Dass man ihre Synagogen mit Feuer anstecke ...

Wenn jene eben hingestellte Behauptung, dass die minder günstigen Eigentümlichkeiten der Jüdischen Nation eine Folge ihrer politischen Verfassung sind, Wahrheit enthält, wenn es wahr ist, dass wir in dem Drucke, in welchem sie schmachtete, in der eingeschränkten Beschäftigung, zu welcher sie verdammt wurde, die einzige Ursache aller Vorwürfe, welche ihr gemacht worden, finden; so ist auch damit das unfehlbarste Mittel an die Hand gegeben, die Mitglieder dieser Nation zu guten und nützlichen Staatsbürgern zu bilden. Regenten und Staatsmänner in so vielen Ländern überzeugten sich bereits, dass das Ritualgesetz den Juden kein Hindernis ihrer bürgerlichen Perfektibilität sei. Sie überzeugten sich, dass jener eigentümliche, charakteristische Geist, in welchem die Nation bei ihrer verhängnisvollen Vermengung mit allen Völkern der Erde, dennoch eine unterscheidende Selbstständigkeit bewahrte, ihr vielmehr zum Ruhme gereiche, als gemeinschädliche Wirkungen und Einflüsse besorgen lasse. Sie überzeugten sich, dass dieser Geist, unter günstigen Umständen, unter zweckmäßiger Leitung des Staates, zu einer wohlgeordneten Einstimmung, zu einer dem Gemeinwesen höchst fruchtbaren Tätigkeit, gestaltet werden möge. Befreiung von, hemmenden Fesseln, Gleichstellung mit anderern Bürgern, unter demselben Bürgerrecht und Gesetz, dadurch allein mögliche Ermunterung zum Wetteifer, bewährten sich als die sichersten, eingreifendsten Mittel. Denn Druck, wie er schon dargestellt ist, hemmt, unvermeidlich, jede Kraft, und man hat eingesehen, dass nur dann der ursprüngliche, wahre Nationalcharakter der Juden sich wieder zeigen und hervortreten könne, wenn das Joch von ihnen genommen werde. (Wenn diejenigen Staaten, in denen ein engherziges Interesse der Krämer und Kleinhändler welche, durch Jüdische Industrie sich ausgestochen zu sehen fürchten, gegen die Gebote der Menschlichkeit und gegen wahrhafte, unsres Zeitalters würdige, Aufklärung eifert; wenn diejenigen Staaten, sage ich, in welchen die Jüdische Nation noch heute unter dem unwürdigsten Drucke und in der unwürdigsten Beschränktheit gehalten wird, endlich den Eingebungen der Vernunft und der echten Staatsklugheit Gehör geben und nicht länger anstehen wollen, ihren Jüdischen Mitbrüdern das Bürgerrecht zu verleihen: dann, freilich, müssen sie, um das Gelingen des großen Plans und um die wahrhaft wohltätigen Folgen für die späteren Generationen vorzubereiten, dann, freilich, müssen sie selbst sich zuerst von verdammungswerten Vorurteilen losmachen und dem Volke, welches sie zur Bürgertugend anleiten wollen, mit einem eigenen bessern Beispiel, wie bisher, vorgehen. Selbst der große Reformator der christlichen Kirche, der hochherzige, edle Luther, hatte, leider! den Ton zu jener Verblendung angegeben. Auch der Mann, welcher, möglichst frei von Vorurteilen und Aberglauben war, konnte sich doch nicht immer über sein Zeitalter erheben, und von allen Eindrücken der Jugend losmachen.

„Wisse, du lieber Christ“, schreibt er unter andern, „und zweifle nicht daran, dass du nächst dem Teufel keinen bitteren, heftigern Feind habest, denn einen rechten Juden, der mit Ernst ein Jude sein will. Ich will meinen treuen Rat geben: dass man ihre Synagogen mit Feuer anstecke, und, was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und überschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacken davon sehe ewiglich.“ Und an einer andern Stelle: „Ja, da steckts; das ist der Hader; da hebt sichs über, das macht die Juden toll und töricht, und treibt sie zu solchen verdammten Sinn, dass sie alle Sprüche der Schrift schändlich verkehren müssen, nämlich, sie wollens nicht, sie könnens nicht leiden, dass wir Heiden ihnen sollten vor Gott gleich sein, und der Messias sollt sowohl unser, als ihrer, Trost und Freude sein. Ehe sie das litten, sage ich, sie kreuzigten eher noch zehn Messias, und schlügen Gott, wo es möglich wäre, selber zu Tod, mit allen Engeln und allen Kreaturen, und sollten sie tausend Höllen für eine verdienen.“


Freilich, wenn so etwas länger gelehrt werden dürfte, wenn auch der edelste, gebildetste Jude erleben muss, dass selbst der nichts würdigste Christ, welcher vielleicht nicht Wert ist, ihm die Schuhriemen zu lösen; noch, ungescheut, ihn mit dem Namen: Jude, höhnen zu können, glaubt; so werden der Vereinigung beider Nationen unübersteigliche Hindernisse im Wege stehen. Man fange mit der Aufklärung bei der christlichen Jugend an, präge ihr tief ein, dass Jeder, aus allem Volk, der Recht tut, Gott angenehm ist, und lasse sie aus dem Beispiel der Väter nicht länger den Schluss ziehen, dass der Jude ein anderer Mensch, wie sie, sei, welcher in der bürgerlichen Gesellschaft eine untergeordnete Rolle spielen müsse. Dann, aber, verschiebe man den wesentlichen Hauptschritt zur künftigen Veredlung der Israeliten nicht länger, dass man für die Verbesserung ihrer Erziehungs- und Unterrichtsanstalten sorge, und dadurch die künftigen Generationen in den Stand setze, für das Bessere empfänglich zu sein, und das wahrhaft Gute zu befolgen. Schon ist, seit mehreren Dezennien, ein löblicher, Enthusiasmus für bessere und menschliche Bildung unter der Jüdischen Nation selbst rege geworden; sie fühlten die Mängel der vorigen Erziehung und boten den Jugendfreunden ihre Hand zu einer bessern Einrichtung. Manche gute Anstalten, namentlich die Jüdischen Schulen in Dessau, das Jüdische Philanthropin in Frankfurt am Main u. m. sind die Früchte dieser bessern Einsicht, deren wohltätige Wirkungen unverkennbar sind. Der Charakter und die Anlagen eines Volkes sind ein Produkt seiner äußeren Verhältnisse und seiner Erziehung; je mehr beide begünstigt und befördert werden, je weiter wird und muss es in der Kultur vorrücken. Jene, besonders, bedürfen, wenn man nicht länger verkennen will, dass viele fleißige und gute Bürger dem Staate darum nicht weniger nützlich sein können, weil sie aus Asien abstammen und durch eine besondere, von ihren ältesten Vorfahren ihnen hinterlassene, Art, das höchste der Wesen zu verehren, sich unterscheiden, jene, besonders, bedürfen einer völligen, der Aufklärung unseres Jahrhunderts gemäßen, Reform. Gleichheit aller Rechte mit den übrigen Staatsbürgern ist die erste, die wesentlichste Bedingung. Sind die Juden fähig, die Pflichten des Bürgers zu erfüllen, so müssen sie auch bürgerlicher Rechte und Freiheiten gemessen, und zwischen Jude und Christ, nur weil er Jude und Christ ist, darf kein Unterschied zugelassen werden. So trennte in den großen Staaten des Altertums kein Glaube an verschiedene Götter die Bürger, denen das Vaterland das Liebste von Allem war, und so sehen wir schon in so vielen Europäischen Ländern die Bürger für das Glück dieses Lebens harmonisch vereint, wenn sie gleich das Glück des künftigen auf verschiedenen Wegen suchen. Vollkommenste Freiheit der Beschäftigungen und der Mittel des Erwerbes ist der Gerechtigkeit und der so menschenfreundlichen Politik, die Juden zu brauchbaren und glücklichen Gliedern der Gesellschaft zu bilden, nicht weniger angemessen. Kein Gewerbe, kein Handwerk, keine Kunst, keine Wissenschaft darf es geben, zu welchen ihnen der Weg nicht, wie jedem andern freien Menschen, offen stehen darf. Freie Religionsübung, freie Befugnis, nach ihren Gesetzen zu leben und gerichtet zu werden, ist eine Gerechtigkeit, welche nicht weniger nicht ihnen versagt werden darf. Jene nicht, weil es ein Eingriff in die natürlichen Rechte des Menschen sein würde, die er, auch als Bürger, sich vorbehält, und zu denen, besonders, die Freiheit gehört, die Glückseligkeit eines andern Lebens, auf dem, nach seiner Meinung sichersten, Wege zu suchen, und die Gottheit auf die Art zu verehren , welche ihm die würdigste und gefälligste ist. Diese nicht, weil sowohl die schriftlichen Gesetze Mosis, welche sich nicht auf Palästina und die ehemalige gerichtliche und gottesdienstliche Verfassung beziehen, als die, durch mündliche Überlieferung erhaltenen, von ihnen für Gebote Gottes und von immerwährender Verbindlichkeit gehalten werden, sowie verschiedene Erklärungen dieser Gesetze und Argumentationen aus denselben von berühmten Jüdischen Lehrern bei der Nation ein gesetzliches Ansehen erhalten haben. In der Tat, werden sie hierdurch von den übrigen Bürgern des Staates nicht mehr getrennt, als eine Stadt oder Gemeine, welche nach besonderen Statuten lebt, und die Erfahrung, sowohl in den ersten Zeiten des Römischen Reichs, als auch in manchen neueren Staaten, hat gelehrt, dass von der, den Juden verstatteten, Autonomie durchaus keine nachteiligen Folgen zu besorgen sind.

So denn — wir wollen es hoffen — nur ein kurzer Zeitverlauf noch, und verschwunden wird jede Spur der steilen Trennungswand sein. Der christliche Eifer wird seinen Unedelmut, der israelitische seinen Groll verabscheuen; in ungetrübter Freiheit werden Christen und Israeliten sich die Brüderhände darbieten, und zu dem schönen Zweck sich vereinen, gute Bürger des Staates zu sein, welcher sie alle mit gleich unparteiischer Liebe umfassen wird.