Catharine Seyton

Rolands Augen fanden bessere Beschäftigung, als Bemerkungen über die Gerätschaften seines Zimmers anzustellen, denn der zweite weibliche Bewohner des Hauses schien durchaus verschieden von Allem, was er bisher darin gesehen hatte. Bei seinem ersten Eintreten hatte er bemerkt, wie sie mit einer stillen und tiefen Verbeugung die zwei älteren Frauen grüßte, und als sie Roland gewahr wurde, entfaltete sie einen Schleier, der rückwärts über ihre Schultern hing, um ihr Gesicht damit zu verhüllen, eine Handlung, welche sie mit vieler Züchtigkeit, jedoch ohne erkünstelte Hast und Verlegenheit vollführte.

Während sie so beschäftigt war, hatte Roland Zeit zu bemerken, dass ihr Gesicht allem Anscheine nach das eines Mädchens von etwas über sechszehn Jahren war, ihre Augen waren sanft und glänzend zugleich. Zu diesen höchst günstigen Eigenschaften kam noch die Gewissheit hinzu, dass der schöne Gegenstand, dem dieselben angehörten, eine ausgezeichnete Gestalt besaß, die sich fast ein wenig der Wohlbeleibtheit näherte und daher mehr einer Hebe als einer Sylphide glich. Ihre schönen Formen wurden vorteilhaft hervorgehoben durch ein eng anliegendes Mieder und Kleid, eine augenscheinlich fremde Tracht. Das letztere war nicht lang genug, um einen sehr niedlichen Fuß, der auf einer Leiste unter dem Tische ruhte, an welchem sie saß, ganz zu verbergen. Ihr runder Arm und ihre fein geformten Finger waren emsig beschäftigt, einen auf dem Tische vor ihr ausgebreiteten Teppich auszubessern, dessen vermiedene klägliche Risse die äußerste Geschicklichkeit einer erfahrenen Stickerin erforderten.


Der Abt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Walter Scotts Mädchen und Frauen