Abschnitt 3

Der stargardische Arm.


Es liegt nun sehr nahe, anzunehmen, daß der Herzog Magnus nach dem Heimfall des Landes Stargard 1471 an sein Haus den Arm der Stadt Fürstenberg als Zeichen für das Land Stargard in das landesherrliche Wappen aufgenommen habe. Und die Veranlassung dazu ist auch nicht weit zu suchen. Bekanntlich ward im Jahre 1349 der Ritter Otto von Dewitz im Lande Stargard zum Grafen von Fürstenberg, also in damaliger Zeit zum regierenden oder Landesherrn, erhoben, jedoch hörte diese Würde schon im 14. Jahrhundert wieder auf und die Herzoge von Meklenburg betrachteten sich als Nachfolger der Grafen in den landesherrlichen Rechten. Daher nannten sie sich seit dem Aussterben der Grafen von Fürstenberg mitunter auch Grafen zu Fürstenberg, wie sie sich Grafen zu Schwerin nannten. Schon der Herzog Rudolph aus dem Hause Meklenburg-Stargard, Bischof zu Schwerin, nannte sich 1406 auch „Graf zu Fürstenberg“ („comes Forstenbergensis“) 7) und der Herzog Heinrich von Meklenburg, der Vater des Herzogs Magnus II., titulirte sich im J. 1475, also nach dem Aussterben des Fürstenhauses Meklenburg-Stargard, auch „Graf zu Fürstenberg“ 8). Die Grafschaft Fürstenberg lebte noch lange im Gedächtniß fort, so daß noch im J. 1505 das Amt Fürstenberg in Amtsregistern eine „Grafschaft“ genannt wird.


Es ist also sehr wahrscheinlich, daß in einer glanzliebenden Zeit, in welcher man nach Titeln und Wappen haschte und in welcher die Herzoge von Meklenburg auch mitunter den Titel eines Grafen von Fürstenberg wieder hervorriefen, dieselben auch ihr Wappen mit dem Wappen dieser Grafschaft zu vermehren trachteten; es ist eben so wahrscheinlich, daß die Herzoge das Wappen der Grafschaft Fürstenberg nicht kannten, das Siegel der Stadt Fürstenberg für das Wappen der Grafschaft hielten und daher das Siegelzeichen oder Wappen der Stadt als das Wappen der Grafschaft in das landesherrliche Wappen aufnahmen. Das Wappen der Grafen von Fürstenberg ist aber ein geweckter Schild 9), wie noch heute die von ihnen gestiftete Stadt Alt-Strelitz einen solchen halben Schild im Siegel führt; bei der kurzen Dauer der Grafschaft sind die Siegel nicht häufig und können daher sehr leicht nicht erkannt worden sein.

Es scheint mir daher sehr wahrscheinlich, daß die Herzoge von Meklenburg bald nach dem Jahre 1471 einen Schild mit Arm, welchen die Stadt Fürstenberg im Siegel führte, als Wappen der Grafschaft Fürstenberg zur Vermehrung ihres Wappens für die Herrschaft Stargard aufnahmen.

Von Wichtigkeit ist noch die Geschichte der Darstellung des Armes. Auf den ältesten Siegeln, den Siegeln der Herzoge Magnus und Balthasar, welche den Arm in ihr Wappen aufnahmen, ist der Arm ganz unbekleidet und die breite Binde ist um den Unterarm geschlungen; dies ist also die „Dwele“ (das Handtuch), von welcher Slagghert redet. Auf dem großen uns Holz geschnittenen und bemalten fünfschildigen Wappen, welches über dem Grabe des Herzogs Magnus II. in der Kirche zu Doberan hängt und gewiß sehr bald nach seinem Tode dort aufgehängt ward, ist der Arm grade so gestaltet. Die alte, erste Färbung, welche ich, vor der Ausführung der von mir geleiteten, nothwendigen Restauration, lange und genau untersucht habe, war naturfarben und die Binde hatte eine sehr helle bräunliche Färbung. Aber schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, unter den Söhnen des Herzogs Magnus, treten merkliche Veränderungen ein, und merkwürdig ist, daß auch das Siegel der Stadt Fürstenberg in seiner Bildung ganz denselben Gang nimmt. Schon die Herzoge Heinrich der Friedfertige und Albrecht der Schöne haben alle neuern Gestaltungen des Wappens und alle Abweichungen von den alten Formen; ohne Zweifel rühren diese Abweichungen, welche sich drei Jahrhunderte aufrecht erhalten haben, von fremden Malern und Heraldikern her. Von dem Herzoge Heinrich dem Friedfertigen sind die meisten Denkmäler erhalten, z. B. eine in Farben gewebte Turnierdecke mit seinem Namen H. H. Z. M. und der Jahreszahl 1523. Sowohl auf den Siegeln, als auf andern heraldischen Denkmälern jener Zeit ist der Arm oben mit einem weiblichen Puffärmel bekleidet, nach der damaligen Mode in vier parallele Wulste unterbunden, die Schleife ist gewöhnlich aber nach vorne um den Unterarm gebunden. - Das Siegel der Stadt Fürstenberg hat sicher bis zum J. 1620 noch keinen Aermel. - Die Färbung des Armes ist bald naturfarben, bald silbern. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, namentlich unter dem Herzoge Ulrich von Güstrow, von welchem sehr viele heraldische Denkmäler vorhanden sind, hat der Arm durchgehends einen weiblichen Puffärmel, welcher ganz rund ohne Teilungen in Wulste gestaltet ist, und die Binde ist um den untern, ausgezackten Saum des Aermels gebunden; jedoch ist die Binde noch in jüngern Zeiten oft um den Unterarm gebunden. - Eben so ist auch ein neues Siegel der Stadt Fürstenberg im 17. Jahrhundert gebildet. - Im 17. Jahrhundert erscheint der Arm mit dem Aermel sehr häufig silbern gefärbt. - So bleibt der Arm bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts, wo eine ganz willkührliche Veränderung eintritt. Unter dem Herzoge Carl Leopold ragt der Arm aus einer Wolke, welche den Aermel sehr bald ganz verdrängt. So blieb der Arm bis in das 19. Jahrhundert. Auf neuern strelitzer Wappen fehlt in neuern Zeiten auch mitunter die Binde. Die Rückkehr zum richtigen Alten begann mit dem Regierungsantritte des hochseligen Großherzogs Paul Friedrich, jedoch mit Berücksichtigung dessen, was historisch geworden war. Der alte Puffärmel, welcher zwei Jahrhunderte hindurch in Gebrauch gewesen war, ward wieder aufgenommen und die ganz unhistorische Wolke, welche sich über hundert Jahre breit gemacht hatte, immer mehr zurückgedrängt, so daß nur eine kleine Andeutung davon blieb, welche zur Füllung des Schildwinkels ganz Willkommen war. Ganz entfernen wollte man sie nicht, da sie sich allgemein eingedrängt hatte, obgleich sie wohl fehlen könnte.




7) Vgl. Urkunden-Anlage Nr. 1.
8) Vgl. Urkunden-Anlage Nr. 2.
9) Vgl. Bagmihl Pommersches Wappenbuch, I, Taf. 48.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber das mecklenburgische Wappen