Abschnitt 2

Der stargardische Arm.


L. Slagghert wird diesen Bericht wohl aus den ältesten Siegeln des Herzogs im Kloster Ribnitz gebildet haben.


Mit der Belehnung des Herzogs Magnus kann die Vermehrung des Siegels auch nicht zusammenhängen, da der Lehnbrief des Kaisers Maximilian I. für die Herzoge Magnus und Balthasar erst am 15. Julii 1495 ausgestellt ist.

Vor dem J. 1483 habe ich aber den stargardischen Arm bisher noch nicht beobachtet; Rudloff 4) scheint allerdings fünfschildige Siegel vom J. 1480 gekannt zu haben. Zwar stehen auf dem Leichensteine der Prinzessin Anna 5), einer Tochter des Herzogs Heinrich IV , also einer Schwester des Herzogs Magnus, welche am 7. Sept. 1464 starb, die fünf Wappenschilde und unter diesen unten rechts auch der stargardische Arm; aber es ist außer Zweifel, daß dieser Leichenstein von dem Herzoge Magnus während seiner Regierung seiner Schwester nachgelegt ist, da auf demselben der Vater, Herzog Heinrich, als verstorben („qnondam“, d. i. weiland) bezeichnet wird, dieser aber erst am 9. März 1477 starb.

Es ist also Wahrscheinlich, daß der Herzog Magnus nicht sehr lange nach dem Tode seines Vaters das fünfschildige Wappen aus eigener Bewegung angenommen und vom Kaiser bestätigt erhalten hat.

Die Veranlassung der Vermehrung des Wappens war ohne Zweifel das Aussterben des fürstlichen Hauses Meklenburg-Stargard im J. 1471 und der Heimfall des Landes Stargard an die Linie Meklenburg-Schwerin.

Die zweite Frage ist, was der Arm zu bedeuten habe. Nehmen wir an, der Arm sei Anfangs wirklich für die im Wappen bis dahin noch nicht Vertreten gewesene Herrschaft Stargard aufgenommen, so hat die Wahl eines Armes keinen rechten Grund. Das Land Stargard hat kein altes Wappenzeichen, die Stadt Stargard führt seit alter Zeit einen brandenburgschen Adler im Siegel, wie noch mehrere Städte des Landes Stargard, als brandenburgische Colonien, den brandenburgischen Adler oder einen Theil des brandenburgischen Wappens im Siegel führen, und die den meklenburgischen Landesherren voraufgehenden Herren des Landes Stargard stammten aus dem markgräflichen Hause Brandenburg. Ganz willkührlich wird der Arm aber auch nicht gewählt sein. Sehen wir uns im Lande Stargard nach einem Wappen mit einem Arme um, so finden wir, daß die Stadt Fürstenberg im Lande Stargard einen weiblich bekleideten Arm mit einem Ringe zwischen den Fingern im Siegel führt. Leider ist trotz der sorgfältigsten, vieljährigen Forschungen kein ganz altes Siegel der Stadt Fürstenberg aufzufinden und die Geschichte der Stadt überhaupt dunkel. Es sind zwei ältere, kleinere Siegel der Stadt bekannt: das eine Siegel ist achteckig, führt auf einem Schilde in Renaissanceform einen rechts gekehrten Arm, ohne alle Bekleidung, mit einem Ringe zwischen den Fingern und einer Binde um den Ellenbogen, und läßt sich 1568-1620 verfolgen; das andere Siegel ist rund, führt einen rechts gekehrten Arm, mit einem runden weiblichen Puffärmel und einer Binde um den untern Saum des Aermels, und kommt gegen das Ende des 17. Jahrhunderts vor. Das erstere Siegel ist ohne Zweifel im 16. Jahrhundert gestochen, da nicht allein Siegel- und Schild-Form, sondern auch die über dem Schilde stehenden rein römischen Buchstaben S C F dafür reden. Die Bildung des Arms auf diesen Siegeln hat also dieselbe Entwickelung in der Form, wie der Arm im landesherrlichen Wappen. Woher die Stadt Fürstenberg dieses Siegel erhalten und seit wann sie es geführt habe, ist nicht zu ermitteln. Möglich ist es, daß die Stiftung der Stadt in den Anfang des 14. Jahrhunderts, in die Zeit Heinrichs II. des Löwen, fällt und die Stadt das Siegel zum Andenken an dessen Gemahlin Beatrix von Brandenburg erhielt; aber mit Sicherheit läßt sich hierüber nichts sagen. Es ist freilich kein fürstenbergisches Stadtsiegel bekannt, welches älter wäre, als der „stargardische Arm“ im landesherrlichen Wappen; aber es läßt sich mit Sicherheit annehmen, daß der Arm im Siegel der Stadt so alt ist, als die Stadt Fürstenberg, da die Städte ihre Siegel sehr selten ganz verändern 6). Die Stadt Fürstenberg war aber sicher schon im 14. Jahrhundert vorhanden.




4) Vgl. Rudloff M. G. II, S. 910, wo schon ganz gesunde Auffassungen des meklenburgischen Wappens zu finden sind.
5) Vgl. Jahrbücher IX, S. 432.
6) Mir ist in Meklenbnrg für ältere Zeiten nur das Beispiel der Stadt Grabow bekannt, welche in der Zeit 1550-1560 Mond und Sterne statt des H. Georg in das Siegel nahm.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber das mecklenburgische Wappen