Reise in den Orient – Erster Band

Autor: Hackländer, Friedrich, Ritter v. H. (1816-1877), Erscheinungsjahr: 1840
Themenbereiche
Inhaltsverzeichnis
  1. Erstes Kapitel - Fahrt auf der Donau von Regensburg bis Giorgewo. - Abreise von Stuttgart. – Regensburg. – Linz. – Wien – Preßburg. – Pesth. – Bunda und Gostek. – Lord L. - Oberstlieutenant von P. – Emin Pascha – Ungarische Nationalieder.– Semlin. – Eine Jagdpartie in Drenkowa. – Die Mordmücken. – Alt-Orsorwa. – Neu-Orsowa – Das eiserne Thor – Giorgewo.
  2. Zweites Kapitel - Ritt durch die europäische Türkei. - Türkische Posteinrichtung. – Giorgewo: Schmutz auf den Straßen. - Quarantaine. - Kleidung der Türken. – Rustschuk. - Tartaren. - Das Paßbureau. - Bulgarische Fußbekleidung. - Unsere Pferde. – Der Ramasan. – Rasgrad. – Schumla. – Ritt über den Balkan. – Dobrol. – Faki. – Adrianopel: Quarantaine. Das alte Serail. - Selims Moschee. - Eine Soiree beim Pascha. - Illumination. - Tanzende Knaben. - Schatal Burgas. - Silivri. - Das Meer. – Ankunft in Konstantinopel.
  3. Drittes Kapitel - Konstantinopel. - Ansicht der Stadt. – Gasthöfe und Kaffeehäuser. – Straßen und Hunde. – Oeffentliches Leben. – Türkische Bäder. – Der Hippodrom, die sieben Thürme, mehrere Moscheen und andere alte Bauwerke. – Fahrt nach Bujukdere. - Die alten und neuen Wasserleitungen. – Familienleben. – Die Nacht im Ramasan. – Eine Audienz beim Sultan. – Diner bei Reichid Pascha.
    1. Gasthöfe und Kaffeehäuser.
    2. Türkisches Familienleben
    3. Eine Audienz beim Sultan. - Diner beim Reschid Pascha.
    4. Das neue Serail. - I. Von der Hafen- und Seeseite.
  4. Viertes Kapitel - Schiffbruch des Dampfbootes Seri-Pervas. - Abreise von Konstantinopel. – Die Stadt im Schnee. – Stürmisches Wetter. – Nebel. – Einschiffung türkischer Soldaten. – Der Seri-Pervas – Schiffbruch und Tod ist unser Loos. – Unglück des Dr. B. – Heftige Bewegungen des Schiffes. – Unser Nachtrab. – Seesturm. – Schiffbruch. – Das Verdeck. – Versuche zur Rettung. – Unglücksfälle bei derselben. – Das Dorf Armudköi. – Pillau mit Seife. – Räubereien der Türken. – Das Dampfboot Ludovico. – Rückkehr nach Konstantinopel.
  5. Fünftes Kapitel - Fahrt durch den Archipel. - Zweite Abreise von Konstantinopel. – Odun Kapussi. – Die Dardanellen. – Der Crescent. Die Ebene von Troja. – Die ionischen Inseln. – Smyrna. – Der Mustasiaberg. – Rhodus: Die Stadt. Die Allerheiligenkirche. Strada del Cavalieri. – Marmarissa mit der englischen und östreichischen Flotte. – Cypern.
  6. Sechstes Kapitel - Beirut. - Aeußere Ansicht der Stadt. – Der Libanon. – Innere Ansicht der Stadt. – Das Schloß am Meer. – Die Bazars. – Gewühl auf den Straßen. – Weiber. – Türkische Artillerie. – Beduinen. – Das Drusenlager. – Pinienanpflanzungen. – Aufenthalt in Beirut. – Jungfräulichkeit neuer Schiffe. – Die türkische Thorwache. – Krankheit der Freunde. – Ein Ritt in den Libanon. – Friedrich.
Leseprobe aus Kapitel 1 -

Es war am Abende des letzten September 1840, eines unfreundlichen regnerischen Herbsttages, als ich von meinen Bekannten und Freunden Abschied nahm, um meine Reise in den Orient anzutreten. Von wichtigen Momenten meines Lebens erinnere ich mich gern kleiner Umstände, die mir in den Augenblicken bemerkenswerth schienen. So wurde an demselben Abend im königlichen Schauspielhause Calderon's »Leben ein Traum« gegeben. Mir kam mein eigenes Leben in dem letzten Jahre, besonders der Augenblick meiner Abreise, so zauberhaft, fast wie ein schöner Traum vor. Meinem Freunde Moritz sagte ich in der Garderobe des Theaters ein herzliches Lebewohl in dem Augenblicke, wo er sich aus dem ärmlichen Costüm des unglücklichen Verstoßenen in das glänzende des Königssohnes warf. Lachend reichte er mir die Hand, diese Metamorphose auch mir prophezeihend. Und er hatte Recht. Wenn ich mich auch seit jenem dunklen traurigen Herbstabend nicht zum Glanz eines Königssohnes erhob, so gingen mir doch schöne freundliche Tage auf. Tage, die gewiß mit den herrlichsten Edelsteinen wetteifern konnten.

Von den Leiden in unseren deutschen Eilwägen will ich nicht reden, nur versichere ich, daß wir, wie immer, auch heute Nacht fast gerädert auf unserer Station ankamen. Dies war Göppingen; wir verließen die große Straße, um den Weg nach Heidenheim zu nehmen, wo Seine Hoheit, der Herzog Paul von Württemberg, dem Baron von Taubenheim ein Rendezvous gegeben hatte. Der Herzog war, wie bekannt, eben erst von seiner großen Tour nach der Türkei und Aegypten zurückgekehrt, und da wir fast denselben Weg nehmen wollten, den er gemacht, konnte er uns über Zeitverwendung und Reisemittel die besten Rathschläge geben.

Nachdem wir uns in Göppingen sehr lange um einen Wagen bemüht, fuhren wir gegen zwei Uhr in der Nacht weiter. Der dunkle Himmel hatte sich etwas aufgeklärt und der Mond, der zuweilen durchblickte, ließ uns in eine weite Ebene sehen, durch die wir fuhren und welche rings von Bergen umgrenzt ist. Als ich um fünf Uhr aus einem kleinen Schlummer erwachte, schaute uns zur linken Seite der Rechberg und der Hohenstaufen ernst und traurig durch den Nebel entgegen.

Gegen Mittag kamen wir nach Heidenheim, wo wir einige Stunden in der Gesellschaft des Herzogs Paul äußerst interessant und lehrreich für uns verbrachten. Er sprach von manchen Schwierigkeiten, die uns auf der Reise treffen könnten, und gab uns Rathschläge dagegen, deren Befolgung uns später vielen Verlegenheiten entriß. Die freundliche Aufnahme, die uns durch seine Empfehlungsbriefe an einigen Orten der Türkei und Aegyptens zu Theil wurde, zeigte uns, wie sehr es der Herzog auch dort verstanden, sich die Hochachtung und Liebe seiner Bekannten zu erwerben.

Von Heidenheim reisten wir über Augsburg nach Regensburg, wo wir gegen Morgen ankamen und das Glück hatten, noch das Dampfboot benützen zu können, welches ein paar Stunden später nach Linz abging. Bis jetzt war unsere Reisegesellschaft noch nicht ganz beisammen gewesen, hier aber traf der Maler F. bei uns ein, so daß nun unsere Caravane vier Mann zählte und vollständig war, nämlich unser lieber Reisechef, der Baron von T., der Doktor Bopp, ein junger Mediciner, der eben die Universität verlassen, der Maler Frisch und ich.

Bis Linz hatten wir ziemlich gutes Wetter und wenig Passagiere; doch die ganze Tour von Linz nach Wien, es war am fünften Oktober, mußten wir bei immerwährendem Regen in den überfüllten Kajüten zubringen. Endlich gegen fünf Uhr Abends sahen wir den Kahlenberg, und das Schiff legte bei Nußdorf, eine kleine Stunde von Wien, an. Gegen sechs ein halb Uhr fuhren wir in's Gasthaus zum goldenen Lamm in der Leopoldsvorstadt und waren in der Kaiserstadt, waren in Wien. ...

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