Vergnügungen

Grottenbeleuchtung. – Jagd. – Fischfang. – Hummer- und Austernfischerei.

Zu den Szenen, welche den malerischsten Eindruck machen, gehört jedenfalls die Grottenbeleuchtung, welche gewöhnlich im August einige Male veranstaltet wird. In den hauptsächlichsten Grotten zündet man dann große Feuer an, die mit Holz und Teertonnen unterhalten werden, während die Jugend sich im Kreise lagert oder über die Flammen hinwegspringt. Dadurch bilden sich an den Wanden und Decken der Höhlen die abenteuerlichsten Schattenbilder, welche sich die Phantasie nur erdenken kann, und man glaubt manchmal Szenen von Salvator Rosas Pinsel verwirklich! zu sehen.


Grottenbeleuchtung.

Die ganze Badegesellschaft ist dabei in den Booten versammelt, auf denen hier und da kleine Privatfeuerwerke und bengalische Flammen abgebrannt werden, und Musik und Lieder in die Nacht schallen. Besonders schön ist der Anblick bei Mondschein, wo das rote prasselnde Feuer am ruhigen blassen Mondlicht einen herrlichen Gegensatz findet. Die Farbe des Felsens kommt bei dieser Gelegenheit gut zu Statten, denn sie erhöht die Wirkung der Beleuchtung bedeutend.

Möwenjäger.

Die Jagd ist in Helgoland frei. Es geht hiermit aber wie gewöhnlich, wo eine Sache frei ist, trifft man sie selten an und so beschränkt sich die Jagd hier nur auf einiges Geflügel und auf Seehunde, die gewissermaßen die hohe Jagd bilden.

Wenn viele Möwen da sind, so kann man allerdings seiner Mordlust in kurzer Zeit genüge tun und einige erlegen. Wenn aber die Möwen gerade anderswo notwendig zu tun haben und bloß etwa sechs bis acht Stück ihre Sommerwohnung hier aufschlagen, dann laufen und fahren die Jäger verzweiflungsvoll umher, verstecken sich in Schluchten und Höhlen, legen sich auf den Bauch, graben sich in Sandhaufen und überfallen so jede unglückliche Möwe, die ihnen zu nahe kommt. In der Regel kommen dann 20 bis 30 Jäger auf einen Vogel, der, wenn er gerade in die Mitte seiner Verfolger kommt, so zerschossen wird, dass man ihn gar nicht wiederfindet.

Wilde Enten finden sich im Sommer von Zeit zu Zeit ein und rufen eine große Bewegung unter den Schützen hervor, die nicht eher ruhen, als bis diese Fremdlinge ihren Schroten verfallen sind.

Für Büchsenschützen findet sich Gelegenheit ihre Kunst zu üben, wenn die Möwen gegen Abend, wo es auf der Düne ruhig ist, am Strand sitzen und die Annäherung eines unvorsichtigen Fisches erwarten. Der Jäger errichtet sich dann eine kleine Parallele mit einer Schießscharte, etwa 120 — 130 Schritt von den zweibeinigen Anglern und sucht sich sein Opfer aus, das durch seinen Fall die Nachbarn nicht im mindesten in ihrem Geschäft stört, wenigstens wird dies bald wieder fortgesetzt. Das öftere Abschießen des Gewehres treibt die Fischergesellschaft freilich in die Luft, wo sie mit einem heillosen Geschrei, das genau so klingt, als würden eiserne Ringe über Ketten gezogen, so durch einander fliegen, das man fürchtet, sie müßten sich die Augen mit den Flügeln ausschlagen, sie lassen sich indes bald wieder nieder und beginnen ihr Geschäft von vorn, so wie der Jäger das seinige.

Die Jagd auf Seehunde erfordert bedeutend mehr Ausdauer und Kenntnis der Gewohnheiten dieser Thiere. Es kommt wohl vor, dass sich hier und da ein Seehund auf der Düne sehen lässt und auf den Strand kommt, wo er von einem glücklichen Jäger erlegt wird; das eigentliche Revier dafür sind aber die Seehundsklippen, eine in nordöstlicher Richtung von der Insel liegende Gruppe Riffs, welche von der Flut überströmt, bei Ebbezeit aber frei wird und mit Seetang bedeckt ist.

Dort angekommen legt sich der Jäger auf den Bauch und lässt sich mit Seetang bedecken, so dass bloß eine Öffnung für den Lauf seiner Flinte frei bleibt. In dieser angenehmen Stellung, vom Wohlgeruch des Tanges umgeben, muss er, ohne sich zu rühren, liegen bleiben und erwarten, ob es einem Seehund gefällig ist, einige Zeit am Lande zuzubringen und dem Jäger als Zielscheibe zu dienen. Die Seehunde sind indes schlau und wachsam, deshalb kommt man selten zum Schuss.

Seehundsjäger.

Die Fischerei wird von den Helgoländern meistens mit Angelschnüren betrieben, Netze wenden sie wenig an, nur manchmal eine Art Reusen, in denen sie Dorsche fangen.

Zum Schellfischfang gehört eine solche Masse Leinen, dass dieselben oft eine Länge von zwei Stunden erreichen, woran dann wenigstens 8.000 Angelhaken hängen. Die einzelnen Leinen sind etwa ¼ Zoll stark und 300 Fuß lang, von 6 zu 6 Fuß sind die Angelschnüre mit den Haken daran befestigt, an welche der Köder angebracht wird. Die Leinen werden sehr akkurat in Mulden zusammengelegt, damit sie beim Auswerfen nicht in Unordnung geraten.

Die Ausfahrt zum Schellfischfang geschieht gewöhnlich in einer Schlupp, in der sich drei, vier oder fünf Mann befinden. Wenn das Fahrzeug auf der Stelle angekommen ist, wo man fischen will, beginnt das Auswerfen der Leinen mit einer Art Gebet, in dem die Fischer Gott um einen glücklichen Fischzug bitten. Zuerst wird ein Anker ausgeworfen, woran die erste Leine und eine Boje befestigt sind, dann werden die Leinen im steten Segeln über Bord geworfen, indem immer eine an die andere geknüpft wird, wozu eine gewisse Geschicklichkeit gehört. Von Zeit zu Zeit kommt wieder ein Anker. Die letzte Leine wird an den Anker befestigt, der die Schlupp hält, und mit diesem ausgeworfen, wobei gleichzeitig die Segel gestrichen und das Fahrzeug ruhig liegen gelassen wird.

Nach einiger Zeit wird der Anker mit den Leinen unter verschiedenen Ausrufen, die nur Gott und ein Helgoländer versteht, wieder in die Höhe gezogen. Ich wenigstens habe von diesem Rothwälsch selten den Sinn herausbekommen, und wenn ich dies wirklich einmal glaubte, so hatte ich gewiss das Gegentheil von Dem verstanden, was damit gemeint war.

Die Leinen müssen immer so gestellt werden, dass der Strom quer hindurchgeht, weil sonst die Haken in einander gerathen und sich eine Menge Schmutz hineinhängen würde.

Mitunter wird wohl auch ein Haifisch in die Höhe gezogen, der einen an der Angel hängenden Schellfisch verspeisen wollte, so wie natürlich Alles mitgenommen wird, was angebissen hat.

Das in Ordnung bringen der Fischgeräte überlassen die Helgoländer den Weibern, die überhaupt die Arbeiten am Lande meistens verrichten müssen.

Der Schellfischfang beginnt gewöhnlich im März und wird bis Juni fortgesetzt, im Herbst fängt man dann wieder an und fischt so lange, bis der Frost es verbietet.

Der Makrelenfang findet nur im Sommer statt.— Es wird im flotten Segeln mit einer oder zwei Schnüren gefischt; an den Haken kann man irgend etwas beliebiges Glänzendes oder ein buntes Stück Zeug hängen; denn da die Makrele ein sehr gieriger Raubfisch ist, so fährt sie nach Allem. Am besten beißen sie auf die Leber oder das Herz einer Makrele. Diese Fische sterben, sobald sie aus dem Wasser kommen, und können deshalb bloß geräuchert versandt werden.

Die Hummerfischerei wird mit vogelbauerähnlichen Körben betrieben, die inwendig mit Netzen überzogen sind und am Eingang ein überhängendes Netz haben, das dem Hummer den Eintritt sehr leicht, den Ausgang aber fast unmöglich macht. Der Boden der Körbe ist mit Steinen beschwert, und außerdem hält sie noch ein kleiner Anker fest, damit sie von den Wellen nicht fortgerissen werden.

Als Köder legt man getrockneten Fisch, Köpfe von Kabeljauen und Schellfischen hinein.

Eine andere Art des Hummerfanges ist die mit dem Plumper, welches ein kleines Beutelnetz mit schwerem eisernen Ring ist, das man aus einem kleinen Boot auf den Grund lässt. Inmitten des Ringes ist eine Lockspeise angebracht. Sobald man vermutet oder an der Schnur fühlt, dass etwas am Köder ist, tut man einen scharfen Ruck nach oben, damit der Fang in das Netz fällt, und zieht es schnell herauf. Man muss sich aber bei dieser Fischerei sehr ruhig verhalten, weil der Hummer ein misstrauischer und vorsichtiger Bursche ist. Das Nächste, was er nach seiner Gefangennahme tut, ist, dass er mit seinen Scheren ganz rücksichtslos um sich kneift, weshalb man ihm sofort diese gefährlichen Gliedmaßen festbindet.

Die Hummer logieren in den Klippen um Helgoland, wo sie in Spalten und Löchern sitzen und auf Beute lauern. Der Fang dauert von Mitte September bis Mitte Juli, in den anderen Monaten bekommen sie frische Schalen und dürfen nicht gefangen werden.

Die Helgoländer Austern werden etwa vier Seemeilen östlich von der Düne gefunden, wo die Bank bei 80 Fuß tief unter Wasser liegt und bei einer Seemeile Länge über 1.000 Fuß breit ist.

Auf dieser Bank sollen die Helgoländer schon früher gefischt haben, sie war aber mit der Zeit in Vergessenheit geraten und wurde erst 1848 oder 1849 wieder aufgefunden. Obgleich die Austern an Wohlgeschmack den englischen bedeutend nachstehen und nicht einmal den holsteinischen gleichkommen, werden sie doch teuer genug bezahlt, so dass man in Helgoland mehr dafür geben muss als in Hamburg für englische.

Gefischt werden die Austern mit einer Art Beutel von Eisenringen, der oben eine scharfe messerartige Einfassung hat, womit er über die Bank geschleppt wird, die dadurch losgerissenen Muscheln fallen in den Beutel und werden so heraufgezogen.

Wenn der Herbst schön ist und die Badegäste noch zahlreich vorhanden sind, wird die Austernfischerei um Mitte September mit einer Art Festlichkeit eröffnet, indem bei ruhiger See die ganze Gesellschaft nach der Bank fährt und das Geschäft beginnt.

Ein Austernnetz.

Die Hummer werden in eigens dazu eingerichteten Kasten, die bei der Insel vor Anker liegen, aufgehoben, und verkauft, wenn die Preise gut stehen. Die Austern schafft man jedoch sogleich fort. In Hamburg werden die meisten abgesetzt. Ein dortiger bedeutender Austernverwüster hat eine Art Bildungsanstalt für diese Schaltiere errichtet, indem er sie bei ihrer Ankunft sofort nummeriert und in seinem Keller eine Zeit lang in süßes Wasser setzt, um ihnen wahrscheinlich die rohen Seemanieren abzugewöhnen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Von Hamburg nach Helgoland