An öffentlichen Gebäuden hat Tripolis das Schloss des Paschas, ein unregelmässiges Gebäude ohne jede Schönheit in der Architectur, ...

An öffentlichen Gebäuden hat Tripolis das Schloss des Paschas, ein unregelmässiges Gebäude ohne jede Schönheit in der Architectur, eine Kaserne und Harem, sowie zahlreiche Beamtenwohnungen sind damit verbunden. Von den fünf Hauptmoscheen zeichnet sich keine durch Schönheit aus, auch nicht die neue von Hadj Ali Gordji, in den dreissiger Jahren erbaut, alle aber sind im Inneren mit griechischen und römischen Säulen geschmückt, von denen namentlich die am Ssuk el turk befindliche herrliche Monolithen aus Porphyr hat. Die christliche Bevölkerung hat zwei Kirchen, eine katholische und eine griechische. Mit der katholischen ist ein Kloster verbunden mit Franziscanern. Es ist dies eins der ältesten Klöster, die koptischen in Aegypten ausgenommen, in Afrika und seine Entstehung datirt von der Herrschaft der Malteser Ritter über Tripolis. Die Mönche haben eine Schule für die Kinder der christlichen Bevölkerung, ein Theil von ihnen versieht den Gottesdienst und andere sind Handwerker. Der Vorsteher des Klosters, der den Titel Präfect führt, hat Bischofsrang und Gewalt. Die Einnahme des Klosters beläuft sich auf eine Subvention von 20,000 Francs pro Jahr und Sporteln, welche Taufen, Ehen u.s.w., aufbringen. Mit dem Kloster ist ein Hospital verbunden, welches von den Schwestern von St. Joseph geleitet wird. Im Hospitale werden Kranke jeden Glaubens aufgenommen. Die Türken haben nur ein Militairhospital, welches ausserhalb der Stadt liegt, sonst aber gut eingerichtet ist, 120 Kranke aufnehmen kann und unter Umständen auch Civilpersonen geöffnet ist. Für europäische Fremde ist ein Gasthaus vorhanden, welches indess selbst für die, welche mit bescheidenen Ansprüchen auftreten, noch viel zu wünschen übrig lässt. Zahlreiche und gut eingerichtete Funduks sorgen für das zeitweilige Unterkommen der Mohammedaner. Es giebt keine eigentliche Bazars in Tripolis, doch bilden ganze Strassen gewisse Märkte, so ist auf dem Stuk el turk, hauptsächlich für Taback, Opium, Kaffee und feinere Sachen gesorgt, in anderen Strassen, wie el Kessariah, werden hauptsächlich einheimische Stoffe und Kleidungsstücke verkauft; die Zünfte der Schreiner, Schuster, Sattler, Schmiede u.s.w., haben ihre besonderen Strassen und ausserdem giebt es grosse europäische Kaufläden, wo Alles zu haben ist. Drei Pharmacien sorgen für die Bedürfnisse des kranken Publikums, zwei öffentliche Bäder für die Reinlichkeit und dass zahlreiche Schnapsbuden vorhanden sind, braucht wohl kaum angeführt zu werden. Ordnung und Sicherheit in der Stadt wird durch Polizisten aufrecht erhalten, obschon man sie bei Tage kaum bemerkt, sondern sie erst Nachts, wo sie häufig patrouilliren, wahrnimmt, ausserdem ist eine Hauptwache, Douanenwache und Schlosswache vorhanden, und alle Thore immer mit Doppelposten versehen. Als oberste Municipalbehörde fungirt der Schich el bled, und obschon derselbe keinen Gehalt bezieht, ist sein Posten doch einer der einträglichsten. Der jetzige Schich el bled ein gewisser Ali Gergeni soll, da er sich schon länger als zehn Jahre auf diesem Posten gehalten hat, der reichste Mann von Tripolis sein. Alle europäischen Nationen mit Ausnahme der deutschen sind durch Consulate vertreten, von diesen haben die Engländer, Holländer, Franzosen und Italiener Generalconsulate. Was die Zahl der Bewohner anbetrifft, so mögen gegen 18,000 Seelen in Tripolis (11) sein, von denen 3000 Christen und 4000 Juden sind. Die Christen sind der Mehrzahl nach Malteser, dann Italiener und Griechen, alle anderen Nationen sind nur durch einzelne Familien vertreten.

Die europäische Bevölkerung in Tripolis lebt fast ausschliesslich vom Handel und dieser dehnt sich von Jahr zu Jahr aus, obschon die Türken nichts thun ihn zu heben. Der Hafenverkehr weist im Zunehmen begriffen einen Schiffsverkehr von über 450 Schiffen jährlich auf, von diesen sind fast dreiviertel unter otomanischer Flagge 89fahrend, und die übrigen gehören ihrer Wichtigkeit nach der italienischen, englischen, Jerusalemer (12), französischen, griechischen und österreichischen Flagge an. Da die Schiffe alle nur klein sind, so haben sie nicht mehr als (z.B. ihre Zahl zu 400 angenommen) einen Gesammttonnengehalt von ca. 30,000 Tonnen. 400 Schiffe würden also ungefähr 12 norddeutschen Lloyddampfern ihren durchschnittlichen Tonnengehalt zu 2500 Tonnen gerechnet, gleichkommen. 400 Schiffe importiren und exportiren durchschnittlich für 5,250,000 Fr. an Werth, die Importation übertrifft aber in der Regel die Exportation.


Die hauptsächlichsten Exportationsartikel sind: Korn, Oel, Früchte (Datteln, Orangen und Citronen), rother Pfeffer, Thiere, Wolle, gegerbte Felle, Butter, Elfenbein, Wachs, Straussenfedern, Goldstaub, Sklaven, etwas Gummi arabicum, Senne und Indigo, Natron, Schwämme und Manufacturwaaren: als Matten, Körbe, Teppiche. Wenn wir annehmen, dass diese einen Gesammtwerth von 5,000,000 Fr. repräsentirten, so würde das Korn allein über die Hälfte der Summe ausmachen, dann Oel, Elfenbein, Sklaven, Goldstaub, Wolle und Thiere die zunächst wichtigen Artikel sein. An importirten Sachen finden wir Kattunstoffe: als Malte und Mahmudi von England, Tuch, Seiden- und Sammetstoffe, Kram- und Esswaaren, Kaffee, Zucker, Färbestoffe, Wein und Spiritus, Tabak, Brennmaterial, Bauholz, Metalle, Waffen, verarbeitetes Leder, Papier, Nürnbergerwaaren, Porcellan, ächte Corallen, Glasperlen, Bijouterie, Silber (in Form von 5-Fr.-Stücken und Maria-Theresien-Thaler), Uhren, Möbeln und andere Manufacturgegenstände. Von diesen Gegenständen sind die Kattune, Tuch- und Seidenstoffe die wichtigsten, dann kommen zunächst Kram- und Esswaaren, Glasperlen, Metalle, Zucker und Wein.

Nach Testa betheiligen sich die verschiedenen Häfen am Mittelmeere in folgendem Verhältnisse: Malta 8/16, die Levante und Alexandrien 3/16, Livorno und Italien 2/16, Tunis 2/16, Marseille und Algier 1/16.

Ausser dass natürlich täglich gekauft und gehandelt wird, sind zwei grosse Märkte wöchentlich vor den Thoren der Stadt, am Dienstag vor dem Südthore und Freitags vor dem Westthore. Tausende von Menschen kommen dann hier zusammen aus der ganzen Regentschaft, und diese Tage bieten gewiss eins der bedeutendsten und interessantesten Bilder afrikanischen Lebens, das man sich nur denken kann. Sklaven werden heute nicht mehr öffentlich verkauft, aber heimlich und mit Wissen der Consulate, so dass jeder Europäer Kenntniss davon hat. Man bezahlt in Tripolis eine hübsche Negerin mit 120 Thaler, eine Fullo mit 150–160 Thaler und eine Tscherkessin mit 300 Thaler und mehr. Junge Negerbursche sind zu dem Preise von 70–90 Thaler zu haben. Pelissier constatirt noch eine Sklaveneinfuhr von 2708 Köpfen, einen Werth von 759,000 Fr. repräsentirend, für das Jahr 1850, während Testa für dasselbe Jahr nur 1500 Sklaven aufführt mit einem Gesammtwerthe von 300,000 Fr. (Testa rechnet pro Kopf 200 Fr., was jedenfalls jetzt viel zu niedrig ist, da ein junger Bursche in Mursuk oft schon mit 70 Maria-Theresien-Thaler bezahlt wird). Es scheint aber als ob jetzt energischere Maassregeln, besonders vom englischen Generalconsulate sollen ergriffen werden.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Von Tripolis nach Alexandrien - 1. Band