssen, bewirken zu können.

Einzelne Grönländer Boote mit eleganten Ruderern in gestreiften Trikots, Mitgliedern des Yachtklubs, schießen vorüber, Kähne voll jugendlicher Sängerinnen, welche in hohem Discant eigentümlich klingende russische Weisen vortragen, unserm Ohr ganz ungewohnt, schaukeln vorbei, und lassen uns vergessen, dass wir uns unter dem sechzigsten Breitengrade, mithin in gleicher Entfernung mit der Südspitze Grönlands vom Nordpole, befinden.

Unbemerkt fliegen die Stunden vorbei.

Die Sonne ist hinab ins Meer gesunken, im Nordwesten steigen in bleifarbigem Grau die Höhen Finnlands daraus empor," kein Lüftchen kräuselt die blaue Flut, eine wundervolle Temperatur, wie sie angenehmer nicht gedacht werden kann, verscheucht jeden Gedanken an Schlaf, und trägt uns wachend von einem Junitage in den folgenden hinüber. So wird es ein und zwei Uhr, noch sitzen zahlreiche Familien vor den Häusern, die Equipagen rollen wie am Tage draußen vorbei, es ist etwas dämmerlich geworden, — aber wir brauchten kein Licht, um eine kleine Münze, die etwa zu Boden gefallen, leicht zu finden, — die unbedeutende Dämmerung kann auch nur kurz gewesen sein, denn schon ist im Osten die Sonne wieder tagverkündend zu schauen!

Solcher italienischer Nächte haben wir an der Newka vierzehn in ununterbrochener Folge verlebt. Mitunter fuhren wir auch früh gegen zwei Uhr in schwankem Kahne von den Reunionen in der Bavaria (einer großen Aktien-Brauerei unter deutscher Direktion) auf Petrowsky, nach Hause, was bei ruhiger See und klarem Himmel wohl ungefährlich ist, aber wenn Westwind die Newagewässer zurückstaut und hohl gehen macht, doch als ein Vergnügen eigner Art dem nicht Fahrkundigen erscheint. Dazu schlugen die Nachtigallen von den Ufern herüber und versetzten uns in Gedanken auf Isola Bella oder unter die Aloës und Zypressen des Rauba-Capeo, um dessen Fuß sich das goldene Nizza lagert!

Das Petersburger Leben im Sommer ist erschöpfend, weil es der eigentlichen Nacht entbehrt, und der Schlaf auf das unumgänglich Nötigste beschränkt wird. Nicht als ob das die regelmäßige Nacht vertretende Dämmern allein den Schlaf schon beeinträchtigte, ist die Art der Tageseinteilung, welche durch keine Dunkelheit in Grenzen gebannt ist, eine so hinausgerückte, dass für die absolute Morgenruhe wenig mehr übrig bleibt.

Auch ohne die großstädtischen Genüsse, welche Paris nicht feiner und nicht raffinierter bieten soll, als Petersburg, ist es klar, dass die Gewohnheit, wie die kurze Sommerzeit ausgebeutet werden muss, um für den ewig langen, harten Winter zu entschädigen, den Einheimischen, wie den Fremden fühlbar in Anspruch nimmt.

Zwischen Tag und Nacht wird wenig unterschieden. Wen es Nachts um ein oder zwei Uhr noch einmal hungert, der findet um diese Stunde sein Beefsteak so sicher beim Restaurant, wie Mittags oder Abends, — die Konzerte bei Issler oder im Château des Fleurs dauern bis drei und vier Uhr Morgens, und wer des Abends noch einen auf der Datsche wohnenden Freund zu besuchen kommt, kann sicher sein, dass ihn sein schnellster Traber nicht vor Tagesanbruch vor seiner Haustür absetzt, mithin das kleine Restchen der noch für diese Nacht bleibenden Ruhezeit gleich nichts zu rechnen ist.

Man hat in diesem aufregenden, schnellen Leben auch mit einen Grund für die in Petersburg auffallend häufige Blässe der Damenwelt finden wollen, und neben dem täglich öfter wiederholten Genüsse sehr starken Tees in dem Mangel an Ruhe und Schlaf diese zu begründen versucht. Indem die Richtigkeit dieser Anschauungen füglich dahingestellt bleiben kann, ist dagegen nicht in Abrede zu stellen, dass frische rote Wangen, vereint mit dem charakteristisch aufgestülpten russischen Naschen, selten gefunden werden.

Da die Inseln des Newa-Deltas nur wenig erhöht über dem Wasserspiegel liegen und, wie schon oben bemerkt, bei Westwind die nahe See durch das Andringen der Wogen gegen die Mündungen der Newa diese in kurzer Zeit um 3 bis 4 Fuß steigen macht, so gehört keine besonders lebhafte Phantasie dazu, das drohende Bild, welches vor einigen Jahren durch die Tagespresse getragen wurde , sich auszumalen. Wäre es nicht ein würdiges Seitenstück zu Bulwers letzten Tagen Pompejis, die moderne Riesenstadt und ihre wuchtigen Bauten, umklammert von den Armen der Newa-Nymphe, im Finnischen Meerbusen versinken zu lassen?

Doch dürfte es damit gute Wege haben, wenigstens hat diese Besorgnis noch keinem Bewohner der stolzen Petropolis die Lebenslust auch nur vorübergehend 1 zu trüben vermocht. Das Bewusstsein, dass die meisten seiner großen Bauten auf vielen hunderttausenden von eingerammten Bäumen ruhen, macht ihm so wenig eine bittere Stunde, als dem Venetianer, wenn ihn die Gondel beim Palazzo Pesaro oder Vendramin vorüberschaukelt, welche sich auf ihrem künstlichen Horizonte nicht weniger sicher fühlen, obgleich über den ersten zwei und den andern vier Jahrhunderte dahingegangen sind.

Grade im verflossenen Sommer war Gelegenheit, derartige Fundamentierungsbauten mittelst Rostwerks im großartigsten Maßstab, an der Verlängerung des englischen Quais unterhalb der alten Admiralität, zu beobachten. Wenn man diese Arbeiten nur vorübergehend würdigt, und die finnischen Granitwürfel in Massen gelagert sieht, welche längs des Stromes versenkt werden, so darf man getrost der Kunst und Wissenschaft vertrauen, welche in „Bezwingung der Natur" in Petersburg überhaupt das Mögliche leistet.

Der Architekt hat auf einen sumpfigen Boden den Koloss der Isaakskirche gestellt, einen massigen Bau, welcher, zur schwindelnden Höhe aufsteigend, seinen goldenen Dom auf Meilen erkennen lässt; der Ingenieur hat einen der wasserreichsten Ströme Europas, die Newa, sich unterwürfig gemacht, und mit vierundzwanzig englische Meilen langen Mauern den stolzesten der Flüsse seines freien Willens entkleidet; aber Beide übertrifft der Gartenkünstler, welcher mit unsäglichem Fleiß Blumenhaine und Baumgruppen des Südens auf derselben Parallele des Erdglobus zu zaubern versteht, unter welcher in Sibirien die Ostjaken und Tungusen ihre Renntierherden auf kümmerlichen Moosweiden hüten und die Kamtschadalen auf nie schmelzendem Eise nur mit dem Hundeschlitten zu fahren vermögen. Dass derartige Triumphe der technischen Wissenschaften überhaupt ermöglicht werden, liegt größtenteils im Verdienste der Staatsregierung, welche für alle Zweige — ohne Rücksicht auf Heimat und Kosten — die tüchtigsten Kräfte heranzuziehen bestrebt ist, und sich das Talent dienstbar zu machen und zu erhalten versteht.

In andern Ländern würde das Unternehmen, Komplexe von Urwäldern, Ursümpfen und Gestrüppe in einen zusammenhängenden Garten von hoher Schönheit umzuwandeln, dass sich sogar die Nachtigall dort zum Schlage verlocken lässt, und an der Zone irre wird, — an allerlei Hindernissen, schon im Entwürfe gescheitert sein, — wie bei den heutigen Materialpreisen und Taglöhnen auch die Einnahmen eines Königreiches nicht hinreichen dürften, jene meilenlangen mächtigen Riesen-Quais aus finnischem Granit, mit welchen Katharina II. die Newa, diese gewaltige Masse des Ladogasee-Abflusses, zum Gehorsam zwang, aneinander zu reihen!

Vielleicht könnte der Anblick der Newa-Inseln das Erstaunen des Ausländers weit weniger rege machen, wenn Petersburg, statt in den Niederungen Ingermanlands, in der gesegneten lombardischen Ebene liegen würde. Aber ermüdet von der öden Gleichförmigkeit der Heide und teilweise verkrüppelter Birken, mit welcher das Auge des nach der Metropole Russlands Reisenden sich tagelang genügen lassen musste, ist es doppelt überraschend, — in Mitte eines Rayons der bekanntlich sehr enge begrenzten nördlichen Vegetation — mit einem Male hier vor der gelösten Preisfrage — nicht nur der französisch-symmetrischen, sondern auch der Landschaftsgärtnerei — sich zu finden!

Der von den Newa-Armen bespülte Archipelagus leistet auf seinen zum englischen Park umgeschaffenen Inseln das Außerordentliche. In reizender Abwechslung gruppieren sich nebst den oben erwähnten holzgezimmerten Sommerdörfern zwei kaiserliche Palais, zahlreiche Villen des Adels, selbst ein Theater auf ihrem weitausgedehnten Areale, räumlich genug, um keinem dieser Landsitze die Nachbarschaft des andern aufzuzwingen.

Die Bewunderung des Fremden erregen diese Anlagen jedoch erst dann vollständig, wenn er sich vergegenwärtigt, wie Alles dieses zu beginnen, nur einem eisernen Willen, — es fortzusetzen nur einem seltenen Grade von Ausdauer, — es zu vollenden nur der Anspannung der hervorragendsten Talente im Gebiete der Architektur, der Ingenieurwissenschaften und der höheren Gartenkunst möglich war.

Es liegt in der Natur der Dinge, dass große Regenten der Nachwelt in ihren Residenzstädten Monumente zurücklassen, welche ihren Namen unvergesslich machen; es bedarf hierzu nicht des Standbildes, welches die Portraitähnlichkeit festhalten soll, sondern jede Stiftung oder Gründung, welche nach Jahren noch den Urheber verherrlicht, ist ein solches Denkmal.

So knüpfen sich in Paris an Louis XIV., in Wien an Maria Theresia und Joseph II., in Berlin an den großen Kurfürsten und alten Fritz vielseitige sichtbare Erinnerungen, welche deren Namen von Generation zu Generation tragen.

Alle jedoch überstrahlt Peter der Große, dessen Schöpfungen, eine fortgesetzte Kette von Werken aus jedem nur denkbaren Gebiete geistiger Tätigkeit, — so des Friedens wie des Krieges — sich um ganz Petersburg schlingen, und an jeder Brücke, jedem Staatsgebäude, so auf dem endlosen Prospekte, wie am einsamen Meeresufer, mit dem er um den Besitz gerungen, seinen Namen aussprechen!

Die Bevölkerung Petersburgs, wie Russlands überhaupt, hat diese Wahrheit auch stets erkannt und zu würdigen gewusst.

Deshalb bekundet sie auch mit demselben Rechte eine unauslöschliche, allenthalben zu Tage tretende Anhänglichkeit an ihren vor einhundertfünfzig Jahren dahingeschiedenen Zaren Peter den Großen, mit welchem sie in Alexander II., dem jetzigen Kaiser, einen der edelsten und wohlwollendsten Herrscher, welche je eine Kaiserkrone getragen, verehrt!
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen im westlichen Russland