Der Zustand der jüdischen Nation in Deutschland

Was also dürfte die Gesetzgebung bei dieser Lage der Dinge zu tun haben?

Betrachten wir den Zustand der jüdischen Nation in Deutschland, wie er gegenwärtig ist, so werden wir sie in sich selbst in zwei sehr ungleichartige Klassen geteilt finden.


Auf der einen Seite finden wir Männer, welche ungeachtet, der Hemmungen, welche ihr Verhältnis ihnen entgegenstellte, dennoch die echte Bildung der Zeit in sich aufgenommen, und eben dieser überwundenen Schwierigkeiten wegen auf unsere Achtung einen doppelten Anspruch haben — Gelehrte, Künstler, Fabrikanten, Großhändler mit bedeutendem Grundbesitz und dergl. Sie beruhigen sich bei ihrer Religion, indem sie deren Dogmen als Symbole betrachten und ehren, ohne sich durch ein Ritual-Gesetz, das sie nur als für längst entschwundene Verhältnisse passend anerkennen, mehr für gebunden zu erachten, als es nach den im christlichen Staate bestehenden Verhältnissen zulässig ist. Ihrem Glauben nach wird der Messias dann erscheinen, wenn das Menschengeschlecht von Leidenschaften und Lastern sich gereinigt haben wird. Das Land des Glückes, das sich dann Allen eröffnen muss, ist das Palästina, auf welches sie hoffen. In ihrer Gewalt wäre es, alle in ihrer Stellung zur Gesellschaft liegenden Schwierigkeiten zu beseitigen, wenn sie am Altare das christliche Glaubensbekenntnis ablegten. Aber nicht so glücklich, von den christlichen Glaubenswahrheiten durchdrungen zu sein, verschmähen sie es, um irdischen Vorteils willen als Heuchler aufzutreten, und dem Glauben ihrer Väter, wie sie ihn auch immer sich deuten mögen, zu entsagen. Dagegen finden sie meist kein Bedenken dabei, ihre Kinder christlich erziehen und sie, wenn es der Überzeugung derselben gemäß ist, zum Christentum übergehen zu lassen. So finden wir jetzt die Kinder und Enkel zweier der ausgezeichnetsten und edelsten Israeliten des Preußischen Staats, Mendelsohns und Friedländers, unter den Christen. Die ganze Haltung der Angehörigen dieser Klasse beweist, dass sie wirklich dem Staate, dem sie angehören, sich angeschlossen haben, und viele von ihnen haben als freiwillige Vaterlandsverteidiger in den Kriegen gegen Frankreich durch ehrenvolle Wunden bewiesen, dass sie nicht Palästina, sondern unser gemeinsames Vaterland für das ihrige halten. Sie haben hierdurch zugleich den auf ihrer Nation haftenden Vorwurf der Feigheit, der Scheu vor körperlicher Anstrengung, und der ausschließlichen Richtung aus Geldgewinn von sich abgelehnt. Diesen Männern höherer Bildung schließen sich, in Beziehung auf vaterländische Gesinnung, diejenigen noch nicht sehr zahlreichen jüdischen, Handwerker an, welche fester Gewerbseinrichtungen und bleibender Kundschaft bedürfen, und deshalb, zu einem engern Anschließen an das Land und die Gesellschaft genötigt, durch ihr bürgerliches Verhältnis sich bei uns als heimisch zu fühlen gelernt haben, daher aber in Sitte und Gesinnung immer mehr von lästiger jüdischer Eigentümlichkeit sich losmachen.

Diesen jedem Staate sehr nützlichen jüdischen Einwohnern gegenüber steht die zahlreiche Klasse derjenigen Juden, welche von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf herumziehen, um auf Jahrmärkten und in den Häusern ihre Waren feilzubieten, und ihrer gegen bares Geld oder gegen andere Waren von jeder Art, gegen alte Kleider und niederen Abgang der Wirtschaften , oder gegen Produkte des Landbaues sich zu entäußern, — die jüdischen Pfandleiher und Branntweinwirte, und andere Gewerbetreibende dieser Art, deren Verkehr hauptsächlich auf ein ebenso schnell sich bildendes als wieder aufgehobenes Verhältnis mit fremden berechnet ist. Diese Menschen, größtenteils in der tiefsten Rohheit und Unwissenheit versunken, in dieser mit höchster Strenge nicht nur instinktartig ihren Glaubenssätzen in Talmudistischer Verzerrung und Entstellung, sondern auch ihrem Ritual-Gesetze anhängend — durch ihre äußere Erscheinung, ihre Sitte und Sprache, sogleich als Fremde, und zwar als widerliche und beschwerliche Fremde, sich kund gebend, sind es, welche in dem oben angegebenen Sinne noch Juden geblieben sind, und es immer bleiben werden, so lange man sie durch die Gestattung dieser Art von Gewerbebetrieb im Stande erhält, in ihrer Absonderung zu beharren und ihre Eigentümlichkeit zu behaupten. Sie sind es, welche der Spott des geringsten Christen sich zum Ziele wählt, auf welchen im Allgemeinen der Hass und die Verachtung der christlichen Staatsangehörigen ruht. Wenn wir auch dieser Klasse gewisse ihr eigentümliche Tugenden, Mäßigkeit, Betriebsamkeit, Keuschheit der Frauen, zärtliche Elternliebe, nicht absprechen können , und zugestehen müssen, dass die christlichen Regierungen, indem sie die Juden früher auf diese ihnen zusagenden Gewerbe beschränkten, an dem in jeder Hinsicht sehr traurigen Zustande dieser Klasse selbst schuld sind, so müssen wir doch auch bekennen, dass dieser Zustand, wie er jetzt ist, jenen Hass und jene Verachtung meistens rechtfertigt. Obschon die jüdische Bevölkerung in Preußen sich zu der christlichen im Allgemeinen nur etwa wie eins zu achtzig verhält, so wird man doch selten von einer Bande von Falschmünzern, von Dieben oder räuberischen Brandstiftern hörend zu welchen nicht Juden dieser Klasse gehört hätten. Im Kriege sind sie es vorzüglich, die mit der größten Schlauheit das Geschäft der Spione betreiben, und damit Freund und Feind zu bedienen bereit sind. Im gewöhnlichen Laufe der Dinge wissen sie hauptsächlich den unkundigen Sandmann zu betören, indem sie ihm die Anschaffung seiner Bedürfnisse durchs Kredit erleichtern, welchen sie teuer genug sich bezahlen lassen, und zur rechten Zeit versagen, um für wohlfeile Preise seine Produkte, und, wo sie Grundeigentum erwerben dürfen, auch sein Grundstück sich anzueignen. Sie sind es, die bei der Menge, welche nicht zu unterscheiden pflegt, den Namen der Juden überhaupt verhasst machen, und gegen die Nation im Allgemeinen eine Meinung erhalten, welche auch jene achtbare Klasse trifft und oft ihr Verhältnis zu der Gesellschaft ungerechterweise trübt und verkümmert.

Indem wir diese zwei Klassen einander gegenüberstellen, wollen wir damit das Vorhandensein von Ausnahmen und Abarten nach beiden Richtungen hin auf keine Weise bestreiten. Unter denen, die äußerlich zur erstem Klasse zu rechnen sind, gibt es Einzelne, die zu den unerträglichsten Erscheinungen des Judentums gehören, jene eitlen Toren, die einen oberflächlichen Anstrich moderner Bildung mit allen üblen inneren und mit vielen äußern Eigentümlichkeiten der zweiten Klasse zu einer bald lächerlichen, bald widrigen geistigen und körperlichen Fratze vereinigen, die alles überbietet, was man in dem reichhaltigen Sortiment christlicher Narren auffindet; die in der Gesellschaft, im Theater und allerwärts, wo man ihr Eindringen nicht abwehren kann, als Kunstkenner, Kritiker und Politiker für alle, die sie hören und nicht hören wollen, mit höchster Anmaßung das große Wort führen, — dann wieder vor bedeutenden Männern, zu welchen sie sich andrängen, kriechen und sich beugen, und mit ihrer Bekanntschaft prahlen, als wären sie ihre vertrautesten Freunde und Ratgeber. Sie essen Schinken und Wurst mit derselben Ostentation, mit welcher sie bei den Kanzel-Vorträgen christlicher Mode-Prediger in den Kirchenstühlen ihre Glieder recken, und in christlichen Passionsmusiken die etwa vorkommenden Verwünschungen gegen die Juden beifällig anhören oder selbst mit absingen. Von dem Glauben ihrer Väter haben sie nichts mehr an sich, und würden ohne Verletzung ihres Gewissens zum Christentum übergehen, wenn sie nur ohne Weitläufigkeit und bequem mit den Christen auf dem gebahnten Wege fortspazieren und des lästigen Religions-Unterrichts, der noch lästigeren Prüfung, und der allerlästigsten Taufhandlung überhoben sein könnten. Dessen ungeachtet aber erwacht bei der geringsten Veranlassung ihr angebornes National-Gefühl. Sie behaupten dann mit dem bittersten Ernste und ohne die geringste Besorgnis, sich lächerlich zu machen, dass die Juden im Kriege den Staat gerettet haben; dass sie, genau betrachtet, die Christen ernähren; dass sie schon durch ihre Ruhe ihre Vortrefflichkeit beweisen, da sie eigentlich bei den schlechten Gesinnungen der Christen gegen sie die letztern ihr Übergewicht ganz anders fühlen lassen, vielleicht gar sie zum Lande hinaus jagen sollten; dass sie, weil von mehreren Hunderten einer etwa ein bedeutendes Grundeigentum besitzt, hauptsächlich das aristokratische Prinzip darstellen, und was dergleichen Albernheiten mehr sind. Diese eleganten Juden, deren Zahl glücklicher Weise bei besserer Erziehung in der neuern Zeit sich sehr gemindert hat, tun ihrer Nation in der Meinung der höheren Gesellschaft nicht mindern Schaden, als die Juden der zweiten Klasse in den Augen der niederen Stände tun. An moralischer Würdigkeit stehen sie vielen der ärmsten Trödel- und Schacherjuden nach, unter welchen es Einzelne gibt, deren Rechtlichkeit und Zuverlässigkeit von den Christen selbst bereitwillig anerkannt wird.

Da aber die Gesetzgebung die Verhältnisse nur in Massen auffassen, und in diesen unmöglich alle einzelne Schatzungen und Abweichungen beachten kann, so wird sie, wenn eine ganz gleichmäßige Behandlung aller Juden nicht für zulässig erkannt werden sollte, sich auch nur an jene Hauptkategorien und den allgemeinen Charakter derselben halten können.

Dies vorausgeschickt fragen wir: Was soll, der öffentlichen Meinung und diesen beiden Klassen der Juden gegenüber, die Gesetzgebung tun? Soll sie die Mitglieder der letztern Klasse, so unfähig sie auch noch zum vollen Genusse der bürgerlichen und politischen Rechte sein mögen, mit empfindlicher Verletzung der öffentlichen Meinung als Staatsbürger den Christen um deswegen gleich stellen, weil kein Grund des Rechts und des Staatsinteresses vorhanden ist, jener ersteren Klasse den Genuss dieser Rechte zu versagen?

Oder soll sie, weil Menschlichkeit und Klugheit gleichmäßig erheischen, dass jene bessere Klasse fernerhin nicht bedrängt und gedrückt, nicht im freien Gebrauche ihrer Kräfte irgend gehemmt werde, auch die schlechtere Klasse, deren Verdorbenheit selbst den Besseren ihrer Nation ein Gräuel ist, den Christen gleichstellen, und ihnen dadurch nur noch mehr Freiheit geben, ihre tief eingewurzelten Eigentümlichkeiten zur Beschwerde und zum Schaden der übrigen Staatsangehörigen ferner zu pflegen und auszubilden?

Man wird, wenn man sich weder von Judenhass noch von Judenliebe verblenden lässt, sondern die Sache selbst mit Klarheit auffasst, diese beiden Fragen nur verneinend beantworten können. Hiernach dürfte aber der Gesetzgebung, wenn sie die öffentliche Meinung schonen und der Sache selbst genügen will, nichts übrig bleiben, als die Juden nach scharf ausgesprochenen Kategorien, wie sie oben angedeutet sind, in Klassen zu teilen, und die Verhältnisse derselben nach ihrer Verschiedenheit zu ordnen *).

Der ersten Klasse, aus allen unbescholtenen Personen bestehend, welche durch ihre Bildung und die Art ihrer Gewerbsamkeit beweisen, dass sie wirklich, ungeachtet der Verschiedenheit ihres Glaubens, der christlichen Staatsgesellschaft sich bereits fest angeschlossen haben und ferner anschließen wollen, folglich allen Gelehrten, Künstlern, Großhändlern, Kaufleuten mit festen Verkaufsplätzen, Ackerbauern, Gärtnern, Fabrikanten und Handwerkern, erteile sie das Staatsbürgerrecht wo möglich ohne alle Beschränkung. Sollte aber zur Schonung der öffentlichen Meinung, welche sich noch nicht daran gewöhnt hat, den Juden als dem Christen gleichstehend zu betrachten, und immer noch von jenem Gefahr befürchtet, zur Zeit noch irgend eine Beschränkung für notwendig erachtet werden, so möge sie nur das Notwendigste betreffen. Wenige Christen dürften sich jetzt noch gern von Juden regiert sehen — auch in einer Ständeversammlung dürfte die Anwesenheit eines Deputierten dieses Glaubens der Mehrzahl kaum erwünscht sein. Die Ausschließung von höhern Staatsämtern und von den Stände-Versammlungen würde aus diesen Gründen zur Zeit sich rechtfertigen lassen. Wenn aber Einzelne sich durch Talent, durch Gesinnung und vorzügliche Leistungen einen allgemein geachteten Namen erworben haben, dann fällt für sie wohl auch jetzt schon der Grund dieser Beschränkung weg. Besondere Privilegien, durch welche solche ausgezeichnete Männer in den Besitz des vollen Staatsbürgerrechts gestellt würden, könnten dann allen Angehörigen der jüdischen Nation zur Aufmunterung dienen, und beweisen, dass der Staat das Verdienst achte, wo er es finde.

*) Dass es zum Besten der Juden selbst ratsam sei, diese Klassifikation einzuführen, gestehen selbst verständige jüdische Schriftsteller zu, welche sich warm für ihr Volk verwenden. Moritz Cohein in der Schrift über die Lage der Juden, Hannover 1832, rechtfertigt die Württembergische Judenordnung, welche auf dieser Klassifikation beruht, und äußert sich in Beziehung auf dasjenige, was er für sein Vaterland Hannover wünscht S. 59 wie folgt: „Kehren wir zu den von der Hannoverschen Regierung in Betreff der fraglichen Angelegenheit zu ergreifenden Maßregeln zurück, so bemerken wir unter Beziehung auf die eben vorgeschlagene Emanzipation, dass es ratsam sein dürfte, das Staatsbürgerrecht nur denjenigen einheimischen Israeliten zu erteilen, die von einem ordentlichen bürgerlichen Erwerbszweige sich nähren, hingegen diejenigen von dieser Begünstigung auszuschließen, die dem sogenannten Schacherhandel, d.h. dem Hausier-Trödelhandel, dem Lotterie-Geschäft und dem Leihen auf Pfänder obliegen.“ ,,Die eben gedachte Beschränkung hinsichtlich der Schacherjuden würde einer Emanzipation in der von uns erörterten Bedeutung nicht nur nicht widersprechen, sondern die Wirksamkeit jener noch mehr befördern.“

Die zweite Klasse, aus den Trödel- und Schacher-Juden, Hausierern, Schenkwirten und Pfandleihern bestehend, bleibe vom Staatsbürgerrechte ausgeschlossen, und solchen Beschränkungen unterworfen, welche teils die christliche Staatsgesellschaft, soweit dies überhaupt möglich ist, gegen die nachteiligen Wirkungen der jüdischen Eigentümlichkeiten schützen, teils die Angehörigen dieser Klasse anreizen werden, nicht nur selbst durch Befähigung zum Staatsbürgerrechte aus dieser Klasse herauszutreten und in die erstere freiere und geehrtere Klasse überzugehen, sondern hauptsächlich ihre Kinder durch die Erziehung zu diesem bessern Zustande zu befähigen.

Was die Art der Beschränkungen anlangt, so ergeben sie sich aus den Klagen, welche über diese Klasse von Juden von so vielen Seiten her geführt werden. Sie geben überall bereitwillig Kredit, wo noch irgend eine Befriedigung zu hoffen ist, und ziehen ihn zur rechten Zeit zurück, wenn sie ein Objekt der Exekution ausgemittelt haben. Bei Darlehen geben sie dem Verschwender, der künftig eine Erbschaft zu hoffen hat, statt des Geldes Waren zu hohen Preisen und überlassen ihm den Verkauf, bei welchem oft kaum die Hälfte der verschriebenen Summe herauskommt. In der Provinz Posen besonders geben sie dem trunksüchtigen Bauer, der meistens kein bares Geld hat, Branntwein auf Kredit, machen nach längerer Zeit dem Schuldner, wenn er eben angetrunken ist, die Zeche und legen ihm eine Schuldverschreibung zur Unterschrift oder zur Unterzeichnung mit Kreuzen in Gegenwart von Zeugen vor. Wo das Hausieren mit Schnittwaren noch gestattet oder doch unentdeckt zu betreiben ist, reizen sie Bauern und Bäuerinnen durch das Vorzeigen von bunten Zeugen und durch das Anpreisen von dem Vorzuge derselben zum Ankaufe auf Kredit. Dann zur rechten Zeit mit ihren Forderungen hervortretend, setzen sie sich in den Besitz der Produkte und selbst der Grundstücke des Landmanns, die sie durch Vereinzelung vorteilhaft anzubringen wissen. Vorschriften, wodurch Forderungen aus Geschäften dieser Art teils ganz für ungültig erklärt, teils nur nach Beobachtung gewisser Formalitäten als gültig anerkannt werden, sind fast von allen frühern Gesetzgebungen für notwendig gehalten worden, und werden noch jetzt von der öffentlichen Meinung nicht für unnötig gehalten werden. Das Verbot der Niederlassung auf dem platten Lande, wenn sie nicht geschieht, um Ackerbau zu treiben, wird ebenfalls für notwendig gehalten, da diese Juden eben auf den Dörfern den größten Schaden anrichten.

Das Staatsbürgerrecht der Juden bleibe ein bloß persönliches Recht, welches dem selbstständigen jüdischen Einwohner bei der Niederlassung erteilt werde, und welches er mit seinen Angehörigen, so lange diese in väterlicher Gewalt sind, ausüben möge. Der Sohn erhalte es bei seiner Niederlassung ebenfalls, wenn er zu der Klasse gehört, welche dazu befähigt ist. Aber er trete in die zweite Klasse über, wenn er dieser Fähigkeit ermangelt.

Dagegen erhalte der vom Staatsbürgerrechte zunächst ausgeschlossene Jude dasselbe in dem Augenblicke, in welchem er das Verhältnis, wegen dessen er ausgeschlossen war, aufgibt, und in ein anderes tritt, welches ihn dazu befähigt, z. B. wenn er nicht mehr hausierend durch das Land zieht, sondern ein Landgut kauft oder pachtet, um es selbst zu bewirtschaften.

Wenn man nicht den größten Teil der Juden der zweiten Klasse zu Bettlern und Dieben machen will, so wird man sie und ihre bereits herangewachsenen und zu keiner andern Tätigkeit erzogenen Kinder nicht nötigen können, ihr jetziges Gewerbe niederzulegen. Aber man verbiete ihnen, ihre kleinen noch bildungsfähigen Kinder einem derjenigen Gewerbe zu bestimmen, auf welche die meisten früheren Gesetzgebungen widersinniger Weise die Juden beschränkt, wodurch sie ihren Hang zur Absonderung und zum unstäten Leben genährt und sie gehindert haben, sich im Lande heimisch zu fühlen. Nur solche Gewerbe seien den Juden gestattet, welche sie zu einer bestimmten stäten Tätigkeit nötigen und ihnen Anspruch auf das Staatsbürgerrecht geben.

Man wird gegen diesen letzten Vorschlag einwenden, dass, die Klassen-Einteilung vorausgesetzt, bei den Vorteilen, welche das Staatsbürgerrecht gewährt, die Eltern schon von selbst geneigt sein würden, ihre Kinder einem dazu befähigenden Gewerbe zu widmen, und es daher des Zwanges nicht bedürfe, um sie dazu zu vermögen. Aber wenn wir sehen, wie geneigt auch die nichtjüdischen Eltern sind, ihre Söhne zu ihrem eigenen Geschäft wieder zu erziehen; wenn wir bedenken, wie tief von Geschlecht zu Geschlecht die Neigung zu Geschäften dieser Art bei den gemeinen Juden eingewurzelt ist; wie sehr auch ihre körperliche Beschaffenheit sie dazu vorzugsweise antreibt, da Landbau und Handwerk eine andere Ausbildung der Körperkraft erfordern, als diejenige, welche bei den zeitherigen Lieblingsbeschäftigungen der Juden in Anspruch genommen wird; wenn wir hauptsächlich erwägen, dass eben diese Geschäfte ihnen ihre zeitherige Absonderung von der übrigen Staatsgesellschaft und die Bewahrung ihrer Eigentümlichkeiten allein möglich machen; — so werden wir wohl zweifeln, ob die Vorteile, welche das Staatsbürgerrecht gewähren soll, mächtig genug seien, um sie zur Verzichtleistung auf ihre tief eingewurzelten Gewohnheiten und Eigentümlichkeiten zu vermögen. In den Rheinprovinzen, wo sie seit fast vierzig Jahren, in den zum Königreiche Westfalen gehörig gewesenen Landesteilen, wo sie seit fünf und zwanzig Jahren, und in den alten Preußischen Provinzen, wo sie seit ein und zwanzig Jahren jedes Gewerbe zu treiben berechtigt sind, hat wenigstens die Freiheit, die man ihnen dazu gegeben hat, wenig dazu beigetragen, sie aus ihren alten Geschäften herauszubringen. Wollte man dies bestreiten, so würde man zugleich behaupten müssen, dass alle Preußischen Provinzialstände, zusammengesetzt aus Männern aller Stände, aller Teile der Provinzen, frei gewählt durch das Vertrauen ihrer Mitbürger, und sämtlich dem praktischen Leben angehörig, entweder falsch gesehen oder gelogen hätten; — eine Behauptung, die selbst die neuesten jüdischen Journal-Korrespondenten, soviel man auch von ihnen erwarten darf, aufzustellen Bedenken finden möchten.

Berechnen wir die wahrscheinliche praktische Wirkung der obigen Vorschläge, so dürfen wir wohl hoffen, dass hiernach der Zustand der jüdischen Staatsbürger, selbst wenn sie zunächst von Staatsämtern und von der ständischen Vertretung ausgeschlossen bleiben, ein guter sein werde, da er ihnen zum Gebrauche und zur Ausbildung ihrer Kräfte nach allen andern Seiten hin Raum und volle Freiheit gibt; dass aber auch der Zustand der Schutzjuden wenigstens ein erträglicher sein werde, bei welchem sie sich um so mehr werden beruhigen können, da ihnen selbst und ihren Kindern der Weg zum Staatsbürgerrechte und gleich jetzt jedes solide bürgerliche Geschäft offen steht. Jedenfalls würden sich auf dem vorgeschlagenen Wege die jüdischen Staatsbürger mit jedem Jahre vermehren, die Schutzjuden aber vermindern und am Ende ganz aufhören. Wenn dieser Zeitpunkt einträte, würden die Regierungen annehmen können, dass die Juden der christlichen Staatsgesellschaft sich wirklich angeschlossen, ihrer Absonderung und ihren nationellen Eigentümlichkeiten entsagt hätten; dass dann zwar noch deutsche Bekenner des Mosaischen Glaubens vorhanden seien, nicht aber eine jüdische Nation, welche sich jetzt noch im Gegensatze der deutschen Nation unter uns geltend macht, und dadurch schon deutlich genug zuerkennen gibt, dass sie sich in Sitte und Gesinnung noch nicht mit uns verschmelzen will. Eine Judenordnung würde dann überhaupt nicht mehr nötig sein, und die völlige Gleichstellung der Christen und Juden sich aus den letzteren heraus allmählich naturgemäß entwickelt haben. Dass das Alte nicht ferner leben und bestehen könne, wenn es keine Wurzel mehr im Böden der Gesellschaft hat, oder diese Wurzel abgestorben ist, wird wahrscheinlich keinem der Verteidiger der Emanzipation zweifelhaft sein. Deshalb aber werden sie auch zugestehen müssen, dass das Neue nicht gedeihen könne, wenn es zu einer Zeit gepflanzt wird, wo es seiner Natur nach noch keine Wurzel schlagen kann, oder in einen Boden, der von Natur dazu nicht geeignet, und durch Kultur nicht dazu vorbereitet ist. Ob aber die Zeit und der Boden jetzt schon zu der von ihnen gewünschten Pflanzung geeignet sei, mögen sie nach den oben angeführten Tatsachen und nach dem Inhalte des Anhanges beurteilen. Eine Emanzipation durch das Gesetz würde für sie nur wenig Vorteile gewahren, wenn nicht gleichzeitig ihre Emanzipation in der öffentlichen Meinung Statt fände. Höchst wahrscheinlich aber würde die erstere, jetzt erteilt, die letztere nur noch auf einen ferneren Zeitraum hinausschieben. Die Juden haben mehr als siebenzehn Jahrhunderte, als Fremde betrachtet und sich selbst betrachtend, außerhalb ihres Vaterlandes gelebt. Wenn man nun ihren Zustand im Allgemeinen gut oder doch erträglich macht, und diejenigen unter ihnen, die sich durch die Tat als Einheimische ausweisen, immittelst schon als unsere Landsleute betrachtet und behandelt, so werden sie wohl füglich noch dreißig oder vierzig Jahre warten können, um dann ganz und ohne alle Ausnahme als Landeskinder behandelt zu werden. Vielleicht wird die künftige Generation, wenn ein solcher Vorschlag wirklich ausgeführt werden sollte, denjenigen, der ihn getan, für einen redlicheren Judenfreund erkennen, als den, welcher, jetzt dass Unerreichbare mit Heftigkeit verlangend, vielleicht gegen die Gewährung des Erreichbaren Bedenken erregt, und seinem eigenen Zwecke entgegenarbeitet.