Langeoog

Langeoog

Seebadeanstalt. Frequenz im Jahre 1883: 468 Kurgäste.


Reise. Die Verbindung der Insel Langeoog mit dem Festlande hat durch Anlage der ostfriesischen Küstenbahn sehr gewonnen. Die Reisenden gelangen von der Station Esens (Gasthöfe: Hotel zur Traube (Wessels) Deutsches Haus (Harms) entweder direkt vom Bahnhofe oder von den Gasthöfen mit einem Omnibus bis zum Hafenorte Bensersiel am Deiche des ostfriesischen Festlandes und von dort bei günstigem Wetter in etwa einer Stunde mit dem Fährschiff nach Langeoog. Für die Fahrt mit dem Omnibus, welche auf der guten Chaussee kaum eine ½ Stunde dauert, hat jeder Passagier 50 Pfg. und für die Überfahrt mit dem zur Flutzeit fahrenden Fährschiffe 1 Mk. zu bezahlen. Während der Badesaison findet die Überfahrt täglich statt. Am Strande der Insel angelangt, werden die Passagiere auf einem Wagen über den südlichen Strand und die Wiesenländereien nach dem Dorfe Langeoog befördert. Für den Wagen auf der Insel zahlt jeder Reisende 50 Pfg, für das Gepäck besonders. Ein Extraschiff für 1—7 Personen von Bensersiel nach der Insel in einer Flut hin und zurück kostet 7 Mk. 50 Pfg.; muss eine Flutzeit über gewartet werden, 9 Mk.; beteiligen sich über 7 Personen daran, zahlt jeder weitere Passagier 1 Mk. bezw. 1 Mk. 50 Pfg. Die zwischen Bremerhaven und Norderney kursierenden Lloyddampfer, welche früher bei Langeoog wohl Passagiere absetzten und aufnahmen, fahren jetzt der Zeitersparnis wegen direkt durch.

Gasthöfe und Wohnungen. Die Fremden finden ein sehr gutes Unterkommen in dem inmitten des Dorfes, 5 Minuten vom Herrenstrand und 8 Minuten vom Damenstrand entfernten und eine sehr schöne Aussicht aufs Meer bietenden, neuerbauten Hotel von Ahrenholtz, welches 25 Fremdenzimmer und einen grossen, 150—200 Personen fassenden Speisesaal enthält, und einfach, aber vortrefflich eingerichtet ist; ausserdem ist in den älteren, primitiveren Gasthäusern „Zum Fürsten von Schaumburg-Lippe“ (Leisz) und „Zum Deutschen Kaiser“ (Hayen), sowie in den meisten Häusern der Insulaner ein wohnliches Unterkommen zu finden. Für eine Stube mit Kammer und 2 Betten zahlen die Badegäste wöchentlich 12—15 Mk., für grössere Wohnungen verhältnismässig mehr, bis zu 36 Mk. Für ein einfaches Zimmer mit Bettverschlag 9—10 Mk. Der Mittagstisch kostet im Ahrenholtz Hotel 2 Mk., im Abonnement, 1 Mk. 75 Pfg., beim Gastwirt Leisz 1 Mk. 50 Pfg. und beim Gastwirt Hagen 1 Mk. 25 Pfg.

Ortsbeschreibung: zurzeit zählt Langeoog 170 Einwohner in 42 Häusern nebst einer Kirche. Die Insulaner besitzen 2 Wattschiffe, 2 Fischerschaluppen und 2 Fährschiffe. Für frische Milch ist durch etwa 200 Kühe, welche auf den Weidestrecken des Westlandes Nahrung finden, hinreichend gesorgt.

Die westliche Grenze Langeoogs, gebildet durch das Seegat Akkumer Ee, wurde bereits unter Baltrum erwähnt. Im Norden breitet sich das offene Meer und im Süden das Watt aus, in östlicher Richtung wird Langeoog durch das Seegatt Otzumer Balje von Spiekeroog getrennt. Diese von Westen nach Osten sehr langgestreckte Insel besteht aus 4 Teilen, welche durch Sloppe, breite Dünenöffnungen, von einander getrennt werden. Bei gewöhnlichen Wasserständen der See liegt der Boden dieser durch Sturmfluten entstandenen Sloppe hoch genug, um den Verkehr zu Fuss und zu Wagen von einem Teile zum anderen nicht zu hindern. Bei Sturmfluten jedoch, wo das Wasser durch die Sloppe läuft, ist aller Verkehr aufgehoben und scheint alsdann Langeoog aus vier Inseln zu bestehen. Diese vier Teile werden Flinthörn, Westende, Melkhörn und Ostende genannt und sind zusammen in der Richtung von Westen nach Osten etwa 3 Stunden lang. Flinthörn und Melkhörn werden nicht bewohnt, dagegen befindet sich auf dem Westende das Dorf Langeoog mit der Seebadeanstalt. Westlich und nördlich vom Dorfe erheben sich lange Dünenketten als Schutz gegen das Meer. Zwei Baken auf den Dünen, von denen die Südwestbake auf den Westend-Dünen 20 Meter hoch ist und aus einer hohen, durchbrochenen Pyramide besteht, auf deren Spitze ein kleines, kompaktes Dreieck mit der Spitze nach unten sich befindet, während die Nordostbake auf dem Ostende 16 Meter hoch und ebenso konstruiert ist wie die vorige, nur mit dem Unterschiede, dass das obere Dreieck die Spitze nach oben gerichtet, dienen als Tagesmerkzeichen für die Seefahrer; dieselben sind ca. 13 Seemeilen weit sichtbar.

Der Flächeninhalt der Insel beträgt 0,104 geogr. Quadratmeile, oder inkl. Strand 0,246 geogr. Quadratmeile.

Bäder. Die Wege zum nordwestlich vom Dorfe gelegenen Badeplatze sind auf dem durch die Dünen gelegten Backsteinpfade sehr bequem. Die Entfernung vom Mittelpunkte des Orts bis zum Strande beträgt etwa 10 Minuten.

Das einzelne Bad kostet 35 Pfg., wofür man eines der am Strande aufgestellten Badehäuschen zum An- und Auskleiden benutzen kann. Am Herrenstrande stehen jetzt 15 und am Damenstrande ebenso viel Badehäuschen. Für obiges Billet müssen ausserdem die Badewärter und Badewärterinnen die Bedienung der Badenden übernehmen, doch ist es üblich, denselben nach einer längeren Kur ein entsprechendes Trinkgeld zu zahlen. Warme Bäder sind im Hotel Arnholtz sowie auch bei dem Gastwirt Leisz zu haben.

Die Zahl der Badegäste, welche vor etwa 10 Jahren kaum 200 betrug, hat sich seitdem etwa verdreifacht. Gebadet wird, sobald Badegäste ankommen, und aufgehört, wenn die letzten die Insel verlassen haben. Für das Jahr 1884 ist die Erbauung eines grossen Hospizes zunächst für Prediger, Lehrer und Beamte in Aussicht genommen; ferner sind verschiedene Privathäuser, die auch den Ansprüchen verwöhnterer Gäste genügen, im Bau begriffen.

Ähnlich wie in Borkum werden auch vom Dorfe Langeoog nach dem Ostende der Insel Vergnügungstouren zu Fuss gemacht, welche die Gastwirtschaft des auf dem Ostende wohnenden Kronpächters Janssen, der dort Landwirtschaft und Viehzucht betreibt, zum Zielpunkt haben. Der Stunden lang sich ausdehnende Strand bietet hinreichenden Raum für Spaziergänge; dagegen gelten für das Betreten der Dünen dieselben Landdrosteilichen Vorschriften, welche in dem Artikel über Borkum angegeben sind.

Fahrten mit einem Segelschiffe nach der Insel Spiekeroog gehören ebenfalls zu den Vergnügungen der Langeooger Badegäste. Eine solche Fahrt kostet für die Schaluppe 6 Mk.

Für Jagdfreunde bietet sich nur die Seehundsjagd auf einer Robbenplate in der Nähe der Insel. Die Beschreibung derselben findet sich in dem Artikel „Die Bewohner“. Die Jagd auf Seevögel ist in Langeoog ebenso wie auf den übrigen ostfriesischen Inseln verboten.

Auf Langeoog sind die beiden Normalboote der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger: „Oldersum“ und „Papenburg“ und zwar ersteres auf dem Ostlande, letzteres auf dem Westlande stationiert. Die beiden massiven Schuppen sind mit den nötigen Geräten versehen; auch eine vorzügliche Notapotheke ist vorhanden. Seit 1862 verdanken 44 Schiffbrüchige dieser Station ihre Rettung vom Wellentode.

Die Grösse der Insel, der weit ausgedehnte Strand, die Ungezwungenheit des ländlichen Lebens, sowie die Nähe der Stadt Esens sind Vorzüge, welche mit der Zeit auch der Insel Langeoog immer mehr Badegäste zuführen werden.