Nettlebed, Dorchester, Nuneham

Mein Weg von Nettlebed aus war ein ununterbrochener Spaziergang in einem großen Garten. Ich wechselte oft mit Gehen und Lesen im Milton ab. Als ich ohngefähr acht Meilen von Nettlebed und nicht weit mehr von Dorchester war, hatte ich die Themse in einiger Entfernung zur Linken, und an ihrem jenseitigen Ufer sah ich einen langen Hügel, hinter welchem ein Mastbaum hervorzuragen schien, der mich vermuten ließ, dass an der andern Seite des Hügels auch ein Fluß sei.

Die Aussicht, welche ich mir von diesem Hügel versprach, konnte ich unmöglich so vorbeigehen; ich ging links vom Wege ab, über eine Brücke über die Themse, und immer den Hügel hinauf, auf den Mastbaum zu. Als ich den Gipfel erstiegen hatte, fand ich, dass alles ein Blendwerk war. Ich hatte nichts, als eine große Ebne vor mir, und der Mastbaum war in die Erde gegraben, um vorwitzige Leute vom Wege abzulocken.


Ich stieg also meinen Hügel wieder herunter; am Fuß desselben war ein Haus, wo viele Leute aus dem Fenster sahen, die mich auszulachen schienen, daran ich mich aber wenig kehrte, und meine Straße fortging, ohne daß mich meine Reise zu dem Mastbaum sehr gereuet hätte. Nur war ich doch von dem Steigen etwas ermüdet.

Nicht weit von hier nahe vor Dorchester hatte ich noch eine herrliche Scene. Die Gegend wurde hier so schön, dass ich nicht weiter gehen konnte, sondern mich auf den grünen Rasen legte, und sie mit Entzücken betrachtete. Der Mond stand schon in seiner ganzen Fülle am Himmel, die Sonne flimmerte noch mit ihren letzten Strahlen durch die grünen Hecken. Hierzu kam der Wiese betäubender Wohlgeruch, der Vögel mannigfaltiger Gesang, die Hügel an der Themse, bald hellgrün, blassgrün, oder dunkelgrün, mit ihren hin und her zerstreuten Baumgeschwadern. Ich erlag fast unter der Betrachtung aller dieser reizenden Gegenstände.

Ich kam ziemlich spät in Dorchester an. Dies ist nur ein kleiner Ort, hat aber eine große und ansehnliche Kirche. Indessen standen die Damen mit frisiertem Haar vor den Häusern, wo ich vorbei ging, und es schien mir hier wieder alles ein viel zu vornehmes Ansehen zu haben, als dass ich hier hätte bleiben sollen, wie ich anfänglich willens war.

Ich entschloss mich also, noch viertehalb Meilen bis Nuneham zu gehen, wovon es nur noch fünf Meilen bis Oxford war. Hier in Nuneham kam ich denn ziemlich ermüdet und bei finsterer Nacht an.

Der Ort bestand aus zwei Reihen dicht aneinandergebauter Häuser, und war so regelmäßig angelegt, wie eine Straße in London. Alle Türen waren schon verschlossen, und ich sah nur noch in einigen Häusern Licht.

Endlich sah’ ich ganz am Ende des Orts, ein großes Schild quer über die Straße aushängen, und das letzte Haus an der linken Seite war der Gasthof, wo noch alles in Bewegung war.

Ich kehrte ohne Umstände ein, und sagte, ich wolle die Nacht da bleiben. By no means! (keinesweges) hieß es, es sei schlechterdings unmöglich; das ganze Haus sei voll, und alle ihre Betten besetzt; da ich so weit wäre, solle ich nur noch vollends die fünf Meilen bis Oxford gehen.

Weil mich sehr hungerte, so verlangte ich wenigstens, dass man mir etwas zu essen geben sollte. Allein ich bekam zur Antwort, weil ich die Nacht nicht da bleiben könne, so ginge es auch nicht gut an, dass sie mir zu Essen geben könnten, ich möchte nur weiter gehen.

Endlich verlangte ich einen Krug Bier, den man mir für bare Bezahlung gab, aber einen Bissen Brot dazu, den ich auch gern bezahlen wollte, schlug man mir ab.

Eine solche erstaunliche Inhospitalität hatte ich denn doch in einem Englischen Gasthof nicht erwartet. Ich wollte aber doch alles mögliche versuchen, um zu sehen, wie weit die Lieblosigkeit dieser Leute gehen würde.

Ich bat also, sie möchten mich nur auf einer Bank schlafen lassen, und mir Obdach geben, ich wolle dafür so viel, als für ein Bette bezahlen, denn ich wäre so müde, dass ich unmöglich weiter gehen könnte, allein indem ich noch diesen Antrag machte, schlug man mir die Tür vor der Nase zu.

Da man mich nun hier in einem kleinen Dorfe nicht hatte aufnehmen wollen, so konnte ich noch weit weniger erwarten, dass man es in Oxford tun würde. Ich war also beinahe entschlossen, diese Nacht, weil es überdem ziemlich warm war, unter freiem Himmel zuzubringen, und suchte mir zu dem Ende einen bequemen Platz auf dem Felde unter einem Baum aus. Als ich nun gerade im Begriff war, meinen Überrock auszuziehen, um ihn mir untern Kopf zu legen, hörte ich jemanden mit schnellen Schritten hinter mir herkommen, der mir zurief, ich solle warten, wir könnten miteinander gehen.

So wenig nun auch jemanden, der auf die Weise hinter einem herkommt, in finstrer Nacht zu trauen ist, so war es mir doch eine Freude, dass sich wieder ein Mensch um mich bekümmerte, und mit mir gehen wollte, da ich vorher so äußerst unfreundlich von den Menschen ausgestoßen war.

Ich erwartete ihn also ruhig, und als er zu mir heran kam, sagte er, wenn ich gut zu Fuße wäre, so könnten wir miteinander gehen, denn er wolle auch noch nach Oxford. Als ich ihm das erste versicherte, setzten wir unsern Weg zusammen fort.

Da ich nun nicht wissen konnte, ob meinem Reisegefährten zu trauen sei, so suchte ich mich ihm auf alle Fälle von einer bemitleidenswerten Seite bekannt zu machen. Und beklagte mich zu dem Ende über das Unrecht, dass man mir, als einem armen Wandrer, in dem letzten Gasthofenicht einmal ein Obdach verstattet, und mir für mein Geld sogar einen Bissen Brot versagt habe.

Mein Reisegefährte entschuldigte die Leute in etwas, indem er sagte, daß wirklich das Haus voller Leute sei, die hier in der Nähe gearbeitet hätten, und nun da logierten. Daß man mir aber einen Bissen Brot versagt habe, könne er freilich selbst nicht billigen; und hierauf fragte er mich, wo ich denn heute hergewandert käme.

Ich antwortete aus Nettlebed, und erzählte ihm, dass ich da heute Morgen dem Gottesdienste mit beigewohnt hätte.

Da Ihr also vermutlich heute Nachmittag durch Dorchester gekommen seid, sagte er, so hättet Ihr mich auch können predigen hören, wenn Ihr dort in die Kirche gekommen wäret: denn dies ist mein Vikariat, wo ich eben herkomme, um wieder nach Oxford zu gehen.

Also seid Ihr ein Prediger? sagte ich, ganz voller Freuden, dass ich in dieser finstern Nacht, auf meinem Wege einen Gefährten angetroffen hatte, mit dem ich einerlei Beschäftigung trieb. Ich bin auch ein Mann der predigt, sagte ich zu ihm, indem ich ihm zugleich zu verstehen gab, dass ich nicht, wie ich vorher gesagt, aus Armut, sondern um Sitten und Menschen kennen zu lernen, zu Fuße reiste.

Er war über diese angenehme Zusammenkunft eben so erfreut wie ich, und wir schüttelten brüderlich die Hände zusammen, ehe wir weiter gingen.

Nun fing er an, einige Worte Latein zu reden, und da ich ihm nach der Englischen Aussprache wieder Lateinisch antwortete, gab er mir seinen Beifall über meine richtige Pronunciation des Lateinischen zu erkennen. Denn, sagte er, vor einigen Jahren sei ihm einmal, auch in der Nacht, fast auf eben dem Fleck, ein Deutscher begegnet, der ihn auch in Latein angeredet, aber es so abscheulich ausgesprochen habe, dass er nur wenige Worte davon verstanden hätte.

Das Gespräch lenkte sich nun auf theologische Materien, und unter andern auf die neuen Lehren des D. Priestley, den er bis in den untersten Abgrund der Hölle verdammte. Ich hütete mich also wohl, mich über diesen Text zu tief mit ihm einzulassen, und billigte seine Behauptungen ohne alle Einschränkung, wodurch ich mir sehr seine Gunst erwarb.

Während diesem Gespräche waren wir fast, ohne des Weges gewahr zu werden, bis nahe vor Oxford gekommen.

Nun, sagte er, würde ich bald eine von den schönsten und prächtigsten Städten, nicht nur in England, sondern in ganz Europa, sehen, nur sei es Schade, dass ich, wegen der Dunkelheit der Nacht, den herrlichsten Prospekt davon verlieren würde.

Diesen verlor ich denn auch wirklich, und sah nicht eher etwas von Oxford, bis wir dicht daran waren. Und nun sagte er, als wir hineingingen, würde ich eine der längsten, prächtigsten und schönsten Straßen nicht nur in dieser Stadt, sondern in England, und überhaupt in ganz Europa sehen.

Sehen konnte ich die Pracht und Schönheit dieser Straße nicht, aber ihre Länge fühlte ich an meiner Müdigkeit, denn ich merkte, dass wir immer fortgingen, ohne daß die längste Straße in Europa ein Ende nahm, oder dass ich gewusst hätte, wo ich nun auf dieser berühmten Straße die Nacht bleiben würde. Bis endlich mein Reisegefährte stille stand, um von mir Abschied zu nehmen, und sagte, er wolle nun in sein Kollegium gehen, wo er wohnte.

Und ich will mich die Nacht hier auf einen Stein setzen, gab ich ihm zur Antwort, und den Morgen abwarten, weil ich hier wohl schwerlich eine Herberge finden werde.

Ihr wollt Euch auf einen Stein setzen, sagte er, und schüttelte mit dem Kopfe: Kommt lieber mit mir in ein Bierhaus hier in der Nähe, vielleicht treffen wir da noch mehr Gesellschaft an!

Wir gingen also noch ein Paar Häuser weiter, und klopften an die Türe. Es ging schon auf zwölf Uhr. Man machte uns auf, und wie groß war meine Verwunderung, da wir gleich zur linken Seite in einen Verschlag traten, wo eine ganze Anzahl Priester mit ihren Mänteln und Kragen, um einen großen Tisch, jeder seinen Bierkrug vor sich, saßen, denen mich mein Reisegefährte als einen german Clergyman vorstellte, und mich nicht genug wegen meiner richtigen Aussprache des Lateinischen, meiner Orthodoxie, und meines guten Schrittes wegen, rühmen konnte.

Ich sahe mich also plötzlich in eine Gesellschaft versetzt, wovon ich mir nie etwas hatte träumen lassen; und es kam mir äußerst sonderbar vor, dass ich nun so auf einmal, ohne zu wissen wie, nach Oxford, und mitten in der Nacht in eine Gesellschaft oxfordischer Geistlichen gekommen war.

Indes suchte ich mich in dieser Situation so gut wie möglich zu nehmen. Ich erzählte von unsern deutschen Universitäten, und dass es auf denselben oft sehr unruhig und geräuschvoll zuginge, und dergleichen: O hier gehts auch manchmal sehr geräuschvoll zu, versicherte mir einer von den Geistlichen, der einen kräftigen Zug aus seinem Bierkrug tat, und dabei mit der Hand auf den Tisch schlug.

Die Unterhaltung ward immer lebhafter: man fragte mich auch nach Herrn Bruns, jetzigen Professor in Helmstädt, den die meisten unter der Gesellschaft gekannt hatten.

Nun war unter allen diesen Clergymen auch ein Weltlicher, Namens Clerck, der ein starker Geist sein wollte, und ihnen allerlei Einwürfe gegen die Bibel machte. Er machte ein Wortspiel mit seinem Namen, weil Clerk auch ein Küster heißt, indem er sagte, er bleibe immer Clerk, und avanciere nie zum Clergyman; überhaupt war er, nach seiner Art, wirklich ein launigter Kerl.

Dieser machte denn unter andern meinem Reisegefährten, der, wie ich hörte, Mr. Modd hieß, den Einwurf gegen die Bibel, daß mit klaren Worten darin stünde, Gott sei ein Weintrinker.

Darüber ereiferte sich nun Mr. Modd gewaltig, indem er behauptete, es sei schlechterdings unmöglich, dass eine solche Stelle in der Bibel gefunden werde. Ein andrer Geistlicher, der Mr. Caern hieß, berief sich auf seinen abwesenden Bruder, der schon vierzig Jahr im Amte sei, und gewiss etwas von dieser Stelle wissen müsse, wenn sie in der Bibel stände, er wolle aber darauf schwören, dass sein Bruder nichts davon wisse.

Waiter! fetch a Bible! (Aufwärter, holet eine Bibel!) rief Mr. Clerk, und es wurde eine große Hausbibel gebracht, und mitten auf dem Tische unter allen den Alekrügen aufgeschlagen.

Mr. Clerk blätterte ein wenig, und las im Buch der Richter 9, 13. Soll ich meinen Wein verlassen, der Götter und Menschen fröhlich macht? in der Englischen Übersetzung: which rejoices the Heart of God and Man.

Mr. Modd und Mr. Caern, die vorher am mutigsten gewesen waren, saßen auf einmal wie betäubt, und es herrschte eine Stille von einigen Minuten, als auf einmal der Geist der Exegese über mich kam, und ich sagte: Gentlemen! that is an allegorical Expression! (Meine Herrn, das ist ein allegorischer Ausdruck,) denn, fuhr ich fort, wie oft werden die Könige der Erden in der Bibel Götter genannt?

Freilich ists ein allegorischer Ausdruck! fielen sogleich Mr. Modd und Mr. Caern ein, und das ist ja so leicht einzusehen, wie möglich! – so triumphierten sie nun über den armen Clerk, und tranken mir mit vollen Zügen eine Gesundheit nach der andern zu.

Mr. Clerk aber hatte seine Pfeile noch nicht alle verschossen, sondern verlangte, sie sollten ihm eine Stelle im Propheten Ezechiel erklären, wo mit ausdrücklichen Worten stehe, Gott sei ein Bartscherer.

Hierdurch wurde Mr. Modd so sehr aufgebracht, daß er den Clerk an impudent Fellow (einen unverschämten Kerl) nannte, und Mr. Caern berief sich auf seinen Bruder, der schon vierzig Jahr im Amte sei, daß dieser den Mr. Clerk ebenfalls für einen unverschämten Kerl halten würde, weil er so etwas Abscheuliches behaupten könnte.

Mr. Clerk aber blieb ganz ruhig, und schlug im Propheten Ezechiel eine Stelle auf, die ein jeder lesen konnte, wo es von den versteckten Juden hieß: God will shave the Beard of them (Gott wird ihnen den Bart abscheren). Waren nun Mr. Modd und Mr. Caern vorher wie vor den Kopf geschlagen, so waren sie es jetzt noch viel mehr, und hier ließ selbst den Mr. Caern sein Bruder, der schon vierzig Jahr im Amt war, ganz im Stiche.

Ich brach das Stillschweigen aufs neue, und sagte! Gentlemen! dies ist ja ebenfalls ein allegorischer Ausdruck! – Freilich ist es das! fielen mir Mr. Modd und Mr. Caern ins Wort, und schlugen dazu auf den Tisch. – Denn den Gefangenen, fuhr ich fort, wurde der Bart abgeschoren, und es heißt also weiter nichts, als Gott wird sie in die Gefangenschaft fremder Völker geben, die ihnen den Bart abscheren! – Das versteht sich, ein jeder sieht es ein, und es ist so klar wie der Tag! schallte mir vom ganzen Tische entgegen, und Mr. Caern setzte hinzu, sein Bruder, der vierzig Jahr im Amte wäre, erklärte es eben so.

Dies war der zweite Triumph über Mr. Clerk, und dieser war nun ruhig und machte keine Einwürfe weiter gegen die Bibel. Von den übrigen aber wurde mir noch manche Gesundheit in dem starken Ale zugetrunken, welches mir höchst zuwider war, weil dieses Ale beinahe stärker wie Wein berauscht.

Das Gespräch lenkte sich nun auf andre Gegenstände. Endlich als es beinahe gegen Morgen ging, fing Mr. Modd an: damm me! I must read Prayers in all Souls College! (ich muss in aller Seelen Collegio Betstunde halten; und damm me! ist eine Verkürzung aus God damm me! Gott verdamme mich, welches aber in England nicht viel mehr sagen will, als bei uns, Ei zum Henker! oder Potztausend!)

Ehe aber Mr. Modd wegging, lud er mich auf den folgenden Morgen zu sich ein, und erbot sich sehr höflich, mir die Merkwürdigkeiten von Oxford zu zeigen. Die übrigen von der Gesellschaft verloren sich nun auch. Und da ich einmal, freilich auf eine sonderbare Art, in eine so ansehnliche Gesellschaft eingeführt war, trug man auch im Hause weiter kein Bedenken, mich aufzunehmen, und wies mir ein gutes Schlafzimmer an.

Allein am folgenden Morgen, da ich aufwachte, hatte ich von dem gestrigen starken Zutrinken der Ehrwürdigen Herren ein solches Kopfweh bekommen, dass es mir nicht möglich war aufzustehen, und noch weniger, den Herrn Modd in seinem Kollegio zu besuchen.

Der Gasthof, worin ich war, hieß the Miter, (die Bischofsmütze). Und ich fand hier, gegen Windsor gerechnet, die vortrefflichste Bedienung. Allein weil ich den Abend, ehe ich zu Bette ging, etwas aufgeräumt war, so sagte ich dem Aufwärter geradezu, er möchte nicht glauben, weil ich zu Fuße ginge, daß ich ihm deswegen ein schlechter Trinkgeld geben würde, sondern versicherte ihm das Gegenteil, wodurch ich denn die beste Aufwartung von der Welt erhielt.

Ich nahm mir nun vor, ein Paar Tage in Oxford zu bleiben, um zugleich während der Zeit, wieder reine Wäsche zu erhalten, die hier äußerst nötig tut, denn als ich den Nachmittag ein wenig spazieren ging, und meine Wäsche etwas schmutzig war, hört ich mir in einer kleinen Straße ein Paar Weiber vor der Türen nachrufen: Seht doch den feinen Herrn, der nicht einmal ein weißes Hemde am Leibe trägt!

Den Mittag aß ich unten mit der Familie und noch einigen Personen die da speisten, und unterhielt mich sehr angenehm. Ich musste viel von Deutschland und vorzüglich vom König von Preußen erzählen. Über meinen Entschluss und Kühnheit zu Fuß zu gehen, konnte man sich nicht genug wundern, ob man gleich meine Absicht billigte; und endlich gestand man mir offenherzig, dass ich auch hier nicht wäre aufgenommen worden, wenn es nicht auf eine so sonderbare Weise gekommen wäre. Denn ein jeder, der eine so weite Reise zu Fuße täte, würde für einen Bettler oder Spitzbuben gehalten, woraus ich mir denn meine Aufnahme in Windsor und Nuneham leicht erklären konnte. Ob ich gleich diesen schrecklich übertriebnen Luxus nichts weniger als billigen kann, vermöge dessen die Fußgänger in England nicht einmal ehrlich sein sollen.

Da ich nun nach Darbyshire gehen wollte, riet man mir, wenigstens, bis ich tiefer ins Land kommen würde, einen Platz in einer Postkutsche zu nehmen. Denn je weiter man von London ab ins Land käme, desto weniger herrschte der Luxus, und desto wohlfeiler und wirtbarer sei es auch. Ich nahm mir also auch vor, von Oxford bis Birmingham, wo ich von Herrn Pointer aus London an Herrn Fothergill, einen Kaufmann empfohlen war, in einer Postkutsche zu fahren, und von da erst weiter zu Fuße zu gehen.

Den Montag brachte ich in Oxford wegen meines Kopfwehes etwas missvergnügt zu. Herr Modd kam, um mich selber abzuholen, weil er sein Versprechen erfüllen wollte, allein ich fand mich nicht im Stande, mitzugehen.

Demohngeachtet machte ich gegen Abend noch einen kleinen Spaziergang auf einen Hügel, der gegen Norden vor Oxford liegt, und von welchem man die ganze Stadt übersehen kann, die mir denn bei weitem nicht so schön und prächtig vorkam, wie sie mir Herr Modd bei unsrer Nachtwanderung beschrieben hatte.

Die Kollegiengebäude sind größtenteils in gotischem Geschmack mit Verzierungen überhäuft, aus einem grauen Stein erbauet, der vielleicht, wenn er neu ist, besser aussieht, aber jetzt die ekelhafteste widrigste Farbe hat, die man sich nur denken kann.

Nur einige dieser Kollegien sind modern gebaut, und die übrigen Häuser sind größtenteils höchst erbärmlich, und in verschiedenen Straßen nur ein Stockwerk hoch, und mit Schindeln gedeckt. Mir schien Oxford einen sehr traurigen und melancholischen Anblick zu haben, und ich begreife gar nicht, wie man es nächst London für eine der schönsten Städte in England halten kann.

Ich wartete auf dem Hügel, in welchen eine Treppe zu einem unterirdischen Gange hinuntergemauert war, bis die Sonne unterging, und sah verschiedene Studenten hier spazieren gehen, die eben so wie die Schüler in Eaton-College, über ihre bunten Kleider große schwarze Chorröcke und platte viereckige Hüte tragen; welches die Tracht ist, wodurch sich alle, die zur Universität gehören, mit verschiedenen kleinen Abänderungen nach ihren Würden und Graden, auszeichnen.

Wegen dieser Chorröcke werden sie auch wahrscheinlich Gownsmen im Gegensatz gegen die Bürger genannt, welche Townsmen heißen. Und wenn man alle Einwohner von Oxford zusammenfassen will, so sagt man: die ganze Stadt, Gownsmen and Townsmen.

Freilich sticht diese Kleidung gegen die großen Stiefeln, Kokarden an den Hüten, Kollets und Hetzpeitschen mancher Studenten auf unsern Universitäten ganz erstaunlich ab, so wie überhaupt die Stille und das sittsame Betragen, welches denn doch hier unter den Studenten herrscht.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Reisen eines Deutschen in England im Jahre 1782