Das britische Museum.

Ich habe auch Herrn Pastor Woide kennen lernen, der mit dem brittischen Museum in Verbindung steht, und mir Gelegenheit verschafft hat, dasselbe, noch am Tage vorher, ehe es geschlossen wurde, zu sehen; da man sich sonst vierzehn Tage vorher melden muß, ehe man zugelassen wird. Eigentlich habe ich aber freilich nur die Zimmer und Glasschränke, und Bücherrepositoria im brittischen Museum, und nicht das brittische Museum selbst gesehn, so schnell wurden wir durch die Zimmer geführt. Die Gesellschaft bestand aus allerlei, auch ganz niedrigen Personen, beiderlei Geschlechts: denn weil es ein Eigentum der Nation ist, so muß einem jedweden der Zutritt dazu verstattet werden. Ich hatte Herrn Wendeborns Beiträge bei mir, wodurch ich wenigstens auf einiges Specielle, als die ägyptischen Mumien, einen Homerskopf, und einige andre Dinge aufmerksam gemacht wurde. Sobald das die übrige Gesellschaft von Engländern bemerkte, versammelten sie sich um mich, und ich unterrichtete sie aus Herrn Wendeborns deutschem Buche, was hier zu sehen sei. Der Trustee oder Aufseher, welcher uns herumführte, bezeigte eine spöttische Verwunderung, da er erfuhr, daß ich eine deutsche Beschreibung vom brittischen Museum bei mir habe. Man ist in einer Art von Betäubung, wenn man binnen einer Stunde durch alle diese Zimmer geht, und die ungeheuren Schätze von Naturmerkwürdigkeiten, Altertümern und Gelehrsamkeit anstaunt, woran man wenigstens ein Jahr aufmerksam zu betrachten, und eine Lebenszeit zu studieren haben würde. Teilweise soll die Sammlung von andern weit übertroffen werden, aber im Ganzen genommen, und an Vollständigkeit dieser keine gleich kommen. Durchreisende Theologen pflegen sich gern den Alexandrinischen Kodex zeigen zu lassen, um sich mit ihren Augen zu überzeugen, ob die Stelle: Drei sind die da zeugen, u. s. w. darin steht, oder nicht.

Der Herr Pastor Woide wohnt nicht weit von Paddington, ganz am Ende der Stadt, in einer sehr angenehmen Gegend, wo man schon eine weit freiere und reinere Luft einatmet, als mitten in der Stadt. Seine Verdienste um die orientalische Literatur sind bekannt. Er ist aber auch ein sehr umgänglicher und dienstfertiger Mann.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Reisen eines Deutschen in England im Jahre 1782