6tens Möbel. Zimmerverzierungen. - Die schönsten Tischlerarbeiten hat, allgemein anerkannt, Werner geliefert, ein Deutscher. ...

6. Möbel. Zimmerverzierungen

Die schönsten Tischlerarbeiten hat, allgemein anerkannt, Werner geliefert, ein Deutscher. Wie die Katzen sind die französischen Berichte um diesen heißen Brei herumgegangen. Leugnen konnten sie nicht, daß ein Ausländer die Franzosen übertroffen; aber eingestanden haben sie es auch nicht. Sie gebrauchten die Wendung: Werner wäre seit einigen Jahren in Paris etabliert, in dieser allgemeinen Kunstschule Europens, die jeder besuchen müsse, der sein Talent ausbilden wolle. So schwer fällt es diesen Menschen, einem ausländischen Verdienste Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und so leicht machen es die verrückten Liberalen denen, welchen daran gelegen ist, die profane Allianz zwischen Volk und Volk, vor der man zittert, zu verhindern! Werner verfertigt alle seine Möbel von französischem Holze, von Esche, Pappel, Ulme, Erle, Ahorn und Zitronenholz aus der Provence. Dieses macht sie aber darum teurer als die von ausländischem Holze verfertigten, weil bei den letztern es hinreicht, gemeines Holz mit dünnen Platten des kostbaren zu belegen, das französische Holz aber sich zu solcher Plattierung nicht eignet und man daher genötigt ist, die Möbel ganz von diesem Holze zu machen. Werner muß wohl auch außer Frankreich vorteilhaft bekannt sein, denn er arbeitet für den russischen und den bayerischen Hof.


Ein Pariser Tischler ließ sich beifallen, einen Lehnstuhl im Geschmacke des Mittelalters zu verfertigen. Dessen Grundbau ist von Acajou, Eben- und Zitronenholz zusammengesetzt, und an der Lehne sind nicht weniger als 2587 Stücke Perlmutter in verschiedenen launischen Bildungen eingelegt. Der Sitz ist mit silbergesticktem Samt überzogen. Dieser Sessel ist freilich sehr geschmacklos; aber die Kritik hat das ihrige getan, wenn sie den verdienten Tadel ausgesprochen. Doch die Pariser Liberalen sind über diesen Feudalstuhl vor Wut außer sich gekommen. Wie einst Nicolai überall Jesuiten roch, so riechen die Liberalen überall die Contrerevolution. Sie sahen mit prophetischem Geiste in jenem Sessel einen absoluten König sitzen. Das mit Lilien umkränzte gestickte H. bestärkte sie in ihrer Furcht. Sie gingen dem Tischler hart zu Leibe und fragten den armen verblüfften Mann: „Was soll dieser Stuhl? Für wen ist dieser Stuhl? Ist er für den König Dagobert oder für eine Zukunft, die jener Vergangenheit gleichen wird? Sprich, Mensch! Heraus mit der Sprache!“ ... Lacht Freunde; aber lacht euch nicht arm! Verwahrt eures Spottes gute Hälfte für die weisen Narren. Im verflossenen Winter vernahm man bei Nacht in einem entfernten Viertel der Stadt ein unterirdisches Getöse. Und alle Pulse der Reinblütigen schlugen heftiger! Und die ganze Koppel der hohen Jagd war attent! Und alle Nachtwandler der Polizei waren aus den Betten! Man glaubte endlich, endlich, endlich die geheime Werkstätte des Komiteedirektors gefunden zu haben. Und was war es? Nichts als ein ehrlicher Pastetenbäcker, der in seinem Keller nächtlicherweile Talmouses gebacken! Doch nein, ich irre mich; es waren Brioches. Sie sind aber beide sehr schmackhaft.

Schön war ein runder Eßtisch mit verborgenem Flötenwerke, das während der Mahlzeit die angenehmsten Stücke spielt. Es wäre sehr zu wünschen, daß man solche Tische in allen deutschen Gasthöfen einführte, damit man die dort grassierenden Tafelmusikanten los würde, die unbarmherzig, erst nach sieben jämmerlichen musikalischen Gerichten, beim Dessert den armen Gästen den Gnadenstoß geben .... An einem andern Tische hing ein Zettel mit den Worten: „Table en bronze, goût du siècle de Louis XIV., exécuté pour Mr. le duc de –“ Der Gedankenstrich sollte die Lüge ergänzen, die man nicht auszuschreiben wagte, mündlich aber nannte der Verfertiger den Herzog, der den Tisch so bestellt hatte. Offenbar hatte man ein altes Stück Möbel aufgeputzt; die Franzosen aber stellten sich dumm und als glaubten sie, dieser altmodische Tisch sei bestellt worden, nur um Gelegenheit zu haben, sich über den schlechten Geschmack eines fremden Fürsten lustig zu machen .... Sekretäre, Bettstellen und andere Möbel von lackierten Bleche waren häßlich; aber mit großem Lobe ist einer Badewanne zu gedenken. Man könnte sie eine amphibische nennen, denn sie befriedigt alle Bedürfnisse, die im Wasser und auf dem festen Lande entstehen können. Der Apparat zur Erhitzung des Wassers ist an der Wanne angebracht und wird von dem Badenden selbst in Tätigkeit gesetzt. Das Wasser bleibt sieben bis acht Stunden warm und kann, wenn kalt geworden, wieder warm gemacht werden. Die Wanne heizt zugleich das Zimmer, in dem sie steht. Ein kleiner Ofen, in der Handreiche des Badenden, gibt ihm die Bequemlichkeit, sich selbst sein Frühstück zu bereiten – Kaffee, Tee, Schokolade, Koteletts, oder wozu er sonst Lust hat. Er hat sogar ein Pult, woran er unter dem Baden, ohne das Buch naß zu machen, lesen kann; kurz, man kann in dieser Wanne leben und sterben. Dabei braucht man zur Wärmung dieses Bades nicht mehr als für fünf Sous Brennmaterial. Der Tausendkünstler dieses Badewerks war unglücklicherweise abwesend, als ich es in Augenschein nahm, und ich fand keinen, der mir die Einrichtung erklärte. Wahrscheinlich aber wird das Wasser durch Dämpfe geheizt; denn ich habe lederne Schläuche bemerkt .... Ein neues Billard wird, ich weiß nicht warum, „jeu de la mointoison“ genannt. Außer der gewöhnlichen Billardeinrichtung bemerkt man daran labyrinthische bedeckte Gänge für den Lauf der Kugeln und Zahlenreihen, nach Art der Rouletteteppiche. Das Spiel sieht sehr zeitvertreibend aus und kann Menschen, welche die Zeit plagt, empfohlen werden.

Der Tischler Bonjour in Paris bereitet einen Stuck, den er stuc ligneux nennt, womit er alle Holze wie auch Granit, Jaspis, Porphyr und sonstige Marmorarten täuschend nachahmt. Diese Tünche, die der Reibung und den Eindrücken der Witterung widersteht, wird zur Belegung der Möbel und zur Bekleidung der Wände gebraucht. Der Stuck zieht sich so stark in das Holz hinein, daß er nicht mehr davon getrennt werden kann .... Ein anderer macht Steinpappe (carton pierre), die zu allen Arten architektonischer Verzierungen, Kandelabern und zu Abgüssen von plastischen Kunstwerken gebraucht werden kann. Sie ist wohlfeiler als Holz und ausdauernder als Gips. Diese Erfindung ist nicht neu, sondern nur erneuert; denn man hat im Louvre Plafonds aufgefunden, die schon unter Heinrich II., also vor 180 Jahren, verfertigt worden und die mit Steinpappe, welche nicht die geringste Beschädigung erlitten, verziert waren.

Unter den Möbelstoffen bemerkt man durchsichtigen Taffet (taffetas diaphane), zu Fenstervorhängen bestimmt. In der berühmten Fabrik des Herrn Oberkamp in Jouy wird ein durchsichtiger Leinenzeug zu Rollvorhängen verfertigt, die, nach Art der alten Kirchenfenster gezeichnet und gemalt, bei durchfallendem Licht von schöner Wirkung sind.

Fußteppiche. – Neu waren: Zimmerteppiche von Ochsenhaaren und von Pelzwerk. Gefirnißte Teppiche von Wachsleinwand, von jeder beliebigen Größe, ohne Naht und in haltbaren Farben, kosten, ohne Unterschied der mehr oder minder schönen Zeichnung, 15 Sous der Quadratschuh. Diese Decken sind in England sehr gebräuchlich und wurden bis vor kurzem auch nur in diesem Lande verfertigt. Jetzt führt sie Frankreich sogar nach Nordamerika aus .... Die Herzogin von Berry hat einen von ihr selbst gestickten Fußteppich zur Ausstellung hergegeben ... Die königliche Teppichfabrik Savonnerie lieferte für ein Zimmer der Herzogin von Angoulême einen Teppich von den schönsten Zeichnungen und Farben. Ich erinnere mich aber, in den Gebäuden jener Fabrik einen noch schönern gesehen zu haben, der für die Kaiserin Maria Louise bestimmt war. Der früher hier anwesende persische Gesandte hat gesagt, daß in seinem Lande selbst nichts so Schönes gemacht werde. Weil in den Zipfeln des Teppichs Adler angebracht sind, wird er nicht gebraucht, und er liegt in einer Kammer zusammengerollt, um dort zu verfaulen. Vielleicht aber auch nicht; es kommt nur darauf an, wer ausdauernder ist – Frankreich oder der Teppich.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Schilderungen aus Paris.