Lotto - des Dänen-Königs Geschäft mit der Armut

Diese Hamburger Winkelblätter und das dänische Zahlen-Lotto tragen nicht wenig zur Demoralisierung der niederen Volksklassen bei. Was das Letztere betrifft, so hat es Sr. Majestät, der König von Dänemark bekanntlich in seine Staaten eingeführt, um die Einkünfte seiner Krone durch die Armut zu vermehren. In Altona befindet sich das Haupt-Comptoir dieses Lottos für Holstein, ein Raubstaat inmitten einer zivilisierten Umgebung, der, außer Holsteins Armut, auch die des nahen Hamburgs und Lübecks mit der Unverschämtheit plündert, die nicht la bourse, ou la vis, sondern la bourse et la vie spricht.

Holstein ist ein deutscher Bundesstaat, und man hat es sich in der letzteren Zeit angelegen sein lassen, die deutsche Einheit auf alle mögliche Weise festzustellen, sogar durch einen allgemeinen Mautverband; jetzt wird man auch vielleicht dem Nachdruck wehren. Hamburg und Lübeck aber sind diesem abscheulichen privilegierten Lotto preisgegeben, das Sr. Majestät der König von Dänemark an ihren Grenzen errichtet hat, und wohin die Leute ihr tägliches Brot tragen, den letzten Pfennig ihrer Habe, wie jene fromme Witwe ihr Schärflein in den Gotteskasten warf.


Man hat harte Strafen auf den Verkehr mit diesem Lotto gesetzt, aber die dänischen Behörden lachen dazu; die neun und neunzig Zahlen, die sie dem Volke zeigen, lassen dasselbe Staat und Gesetz vergessen, und man ist überdies von dänischer Seite großmütig: die Regierung begnügt sich mit den Dreiern und Sechslingen der Armut, es ist ihr nicht die Hand des elendsten Tagelöhners schmutzig genug, um die Berührung mit derselben zu scheuen. Alles was Geld hat, ist am Lotto-Tisch willkommen, und Friedrich von Dänemark macht die Honneurs an der Tafel, mit solcher Liebenswürdigkeit und Courtoisie, dass selbst die Verzweiflung jener, die durch das Lotto Habe und Gut verloren haben, ihm nicht das Gegengewicht halten kann. Holstein ist ein deutscher Bundesstaat, wie Hamburg und Lübeck; Hamburg aber und Lübeck bestrafen dasjenige mit dem Zuchthaus, was in Holstein gesetzlich erlaubt ist! Wo ist hier die Einheit?

Es ist zu schlimm, dass die deutschen Bundesstaaten, rücksichtlich der inneren Organisation, so sehr viele Verschiedenheiten aufzuweisen haben, Verschiedenheiten, die, selbst bei aller äußeren Gleichstellung und Verbündung dieser Staaten, nie und nimmer eine geistige Harmonie herbeiführen können, die allein ein einiges Deutschland hoffen lässt und nicht bloß eine einige Diplomatie und Politik. Wie feindlich müssen die Regierungen Holsteins, Hamburgs und Lübecks sich, schon des Lottos wegen, einander gegenüber stehen.

Und selbst Holstein, dass durch seinen Landadel und seine Viehzucht so gesegnet ist, kann es freundlich zu dieser Ruthe sehen, die ihm das arme Dänemark gewunden hat? Bei allem Mangel einer inneren harmonischen Organisation der deutschen Bundesstaaten müssen diese Unglücklichen noch stets den Einflüssen des Auslandes erliegen. Was hilft es nun den Lübeckern, dass sie, wenigstens äußerlich und von Staats wegen, so streng auf gute Sitten halten und sogar nicht einmal öffentlichen Mädchen ein Privilegium erteilen, dass sie Sparkassen und Vereine für gemeinnützige Tätigkeit gestiftet haben? Dänemark spottet, mittelst Holsteins, ihrer Sittlichkeit, und lebt von der Demoralisierung der unteren Volksklasse Lübecks; denn wohin dieser Schleichhandel mit den Lotto-Nummern führen muss, das liegt so ziemlich am Tage.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Skizzen aus den Hansa-Städten