Oxford, den 25ten Juni.

Was für sonderbaren Schicksalen und Abenteuern ist doch ein Fußgänger in diesem Lande der Pferde und Karossen ausgesetzt! Doch ich will nur gleich meine Erzählung von vorne anfangen.

In Windsor mußte ich für ein altes Huhn, das ich den Abend verzehrte, für ein Schlafzimmer, das man mir mit Murren gab, und wo ich noch dazu von einem besoffenen Kerl beunruhigt wurde, und für ein Paar Tassen Tee zum Frühstück, neun Schillinge bezahlen, worunter denn das Huhn allein sechs Schillinge gerechnet ward.


Als ich nun weggehen wollte, stand der Aufwärter, welcher mich mit Unwillen und Murren bedient hatte, an der Treppe, und sagte: remember de Waiter! (bedenkt den Aufwärter!) Ich gab ihm drei Halfpenny’s, wogegen er mir ein herzhaftes: God damm you Sir! nachschickte. An der Türe stand die mürrische Magd, und sagte: remember the Chambermaid! – J’ill remember your Civility (ich werde mich an eure Höflichkeit erinnern!) sagt’ ich, und gab ihr nichts, worüber sie ihren Ärger in einem lauten Hohngelächter erstickte. Es folgten mir also im eigentlichen Verstande Flüche und Hohngelächter nach, da ich aus Windsor ging.

Wie froh war ich nun, da ich die Türme von Windsor wieder im Rücken hatte! Es ist nicht gut sein für den Wandrer nahe bei den Palästen der Könige, dacht’ ich, und lagerte mich im Schatten einer grünen Hecke, wo ich in meinem Milton las, und die Herrlichkeit der schönen Natur um mich her empfand.

Ich nahm meinen Weg wieder durch Slough über Salthill nach Maidenhead. In Salthill, welches doch nur ein Dorf ist, hatte ganz am Ende ein Perukenmacher seine Bude, worin er zugleich balbierte und frisierte. Dafür daß er mein Haar ein wenig in Ordnung brachte, und mich rassierte, mußte ich ihm einen Schilling bezahlen. Dieser Bude gegenüber war ein sehr elegantes Haus und Garten.

Zwischen Salthill und Maidenhead begegnete mir das erste Abenteuer auf meiner Wanderung.

Mir war bis jetzt noch fast kein einziger Fußgänger begegnet, hingegen rollten beständig eine große Menge Kutschen vor mir vorüber, weil auf der Straße von Oxford eine starke Passage ist, auch begegneten mir häufig Personen zu Pferde, welches hier auch eine sehr gewöhnliche Art zu reisen ist.

Mein Weg führte mich in einem ziemlich tiefen Grunde zwischen hohen Bäumen hin, so daß ich nicht weit vorwärts sehen konnte, als mir ein Kerl in einem braunen Frack und runden Hute, mit einem Stabe in der Hand entgegen kam, der um ein gut Teil stärker als der meinige war. Seine Physiognomie kam mir gleich etwas verdächtig vor. Er ging aber vor mir vorbei. Allein ehe ichs mir versah kehrte er wieder um, und verlangte von mir weiter nichts, als einen Halfpenny, wofür er sich wolle etwas Bier geben lassen, weil er noch nüchtern sei. Ich griff in die Tasche, und fand, daß ich gar keine Kupfermünze und nicht einmal Sixpences, sondern lauter Schillinge hatte. Als ich mich damit entschuldigte, sagte er mit einer so hämischen Miene, God bless my soul! und machte mich auf den faustdicken Griff an seinem Wanderstabe so aufmerksam, daß ich sogleich in die Tasche griff, und ihm mit der fröhlichsten Miene einen Schilling gab. Indem kam eine Kutsche gefahren. Er bedankte sich sehr höflich bei mir, und ging fort. Wäre die Kutsche einen Augenblick eher gekommen, so würde ich ihm den Schilling, den ich gar nicht überflüssig hatte, schwerlich gegeben haben. Ob dies nun ein Footpad war, will ich nicht entscheiden, alles mögliche Ansehn hatte er dazu.

Ich kam nun auf Maidenheadbridge oder die Brücke von Maidenhead, welches 25 Englische Meilen von London ist.

Die Englischen Meilenzeiger sind für den Reisenden eine große Annehmlichkeit und Bequemlichkeit. Mir haben sie oft die Hälfte des Weges erleichtert, weil ich immer gewiß wußte, wie weit ich gekommen war, und daß ich auf dem rechten Wege sei. Denn auf diesen Meilenzeigern sind allemal sowohl die Entfernungen von London, als bis zum nächstliegenden Orte bezeichnet, und wo Scheidewege sind, ist immer noch besonders ein Handweiser angebracht, so daß es hier fast unmöglich ist, sich im Gehen zu verirren. Ich muß gestehen, daß meine Reise fast ein beständiger Spaziergang war.

Von der Brücke vor Maidenhead ist eine vortreffliche Aussicht auf einen Hügel der sich rechts längst dem Ufer der Themse hin erstreckt, und auf welchem zwei prächtige Landsitze mit Wiesen und Parks befindlich sind. Der erste heißt Taplow und gehört dem Grafen von Inchiquin, und ein wenig weiter in der Ferne liegt Cliefden, welches ihm ebenfalls zugehört. Die Schlösser schimmern mit grünen Wiesen umgeben aus dem dicken Gehölz hervor, und geben einen reizenden Anblick.

Von dieser Brücke hat man nicht weit bis Maidenhead, und beim Eingange in dasselbe zur linken Seite, wiederum die Aussicht auf einen schönen Landsitz, wovon ein gewisser Pennyston Powney Esq. Besitzer ist.

Diese Nachrichten schöpfe ich größtenteils aus meinem Englischen Wegweiser, den ich fast beständig in der Hand habe, und worin fast alles Merkwürdige von Meile zu Meile angezeigt ist. Ich lasse mir von den Leuten, bei denen ich einkehre, die Wahrheit der Nachrichten bestätigen, und diese wundern sich denn, wie ich als ein Fremder, mit ihrer Gegend so genau bekannt bin.

Maidenhead selber ist ein unansehnlicher Ort: für eine Bierkalteschale, die ich mir hier machen ließ, mußte ich doch neun Pence bezahlen. Man schien mich auch hier nicht für voll anzusehen. A lusty Comrade! hört’ ich im Vorbeigehen von mir sagen, und das klang denn freilich nicht sehr ehrenvoll, wenn es eben so viel heißen sollte, als wie man bei uns zu sagen pflegt: das mag mir wohl ein lustiger Kamrad, oder ein lustiger Passagier sein!

Am Ende des Dorfs hatte ein Schuhmacher seinen Laden, so wie am Ende von Salthill ein Friseur wohnte.

Von hier gings nun auf Henley zu, das noch eilf Meilen von Maidenhead, und 36 Meilen von London entfernt ist.

Als ich ziemlich scharf sechs englische Meilen nach einander gegangen, und also nur noch fünf Meilen von Henley war, kam ich auf eine Anhöhe, wo grade ein Meilenzeiger stand, bei dem ich mich niedersetzte, um eine der herrlichsten Aussichten zu genießen, zu deren Betrachtung ich einem jeden raten will, der etwa einmal auf diesen Fleck kommen sollte.

Vor mir in der Nähe ein sanfter Hügel voll grüner Weizenfelder mit lebendigen Hecken eingezäunt, und oben von einem Walde umkränzt.

Und nun in der Ferne in einem großen halben Cirkel um mich her ein grüner Hügel an den andern, die sich vom Ufer der Themse sanft in die Höhe erhoben, und auf denen sich Wälder, Wiesen, Äcker und Dörfer mannigfaltig durchkreuzten, indes zu ihren Füßen die Themse sich zwischen Dörfern und einzelnen Häusern, und grünen Tälern, in reizenden Krümmungen hinschlängelte.

Die Ufer der Themse sind beständig schön und reizend; wie süß ist mir ihr Anblick, wenn ich sie oft, nach einer kleinen Entfernung, wo ich sie aus den Augen verloren habe, plötzlich mit allen ihren grünen Ufern wieder sehe!

Unten im Tale weideten Herden, und die Glocken schallten den Hügel herauf.

Und was eine solche Englische Gegend so bezaubernd schön macht, ist, daß alles übereinstimmt einen rührenden Anblick zu gewähren, daß man keinen Fleck sieht, auf dem das Auge nicht gern ruhen möchte. Die mittelmäßigste Gegend von denen, die ich nun in England gesehen habe, würde in der unsrigen schon ein Paradies ausmachen.

Durch diese belohnende Aussicht gleichsam zum neuen Gange gestärkt, gings nun im scharfen Schritt Berg auf Berg ab, die übrigen fünf Meilen bis Henley, wo ich den Nachmittag ohngefähr um vier Uhr ankam.

Zur linken Seite dicht vor Henley, an dem diesseitigen Ufer der Themse liegt auf einem Hügel ein schöner Park und Landsitz, den jetzt der General Conway bewohnet.

Ehe ich in Henley hinein ging, spazierte ich noch ein wenig am Ufer der Themse hinunter, und setzte mich im hohen Grase nieder, indes am andern Ufer der Park auf dem Hügel vor mir lag: weil ich etwas müde war, schlief ich hier ein, und als ich wieder aufwachte, schienen mir gerade noch die letzten Strahlen der untergehenden Sonne ins Gesicht.

Gestärkt von diesem süßen Schlummer ging ich weiter fort, und in die Stadt hinein, wo es mir aber viel zu vornehm aussahe, als daß ich meiner gemachten Erfahrung zu folge, hätte da bleiben sollen, vielmehr entschloß ich mich in einem Gasthofe by the Roadside (an der Heerstraße,) welche der Vikar von Wakefield the usual Retreat of Indigence and frugality (die gewöhnliche Zuflucht der Armut oder Sparsamkeit) nennt, einzukehren.

Allein das schlimmste war, daß mich niemand selbst einmal in einen solchen Zufluchtsort aufnehmen wollte. Es begegneten mir auf diesem Wege doch ein Paar Bauren. Ich fragte den ersten, ob ich in einem Hause an der Heerstraße, das ich von ferne sahe, wohl die Nacht Herberge finden würde? I dare say you may! war seine Antwort. Allein, als ich hinkam hieß es: we have got no Beds, and you can’t stay here to night! (Wir haben keine Betten, und ihr könnt die Nacht nicht hier bleiben), eben so hieß es auch in dem folgenden Hause, das ich an der Heerstraße traf. Ich mußte mich also entschließen, noch fünf Meilen bis Nettlebed zu gehen, wo ich denn etwas spät am Abend, da es schon völlig dunkel war, ankam.

Es ging in diesem Dörfchen noch recht munter zu, indem einige beurlaubte Soldaten auf ihre eigene Hand musicierten. Gleich beim Eingange in das Dorf war das erste Haus zur linken Seite ein Gasthof, wovon ein Querbalken bis zu dem gegenüberstehenden Hause gelegt war, an welchem ein erstaunlich großes Schild mit dem Namen des Eigentümers hing.

May I stay here to night? war meine erste Frage, da ich in das Haus trat, und ein kaltes: yes you may! war die Antwort darauf, worüber ich doch sehr froh war.

Man wies mich in die Küche, und gab mir an einem Tische mit den Soldaten und Hausknechten zu essen. Ich befand mich also nun zum erstenmal in einer solchen Küche, die in den Englischen Romanen des Fielding so oft vorkommen, und worin sich gemeiniglich die meisten Abenteuer zutragen.

Das Kamin in dieser Küche, wo gekocht und gebraten wurde war mit einem hölzernen Verschlage eingefaßt, und das übrige wurde wie ein Wohn- und Speisezimmer gebraucht. Rund herum an den Seiten waren Börte mit zinnernen Schüsseln und Tellern besetzt, und die Decke hing voller Viktualien, als Zuckerhüte, Würste, Speckseiten und dergleichen.

Während daß ich aß, kam eine Postchaise angefahren, und sogleich wurden beide Türflügel eröffnet, und das ganze Haus in Bewegung gesetzt, um nur diese vornehmen Gäste gehörig zu empfangen. Die Herrn stiegen aber nur einen Augenblick aus, und verzehrten nichts als ein Paar Krüge Bier, worauf sie wieder fortfuhren. Man begegnete Ihnen mit allem möglichen Respekt, denn sie kamen in einer Postchaise gefahren.

Ohngeachtet dies nur ein kleines Dorf war, und man mich gewiß für keinen vornehmen Gast hielt, wies man mir hier doch ein tapeziertes Schlafzimmer mit sehr guten Betten an.

Am folgenden Morgen zog ich reine Wäsche an, die ich bei mir trug, und putzte mich, so gut ich konnte, heraus, und als ich nun herunter kam, wies man mich nicht, wie den Abend vorher, in die Küche, sondern in das Parlour oder Fremdenzimmer, unten an der Erde; auch hieß ich wieder Sir, da ich den Abend vorher nur Master tituliert wurde, mit welcher letztern Benennung man eigentlich nur Bauern und ganz gemeine Leute anredet.

Es war Sonntag, und alles im Hause hatte sich schon festlich angeputzt. Es fing mir an in diesem Dorfe außerordentlich zu gefallen, und ich nahm mir vor, diesen Morgen dem Gottesdienste mit beizuwohnen. Zu dem Ende lieh ich mir von meinem Wirt dem Herrn Illing, dies war sein Name, der mir auffiel, weil er auch in Deutschland sehr gebräuchlich ist, ein Prayerboock (Gebetbuch), worin ich beim Frühstück für mich blätterte, und verschiednes von der Englischen Liturgie darin las. Auffallend war es mir, daß den Priestern alle Worte vorgeschrieben sind, deren sie sich bedienen müssen, wenn sie einen Kranken besuchen, wo sie z. B. anheben müssen: Peace dwell in this House! (Friede sei mit diesem Hause) u. s. w.

Daß ein solches Buch aber Gebetbuch und nicht Gesangbuch heißt, rührt daher, weil bei dem Englischen Gottesdienst von der Gemeine eigentlich nicht gesungen, sondern nur gebetet wird. Demohngeachtet aber sind auch in diesem Gebetbuche die Psalmen in Englische Verse übersetzt mit befindlich.

Das Gebetbuch, was mir mein Wirt liehe, war ein rechtes Familienstück, denn aller seiner Kinder Geburts- und Namenstage, und auch der Tag seiner Hochzeit waren sorgfältig darin verzeichnet. Um desto mehr Wert hatte auch dies Buch in meinen Augen.

Um halb zehn Uhr fing erst der Gottesdienst an. Grade unserm Hause gegenüber standen die Knaben des Dorfs, alle blühend und schön, und sehr nett und sauber angezogen, ihr rundabgeschnittnes Haar nach Englischer Art gekämmt, mit offner freier Brust, und die weißen Kragen an ihren Hemden von beiden Seiten übergeschlagen. Sie schienen sich hier beim Eingange des Dorfs versammlet zu haben, um den Pfarrer zu erwarten.

Ich ging ein wenig vor das Dorf hinaus spazieren, wo ich von fern einige Männer aus einem andern Dorfe kommen sahe, die dem hiesigen Gottesdienste beiwohnen wollten.

Endlich kam der Pfarrer geritten. Die Knaben zogen ihre Hüte vor ihm ab, und bückten sich tief vor ihm. Er war ein Mann von schon etwas ältlichem Ansehn, und trug sein eignes Haar rund frisiert, oder vielmehr, wie es sich von selber in Locken rollte.

Es ward geläutet, und ich ging, mein Gebetbuch unterm Arm, mit der Gemeine zur Kirche; wo mir der Clerk oder Küster sehr höflich dicht vor der Kanzel einen Platz anwies.

Die Auszierung der Kirche war sehr simpel. Gerade über dem Altar, waren auf zwei Tafeln mit großen Buchstaben die zehn Gebote verzeichnet, welche doch immer ein sehr kurzer und nachdrücklicher Inbegriff einer Sittenlehre für das Volk sind.

Unter der Kanzel dicht am Aufgange derselben war ein Pult, worin der Prediger, vor der Predigt, stand, und eine sehr lange Liturgie ablas, worauf der Küster jedesmal antwortete, indes die ganze Gemeine leise mit einstimmte. Wenn z. B. der Priester sagte: God have Mercy upon us! so antwortete der Küster und die Gemeine: and forgive us all our Sins! oder der Priester las ein Gebet, und die ganze Gemeine sagte Amen dazu.

Dies ist für den Prediger sehr beschwerlich, der nicht nur, so lange er predigt, sondern während des ganzen Gottesdienstes beständig reden muß. Aber das Mitbeten der ganzen Gemeine hat etwas sehr Feierliches und Rührendes.

Ein Paar Soldaten, die neben mir saßen, und vermutlich in London gewesen waren, schienen schon starke Geister sein zu wollen, denn sie beteten nicht laut mit.

Nachdem nun eine Weile gebetet war, merkte ich auf dem Chore einige Bewegungen, der Clerk war sehr geschäftig, und man schien sich zu irgend etwas Feierlichem zu rüsten, auch erblickte ich verschiedne musikalische Instrumente, als der Prediger mit Lesen inne hielt, und der Clerk vom Chor herunter sagte: Laßt uns zur Ehre Gottes singen, den sieben und vierzigsten Psalm, der sich anhebt, awake, our Hearts, awake with joy!

Und wie rührend und herzerhebend war es, als nun auf einmal in dieser kleinen ländlichen Kirche eine Instrumental- und Vokalmusik erschallte, welche von keinen gedungenen Tonkünstlern, sondern von den glücklichen Bewohnern dieses Dorfes selbst, als ein fröhliches Opfer zur Ehre ihres Gottes dargebracht wurde.

Dieser Gesang wechselte nun noch einigemal mit dem Gebet ab, und die Melodie der Psalmen hatte einen so raschen und freudigen, und doch dabei erhabnen Gang, der das Herz unaufhaltsam zur Andacht mit sich fortriß, und mich oft bis zu Tränen rührte.

Der Prediger trat nun auf und hielt eine kurze Rede über den Text: Es werden nicht alle, die zu mir Herr! Herr! sagen ins Himmelreich kommen, u. s. w. Er handelte in ziemlich allgemeinen Ausdrücken und Predigerterminologien von der Notwendigkeit, des Herrn Willen zu tun, sagte aber weiter eben nichts besonders Zweckmäßiges. Die Predigt dauerte keine halbe Stunde.

Dieser Prediger hatte eben kein freundliches, einnehmendes Wesen, und schien auch den Bauern etwas stolz mit einem vornehmen Kopfnicken zu danken, wenn sie ihn grüßten.

Ich blieb bis der Gottesdienst ganz geendigt war, und dann ging ich wieder mit der Gemeine aus der Kirche, und besahe noch die Leichensteine und Grabschriften auf dem Kirchhofe, welche doch größtenteils simpler und geschmackvoller als die unsrigen waren.

Einige waren freilich auch komisch genug, worunter denn vorzüglich eine Grabschrift auf einen Schmidt gehört, die ich wegen ihrer Seltsamkeit abgeschrieben habe, und sie hierher setzen will:

My Sledge and Anvil lie declined,
My Bellows too have lost their Wind;
My Fire’s exstinct, my Forge decay’d.
My Coals are spent, my Iron’s gone,
My Nails are drove, my Work is done.

„Mein Schmiedehammer und Amboß liegen darnieder; meine Blasebälge haben ihren Wind verloren; mein Feuer ist verloschen, und meine Schmiede verfallen; meine Kohlen sind verbraucht, mein Eisen ist alle, meine Nägel sind eingeschlagen, meine Arbeit ist aus.“

Viele Grabschriften fand ich, die sich mit folgenden Reimen endigten. Physicians were in vain; God knew the best, and laid his Dust to Rest. Ärzte waren vergeblich; Gott wußte am besten, was ihm gut sei, und legte seinen Staub zur Ruhe.

In der Kirche selbst sahe ich das marmorne Epitaphium eines Sohnes des berühmten D. Wallis, mit folgender simpeln und rührenden Inschrift: Eben der Verstand, welcher ihn zu jedem öffentlichen Amte fähig machte, lehrte ihn, sein Leben hier in der Stille zubringen.

Alle die Bauern, welche ich hier sahe, waren nicht, wie die unsrigen, in grobe Kittel, sondern gutes feines Tuch, auf eine geschmackvolle Art gekleidet, und unterschieden sich nur dadurch von den Stadtleuten, daß mir ihr Anzug und ihr ganzes Betragen weit natürlicher und edler zu sein schien.

Einige von den Soldaten, die starke Geister sein wollten, gesellten sich zu mir, da ich die Kirche besahe, und schienen sich ordentlich ihrer Kirche zu schämen, indem sie sagten: es sei nur eine sehr erbärmliche Kirche; worüber ich mir denn die Freiheit nahm, sie zu belehren, daß keine Kirche erbärmlich sei, die ordentliche und vernünftige Menschen in sich faßte.

Ich blieb noch den Mittag hier. Den Nachmittag war kein Gottesdienst, aber die jungen Leute musicierten wieder für sich, und sangen einige Psalmen, wobei ein Teil der Gemeine zuhörte. Es geschahe dies mit solcher Anständigkeit, daß es auch wie eine Art von Gottesdienst zu betrachten war. Dieser Kirchenmusik wohnte ich wieder bei. Ich war wie an dies Dorf gebannt. Dreimal ging ich fort, um weiter zu reisen, und eben so oft kehrte ich wieder um, weil ich mir beinahe vorgenommen hatte, eine Woche oder länger in diesem Dorfe zuzubringen.

Doch der Gedanke, daß ich nur noch einige Wochen bis zu meiner Rückreise übrig hatte, und doch noch Derbischire besehen wollte, trieb mich endlich fort. Mit Wehmut blickte ich oft nach dem kleinen Kirchturme und den friedlichen Hütten zurück, wo ich einen Morgen, wie zu Hause gewesen war.

Nun war es beinahe drei Uhr Nachmittages, als ich von hier wegging, und ich hatte noch achtzehn Meilen bis Oxford. Allein ich nahm mir vor, nicht bis Oxford zu gehen, sondern die Nacht über etwa fünf bis sechs Meilen davon zu bleiben, um es alsdann den folgenden Morgen noch bei guter Zeit zu erreichen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Reisen eines Deutschen in England im Jahre 1782